Maßnahmenbeschwerde betreffend eine Untersuchung iZm erhöhter Familienbeihilfe
Entscheidungstext
BESCHLUSS
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf.***, ***Bf-Adr***, betreffend die Maßnahmenbeschwerde nach § 283 Bundesabgabenordnung (BAO) vom betreffend eine Einladung zu einer ärztlichen Untersuchung am bzw. deren Durchführung in Zusammenhang mit einem Antrag auf erhöhte Familienbeihilfe für ein erheblich behindertes Kind beschlossen:
Die Beschwerde wird gemäß § 260 Abs. 1 lit. a BAO als nicht zulässig zurückgewiesen.
Gegen diesen Beschluss ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Begründung
Aus den vorgelegten Unterlagen ergibt sich unstrittig folgender Verfahrensablauf bzw. Sachverhalt:
Am stellte die Beschwerdeführerin (in der Folge kurz: Bf.) einen Antrag auf Gewährung des Erhöhungsbetrages zur Familienbeihilfe wegen erheblicher Behinderung (Beih3) für ***Kind*** und gab dabei sowohl bei sich selbst als auch beim Kind eine österreichische Adresse an.
Die Anforderung eines Gutachtens des Sozialministeriumservice zur Feststellung der Behinderung wurde von diesem ohne Bescheinigung beendet, da festgestellt worden war, dass das Kind nicht in Österreich aufhältig war, woraufhin die Familienbeihilfe ab September 2020 auf "Familienbeihilfe Auszahlung Polen" umgestellt wurde.
Am wurde eine Anforderung auf Feststellung der Behinderung im Sinne des Erlasses für erhöhte Familienbeihilfe für Kinder, die sich ständig im EU-Ausland aufhalten, durchgeführt.
Nach Gewährung der erhöhten Familienbeihilfe ab November 2020 brachte die Bf. am erneut einen Antrag Beih3 auf rückwirkende Gewährung ab Mai 2016 ein, worin sie auch beim Kind wieder ihre österreichische Adresse anführte.
Trotz der österreichischen Adresse wurde in Anbetracht der Aktenlage, dem Erlass für im EU/EWR-Bereich lebende Kinder entsprechend, am neuerlich eine Anforderung beim Sozialministeriumservice durchgeführt und nach Rücklangen des Gutachtens die erhöhte Familienbeihilfe ab Oktober 2020 gewährt und mit Bescheid vom der Antrag vom auf Gewährung des Erhöhungsbetrags von Mai 2016 bis September 2020 abgewiesen, da laut Bescheinigung eine Behinderung von 50 Prozent erst ab Oktober 2020 festgestellt worden sei.
Gegen diesen Bescheid erhob die Bf. am Beschwerde.
Am brachte die Bf. die verfahrensgegenständliche (wohl irrtümlich mit datierte) Maßnahmenbeschwerde beim Finanzamt Österreich ein. Darin führte sie im Wesentlichen Folgendes aus:
Auf ihre Beschwerde vom bezüglich des Abweisungsbescheides vom sei bisher nicht geantwortet worden.
Am sei durch das Sozialministeriumservice (Linz) eine Einladung für ***Kind*** zu einer ärztlichen Untersuchung am erstellt worden.
Laut Gesetz prüfe der zuständige Versicherungsträger im Falle dauerhaft im Ausland lebender Kinder mit dem Vordruck E407, ob ein Anspruch auf erhöhte Familienbeihilfe für behinderte Kinder bestehe. Der erste Teil des Vordrucks werde vom für Familienleistungen zuständigen Träger ausgefüllt. In diesem Falle sei das das Finanzamt ***4*** am gewesen. Den zweiten Teil des Vordrucks fülle der vom Wohnort bezeichnete Arzt aus, der das Kind untersucht habe und seine Diagnose zum Behinderungsgrad ausstelle. In diesem Falle sei das Dr. ***1*** (Facharzt für Pädiatrie und Kinderneurologie) gewesen. Laut der von ihm erstellten Bescheinigung bestehe die Krankheit seit 2016 (Punkt 4.13 der Bescheinigung: Beginn der Krankheit: 2016), also ab Geburt des Kindes. Der Vordruck E407 sei von ihm anhand der von ihm durchgeführten Untersuchung des Kindes, des Interviews mit der Mutter und der vorgelegten ärztlichen Befunde erstellt worden:
1. ärztlicher Befund über sonderpädagogischen Förderbedarf () - Diagnostik Zentrum in ***PL***
2. ärztlicher Befund über sonderpädagogischen Förderbedarf () - Gemeinschaftspraxis für klinisch-psychologische Diagnostik, Beratung und Behandlung in ***AT***
3. Arztbrief des Kepler-Universität-Klinikums in Linz () - Hinweis auf Frühgeburt.
Ab Erhalt der Einladung zur ärztlichen Untersuchung am habe die Bf. mehrmals telefonisch sowohl beim Finanzamt als auch beim Bundesministerium für Soziales und Behindertenwesen in Linz versucht die Auskunft zu bekommen, auf Grund welches Gesetzes und welcher Richtlinien die Untersuchung in Österreich stattfinden solle. Sie sei von einer Behörde zu der anderen verwiesen worden und habe nie die konkrete Auskunft bekommen, nunmehr seien ihr widersprüchliche Informationen übermittelt worden. Das einzige Ergebnis dieser Telefonate sei eine am erstellte Einladung zu einer ärztlichen Untersuchung am für ***Kind*** (weiterhin ohne den Grund oder die gesetzliche Grundlage für die Untersuchung zu nennen) gewesen.
Am habe die Bf. ein Beschwerdeformular bei der Volksanwaltschaft eingereicht, in dem sie um Klärung bitte, ob der Termin am 27. April nicht widerrechtlich stattfinden werde. Aufgrund der langen Bearbeitungszeit der Beschwerden und des Urlaubs der zuständigen Sachbearbeiterin sei es nicht gelungen dieses Anliegen vor dem zu klären.
Deswegen habe die Untersuchung am bei Dr. ***2*** stattgefunden. Nach einem Gespräch bei der Volksanwaltschaft am habe sich die Bf. entschieden, Maßnahmenbeschwerde an das Bundesfinanzgericht einzureichen.
Somit beantrage sie:
1. ihr die rechtliche Grundlage für die Durchführung der Untersuchung des Kindes in Österreich in Bezug auf den Antrag auf rückwirkende Zuerkennung des Erhöhungsbetrags wegen erheblicher Behinderung zu übermitteln (selbst während der Untersuchung habe ihr Dr. ***2*** mitgeteilt, dass er Sachverständigengutachten nur aufgrund der Aktenlage erstellen könne);
2. falls die Untersuchung des Kindes am in Linz bei Dr. ***2*** rechtswidrig stattgefunden habe, lehne sie eine Anerkennung des Gutachtens ab;
3. aufgrund des bedeutenden Aufwandes (Fahrt des Kindes von seinem Wohnsitz in Polen in ***PL*** nach Linz und zurück - insgesamt 1.100 km, Abwesenheit des Kindes im Kindergarten und der Therapien für 2 Tagen, Ausfall der Mutter von der beruflichen Tätigkeit für zwei Tage, Verpflegung des Kindes und der Mutter in diesen 2 Tagen), ersuche sie um Kostenerstattung in Höhe 462 Euro (amtliches Kilometergeld: 1 km - 0,42 Euro);
4. sie fordere ihre Beschwerde vom zu bearbeiten, indem ein Sachverständigengutachten durch das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen unter Berücksichtigung folgender (der Beschwerde beigelegter) ärztlicher Befunde erstellt werde:
1. Formular E407 - Dr. ***1*** (Facharzt für Pädiatrie und Kinderneurologie) -
2. ärztlicher Befund über sonderpädagogischen Förderbedarf () - Diagnostik Zentrum in ***PL***
3. ärztlicher Befund über sonderpädagogischen Förderbedarf () - Gemeinschaftspraxis für klinisch-psychologische Diagnostik, Beratung und Behandlung in ***AT***
4. Bestätigung eines motorischen Entwicklungsrückstandes - Dr. ***3*** (Fachärztin für Kinder-und Jugendheilkunde) -
5. Arztbrief des Kepler-Universität-Klinikums in Linz () - Hinweis auf Frühgeburt.
In einem neuen Gutachten des Sozialministeriumservice vom , welches infolge der Bescheidbeschwerde vom aufgrund der im Antrag angegebenen österreichischen Adresse des Kindes angefordert worden war, wurde auch die Bestätigung von Dr.in ***3*** vom berücksichtigt und der Grad der Behinderung mit 50 % ab Dezember 2019 festgestellt.
Daraufhin wurde der Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung vom teilweise stattgegeben und die erhöhte Familienbeihilfe rückwirkend ab Dezember 2019 gewährt.
Mit Antrag vom wurde die Vorlage der Bescheidbeschwerde an das Bundesfinanzgereicht und die Anerkennung der Behinderung ab Geburt des Kindes beantragt. Als Beilage wurde nochmals die Maßnahmenbeschwerde vom übermittelt. Am legte das Finanzamt Österreich die Beschwerde gegen den Abweisungsbescheid vom dem Bundesgericht zur Entscheidung vor und ist dort zur GZ RV/5100001/2023 anhängig.
Am legte das Finanzamt Österreich schließlich auch die verfahrensgegenständliche, noch offene Maßnahmenbeschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor.
Erwägungen
Gemäß § 8 Abs. 4 Z. 3 FLAG 1967 erhöht sich die Familienbeihilfe monatlich für jedes Kind, das erheblich behindert ist, ab um € 155,90.
Als erheblich behindert gilt gemäß § 8 Abs. 5 FLAG 1967 ein Kind, bei dem eine nicht nur vorübergehende Funktionsbeeinträchtigung im körperlichen, geistigen oder psychischen Bereich oder in der Sinneswahrnehmung besteht. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von voraussichtlich mehr als drei Jahren. Der Grad der Behinderung muss mindestens 50 vH betragen, soweit es sich nicht um ein Kind handelt, das voraussichtlich dauernd außerstande ist, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen. Für die Einschätzung des Grades der Behinderung sind § 14 Abs. 3 des Behinderteneinstellungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1970, in der jeweils geltenden Fassung, und die Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend nähere Bestimmungen über die Feststellung des Grades der Behinderung (Einschätzungsverordnung) vom , BGBl. II Nr. 261/2010, in der jeweils geltenden Fassung anzuwenden. Die erhebliche Behinderung ist spätestens nach fünf Jahren neu festzustellen, soweit nicht Art und Umfang eine Änderung ausschließen.
Gemäß § 8 Abs. 6 FLAG 1967 ist der Grad der Behinderung oder die voraussichtlich dauernde Unfähigkeit, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen, durch eine Bescheinigung des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen auf Grund eines ärztlichen Sachverständigengutachtens nachzuweisen.
Gemäß Art. 130 Abs. 1 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden
1. gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit;
2. gegen die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt wegen Rechtswidrigkeit;
3. wegen Verletzung der Entscheidungspflicht durch eine Verwaltungsbehörde.
Art. 131 Abs. 3 B-VG lautet:
Das Verwaltungsgericht des Bundes für Finanzen erkennt über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 bis 3 in Rechtssachen in Angelegenheiten der öffentlichen Abgaben (mit Ausnahme der Verwaltungsabgaben des Bundes, der Länder und Gemeinden) und des Finanzstrafrechts sowie in sonstigen gesetzlich festgelegten Angelegenheiten, soweit die genannten Angelegenheiten unmittelbar von den Abgaben- oder Finanzstrafbehörden des Bundes besorgt werden.
Entsprechend normiert § 1 Abs. 1 BFGG:
Dem Verwaltungsgericht des Bundes für Finanzen (Bundesfinanzgericht - BFG) obliegen Entscheidungen über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 bis 3 B-VG in Rechtssachen in Angelegenheiten der öffentlichen Abgaben (mit Ausnahme der Verwaltungsabgaben des Bundes, der Länder und Gemeinden) und des Finanzstrafrechts sowie in sonstigen gesetzlich festgelegten Angelegenheiten, soweit die genannten Angelegenheiten unmittelbar von den Abgaben- oder Finanzstrafbehörden des Bundes besorgt werden.
§ 283 Bundesabgabenordnung (BAO) lautet:
(1) Gegen die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt durch Abgabenbehörden kann wegen Rechtswidrigkeit Beschwerde (Maßnahmenbeschwerde) erheben, wer durch sie in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet.
(2) Die Maßnahmenbeschwerde ist innerhalb von sechs Wochen ab dem Zeitpunkt, in dem der Beschwerdeführer von der Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt Kenntnis erlangt hat, sofern er aber durch sie behindert war, von seinem Beschwerderecht Gebrauch zu machen, ab dem Wegfall dieser Behinderung beim Verwaltungsgericht einzubringen. Wird die Maßnahmenbeschwerde rechtzeitig bei einem anderen Verwaltungsgericht oder bei einer Abgabenbehörde eingebracht, so gilt dies als rechtzeitige Einbringung; solche Maßnahmenbeschwerden sind unverzüglich an das Verwaltungsgericht weiterzuleiten.
(3) Die Maßnahmenbeschwerde hat zu enthalten:
1. die Bezeichnung des angefochtenen Verwaltungsaktes;
2. soweit dies zumutbar ist, eine Angabe darüber, welches Organ den angefochtenen Verwaltungsakt gesetzt hat;
3. den Sachverhalt;
4. die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt;
5. das Begehren, den angefochtenen Verwaltungsakt für rechtswidrig zu erklären;
6. die Angaben, die zur Beurteilung der fristgerechten Einbringung der Maßnahmenbeschwerde erforderlich sind.
(4) Der angefochtene Verwaltungsakt ist vom Verwaltungsgericht mit Erkenntnis für rechtswidrig zu erklären, wenn die Maßnahmenbeschwerde nicht mit Beschluss bzw. mit Erkenntnis
a) als nicht zulässig oder nicht fristgerecht eingebracht zurückzuweisen ist (§ 260),
b) als zurückgenommen (§ 85 Abs. 2, § 86a Abs. 1) oder als gegenstandslos zu erklären ist (§ 256 Abs. 3) oder
c) als unbegründet abzuweisen ist.
(5) Dauert der für rechtswidrig erklärte Verwaltungsakt noch an, so hat die belangte Behörde unverzüglich den dem Erkenntnis entsprechenden Rechtszustand herzustellen.
(6) Partei im Beschwerdeverfahren ist auch die belangte Behörde.
(7) Sinngemäß sind anzuwenden:
a) § 245 Abs. 3, 4 und 5 (Frist),
b) § 256 Abs. 1 und 3 (Zurücknahme der Beschwerde),
c) § 260 Abs. 1 (Unzulässigkeit, nicht fristgerechte Einbringung),
d) § 265 Abs. 4 und 6 (Verständigungspflichten),
e) § 266 (Vorlage der Akten),
f) § 268 (Ablehnung wegen Befangenheit oder Wettbewerbsgefährdung),
g) § 269 (Obliegenheiten und Befugnisse, Ermittlungen, Erörterungstermin),
h) § 271 (Aussetzung der Entscheidung),
i) §§ 272 bis 277 (Verfahren),
j) § 280 (Inhalt des Erkenntnisses oder des Beschlusses)."
Gemäß § 260 Abs. 1 lit. a BAO ist die Bescheidbeschwerde mit Beschluss zurückzuweisen, wenn sie nicht zulässig ist.
§ 313 BAO lautet:
Die Parteien haben die ihnen im Abgabenverfahren und im Beschwerdeverfahren erwachsenden Kosten selbst zu bestreiten.
Tauglicher Anfechtungsgegenstand einer Maßnahmenbeschwerde ist ein Verwaltungsakt, der in Ausübung unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt erfolgt.
Voraussetzung ist also, dass Verwaltungsorgane im Rahmen der Hoheitsverwaltung einseitig gegen individuell bestimmte Adressaten einen Befehl erteilen oder Zwang ausüben und damit unmittelbar - d.h. ohne vorangegangenen Bescheid - in subjektive Rechte des Betroffenen eingreifen. Das ist im Allgemeinen dann der Fall, wenn physischer Zwang ausgeübt wird oder die unmittelbare Ausübung physischen Zwangs bei Nichtbefolgung eines Befehls droht. Es muss ein Verhalten vorliegen, das als "Zwangsgewalt", zumindest aber als - spezifisch verstandene - Ausübung von "Befehlsgewalt" gedeutet werden kann. Weil das Gesetz auf Befehle, also auf normative Anordnungen abstellt, sind behördliche Einladungen zu einem bestimmten Verhalten auch dann nicht tatbildlich, wenn der Einladung Folge geleistet wird. Die subjektive Annahme einer Gehorsamspflicht ändert noch nichts am Charakter einer Aufforderung zum freiwilligen Mitwirken. Als unverzichtbares Merkmal eines Verwaltungsakts in der Form eines Befehls gilt, "dass dem Befehlsadressaten eine bei Nichtbefolgung unverzüglich einsetzende physische Sanktion angedroht wird". Liegt ein Befolgungsanspruch aus einer solchen, dem Befehlsadressaten bei Nichtbefolgung des Befehls unverzüglich drohenden physischen Sanktion (objektiv) nicht vor, so kommt es darauf an, ob bei objektiver Betrachtungsweise aus dem Blickwinkel des Betroffenen bei Beurteilung des behördlichen Vorgehens in seiner Gesamtheit der Eindruck entstehen musste, dass bei Nichtbefolgung der behördlichen Anordnung mit ihrer unmittelbaren zwangsweisen Durchsetzung zu rechnen ist (vgl. ).
Die Bf. behauptete die Rechtswidrigkeit der Einladung zur ärztlichen Untersuchung in Österreich bzw. von deren Durchführung. Weder durch die Einladung noch durch die Untersuchung wurde physischer Zwang ausgeübt oder drohte bei Nichtbefolgung der Einladung die unmittelbare Ausübung physischer Sanktionen.
Auch dass der behördlichen Einladungen zur ärztlichen Untersuchung Folge geleistet wurde, macht diese nicht zur Ausübung unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt. Wäre der Aufforderung zum freiwilligen Mitwirken nicht nachgekommen worden, wären allenfalls Auswirkungen auf die Erledigung der Bescheidbeschwerde zu erwarten gewesen, es konnte aber bei objektiver Betrachtungsweise auch aus dem Blickwinkel der Betroffenen nicht der Eindruck entstehen, dass bei Nichtbefolgung der behördlichen Anordnung mit ihrer unmittelbaren zwangsweisen Durchsetzung zu rechnen wäre. Mangels Ausübung unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt erweist sich die Beschwerde daher als unzulässig.
Im Übrigen dienen die Regelungen über die Maßnahmenbeschwerde nur der Schließung einer Lücke im Rechtsschutzsystem, nicht aber der Eröffnung einer Zweigleisigkeit für die Verfolgung ein und desselben Rechtes (vgl. ). Was in einem Verwaltungsverfahren ausgetragen werden kann, kann daher nicht Gegenstand einer Maßnahmenbeschwerde sein. Im Beschwerdefall hätte daher die Bf. die Rechtmäßigkeit der Untersuchung in Österreich mit dem abschließenden Bescheid des Sozialministeriumservice zu bekämpfen.
Da der Grad der Behinderung gemäß § 8 Abs. 6 FLAG 1967 durch eine Bescheinigung des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen auf Grund eines ärztlichen Sachverständigengutachtens nachzuweisen ist, wurde vom Finanzamt Österreich - und somit von einer Abgabenbehörde - eine entsprechende Bescheinigung angefordert. Die von der Bf. als rechtswidrig erachtete Einladung zur ärztlichen Untersuchung in Österreich wurde aber nicht vom Finanzamt, sondern vom Sozialministeriumservice erstellt. Das Bundesfinanzgericht ist gemäß Art. 131 Abs. 3 B-VG bzw. § 1 BFGG aber nur für Angelegenheiten zuständig, die unmittelbar von den Abgaben- oder Finanzstrafbehörden des Bundes besorgt werden. Dabei ist ein organisatorisches und nicht ein funktionelles Verständnis des Begriffs "Abgabenbehörde" maßgeblich (vgl. Fischerlehner in Fischerlehner/Brennsteiner, Abgabenverfahren I BAO3 (2021) § 283 Rz 9). Die von der Bf. als rechtswidrig angesehene Einladung bzw. Untersuchung erfolgte nicht unmittelbar durch eine Abgabenbehörde, sondern durch das Sozialministeriumservice. Das Bundesfinanzgericht ist daher für die Beschwerde unzuständig.
Auch den übrigen Anträgen der Bf. kann nicht Folge gegeben werden:
Ein Antrag an das Bundesfinanzgericht auf Mitteilung einer rechtlichen Grundlage für Verwaltungshandeln - noch dazu - einer Behörde, die nicht in den Zuständigkeitsbereich des Bundesfinanzgerichts fällt, ist gesetzlich nicht vorgesehen.
Ebenso wenig ist ein Antrag auf Kostenerstattung (etwa in Form des amtlichen Kilometergelds) vorgesehen. Im Gegenteil, § 313 BAO sieht ausdrücklich vor, dass die Parteien die ihnen im Abgabenverfahren und im Beschwerdeverfahren erwachsenden Kosten selbst zu tragen haben.
Der Antrag, die Beschwerde vom zu bearbeiten, indem ein Sachverständigengutachten durch das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen unter Berücksichtigung der der Beschwerde beigelegten ärztlichen Befunde erstellt werde, könnte
allenfalls als Säumnisbeschwerde iSd § 284 BAO gewertet werden. Da aber mittlerweile eine Beschwerdevorentscheidung erlassen wurde, wäre in diesem Fall das Verfahren einzustellen. Eine inhaltliche Entscheidung über die Bescheidbeschwerde vom wird im Verfahren RV/5100001/2023 zu treffen sein.
Zulässigkeit einer Revision
Gegen einen Beschluss des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil der Beschluss von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Im gegenständlichen Beschwerdefall lag keine Rechtsfrage vor, der grundsätzliche Bedeutung zukam. Die im Beschwerdefall zu lösenden Rechtsfragen beschränkten sich einerseits auf Rechtsfragen, welche bereits in der bisherigen (o.a.) VwGH-Rechtsprechung beantwortet wurden und solche, welche im Gesetz eindeutig gelöst sind.
Linz, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 283 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2023:RM.5100001.2023 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at