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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 15.02.2023, RV/6100002/2022

Diätverpflegung und Fitnessstudio als ag. Belastung

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Mag. Erich Schwaiger in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend die Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2019 zu Recht erkannt:

I.
Der Einkommensteuerbescheid 2019 wird analog zur Beschwerdevorentscheidung vom abgeändert. Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der Einkommensteuer sind diesem Bescheid zu entnehmen und bilden einen integrierten Bestandteil des Erkenntnisses des Bundesfinanzgerichts.

II.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Die Beschwerde fällt in die Zuständigkeit des Fachgebietes FE 2 und damit in die Zuteilungsgruppe 7002. Auf Basis der gültigen Geschäftsverteilung wurde sie der Gerichtsabteilung 7013 zur Entscheidung zugewiesen.

I. Verfahrensgang

Auf Basis der Arbeitnehmerveranlagungserklärung 2019, in der die aktuelle Behinderung des Beschwerdeführers (kurz Bf.) mit 30% angegeben worden war (Mitralklappeninsuffizienz 30%, Arterielle Hypertonie 10% und Arterielle Verschlusskrankheit 10%), erließ das Finanzamt Österreich (kurz FA) nach einem Vorhalteverfahren den hier relevanten Einkommensteuerbescheid 2019 vom . Dabei verweigerte es den Abzug diverser Werbungskosten sowie diverser Ausgaben für außergewöhnliche Belastung. Dazu zählen unter anderem Kosten für die Einschreibungsgebühr bei einem Fitnessstudio (EUR 39,00), einen therapeutischen Trainingsplan (EUR 99,00) sowie den Besuch dieses Studios von Juni bis Dezember 2019 (7 Monate á EUR 69,90 = EUR 489,30) sowie Nahrungs(ergänzungs)mittel von etwa EUR 273,30.

Dies bekämpfte der steuerliche nicht vertretene Beschwerdeführer (kurz Bf.) mit Beschwerde vom . Er verwies unter anderem auf seine Diagnose "Hochgradige Mitralklappen Insuffizienz" vom Mai 2018, die Symptomatik (Leistungsknick, Kurzatmigkeit, Herzklopfen, Sauerstoffmangel, ...) und seine Herzoperation vom (MKR mit Ringimplantation und Goretex Neocord Implantation).
Er habe sich nach der Operation und nach der ärztlichen Verordnung im Fitnessstudio angemeldet und ersuche um steuerliche Anerkennung seiner Aufwendungen (inklusive Nahrungsergänzungsmittel etc.). Diese seien aufgrund mehrerer ärztlicher Verordnungen vorgeschrieben worden und fänden unter Aufsicht einer geeigneten Person für das Training statt. Er erwähnte mehrere ärztliche Befunde:

Am und am seien von der ***Ambulatorium A*** unter anderem Ausdauertraining (körperliches Ausdauertraining mind. 100 - 120 min/Woche mit einer Trainingsherzfrequenz um 120/min - bei Infekten nur Spaziergänge) und Kraftausdauertraining (kräftigendes und mobilisierendes Kraftausdauertraining 2-3 pro Woche mit Vermeidung von Pressatmung) vorgeschrieben worden.

Der Bf. gab an, er habe seit seiner Operation mindestens viermal jährlich eine ärztliche kardiologische Kontrolluntersuchung . Somit seien seine Trainingseinheiten im Fitnessstudio, die er nach der Herzoperation regelmäßig durchführe, überwacht. Er könne bei Bedarf noch zusätzlich eine weitere Bestätigung (Verordnung, Empfehlung) von seinem Facharzt einholen (Schreiben vom ).

Das FAÖ änderte den bekämpften Bescheid mit Beschwerdevorentscheidung vom und kam dem Beschwerdebegehren teilweise nach, wies es aber in anderen Punkten als unbegründet ab. Darauf reagierte der Bf. mit Vorlageantrag vom und verlangte weiterhin

  1. die Berücksichtigung des Pauschbetrages für die Diätverpflegung wegen seiner Magen/Herzerkrankung (EUR 504) sowie

  2. die Anerkennung des Fitnessstudios (Erhöhung außergewöhnliche Belastung wegen Behinderung von EUR 2.247,07 auf EUR 2.947,07).

Nach Rücksprache mit seinem Hausarzt sollten die ärztlichen Befundberichte des ***Ambulatorium B*** (nach seiner Herzoperation Hochgradige Mitralklappeninsuffizienz) vom und vom nach Ansicht des Bf. für eine solche Anerkennung ausreichend sein. Er ersuchte dazu um nochmalige Überprüfung und um Bekanntgabe, welche Befunde/Berichte noch benötigt werden (Kardiologiebefund, Stoffwechselambulanzbefund?).

Das FAÖ legte die Beschwerde daraufhin mit an das Bundesfinanzgericht vor. Dieses forderte den Bf. vorerst telefonisch, dann via Mail vom und schließlich noch einmal mit Beschluss vom auf, eine exakte Bestätigung des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen (Sozialministeriumsservice) über die Notwendigkeit einer entsprechenden Diät, eine Aufgliederung der Gesamtbehinderung (30%) auf die Teilbehinderungen und Nachweise über die ärztliche Verordnung und die Überwachung der Trainingseinheiten im Fitnessstudio vorzulegen.

Daraufhin brachte der Bf. ein "Sachverständigengutachten aufgrund der Aktenlage" vom des Sozialministeriumservices und die Kopie eines Antrages auf Neufestsetzung des Grades seiner Behinderung und Ausstellung eines Behindertenpasses vom bei (siehe Sachverhalt). Er brachte vor, er werde am bei seinem Facharzt (Dr. ***XXX***) um eine zusätzliche Bestätigung bezüglich der Fitnessstudiobesuche ansuchen.

Weitere Unterlagen legte er bis heute nicht vor.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt und Beweiswürdigung

Die Entscheidung des Bundesfinanzgerichts basiert auf folgendem Sachverhalt, der in den Akten der Abgabenbehörde sowie des Gerichtes abgebildet und soweit nicht gesondert angeführt unbestritten ist. Strittig ist hier ausschließlich die steuerliche Anerkennung des Pauschbetrages für die Diätverpflegung wegen einer Magen/Herzerkrankung (EUR 504,00) sowie der Kosten für den Besuch eines Fitnessstudios als außergewöhnliche Belastung wegen Behinderung.

Gem. § 167 Abs. 2 BAO haben die Abgabenbehörde und das Bundesfinanzgericht unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Abgabenverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht. Nach der ständigen Judikatur des VwGH zu § 167 Abs. 2 BAO genügt es, von mehreren Möglichkeiten jene als erwiesen anzunehmen, die gegenüber allen anderen Möglichkeiten eine überragende Wahrscheinlichkeit oder gar die Gewissheit für sich hat und alle anderen Möglichkeiten absolut oder mit Wahrscheinlichkeit ausschließt oder zumindest weniger wahrscheinlich erscheinen lässt. Daran hat sich durch die Verwaltungsgerichtsbarkeitsreform nichts geändert (vgl. unter Hinweis auf ; , Ro 2014/13/0025 und Ro 2014/13/0044).

Das Bundesfinanzgericht hat - wie auch das Finanzamt - die abgabepflichtigen Fälle zu erforschen und von Amts wegen die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse zu ermitteln, die für die Abgabepflicht und die Erhebung der Abgaben wesentlich sind. Den Parteien ist Gelegenheit zur Geltendmachung ihrer Rechte und rechtlichen Interessen zu geben (§ 115 BAO in Verbindung mit § 2a BAO). Eine in der Begründung einer Beschwerdevorentscheidung getroffene Feststellung des Finanzamtes wirkt wie ein Vorhalt und es obliegt dem Abgabepflichtigen, die vom Finanzamt in der Begründung der Beschwerdevorentscheidung getroffene Feststellung zu widerlegen bzw. zumindest deren Unrichtigkeit zu behaupten (vgl. etc.).

Mit BGBl. I Nr. 136/2017 wurde in Umsetzung der bisherigen Judikatur gesetzlich verankert, dass die Ermittlungspflicht durch eine erhöhte Mitwirkungspflicht des Abgabepflichtigen eingeschränkt wird. Nach den Gesetzesmaterialien (ErläutRV 1660 BlgNR 25. GP 24) trifft dies etwa dann zu, wenn durch faktische Gegebenheiten oder rechtliche Schranken die amtswegige Ermittlung des Sachverhaltes eingeschränkt oder verhindert ist. Dies gilt zum Beispiel bei beruflichen Verschwiegenheitspflichten (z.B. Arztgeheimnis), wenn nach der Lage des Falles nur der Abgabepflichtige Angaben zum Sachverhalt machen kann oder wenn der Abgabepflichtige Begünstigungen oder Befreiungen in Anspruch nehmen möchte bzw. die Abgabenbehörde auf Antrag des Abgabepflichtigen tätig wird.

In Fällen der erhöhten Mitwirkungspflicht liegt es etwa am Abgabepflichtigen, alle relevanten Sachverhaltselemente so zu dokumentieren, dass sie für die Abgabenbehörde nachvollziehbar sind.

Schon bisher wies Ritz zu Recht darauf hin (Ritz, BAO5, § 115 Tz 13), dass den Bf. auch dann eine erhöhte Mitwirkungspflicht trifft, wenn ungewöhnliche Verhältnisse vorliegen (vgl. ; , 99/15/0250; , 2002/13/0091; , 2004/17/0105), die nur er aufklären kann, oder wenn seine Behauptungen mit den Erfahrungen des täglichen Lebens in Widerspruch stehen (; , 95/15/0049; , 2004/16/0061).

Dies trifft auch dann zu, wenn typische Aufwendungen der privaten Lebensführung steuerlich verwertet werden sollen. Im Hinblick auf seine eigene Nähe zum Beweisthema hat hier der Beschwerdeführer von sich aus nachzuweisen oder zumindest glaubhaft zu machen, dass sie - entgegen allgemeinen Lebenserfahrung - die steuerliche Sphäre betreffen (vgl. etwa ).

Zur Diätverpflegung legte der Bf. über Aufforderung des Bundesfinanzgerichts ein Sachverständigengutachten des Sozialministeriumservice vom vor. Darin finden sich unter anderem die folgenden Feststellungen:

Aus dem letzten Block leuchtet klar hervor, dass die Voraussetzungen für die pauschale Berücksichtigung von Kosten für eine Diätverpflegung gutachterlich verneint wurden.

2. Rechtliche Beurteilung

2.1. Außergewöhnliche Belastung

§ 34 EStG 1988 lautet auszugweise (Formatierung fett durch Bundesfinanzgericht):

"(1) Bei der Ermittlung des Einkommens (§ 2 Abs. 2) eines unbeschränkt Steuerpflichtigen sind nach Abzug der Sonderausgaben (§ 18) außergewöhnliche Belastungen abzuziehen. Die Belastung muss folgende Voraussetzungen erfüllen:
1. Sie muss außergewöhnlich sein (Abs. 2).
2. Sie muss zwangsläufig erwachsen (Abs. 3).
3. Sie muss die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wesentlich beeinträchtigen (Abs. 4).
Die Belastung darf weder Betriebsausgaben, Werbungskosten noch Sonderausgaben sein.

(2) Die Belastung ist außergewöhnlich, soweit sie höher ist als jene, die der Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse erwächst.

(3) Die Belastung erwächst dem Steuerpflichtigen zwangsläufig, wenn er sich ihr aus tatsächlichen, rechtlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann.

(4) Die Belastung beeinträchtigt wesentlich die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit, soweit sie einen vom Steuerpflichtigen von seinem Einkommen (§ 2 Abs. 2 in Verbindung mit Abs. 5) vor Abzug der außergewöhnlichen Belastungen zu berechnenden Selbstbehalt übersteigt. Der Selbstbehalt beträgt bei einem Einkommen
- von höchstens EUR 7.300 6%
- mehr als EUR 7.300 bis EUR 14.600 8%
- mehr als EUR 14.600 bis EUR 36.400 10%
- mehr als EUR 36.400 12%.

Der Selbstbehalt vermindert sich um je einen Prozentpunkt,
- wenn dem Steuerpflichtigen der Alleinverdienerabsetzbetrag oder der Alleinerzieherabsetzbetrag zusteht,
- wenn dem Steuerpflichtigen kein Alleinverdiener- oder Alleinerzieherabsetzbetrag zusteht, er aber mehr als sechs Monate im Kalenderjahr verheiratet oder eingetragener Partner ist und vom (Ehe-)Partner nicht dauernd getrennt lebt und der (Ehe-)Partner Einkünfte im Sinne des § 33 Abs. 4 Z 1 EStG 1988 von höchstens EUR 6.000 jährlich erzielt und
- für jedes Kind (§ 106 EStG 1988).

(5) Sind im Einkommen sonstige Bezüge im Sinne des § 67 enthalten, dann sind als Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit für Zwecke der Berechnung des Selbstbehaltes die zum laufenden Tarif zu versteuernden Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, erhöht um die sonstigen Bezüge gemäß § 67 Abs. 1 und 2, anzusetzen.

(6) Folgende Aufwendungen können ohne Berücksichtigung des Selbstbehaltes abgezogen werden:
- […]
- Aufwendungen im Sinne des § 35 EStG 1988, die an Stelle der Pauschbeträge geltend gemacht werden (§ 35 Abs. 5 EStG 1988).
- […]

Der Bundesminister für Finanzen kann mit Verordnung festlegen, in welchen Fällen und in welcher Höhe Mehraufwendungen aus dem Titel der Behinderung ohne Anrechnung auf einen Freibetrag nach § 35 Abs. 3 und ohne Anrechnung auf eine pflegebedingte Geldleistung zu berücksichtigen sind."

Die hier relevanten Bestimmungen des § 35 EStG 1988 lauten (Formatierung fett durch Bundesfinanzgericht):

"§ 35. (1) Hat der Steuerpflichtige außergewöhnliche Belastungen
- durch eine eigene körperliche oder geistige Behinderung,
- […]
und erhält weder der Steuerpflichtige […] eine pflegebedingte Geldleistung (Pflegegeld, Pflegezulage, Blindengeld oder Blindenzulage), so steht ihm jeweils ein Freibetrag (Abs. 3) zu.

(2) Die Höhe des Freibetrages bestimmt sich nach dem Ausmaß der Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung). Die Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung) richtet sich in Fällen,
1. in denen Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden, nach der hiefür maßgebenden Einschätzung,
2. in denen keine eigenen gesetzlichen Vorschriften für die Einschätzung bestehen, nach § 7 und § 9 Abs. 1 des Kriegsopferversorgungsgesetzes 1957 bzw. nach der Einschätzungsverordnung, BGBl. II Nr. 261/2010, für die von ihr umfassten Bereiche.

Die Tatsache der Behinderung und das Ausmaß der Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung) sind durch eine amtliche Bescheinigung der für diese Feststellung zuständigen Stelle nachzuweisen. Zuständige Stelle ist:
- […]
- In allen übrigen Fällen sowie bei Zusammentreffen von Behinderungen verschiedener Art das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen; dieses hat den Grad der Behinderung durch Ausstellung eines Behindertenpasses nach §§ 40 ff des Bundesbehindertengesetzes, im negativen Fall durch einen in Vollziehung dieser Bestimmungen ergehenden Bescheid zu bescheinigen.

(3) Es wird jährlich gewährt bei einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von 25% bis 34% ein Freibetrag von EUR 124 […].

(4) […]

(5) Anstelle des Freibetrages können auch die tatsächlichen Kosten aus dem Titel der Behinderung geltend gemacht werden (§ 34 Abs. 6).

(6) Bezieht ein Arbeitnehmer Arbeitslohn von zwei oder mehreren Arbeitgebern, steht der Freibetrag nur einmal zu.

(7) Der Bundesminister für Finanzen kann nach den Erfahrungen der Praxis im Verordnungsweg Durchschnittssätze für die Kosten bestimmter Krankheiten sowie körperlicher und geistiger Gebrechen festsetzen, die zu Behinderungen im Sinne des Abs. 3 führen.

(8) Das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen hat mit ausdrücklicher Einwilligung der betroffenen Person dem zuständigen Finanzamt und dem Arbeitgeber, der Bezüge aus einer gesetzlichen Sozialversicherung oder Ruhegenussbezüge einer Gebietskörperschaft im Sinne des § 25 Abs. 1 Z 1, 3 oder 4 auszahlt, die vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen gespeicherten und für die Berücksichtigung von Freibeträgen im Sinne der Abs. 1 bis 3 und 7 erforderlichen personenbezogenen Daten elektronisch zu übermitteln. Die Übermittlung der genannten personenbezogenen Daten ist auch hinsichtlich jener Personen zulässig, die einen Freibetrag im Sinne der Abs. 1 bis 3 und 7 bereits beantragt haben. Die Datenübermittlung ersetzt für den betroffenen Steuerpflichtigen den Nachweis gemäß Abs. 2 und die Bescheinigung gemäß § 62 Z 10. Eine Verwendung dieser personenbezogenen Daten darf nur zu diesem Zweck stattfinden. Personenbezogenen Daten, die nicht mehr benötigt werden, sind zu löschen."

Dazu erging die Verordnung des Bundesministers für Finanzen über außergewöhnliche Belastungen (BGBl. Nr. 303/1996 idgF). Diese lautet auszugsweise (Formatierung fett durch Bundesfinanzgericht):

"§ 1

(1) Hat der Steuerpflichtige Aufwendungen
- durch eine eigene körperliche oder geistige Behinderung,
- […]
so sind die in den §§ 2 bis 4 dieser Verordnung genannten Mehraufwendungen als außergewöhnliche Belastungen zu berücksichtigen.

(2) Eine Behinderung liegt vor, wenn das Ausmaß der Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung) mindestens 25% beträgt.

(3) Die Mehraufwendungen gemäß §§ 2 bis 4 dieser Verordnung sind nicht um eine pflegebedingte Geldleistung (Pflegegeld, Pflegezulage oder Blindenzulage) oder um einen Freibetrag nach § 35 Abs. 3 EStG 1988 zu kürzen.

§ 2.

(1) Als Mehraufwendungen wegen Krankendiätverpflegung sind ohne Nachweis der tatsächlichen Kosten bei
- […]
- Magenkrankheit oder einer anderen inneren Krankheit EUR 42

pro Kalendermonat zu berücksichtigen. Bei Zusammentreffen mehrerer Krankheiten ist der höhere Pauschbetrag zu berücksichtigen.

(2) Bei einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von weniger als 25% sind die angeführten Beträge ohne Nachweis der tatsächlichen Kosten nach Abzug des Selbstbehaltes gemäß § 34 Abs. 4 EStG 1988 zu berücksichtigen.

[…]

§ 4. Nicht regelmäßig anfallende Aufwendungen für Hilfsmittel (zB Rollstuhl, Hörgerät, Blindenhilfsmittel) sowie Kosten der Heilbehandlung sind im nachgewiesenen Ausmaß zu berücksichtigen.

[…]"

2.1.1. Diät-Pauschale Magen/Herz bzw. Nahrungsergänzungsmittel etc.

Der Ansatz entsprechender Pauschalbeträge ist damit nur möglich, wenn eine körperliche oder geistige Behinderung vorliegt. Das ist in diesem Sinne nur dann der Fall, wenn das Ausmaß der Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung) mindestens 25% beträgt (§ 1 Abs. 2 Verordnung des Bundesministers für Finanzen über außergewöhnliche Belastungen). Die Tatsache der Behinderung und das Ausmaß der Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung) sind hier durch eine amtliche Bescheinigung des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen (Sozialministeriumsservice) nachzuweisen (§ 35 Abs. 2 EStG 1988). Liegt ein solcher Nachweis vor, aber beträgt der Grad der auf eine bestimmte Krankheit entfallenden Erwerbsminderung weniger als 25%, ist der Pauschalbetrag nur nach Abzug eines Selbstbehaltes zu berücksichtigen.

Liegt überhaupt kein Nachweis vor, verhindert das nicht nur die Gewährung des Pauschbetrages gem. § 2 Abs. 1 Verordnung des Bundesministers für Finanzen über außergewöhnliche Belastungen, sondern auch den Ansatz der tatsächlichen Aufwendungen aus dem Titel der Behinderung ohne Abzug eines Selbstbehaltes (§ 34 Abs. 6 in Verbindung mit § 35 Abs. 5 EStG 1988).
Im hier zu beurteilenden Fall liegt das Einkommen vor Abzug der außergewöhnlichen Belastung im Bereich von EUR 54.000,00. Das ergibt einen Selbstbehalt von annähernd EUR 6.500. Der vom Bf. für Nahrungs(ergänzungs)mittel geltend gemachte Betrag liegt so weit unter dieser Grenze, dass er sich im Falle des Ansatzes eines Selbstbehaltes niemals steuerlich auswirken würde.

Das FAÖ stellte unwidersprochen fest, dass dem Bf. vom Bundessozialamt eine Gesamtbehinderung von 30% bescheinigt wurde, da aber keine Bestätigung über ein vom Bundessozialamt festgestelltes Erfordernis einer Krankendiätverpflegung vorgelegt worden sei oder aus der automatischen Datenübermittlung nach § 35 Abs. 8 EStG 1988 hervorgehe, könnten keine Freibeträge nach der Verordnung des Bundesministers für Finanzen BGBl. Nr. 303/1996 Berücksichtigung finden. Dieser Feststellung kann der Bf. nicht mit Erfolg entgegentreten, wurde sie doch durch die Vorlage des Gutachtens aus dem Jahr 2019 im Beschwerdeverfahren bestätigt.

Die Berücksichtigung dieses Pauschbetrages ist deshalb - jedenfalls für 2019 - ausgeschlossen. Daran vermag für dieses Jahr auch die Tatsache nichts zu ändern, dass der Bf. mit um Neufestsetzung des Grades seiner Behinderung ansuchte. Darin bezog er sich auf Vorfälle im Jahr 2022 und damit nicht auf bereits im Streitjahr 2019 existierte Probleme.

2.1.2. Aufwendungen für ein Fitnessstudio (ohne Selbstbehalt)

Allgemein gilt, dass nicht jede auf ärztliches Anraten und aus medizinischen Gründen durchgeführte Gesundheitsmaßnahme zu einer außergewöhnlichen Belastung führt. Die Aufwendungen müssen vielmehr zwangsläufig erwachsen, womit es erforderlich ist, dass die Maßnahmen zur Heilung und Linderung einer Krankheit nachweislich notwendig sind (Hinweis auf ).

Krankheitskosten können nur dann als außergewöhnliche Belastung anerkannt werden, wenn sie mit einer konkreten Heilbehandlung verbunden sind, nicht hingegen, wenn sie bloß allgemein der Vorbeugung von Krankheiten dienen (Fuchs in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn (Hrsg), EStG20, § 34 Tz 78 unter Krankheitskosten).

Bei Zahlungen für ein Fitnessstudio handelt es sich um Aufwendungen, die ihrer Natur nach nicht ausschließlich von Kranken, sondern mitunter auch von Gesunden getätigt werden, um ihre Gesundheit zu erhalten, ihr Wohlbefinden zu steigern oder ihre Freizeit sinnvoll und erfüllt zu gestalten (Fuchs in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn (Hrsg), EStG20, § 34 Tz 78 unter Fitnessstudio mit Hinweis auf BFH , III R 67/96). Auch Kofler/Wurm führen in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn (Hrsg), EStG20, § 20 Tz 163, zu Aufwendungen für den Besuch eines Fitnessstudios aus, solche Aufwendungen seien grundsätzlich als Aufwendungen der privaten Lebensführung nicht abzugsfähig, zumal sie - ebenso wie etwa die Nahrungsaufnahme - der Aufrechterhaltung der normalen Körperfunktionen, wozu auch Kraft und Beweglichkeit zählen, dienen (; , 94/13/0001; , 96/13/0052). Solche Aufwendungen können damit nur ausnahmsweise Berücksichtigung finden:

  1. Für die Annahme einer Zwangsläufigkeit für den Besuch eines Fitnessstudios ist im Vorfeld ein ärztliches Gutachten erforderlich. Selbst bei Vorliegen einer ärztlichen Verordnung bestimmter Übungen führt noch nicht jeder Besuch eines Fitnessstudios zu einer außergewöhnlichen Belastung.

  2. Wesentlich ist die Einbettung des Fitnessstudiobesuchs und der dabei absolvierten Trainingseinheiten in eine ärztlich überwachte Behandlung. Dazu zählt z.B. ein fester Trainingsplan, nach dem laufend konkrete selbstständige Trainingseinheiten in einem Fitnessstudio zu absolvieren sind, und eine regelmäßige Überwachung dieser Selbstübungseinheiten im Rahmen einer physikalischen Therapie ().

Wie oben schon erwähnt können sich hier auch die Aufwendungen für ein Fitnessstudio aufgrund der Höhe des Selbstbehaltes nur auswirken, wenn sie ohne dessen Abzug in Ansatz zu bringen sind. Das wäre im konkreten Fall nur dann möglich, wenn es sich um Kosten iSd § 4 Verordnung des Bundesministers für Finanzen über außergewöhnliche Belastungen handelt. Das sind nur nicht regelmäßig anfallende Aufwendungen für Hilfsmittel (z.B. Rollstuhl, Hörgerät, Blindenhilfsmittel) sowie Kosten einer Heilbehandlung. Letztere müssten mit einer konkreten Heilbehandlung für die einzige amtlich festgestellte Behinderung über 25% zusammenhängen (vgl. lfd.Nr. 1).

Hier sind keine Hilfsmittel zu diskutieren, sondern nur die Frage,

  1. ob ein ärztlich verordneter und überwachter Fitnessstudiobesuch vorliegt und

  2. ob dieser eine Heilbehandlung der vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen festgestellten Behinderung darstellt (vgl. unter Hinweis auf Peyerl in Jakom12, § 35 Rz 25 mit vielen weiteren Nachweisen) und mit dieser Behinderung zusammen hängt.

Der Bf. brachte mit Schreiben vom nur vor, er habe seit seiner Operation mindestens viermal jährlich eine ärztliche kardiologische Kontrolluntersuchung. Somit seien die Trainingseinheiten im Fitnessstudio, die er nach der Herzoperation (Therapieempfehlung) regelmäßig durchführe, überwacht. Bei Bedarf könne er noch zusätzlich eine weitere Bestätigung (Verordnung, Empfehlung) von seinem Facharzt einholen. Trotz Aufforderung durch das Bundesfinanzgericht (letztmals vom ) zur Vorlage dieser avisierten Nachweise über die ärztliche Verordnung und die Überwachung der Trainingseinheiten im Fitnessstudio unterblieb das bis heute. Der Bf. brachte nur vor, er werde am bei seinem Facharzt (Dr. ***XXX***) um eine zusätzliche Bestätigung bezüglich der Fitnessstudiobesuche ansuchen. Die Vorlage einer solchen Bescheinigung unterblieb allerdings bis heute.

Obwohl es im Rahmen der erhöhten Mitwirkungsverpflichtung an ihm gewesen wäre, die Zwangsläufigkeit des Fitnessstudiobesuches bzw. deren Eigenschaft als Heilbehandlung nachzuweisen, gelang ihm dies damit in diesem Verfahren für 2019 nicht. Die steuerliche Berücksichtigung ist somit hier ausgeschlossen, womit der Bf. dem FA nicht mit Erfolg entgegen treten kann.

Im Ergebnis war damit das Zahlengerüst der Beschwerdevorentscheidung vom zu bestätigen.

2.2. Revision

Das Verwaltungsgericht hat im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen (§ 25a Abs. 1 VwGG).

Gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes ist eine Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird (Art. 133 Abs. 4 B-VG).

Dies trifft nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht zu, wenn die in Betracht kommenden Normen klar und eindeutig sind (vgl. mit vielen weiteren Nachweisen).

Soweit Rechtsfragen für die hier zu klärenden Fragen entscheidungserheblich sind, sind sie durch höchstgerichtliche Rechtsprechung ausreichend geklärt (siehe oben), nicht von grundsätzlicher Bedeutung oder die anzuwendenden Normen sind klar und eindeutig.

Damit liegt hier kein Grund vor, eine Revision zuzulassen.

Salzburg, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2023:RV.6100002.2022

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at