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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 01.02.2023, RV/6100283/2016

Vertrag auf bestimmte Zeit

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter R in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel (nunmehr: Finanzamt Österreich) vom betreffend Rechtsgeschäftsgebühr, Steuernummer ***BF1StNr1***, Erfassungsnummer 10-2015, zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Die Beschwerdeführerin (kurz: Bf) ist laut Firmenbuch im Geschäftszweig "Immobilien-Investitionen und Verwertung" tätig und betreibt ein Einkaufszentrum in A.

Am 08.09./ unterzeichneten die Bf als Vermieterin und die D-GmbH als Mieterin einen Mietvertrag über ein Geschäftslokal.

Dieser Vertrag wurde von der Bf zur Selbstberechnung mit dem Formular Geb 1 angemeldet und die Rechtsgeschäftsgebühr gemäß § 33 TP 5 GebG selbstberechnet. Unter Zugrundelegung eines Vertrages auf unbestimmte Zeit wurde eine Gebühr in Höhe von € 4.839,98 berechnet.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die Bestandvertragsgebühr gemäß § 33 TP 5 GebG für diesen Mietvertrag mit € 30.092,48 - unter Anrechnung des selbstberechneten Betrages - festgesetzt. Die Bemessungsgrundlage wurde anhand des im Mietvertrag vereinbarten Mietentgeltes (VP 7.) und des Betriebskosten-Akontos mit dem Achtzehnfachen Jahreswert ermittelt (siehe letzter Absatz der Bescheidbegründung).

Mietgegenstand waren Geschäftsräumlichkeiten. Das Finanzamt ging dabei von einer bestimmten Vertragsdauer aus. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass sich aufgrund von Punkt 4 des Mietvertrages eine Vertragsdauer von zwanzig Jahren und zwei Monaten inklusive der beiden Optionen ergebe, da keine der Vertragsparteien berechtigt sei, außer aus wichtigen Gründen, den Vertrag aufzukündigen. Vertragsverlängerungen durch Optionsausübung würden im Ergebnis nichts anderes als die Beifügung einer Potestativbedingung bedeuten, bei deren Eintritt sich die Geltungsdauer des Vertrages verlängere. Eine solche Bedingung sei nach § 26 GebG zu behandeln, sodass die Gebühr von dem Entgelt zu entrichten sei, welches auf die Summe der ursprünglich vereinbarten und vom Optionsrecht umfassten Verlängerungszeiten entfalle.

Dagegen brachte die Bf innerhalb offener Frist Beschwerde ein und führte begründend zusammengefasst aus, dass im Mietvertrag alle Kündigungsgründe des § 30 Abs. 2 MRG vereinbart worden seien. Nach der Rsp des VwGH liege daher ein Vertrag auf unbestimmte Dauer vor und die Gebührenberechnung habe gemäß § 33 TP 5 Abs. 3 GebG unter Zugrundelegung des dreifachen Jahreswertes zu erfolgen.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies das Finanzamt die Beschwerde als unbegründet ab und führte aus, dass für den vorliegenden Fall nicht alle Kündigungsgründe des § 30 Abs 2 MRG schlagend seien. Die Kündigungsgründe würden sich tatsächlich auf die Ziffern 1, 3, 4 und 7 beschränken. Die zur Verfügung stehenden Kündigungsrechte seien daher nicht derart umfassend, dass von einem auf Abschluss eines unbefristeten Bestandsverhältnisses gerichteten Vertragswillen auszugehen sei, weshalb im Sinne des § 33 TP 5 Abs. 3 GebG die grundsätzlich vereinbarte Bindung der Vertragsparteien durch die im Vertrag bezeichnete Kündigungsmöglichkeit nicht aufgehoben werden könne.

Fristgerecht beantragte die Bf die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorzulegen. Diesen Antrag begründete sie ergänzend zu ihrem bisherigen Vorbringen damit, dass die Vereinbarung aller Kündigungsgründe des § 30 Abs. 2 MRG nach der Rsp des VwGH jedenfalls einen Vertrag mit unbestimmter Dauer zur Folge habe (VwGH 2011/16/0169; 90/15/0034; 85/15/0112; 86/15/0102; 88/15/0037; 88/15/0040; 143/63, Slg 3190/F; 2163/74, Slg 5066/F; 85/14/0112). Dies sei unabhängig davon, ob eine tatsächliche Realisierbarkeit im Einzelfall gegeben sei oder nicht. Eine Einzelfallprüfung sei in diesem Fall nicht vorgesehen.

Auch wenn einige Kündigungsgründe des § 30 Abs 2 MRG auf das Fehlverhalten der Mieterin abstellten, sei es nicht unwahrscheinlich, dass die Mieterin dessen ungeachtet ein Verhalten setzen könne, welches der Vermieterin die Möglichkeit der Kündigung bieten würde.

Außerdem seien nicht sämtliche in Betracht kommenden Auflösungsgründe ausschließlich vom Verhalten der Mieterin abhängig. Die Z 9 (Eigenbedarf) sei ein wesentlicher im Einflussbereich der Vermieterin liegender Kündigungsgrund.

Das Finanzamt legte die Beschwerde dem Verwaltungsgericht mit den Aktenteilen laut Aktenverzeichnis zur Entscheidung vor (Bericht vom ).

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Das Bundesfinanzgericht stellt auf Basis des oben geschilderten Verwaltungsgeschehens und der aktenkundigen Unterlagen folgenden entscheidungswesentlichen Sachverhalt fest:

Die Bf hat im September 2015 mit der D-GmbH einen Mietvertrag über Geschäftsräumlichkeiten im Umfang von 579 m² abgeschlossen. Das Geschäftsgebäude (Einkaufszentrum) war zum damaligen Zeitpunkt noch nicht errichtet.

Vertraglich wurde eine Mietdauer von 10 Jahren bis zum mit zwei Verlängerungsoptionen um jeweils 5 Jahre vereinbart.

Punkt 4 des Mietvertrages "MIETDAUER" lautet:

"Das Mietverhältnis beginnt mit Schlüsselübergabe. Die Schlüsselübergabe erfolgt nach Fertigstellung der Adaptierung des Geschäftsgebäudes voraussichtlich im Herbst 2015, jedoch nicht früher als Mitte/Ende Oktober.

Der Mietvertrag wird befristet auf die fixe Dauer bis abgeschlossen und endet am ohne dass es einer Kündigung bedarf. Während dieses Zeitraumes ist das Mietverhältnis sowohl für die Vermieterin als auch für die Mieterin unkündbar.

1. Option: Die Vermieterin räumt der Mieterin jedoch bereits mit diesem Vertrag eine Verlängerungsoption des gegenständlichen Mietverhältnisses auf weitere 5 (fünf) Jahre nach Ablauf der vereinbarten Vertragsdauer zu den in diesem Vertrag vereinbarten Bedingungen und Konditionen ein, sofern bis ein aufrechtes Mietverhältnis besteht. Die Erklärung zur Ausübung der Annahme der Option muss bis längstens an die Vermieterin erfolgen. Eine Annahme nach dem ist nicht rechtswirksam. Die Annahme der Option hat nachweislich schriftlich zu erfolgen. Für die Rechtzeitigkeit der Annahme ist das Einlangen des Schreibens bei der Vermieterin maßgeblich. Der Mietvertrag beginnt bei rechtzeitiger Annahme der zuvor genannten Option am und endet jedenfalls am , ohne dass es einer Kündigung bedarf. Die Miete am entspricht der Miete vom und ist wertgesichert gemäß Punkt 8. dieses Mietvertrages.

2. Option: Wird die Verlängerungsoption des gegenständlichen Mietverhältnisses bis wahrgenommen, so räumt die Vermieterin der Mieterin bereits mit diesem Vertrag eine Verlängerungsoption des gegenständlichen Mietverhältnisses auf weitere 5 (fünf) Jahre nach Ablauf der vereinbarten Vertragsdauer zu den in diesem Vertrag vereinbarten Bedingungen und Konditionen ein, sofern bis ein aufrechtes Mietverhältnis besteht. Die Erklärung zur Ausübung der Annahme der Option muss bis längstens an die Vermieterin erfolgen. Eine Annahme nach dem ist nicht rechtswirksam. Die Annahme der Option hat nachweislich schriftlich zu erfolgen. Für die Rechtzeitigkeit der Annahme ist das Einlangen des Schreibens bei der Vermieterin maßgeblich. Der Mietvertrag beginnt bei rechtzeitiger Annahme der zuvor genannten Option am und endet jedenfalls am , ohne dass es einer Kündigung bedarf. Die Miete am entspricht der Miete vom und ist wertgesichert gemäß Punkt 8. dieses Mietvertrages.

Ungeachtet der vereinbarten befristeten Dauer des Mietverhältnisses ist die Vermieterin berechtigt, das Mietverhältnis für sofort aufgelöst zu erklären bzw. mit sofortiger Wirkung aufzukündigen, wenn
a) die Mieterin mit der Zahlung auch nur eines monatlichen Mietzinses oder der Zahlung für Nebenkosten oder einer Nachforderung von Wertsicherungsbeträgen In Rückstand geraten sollte, und diesen Rückstand trotz schriftlicher Mahnung und Fristsetzung von 14 Tagen nicht bezahlt;
b) die Mieterin trotz schriftlicher Mahnung und der Setzung einer angemessenen, mindestens 14-tägigen Frist vom Mietgegenstand einen erheblich nachteiligen Gebrauch machen sollte, dass hieraus der Vermieterin ein ernstlicher Schaden oder wirtschaftlicher Nachteil entsteht;
c) die Mieterin die für das Mietobjekt behördlichen Vorschriften nicht beachtet und daraus der Vermieterin ein erheblicher Schaden oder wirtschaftlicher Nachteil entsteht;
d) die Mieterin oder deren Untermieterin trotz schriftlicher Aufforderung und Setzung einer 14-tägigen Frist die in den Punkten

  1. 6. Mietzweck,

  2. 14. Untervermietung/Rechtsnachfolge/Weitergabe,

  3. 16. Betriebspflicht/Öffnungszeiten

dieses Mietvertrages eingegangenen Verpflichtungen nicht einhält.

Die vorgenannten Auflösungs- bzw. Kündigungsgründe gelten jedenfalls als "Kündigungsgründe aus wichtigem Grund" analog zu § 30 Abs 2 Z 13 MRG.

Unbeschadet der vereinbarten befristeten Mietdauer ist die Vermieterin berechtigt, das Mietverhältnis bei Vorliegen eines der Kündigungsgründe gemäß § 30 Abs 2 MRG unter Einhaltung einer vierwöchigen Kündigungsfrist zum Monatsletzten vorzeitig aufzulösen, wobei eine Kündigung aufgrund eines von der Mieterin gesetzten Kündigungsgrundes erst nach erfolgloser Mahnung und Setzung einer angemessenen Nachfrist von mindestens 14 Tagen zulässig ist.

Sollte zu irgendeinem Zeitpunkt während aufrechter Vertragsdauer neben …………(die Mieterin) mindestens ein weiterer Einzelhändler im gegenständlichen Geschäftsgebäude gemäß Punkt 3.1. im Hauptsortiment "Schuhe" führen und trifft die Vermieterin ein Verschulden für diesen Umstand (die Vermieterin darf mit keinem anderen Einzelhändler mit Hauptsortiment "Schuhe" einen Mietvertrag abschließen oder auf keine andere Art und Weise einem Einzelhändler gestatten, Schuhe im Hauptsortiment zum Verkauf anzubieten), so Ist die Mieterin, unbeschadet allfälliger weiterer Rechte in diesem Mietvertrag, auch jederzeit vor Ablauf der obengenannten Vertragsdauer zur fristlosen Kündigung dieses Mietvertrages berechtigt. Die Vermieterin hat nach schriftlicher Aufforderung durch die Mieterin diesen Zustand innerhalb von höchstens 30 Tagen zu beseitigen. Bei wiederholtem Verstoß durch denselben Händler ist die Einräumung der obengenannten Frist ausgeschlossen. Trifft die Vermieterin keinVerschulden so verpflichtet sich diese, nach Aufforderung durch die Mieterin, alle Maßnahmen (auch rechtliche) zu ergreifen um diesen Zustand zu beseitigen. Sollte die Mieterin beabsichtigen ihren Anspruch rechtlich durchsetzen wollen, so wird die Vermieterin der Mieterin eine entsprechende Vollmacht dazu erteilen. Schuheinzelhändler mit Hauptsortiment "Schuhe" ist ein Händler, der mehr als 30 % seiner Nutzfläche zum Verkauf von Schuhen nutzt. Sportfachgeschäfte zählen nicht als Schuheinzelhändler.

…………………………….."

2. Beweiswürdigung

Die obigen Sachverhaltsfeststellungen sind aktenkundig und ergeben sich aus den vorgelegten Unterlagen des Finanzamtes und der Bf, sowie dem vorliegenden Mietvertrag und sind insoweit unstrittig.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung/Abänderung/Stattgabe)

Gemäß § 33 Tarifpost 5 (Bestandverträge) des Gebührengesetzes 1957 (GebG) unterliegen Bestandverträge (§§ 1090 ff ABGB) und sonstige Verträge, wodurch jemand den Gebrauch einer unverbrauchbaren Sache auf eine gewisse Zeit und gegen einen bestimmten Preis erhält, einer Rechtsgebühr von 1 vH nach dem Wert.

§ 33 TP 5 Abs. 3 GebG lautete (idF BGBl. I Nr. 28/1999):

"Bei unbestimmter Vertragsdauer sind die wiederkehrenden Leistungen mit dem Dreifachen des Jahreswertes zu bewerten, bei bestimmter Vertragsdauer mit dem dieser Vertragsdauer entsprechend vervielfachten Jahreswert, höchstens jedoch dem Achtzehnfachen des Jahreswertes. Ist die Vertragsdauer bestimmt, aber der Vorbehalt des Rechtes einer früheren Aufkündigung gemacht, so bleibt dieser Vorbehalt für die Gebührenermittlung außer Betracht. Abweichend vom ersten Satz sind bei Bestandverträgen über Gebäude oder Gebäudeteile, die überwiegend Wohnzwecken dienen, einschließlich sonstiger selbständiger Räume und anderer Teile der Liegenschaft (wie Keller- und Dachbodenräume, Abstellplätze und Hausgärten, die typischerweise Wohnräumen zugeordnet sind) die wiederkehrenden Leistungen höchstens mit dem Dreifachen des Jahreswertes anzusetzen."

Der Verwaltungsgerichtshof hat im Beschluss vom , Ra 2019/16/0182 (Zurückweisung der Revision), folgende Rechtsansicht vertreten:

'Rz 14 Nach der ständigen Rsp des VwGH besteht das Unterscheidungsmerkmal zwischen "auf bestimmte Zeit" und "auf unbestimmte Zeit" abgeschlossenen Bestandverträgen darin, ob nach dem erklärten Vertragswillen beide Vertragsteile durch eine bestimmte Zeit an den Vertrag gebunden sein sollen oder nicht, wobei allerdings die Möglichkeit, den Vertrag aus einzelnen bestimmt bezeichneten Gründen schon vorzeitig einseitig aufzulösen, der Beurteilung des Vertrages als eines auf bestimmte Zeit abgeschlossenen nicht entgegensteht. Ein nach seinem Wortlaut auf unbestimmte Zeit abgeschlossener Bestandvertrag ist als ein Vertrag auf vorerst bestimmte Dauer anzusehen, wenn nach seinem Inhalt das Vertragsverhältnis vor Ablauf einer bestimmten Zeit von keinem der Vertragsteile einseitig beendet werden kann oder diese Möglichkeit auf einzelne im Vertrag ausdrücklich bezeichnete Fälle beschränkt ist. Die Vereinbarung etwa aller Kündigungsgründe nach § 30 Abs 2 MRG stellt noch keine ausreichende Beschränkung der Kündigungsmöglichkeiten dar, weshalb in einem solchen Fall ein Vertrag auf unbestimmte Zeit anzunehmen ist (vgl. , und ).

Rz 15 Was eine Beschränkung der Kündigungsmöglichkeiten auf einzelne im Vertrag ausdrücklich bezeichnete Fälle darstellt, ist eine Frage, die nach Gewicht und Wahrscheinlichkeit einer Realisierung der vertraglich vereinbarten Kündigungsgründe von Fall zu Fall verschieden beantwortet werden muss (vgl. und 0112).

Rz 16 Ob die Vertragsdauer bestimmt oder unbestimmt ist, wird somit nicht nach der Form, sondern nach dem Inhalt des Vertrages beurteilt und hängt einerseits davon ab, wie umfassend die Kündigungsrechte sind, andererseits aber auch davon, wie wahrscheinlich es ist, dass ein Kündigungsrecht ausgeübt werden kann (, mwN).

Rz 17 Wenn auch die Vereinbarung aller Kündigungsgründe des § 30 Abs. 2 MRG allein noch keine ausreichende Beschränkung der Kündigungsmöglichkeiten mit dem Ergebnis eines Vertrages auf bestimmte Dauer darstellt, so kann eine Gewichtung und eine Unwahrscheinlichkeit der Realisierung dieser vertraglich vereinbarten Kündigungsgründe durchaus zum Ergebnis führen, von einem Vertrag auf bestimmte Dauer auszugehen (vgl. auch nochmals und 0112; ).'

Im Beschwerdefall liegt seinem Wortlaut nach ein auf bestimmte Zeit (10 Jahre) abgeschlossener Bestandvertrag vor, der durch Zeitablauf an einem vertraglich bestimmten Zeitpunkt endet, ohne dass es einer Kündigung bedarf (unbedingter Endtermin). Bei solcherart befristeten Verträgen sind die Vertragsteile grundsätzlich an die vereinbarte Vertragsdauer gebunden und eine vorzeitige Beendigung kommt nur aus den Auflösungsgründen der §§ 1117 f ABGB bzw als "außerordentliche" Kündigung in Betracht. Die Möglichkeit der (vorzeitigen) Kündigung eines befristeten Bestandvertrages bedarf daher einer ausdrücklichen vertraglichen Vereinbarung (vgl. Lovrek in Rummel/Lukas, ABGB4 § 1116 Rz 11).

Der Bestandgeberin kommt im gegenständlichen Fall vereinbarungsgemäß einerseits aus einem der in § 30 Abs. 2 MRG angeführten wichtigen Gründe ein Kündigungsrecht zu und andererseits aus einem der in Punkt 4 a) bis d) des Bestandvertrages angeführten Gründe.

Die Wortfolge im 2. Absatz dieses Vertragspunktes, wonach das Mietverhältnis grundsätzlich unkündbar ist, bedeutet lediglich, dass nur bei Vorliegen wichtiger Gründe gekündigt werden kann. Dies stellt ein typisches Merkmal befristeter Rechtsverhältnisse dar und es besteht kein Grund zur Annahme, dass die Vertragsparteien etwas anderes oder Widersprüchliches - wie im Vorlagebericht angeführt - damit vereinbaren wollten.

Der Bestandnehmer kann das Mietsverhältnis nur vorzeitig auflösen, wenn neben der Bf mindestens ein weiterer Einzelhändler im gegenständlichen Geschäftsgebäude im Hauptsortiment "Schuhe" führt und die Vermieterin ein Verschulden für diesen Umstand trifft.

Strittig ist somit, ob der Bestandvertrag aufgrund der vereinbarten Kündigungsgründe auf bestimmte Zeit oder auf unbestimmte Zeit abgeschlossen wurde.

§ 30 Abs. 2 MRG hat folgenden Wortlaut:

"Als ein wichtiger Grund ist es insbesondere anzusehen, wenn

1. der Mieter trotz einer nach dem Eintritt der Fälligkeit erfolgten Mahnung mit der Bezahlung des Mietzinses über die übliche oder ihm bisher zugestandene Frist hinaus, mindestens aber acht Tage im Rückstand ist;

2. der Mieter, dessen vereinbarter Mietzins ganz oder teilweise in eigenen Dienstleistungen besteht, die bedungenen Dienste vertragswidrig verweigert;

3. der Mieter vom Mietgegenstand einen erheblich nachteiligen Gebrauch macht, namentlich den Mietgegenstand in arger Weise vernachlässigt oder durch sein rücksichtsloses, anstößiges oder sonst grob ungehöriges Verhalten den Mitbewohnern das Zusammenwohnen verleidet oder sich gegenüber dem Vermieter oder einer im Haus wohnenden Person einer mit Strafe bedrohten Handlung gegen das Eigentum, die Sittlichkeit oder die körperliche Sicherheit schuldig macht, sofern es sich nicht um Fälle handelt, die nach den Umständen als geringfügig zu bezeichnen sind; dem Verhalten des Mieters steht, soweit er es unterließ, die ihm mögliche Abhilfe zu schaffen, das Verhalten seines Ehegatten und der anderen mit ihm zusammenwohnenden Familienangehörigen sowie der von ihm sonst in die gemieteten Räume aufgenommenen Personen gleich;

4. der Mieter den Mietgegenstand mit oder ohne Beistellung von Einrichtungsgegenständen ganz weitergegeben hat und ihn offenbar in naher Zeit nicht für sich oder die eintrittsberechtigten Personen (§ 14 Abs. 3) dringend benötigt oder, wenngleich auch nur teilweise, durch Überlassung an einen Dritten gegen eine im Vergleich zu dem von ihm zu entrichtenden Mietzins und etwaigen eigenen Leistungen an den Dritten unverhältnismäßig hohe Gegenleistung verwertet. Die teilweise Weitergabe einer Wohnung kommt einer gänzlichen Weitergabe gleich, wenn die nicht weitergegebenen Teile der Wohnung nicht zur Befriedigung des Wohnbedürfnisses des Mieters oder der eintrittsberechtigten Personen regelmäßig verwendet werden;

5. die vermieteten Wohnräume nach dem Tod des bisherigen Mieters nicht mehr einem dringenden Wohnbedürfnis eintrittsberechtigter Personen (§ 14 Abs. 3) dienen;

6. die vermietete Wohnung nicht zur Befriedigung des dringenden Wohnbedürfnisses des Mieters oder der eintrittsberechtigten Personen (§ 14 Abs. 3) regelmäßig verwendet wird, es sei denn, daß der Mieter zu Kur- oder Unterrichtszwecken oder aus beruflichen Gründen abwesend ist;

7. die vermieteten Räumlichkeiten nicht zu der im Vertrag bedungenen oder einer gleichwertigen geschäftlichen Betätigung regelmäßig verwendet werden, es sei denn, daß der Mieter nur vorübergehend wegen Urlaubs, Krankheit oder Kuraufenthalts abwesend ist;

8. der Vermieter die gemieteten Wohnräume für sich selbst oder für Verwandte in absteigender Linie dringend benötigt und ihm oder der Person, für die der Mietgegenstand benötigt wird, aus der Aufrechterhaltung des Mietvertrags ein unverhältnismäßig größerer Nachteil erwüchse als dem Mieter aus der Kündigung; die Abwägung der beiderseitigen Interessen entfällt, wenn es sich um eine vom Wohnungseigentümer nach Wohnungseigentumsbegründung vermietete Eigentumswohnung handelt;

9. der Vermieter den Mietgegenstand für sich selbst oder für Verwandte in gerader Linie dringend benötigt und dem Mieter Ersatz beschaffen wird;

10. der Vermieter den Mietgegenstand, der schon vor der Kündigung zur Unterbringung von Arbeitern oder sonstigen Angestellten des eigenen Betriebes bestimmt war, für diesen Zweck dringend benötigt;

11. ein dem Bund, einem Bundesland oder einer Gemeinde gehöriger Mietgegenstand auf eine Art verwendet werden soll, die in höherem Maß den Interessen der Verwaltung dient als die gegenwärtige Verwendung, und dem Mieter Ersatz beschafft wird;

12. bei Untermietverhältnissen durch die Fortsetzung der Untermiete wichtige Interessen des Untervermieters verletzt würden, namentlich wenn der Untervermieter den Mietgegenstand für sich selbst oder für nahe Angehörige dringend benötigt oder wenn ihm nach den Umständen die Aufrechterhaltung der Wohnungsgemeinschaft mit dem Untermieter billigerweise nicht zugemutet werden kann;

13. ein im Mietvertrag schriftlich als Kündigungsgrund vereinbarter Umstand eintritt, der in bezug auf die Kündigung oder die Auflösung des Mietverhältnisses für den Vermieter (Untervermieter), für seine nahen Angehörigen (§ 14 Abs. 3) oder für das Unternehmen, für das der Vermieter (Untervermieter) allein oder in Gemeinschaft mit anderen Personen vertretungsbefugt ist, als wichtig und bedeutsam anzusehen ist;

14. die ordnungsgemäße Erhaltung des Miethauses, in dem sich der Mietgegenstand befindet, aus den Hauptmietzinsen einschließlich der zur Deckung eines erhöhten Erhaltungsaufwandes zulässigen erhöhten Hauptmietzinse weder derzeit, noch auf Dauer sichergestellt werden kann, die baubehördliche Bewilligung zur Abtragung des Miethauses erteilt worden ist und dem Mieter Ersatz beschafft wird;

15. ein Miethaus ganz oder in dem Teil, in dem sich der Mietgegenstand befindet, abgetragen oder umgebaut werden soll, mit dem Abbruch (Umbau) die Errichtung eines neuen (geänderten) Baues sichergestellt ist, die Bezirksverwaltungsbehörde auf Antrag des Bauwerbers mit Bescheid erkannt hat, dass selbst unter Berücksichtigung schutzwürdiger Interessen der bisherigen Mieter der geplante Neubau (Umbau) aus Verkehrsrücksichten, zu Assanierungszwecken, zur Vermehrung der Wohnungen, die zur Beseitigung oder Milderung eines im Ortsgebiet bestehenden quantitativen Wohnungsbedarfes oder eines qualitativen Wohnfehlbestandes geeignet sind, oder aus anderen Gründen im öffentlichen Interesse liegt und dem Mieter Ersatz beschafft wird;

16. der Hauptmieter einer Wohnung der Ausstattungskategorie "D" weder bereit ist, eine vom Vermieter im Sinn des § 4 Abs. 4 angebotene Standardverbesserung zuzulassen, noch die angebotene Standardverbesserung selbst durchzuführen, und dem Mieter Ersatz beschafft wird."

Hinsichtlich der vereinbarten Kündigungsgründe des § 30 Abs. 2 MRG ist festzuhalten, dass diese primär auf die Wohnraummiete abstellen. Im gegenständlichen Vertrag werden Geschäftsräumlichkeiten vermietet, wodurch die Kündigungsgründe des § 30 Abs. 2 Z 5, 6, 8, und 16 MRG ausscheiden.

Weiters gelangt der Kündigungsgrund des § 30 Abs. 2 Z 2 MRG nicht zur Anwendung, weil die Gegenleistung nicht in einer Dienstleistung besteht.

Ebenso greift Z 10 dieser Bestimmung nicht, da der Mietgegenstand nicht zur Unterbringung von Arbeitern oder sonstigen Angestellten bestimmt ist.

§ 30 Abs. 2 Z 11 MRG scheidet aus, weil die Norm nur für den Bund, ein Bundesland oder eine Gemeinde gilt.

§ 30 Abs. 2 Z 12 MRG greift nicht, da im gegenständlichen Fall kein Unterbestandverhältnis vorliegt.

Die Kündigungsgründe des § 30 Abs. 2 Z 14 und Z 15 MRG kommen nicht in Betracht, weil es sich beim gegenständlichen Bestandgegenstand um kein Miethaus handelt.

Jene Kündigungsgründe des § 30 Abs. 2 Z 1 (Pachtzinsrückstand), Z 3 (erheblich nachteiliger Gebrauch oder rücksichtsloses, anstößiges oder sonst grob ungehöriges Verhalten), Z 4 (Unterbestand), Z 7 (vertragswidrige Verwendung) MRG, sowie die Kündigungsgründe aus wichtigem Grund nach Punkt 4 a) bis d) des Mietvertrages (unter Verweis auf Z 13 MRG) setzen ein Fehlverhalten des anderen Vertragspartners, konkret der Mieterin, voraus, womit die Kündigungsrechte nicht nach Belieben ausgeübt werden können und jeglichem Einfluss der Vermieterin entzogen sind. Die Bf kann diese Kündigungsgründe nicht bloß aufgrund eigener freier Entscheidung ins Treffen führen.

Dem Vertragswortlaut nach sind somit zwar im gegenständlichen Fall alle Kündigungsgründe des § 30 Abs. 2 MRG vereinbart worden, allerdings kommt faktisch als einziger Kündigungsgrund, der auch ohne grobes Fehlverhalten der Mieterin zur Anwendung gelangen kann, der Eigenbedarf nach § 30 Abs. 2 Z 9 MRG in Betracht.

Im gegenständlichen Fall ist die Wahrscheinlichkeit einer frühzeitigen Auflösung des Pachtvertrages hinsichtlich des einzig anwendbaren Kündigungsgrundes des § 30 Abs. 2 Z 9 MRG (Eigenbedarf) als äußerst unwahrscheinlich zu qualifizieren, da die Bf Betreiberin des gesamten Einkaufszentrums ist und somit für sich selbst nicht in umfangreichem Ausmaß (Geschäfts-)Räumlichkeiten benötigt.

Der einzige der Mieterin zustehende Kündigungsgrund und zwar weiterer Einzelhändler mit Hauptsortiment "Schuhe", setzt ebenso ein Fehlverhalten - in diesem Fall der Vermieterin - voraus.

Den von der Bf im Vorlageantrag angeführten Erkenntnissen des VwGH liegen keine vergleichbaren Sachverhalte zu Grunde, da sie bspw. Wohnraum oder Grundstücke betreffen (; ; ), der Vertrag ein Präsentationsrecht enthält () oder andere Kündigungsgründe als im vorliegenden Fall vereinbart wurden (; und die übrige aufgezählte Judikatur). Sie sind daher auf den vorliegenden Beschwerdefall nicht übertragbar.

Aus der neueren Judikatur des VwGH geht - entgegen der Ansicht der Bf - Folgendes eindeutig hervor: Wenn auch die Vereinbarung aller Kündigungsgründe des § 30 Abs. 2 MRG allein noch keine ausreichende Beschränkung der Kündigungsmöglichkeiten mit dem Ergebnis eines Vertrages auf bestimmte Dauer darstellt, so kann eine Gewichtung und eine Unwahrscheinlichkeit der Realisierung dieser vertraglich vereinbarten Kündigungsgründe durchaus zum Ergebnis führen, von einem Vertrag auf bestimmte Dauer auszugehen (vgl. ; ; und 0112).

Nach dem Gesamtbild sowie der vorgenommenen Gewichtung und Unwahrscheinlichkeit der Realisierung der vertraglich vereinbarten Kündigungsgründe, ist im gegenständlichen Fall kein schrankenloses Kündigungsrecht vereinbart worden. Die vereinbarten Kündigungsgründe sind nicht von so umfassender Natur, dass die Wahrscheinlichkeit einer frühzeitigen Auflösung des Mietvertrages gegeben ist. Es liegt daher ein auf bestimmte Dauer abgeschlossener Bestandvertrag vor.

Zur Gebührenberechnung wird festgehalten, dass die in Vertragspunkt 4 vorgesehene Vertragsverlängerung durch Optionsausübung (einseitige Erklärung der Mieterin) nach ständiger Rsp des VwGH nichts anderes als die Beifügung einer Potestativbedingung bedeutet, bei deren Eintritt sich die Geltungsdauer des Vertrages verlängert. Die Gebühr ist von dem Entgelt zu entrichten, das auf die Summe der ursprünglich vereinbarten und vom Optionsrecht umfassten Verlängerungszeit entfällt (vgl. , mwN.). Es ist daher von einer insgesamt 20-jährigen Vertragsdauer auszugehen, sodass sich die Rechtsgeschäftsgebühr nach der 18-fachen Jahresleistung bemisst.

Der angefochtene Bescheid entspricht daher der Rechtslage, weshalb spruchgemäß zu entscheiden war.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Eine ordentliche Revision ist gemäß Artikel 133 Abs. 4 B-VG unzulässig, da sich das Bundesfinanzgericht bei der Lösung der anstehenden Rechtsfragen auf den eindeutigen Gesetzeswortlaut und auf die im Erkenntnis zitierte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes stützen konnte.

Im Revisionsfall liegt somit bereits aus diesem Grund eine klare bzw. geklärte Rechtslage vor.

Salzburg, am

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Materie
Steuer
betroffene Normen
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2023:RV.6100283.2016

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at