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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 31.01.2023, RV/7105985/2018

Häusliches Arbeitszimmer von UnternehmerInnen, die ihren Arbeitsplatz frei wählen können

Rechtssätze


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Stammrechtssätze
RV/7105985/2018-RS1
Unternehmensberatung ist eine Dienstleistung, die nur durch den direkten KundInnenkontakt erbracht werden kann. Deshalb ist die wesentliche und das Berufsbild prägende Haupttätigkeit von UnternehmensberaterInnen das durch direkte KundInnenkontakte vermittelte Ergebnis jedes Beratungsprozesses.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Rogy und Rogy Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungs GmbH, Geusaugasse 39 Tür 8, 1030 Wien, 1.) über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Wien 3/6/7/11/15 Schwechat Gerasdorf vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2011 und 2.) über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Wien 3/6/7/11/15 Schwechat Gerasdorf vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2012, Steuernummer ***BF1StNr1***, nach der am durchgeführten mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen. Die angefochtenen Bescheide bleiben unverändert.

II. Gemäß Art 133 Abs 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) ist die ordentliche Revision nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

1. Die Beschwerdeführerin (Bf.) war bis Projektassistentin bei einer Unternehmen beratenden Arbeitgeberin und ab (von dieser Arbeitgeberin) angestellte Unternehmensberaterin im Bereich Strategy mit Schwerpunkt Finance and Enterprice Performance Management. Sie begleitete Kunden in den Bereichen IT Strategy, Fusionen und Optimierungsprojekte. 2011 arbeitete die damals befristet angestellte Bf. neben dem Studium für ihre in der Bundeshauptstadt ansässige Arbeitgeberin. Sie betreute kein konkretes Projekt, sondern arbeitete gemeinsam mit anderen Personen an mehreren Projekten (vgl. Begründung / Beschwerde vom ).

2. Im Kalenderjahr 2011 erklärte die Bf. u.a. Ausgaben für ein häusliches Arbeitszimmer in Höhe von EUR 5.516,56 als Werbungskosten aus nichtselbständiger Arbeit. Diese Ausgaben veranlagte das Finanzamt im Bescheid betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2011 vom in Höhe von EUR 00,00 und brachte begründend vor: "Werbungskosten für ein im Wohnungsverband gelegenes Arbeitszimmer und dessen Einrichtung liegen nur dann vor, wenn dieses den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Tätigkeit des Antragstellers bildet. Diese Voraussetzungen sind in Ihrem Fall nicht gegeben, daher konnten die diesbezüglich als Werbungskosten geltend gemachten Aufwendungen nicht berücksichtigt werden". Der Bescheid war innerhalb 1 Monats ab Zustellung mit Beschwerde anfechtbar und wurde mit der Beschwerde vom angefochten.

2.1. In der Beschwerde vom zitierte die Bf. das Erkenntnis , und führte zur Arbeitsplatzsituation der Bf. aus: Die Büroräume seien nicht ausgestattet, um darin dauerhaft zu arbeiten, da keine ausreichende Anzahl von Arbeitsplätzen vorhanden sei. Es gebe keine Einzelarbeitsplätze, sondern nur Konferenzräume und Einzeltische, die Arbeitnehmer mindestens 1 Woche im Voraus buchen können. Die Konferenzräume seien für Besprechungen mit Kunden reserviert. Grundsätzlich fänden Kundengespräche in den Konferenzräumen statt und werden nur ausnahmsweise direkt beim Kunden abgehalten. Die Einzelplätze seien nur für Team - Meetings gedacht und würden nicht für eine längerfristige Nutzung zur Verfügung stehen. Dokumente und Unterlagen können mangels persönlichem Bürostauraum nicht im Büro gelagert werden; sie müssen von den Arbeitnehmern ausschließlich zuhause gelagert werden. Am Firmenstandort gebe es keine PC, weshalb Arbeitnehmer ihre Laptops mitbringen müssen.

Ihren Arbeitsalltag beschreibt die Bf. wie folgt: BeraterInnen gehen zu Kunden um Informationen zu beschaffen und die Ist-Situation festzustellen. Die gesammelten Daten werden in häuslichen Arbeitszimmern analysiert und verarbeitet. Teambesprechungen werden in den Büroräumen abgehalten; die Arbeiten der Teammitglieder werden von zuhause aus erledigt. Die eigentliche Arbeitsleistung erfolge zuhause und umfasse Erstellen von Angeboten und Machbarkeitsstudien, Telefonate, Kommunikation mit Kunden, Analyse der Ist-Situation der Kunden, Erarbeiten eines neuen Konzepts, Absprache mit Teamkollegen über die laufenden Projekte via telefonischer (Video-)Konferenzen und Erstellen von Präsentationen.

Als Berufseinsteigerin habe die Bf. vor allem Schriftstücke in Absprache mit Teamkollegen erarbeitet. Sie habe diese Arbeiten nur zuhause durchführen können, weshalb sie überwiegend zuhause gearbeitet habe. An Tagen mit Vorlesungen habe sie wegen allfälliger negativer Außenwirkung nicht an Gesprächen bei Kunden teilnehmen können.

Sie beantragt, die Ausgaben für ein häusliches Arbeitszimmer anzuerkennen und den angefochtenen Bescheid aufzuheben.

2.2. Mit der Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde abgewiesen. In der gesonderten Begründung wurde über den Beschwerdepunkt "Arbeitszimmer" ausgeführt:

"Gemäß § 20 Abs 1 Z 2 lit d EStG 1988 sind die Kosten eines im Wohnungsverband gelegenen Arbeitszimmers dann als Werbungskosten abzugsfähig, wenn das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Tätigkeit des Steuerpflichtigen bildet. Der Mittelpunkt einer Tätigkeit ist nach ihrem materiellen Schwerpunkt zu beurteilen. Die Frage, ob das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der Tätigkeit darstellt, ist auch nach dem "typischen Berufsbild" der Tätigkeit des Steuerpflichtigen zu beantworten. Die Beurteilung des Stellenwertes eines Arbeitszimmers für die Berufstätigkeit hat nach dem typischen Ablauf der Betätigung zu erfolgen (vgl. ; , 2000/14/0150; , 98/13/0193) und ist einkunftsquellenbezogen vorzunehmen. Dient das Arbeitszimmer also Tätigkeiten, die im Wesentlichen außerhalb des Arbeitszimmers ausgeübt werden, so sind die diesbezüglichen Aufwendungen generell nicht abzugsfähig (unabhängig von der darin verbrachten Zeit; vgl. ). Im Schreiben vom bestätigt Ihr Arbeitgeber: ,In der Regel ist der Arbeitsplatz der Unternehmensberater direkt bei einem unserer Kunden'. Unabhängig davon gibt Ihr Arbeitgeber auch bekannt, dass Ihnen im Firmenbüro jederzeit ein Arbeitsplatz zur Verfügung steht. Aus den genannten Gründen sind die Kosten für das Arbeitszimmer nicht als Werbungskosten anzuerkennen".

2.3. Die Beschwerdevorentscheidung war innerhalb 1 Monats ab Zustellung mit Vorlageantrag anfechtbar und wurde mit dem Vorlageantrag vom angefochten. Im Vorlageantrag wurde die mündliche Verhandlung beantragt.

3. Im Kalenderjahr 2012 erklärte die Bf. u.a. Ausgaben für ein häusliches Arbeitszimmer in Höhe von EUR 5.516,56 und Reisekosten in Höhe von EUR 1.210,00 als Werbungskosten aus nichtselbständiger Arbeit. Die Ausgaben für das häusliche Arbeitszimmer veranlagte das Finanzamt im Einkommensteuerbescheid (Arbeitnehmerveranlagung) 2012 vom in Höhe von EUR 00,00 und führte in der Bescheidbegründung aus:

"Eine Reise im Sinne des § 16 EStG liegt vor, wenn sich der Steuerpflichtige aus beruflichem Anlass mindestens 25 km vom Mittelpunkt seiner Tätigkeit entfernt, eine Reisedauer von mehr als drei Stunden bei Inlandsreisen (mehr als fünf Stunden bei Auslandsreisen) vorliegt und kein weiterer Mittelpunkt der Tätigkeit begründet wird. Dies ist bei einem unregelmäßig wiederkehrenden Einsatz in einer Ortsgemeinde, in der man erstmals oder zuletzt vor 6 Monaten tätig war, nur in den ersten 5 Tagen der Fall. Ihre Werbungskosten waren daher um 722 € zu kürzen. Die AfA für den Laptop wurde um einen 40%igen Privatanteil gekürzt". Der Bescheid war innerhalb eines Monats ab Zustellung mit Beschwerde anfechtbar und wurde mit der Beschwerde vom angefochten.

3.1. In der Beschwerde vom wurde vorgebracht: Bei den geltend gemachten Reisekosten handle es sich nicht um beruflich veranlasste Reisen im Sinne des § 16 Abs 1 Z 9 EStG, sondern um Dienstreisen im Sinne des § 26 EStG. Diese Dienstreisen seien dem Tatbestand der Lohnsteuerrichtlinien Rz 700 zuzuordnen, da die Bf. so weit von ihrem ständigen Wohnort entfernt arbeite, dass ihr eine tägliche Rückkehr nicht zugemutet werden könne. Nach Lohnsteuerrichtlinien Rz 721 gehe man davon aus, dass der jeweilige Einsatzort erst nach 6 Monaten analog zu § 26 Abs 2 BAO zum Mittelpunkt der Tätigkeit werde und bis zu diesem Zeitpunkt Tages- und Nächtigungsgelder in voller Höhe steuerfrei zustünden. Da der Arbeitgeber der Bf. die Tagesgelder nicht in der gesetzlich zustehenden, sondern in niedrigerer Höhe ausbezahle, möchte sie den Differenzbetrag zwischen den ihr tatsächlich zustehenden und den ihr ausbezahlten Geldern im Rahmen der Arbeitnehmerveranlagung geltend machen. Bei einem länger andauernden Auslandsaufenthalt ergebe sich aufgrund des Kaufkraftunterschiedes bzw. einem höheren Niveau der Lebenshaltungskosten im Vergleich zum Inland ein Verpflegungsmehraufwand (vgl. ; ). Gemäß § 16 Abs 1 EStG und nach Lohnsteuerrichtlinien 2002 Rz 317 können auch Differenz - Verpflegungsmehraufwendungen als Werbungskosten bei Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit berücksichtigt werden (vgl. UFSK RV/0329-K/11). Der Bf. stehe somit jeweils in den ersten Tagen die vollen Tagessätze, die restliche Zeit, die sie in Essen, Hannover und Ludwigshafen verbringt, zumindest die Kosten des Kaufkraftunterschiedes zu.

Laut , sei ein häusliches Arbeitszimmer dann anzuerkennen, wenn dieses nach der Art der Tätigkeit des Steuerpflichtigen notwendig ist, der bestimmte Raum ausschließlich oder nahezu ausschließlich beruflich genutzt wird und dieser auch entsprechend eingerichtet ist. Die Bf. ist als angestellte Unternehmensberaterin des Unternehmens ... tätig. Der Arbeitgeber gehe davon aus, dass die Mitarbeiter ein häusliches Arbeitszimmer haben, da im Büro keine ausreichende Anzahl an Arbeitsplätzen zur Verfügung stehe. Wenn die Arbeitnehmer ins Büro kommen, müssen sie sämtliche Dokumente und Unterlagen mitbringen, da sie diese ausschließlich zuhause lagern. Auch müssen die Arbeitnehmer ihre eigenen Laptops mitbringen, da diese direkt vor Ort nicht zur Verfügung stehen. Aus diesem Grund sei ein Arbeitszimmer für die Bf. absolut notwendig".

3.2. Mit der Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde abgewiesen. In der gesonderten Begründung wurde streitjahrbezogen ausgeführt:

Zu Laptop + Zubehör: "Von den Anschaffungskosten des Laptops bzw. dem Zubehör (Laptop-Tasche) war ein Privatanteil in Höhe von 40 % in Abzug zu bringen. Es konnten daher 180,00 € für den Laptop (AfA 2012- 2014) und 110,37 € für die Laptoptasche anerkannt werden".

Zu den Reisekosten: "Eine Reise im Sinne des § 16 EStG 1988 liegt dann vor, wenn sich der Steuerpflichtige aus beruflichem Anlass mindestens 25 km vom Mittelpunkt der Tätigkeit entfernt, eine Reisedauer von mehr als 3 Stunden bei Inlandsreisen vorliegt und kein weiterer Mittelpunkt der Tätigkeit begründet wird. Dies ist bei nicht regelmäßig wiederkehrendem Einsatz in einer Ortsgemeinde, in der man erstmalig oder zuletzt vor 6 Monaten tätig war, nur in den ersten 15 Tagen der Fall. Diese Vorschrift gilt gleichermaßen für Inlandsreisen als auch für Auslandsreisen (LStRI 2002, RZ301). Im gegenständlichen Fall waren daher die Reisekosten um 3777,10 € zu kürzen. Da die Ersätze gem. § 26 EStG 1988 des Dienstgebers einen Betrag von 4333,55 € im Jahr 2012 ausmachten, waren die Reisekosten zur Gänze abzuweisen".

Zum Arbeitszimmer: "Gem. § 20 Abs 1 Z 2 lit d EStG 1988 sind die Kosten eines im Wohnungsverband gelegenen Arbeitszimmers dann als Werbungskosten abzugsfähig, wenn das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Tätigkeit des Steuerpflichtigen bildet. Der Mittelpunkt einer Tätigkeit ist nach ihrem materiellen Schwerpunkt zu beurteilen. Die Frage, ob das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der Tätigkeit darstellt, ist auch nach dem "typischen Berufsbild" der Tätigkeit des Steuerpflichtigen zu beantworten. Die Beurteilung des Stellenwertes eines Arbeitszimmers für die Berufstätigkeit hat nach dem typischen Ablauf der Betätigung zu erfolgen (vgl. ; , 2000/14/0150; , 98/13/0193) und ist Einkunftsquellen bezogen vorzunehmen. Dient das Arbeitszimmer also Tätigkeiten, die im Wesentlichen außerhalb des Arbeitszimmers ausgeübt werden, so sind die diesbezüglichen Aufwendungen generell nicht abzugsfähig (unabhängig von der darin verbrachten Zeit; vgl. ). Im Schreiben vom bestätigt Ihr Arbeitgeber: "In der Regel ist der Arbeitsplatz der Unternehmensberater direkt bei einem unserer Kunden." Unabhängig davon gibt Ihr Arbeitgeber auch bekannt, dass Ihnen im Firmenbüro jederzeit ein Arbeitsplatz zur Verfügung steht. Aus den genannten Gründen sind die Kosten für das Arbeitszimmer nicht als Werbungskosten anzuerkennen".

Die Beschwerdevorentscheidung war innerhalb 1 Monats ab Zustellung mit Vorlageantrag anfechtbar und wurde mit dem Vorlageantrag vom angefochten. Im Vorlageantrag wurde die mündliche Verhandlung beantragt.

4. Aus den Verwaltungsakten:

4.1. Laut Reisekostenaufstellung 2012 betragen die Reisekostenersätze EUR 4.385,20.

4.2. Die Tages- und Nächtigungsgelder für die Auslandsdienstreisen nach Hannover, Essen und Ludwigshafen berechnet das Finanzamt wie folgt: 3 Städte x 15 x EUR 35,40 = EUR 1.593,00 (ergibt abzüglich EUR 1.282,00 die laut Beschwerdevorentscheidung anerkannten Reisekosten EUR 310,05).

5. BFG - Ermittlungen:

5.1. Mit Schreiben vom ersuchte das Bundesfinanzgericht die Bf., 1.) die Detailkostenaufstellung - Ausgaben Arbeitszimmer (2011, 2012) inklusive Belege und einen Wohnungsplan mit eingezeichnetem Arbeitszimmer vorzulegen und 2.) die Frage "Welche Einrichtungsgegenstände befinden sich im Arbeitszimmer?" zu beantworten. Die Antwortfrist betrug 1 Monat ab Zustellung dieses Schreibens. Dieses Schreiben blieb bis , 15:47 Uhr, unbeantwortet.

5.2. Mit eMail vom , 15:47 Uhr und eMail vom , 16:16 Uhr sandte die steuerliche Vertreterin der Bf. folgendes Schreiben an das Bundesfinanzgericht:

"In oben genannter Rechtssache verzichten wir auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung. Alle unserer Mandantin zur Verfügung stehenden Unterlagen wurden dem Finanzamt bereits zur Verfügung gestellt und sind im Akt enthalten. Da es um die Jahre 2012 und 2013 geht und unsere Mandantin in den letzten 10 Jahren zwei Mal umgezogen ist, sind keine ergänzenden Unterlagen mehr vorhanden und können keine Fotos oder ähnliches über den Zustand des Arbeitszimmers beigebracht werden. Das Arbeitszimmer war voll möbliert mit Schreibtisch, Stuhl, Drucker und Bücherregal und ist ausschließlich als Homeoffice verwendet worden. Ich bitte um entsprechende Würdigung des Sachverhalts und möchte noch einmal betonen, dass unserer Mandantin kein anderer Arbeitsplatz als ihr Homeoffice zur Verfügung gestanden ist. Dieses erfüllt somit alle Kriterien eines steuerlich voll absetzbaren Arbeitszimmers".

Die Verzichtserklärung war zwar gestempelt, jedoch weder unterschrieben noch elektronisch signiert.

5.3. Laut ihrer Webseite bietet die Arbeitgeberin der Bf. ihren ArbeitnehmerInnen folgendes Arbeitsumfeld an: ArbeitnehmerInnen entwickeln gemeinsam mit Partnern, Kunden und Teams Lösungen, die das Leben von Millionen Menschen auf der ganzen Welt verbessern. Ob virtuell oder vor Ort: Die multifunktionalen Räume unterstützen Innovation, Kreativität, Lernen und Entwicklung sowie Teamarbeit. Sie sind komfortable wie produktive "Open Spaces", die einladend und vertraut wirken und nachhaltig gestaltet sind: "Unsere Arbeitsweise verändert sich. Auch der Arbeitsort verändert sich. Unser Arbeitsplatz ist nicht mehr nur ein Ort, an dem man seine Arbeit erledigt. Es ist ein Ort, an dem sich Menschen, Technologien und Regionen miteinander verbinden, um Zusammenarbeit und Innovation zu entfachen ... ein Ort, an dem Kunden, Mitarbeitende, Besucher und Menschen miteinander in Kontakt treten, zusammenkommen, sich engagieren, lernen und gestalten." ArbeitnehmerInnen arbeiten nach ihren Vorstellungen. Arbeits- und Privatleben sind vereinbar dank innovativer Arbeitsplätze, die globale Vernetzung und Flexibilität fördern. ArbeitnehmerInnen können ihren Arbeitsort frei wählen (Stand 2022).

6. Die von der Bf. zitierten Entscheidungen waren 1.) (häusliches Arbeitszimmer) und 2.) ; , und UFSK , RV/0329-K/11 (Differenz-Verpflegungsmehraufwand).

7. Aus der Niederschrift über die mündliche Verhandlung:

Die mündliche Verhandlung beginnt am um 10:00 Uhr.

"Festgestellt wird, dass weder die Bf. noch ihre steuerliche Vertreterin erschienen ist. Mit Mail vom hat die Bf. auf die mündliche Verhandlung verzichtet. Da diese Verzichtserklärung werde unterschrieben noch elektronisch signiert ist, liegt kein rechtsgültiger Verzicht auf die mündliche Verhandlung vor. Die Richterin trägt die Sache vor und berichtet über die Ergebnisse etwa bereits durchgeführter Beweisaufnahmen. Die Finanzamtsvertreterin bringt vor, dass die AfA für den Laptop und die Tasche bereits im angefochtenen Bescheid 2012 abgezogen wurden und deshalb die Bescheiddaten in der Beschwerdevorentscheidung nicht geändert wurden. Die Finanzamtsvertreterin stellt keine weiteren Fragen und Beweisanträge".

Das Beweisverfahren wird um 10:30 Uhr geschlossen und beschlossen, dass die Entscheidung schriftlich ergeht.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

A. Alle Vorlageanträge sind frist- und formgerecht eingebracht. Deshalb gelten die Beschwerden als unerledigt. Da alle Beschwerden auch frist- und formgerecht eingebracht sind, ist über die Beschwerden "in der Sache" zu entscheiden.

B. In den Jahren 2011 und 2012 ist strittig, ob die Ausgaben für ein häusliches Arbeitszimmer in Höhe von jeweils EUR 5.516,56 per anno Werbungskosten aus nichtselbständiger Arbeit sind. Im Jahr 2012 ist auch strittig, ob ein Reisekosten-Differenz-Verpflegungsmehraufwand "Kaufkraftabgeltung" in Höhe von EUR 1.210,00 als Werbungskosten aus nichtselbständiger Arbeit absetzbar ist.

C. Ausgaben für ein Arbeitszimmer im Wohnungsverband als Werbungskosten aus nicht selbständiger Arbeit:

Gemäß § 16 Abs 1 Einkommensteuergesetz - EStG 1988 in der Fassung der Streitjahre sind die Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen Werbungskosten. Gemäß § 20 Abs 1 Z 2 lit d EStG 1988 in der Fassung der Streitjahre sind die Ausgaben für ein im Wohnungsverband gelegenes Arbeitszimmer (= häusliches Arbeitszimmer) einschließlich der Kosten seiner Einrichtung als Werbungskosten abzugsfähig, wenn in diesem Arbeitszimmer der Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Tätigkeit einer/eines Steuerpflichtigen ist.

Der Mittelpunkt einer gesamten betrieblichen und beruflichen Tätigkeit befindet sich nach den Erläuterungen zum StruktAnpG 1996 im Arbeitszimmer im Wohnungsverband, wenn darin die betriebliche oder berufsbildprägende Tätigkeit überwiegend ausgeübt wird. Wird die betriebliche oder berufliche Tätigkeit schwerpunktmäßig außerhalb des Arbeitszimmers ausgeübt oder stellen ArbeitgeberInnen - wie etwa bei Richtern () - einen entsprechenden Arbeitsplatz zur Verfügung, sind die Ausgaben für ein häusliches Arbeitszimmer nicht als Werbungskosten abziehbar (vgl. u.a. ).

Über die berufliche Tätigkeit der Bf. in den Streitjahren wird aus den Verwaltungsakten festgestellt, dass sie bis als Projektassistentin bei Projekten anderer UnternehmensberaterInnen mitgearbeitet und danach als angestellte Unternehmensberaterin im Bereich Strategy mit Schwerpunkt Finance and Enterprice Performance Management beruflich tätig gewesen ist. Sie hat Kunden in den Bereichen IT Strategy, Fusionen und Optimierungsprojekte begleitet. Ihre Arbeitgeberin hat bestätigt, dass die Bf. einen für diese Arbeit geeigneten Arbeitsplatz in ihrem Bürogebäude hat. Laut Webseite der Arbeitgeberin müssen ihre Arbeitnehmer-Innen nicht im Bürogebäude arbeiten sondern können ihren Arbeitsplatz frei wählen.

Nach dem Berufsbild der Wirtschaftskammer (Stand 2017) erheben UnternehmensberaterInnen (und daher auch die an ihren Projekten mitarbeitenden ProjektassistentInnen) Kundendaten, analysieren sie, entwickeln Strategien, die Veränderungen zum Nutzen der KundInnen bewirken sollen und helfen den KundInnen bei deren Umsetzung. Unternehmensberatung ist daher eine Dienstleistung, die nur durch den direkten KundInnenkontakt erbracht werden kann. Deshalb ist die wesentliche und das Berufsbild prägende Haupttätigkeit der Bf. das durch direkte KundInnenkontakte vermittelte Ergebnis jedes Beratungsprozesses.

In seiner de dato ständigen Rechtsprechung hat der Verwaltungsgerichtshof entschieden, dass die das Berufsbild von UnternehmensberaterInnen (und von an ihren Projekten mitarbeitenden ProjektassistentInnen) prägende Haupttätigkeit dort erbracht wird, wo die direkten KundInnenkontakte stattfinden, weshalb diese Haupttätigkeit nicht in einem häuslichen Arbeitszimmer erbracht wird (Krafft in Wiesner/Grabner/Knechtl/Wanke, EStG § 20, Tz. 43 (Stand , rdb.at).

In Anwendung dieser VwGH-Rechtsprechung wird festgestellt, dass die Bf. die ihr Berufsbild prägende Haupttätigkeit nicht in ihrem häuslichen Arbeitszimmer erbracht hat.

Wird die das Berufsbild prägende Tätigkeit nicht in einem häuslichen Arbeitszimmer erbracht, sind die Ausgaben für ein häusliches Arbeitszimmer dennoch als Werbungskosten abziehbar, wenn für die betriebliche oder berufliche Tätigkeit kein anderer Arbeitsplatz verfügbar ist.

Die Bf. hat jedoch für jede beim Beratungsprozess anfallende Arbeit einen geeigneten Arbeitsplatz:

Sie erhebt die KundInnendaten bei ihren AuftraggeberInnen, weshalb dort, wo die KundInnendaten erhoben werden, die Arbeitsplätze der Bf. bei diesen Tätigkeiten sind.

Braucht die Bf. einen Konferenz- oder Büroraum für Kundengespräche oder Teambesprechungen, stellt ihr die Arbeitgeberin einen Konferenz- oder Büroraum zur Verfügung: Die Bf. hat daher zwar flexible, jedoch für ihre jeweiligen Arbeiten geeignete Arbeitsplätze im Bürogebäude ihre Arbeitgeberin, wann immer sie einen dieser Arbeitsplätze braucht.

Im häuslichen Arbeitszimmer analysiert und verarbeitet die Bf. die gesammelten Kundendaten, erstellt Angebote und Machbarkeitsstudien, telefoniert und kommuniziert mit Kunden, analysiert die Ist-Situation der Kunden, erarbeitet neue Konzepte, spricht sich mit Teamkollegen über die laufenden Projekte via telefonischer (Video-)Konferenzen ab und erstellt Präsentationen: Diese Arbeiten sind jedoch keine wesentlichen und das Berufsbild prägende Tätigkeiten von UnternehmensberaterInnen (und von an ihren Projekten mitarbeitenden Projektassistent-Innen), sondern nur die Beratungsleistung vor- oder nachbereitende Arbeiten.

Die Bf. muss diese Arbeiten nicht in einem häuslichen Arbeitszimmer durchführen, da sie im Bürogebäude ihrer Arbeitgeberin einen für diese Arbeiten geeigneten Arbeitsplatz hat, wenn sie dort arbeiten will. Dieser Einzelarbeitsplatz ist zwar kein ständiger, ausschließlich von der Bf. genutzter Einzelarbeitsplatz (da sie ihn 1 Woche im Voraus buchen muss), jedoch kann sie einen derartigen Einzelarbeitsplatz immer dann benützen, wenn sie an einem Einzelarbeitsplatz im Bürogebäude der Arbeitgeberin arbeiten will.

Davon abgesehen muss die Bf. nicht in einem häuslichen Arbeitszimmer arbeiten, da sie ihren Arbeitsplatz frei wählen darf (siehe Webseite ihrer Arbeitgeberin). Deshalb verzichtet sie auf die Nutzung der Arbeitsplätze im Bürogebäude ihrer Arbeitgeberin, wenn sie zuhause arbeitet. Ein häusliches Arbeitszimmer ist nicht notwendig, wenn freiwillig auf Arbeitsplätze im Bürogebäude von ArbeitgeberInnen verzichtet wird ().

Irrelevant ist daher auch, wieviel Zeit die Bf. im häuslichen Arbeitszimmer beruflich tätig ist () und dass sie nicht nachweisen oder zumindest glaubhaft machen kann, dass sie den als häusliches Arbeitszimmer verwendeten Raum ausschließlich oder nahezu ausschließlich beruflich genützt hat.

Die Bf. lagert den für die Arbeit verwendeten Laptop, dienstliche Dokumente und dienstliche Unterlagen zuhause: Nach ständiger höchstgerichtlicher Rechtsprechung bewirkt deren bloße Lagerung zuhause nicht, dass ein häusliches Arbeitszimmer beruflich notwendig ist, da das Lagern tätigkeitsbezogener Gegenstände nicht die berufliche Haupttätigkeit der Bf. ist ().

Diese Ausführungen zusammengefasst wird festgestellt, dass ein häusliches Arbeitszimmer nicht beruflich notwendig ist. Das Beschwerdebegehren - die Ausgaben für ein häusliches Arbeitszimmer als Werbungskosten anzuerkennen - ist daher abzuweisen.

D. Volle Tagessätze und Kaufkraftabgeltung als Werbungskosten aus nicht selbständiger Arbeit:

Die Bf. behauptet, dass sie einen Anspruch auf volle Tagessätze und Kaufkraftabgeltung habe. Sie beantragt einen Werbungskostenabzug in Höhe von EUR 1.210,00.

Die Frage, warum die Reisekosten nicht in der beantragten Höhe Werbungskosten sind, hat das Finanzamt in der Beschwerdevorentscheidung vom beantwortet. Die Begründung der Beschwerdevorentscheidung vom wird daher zum Bestandteil der Begründung dieser BFG-Entscheidung erklärt.

Der Werbungskostenabzug - Kaufkraftabgeltung wird für Reisen nach Deutschland beantragt: Dazu wird nach der aus den Verwaltungsakten sich ergebenden Sach- und Beweislage festgestellt, dass die Bf. in keiner Ortsgemeinde in Deutschland einen weiteren Tätigkeitsmittelpunkt begründet hat. Einen weiteren Tätigkeitmittelpunkt im Ausland zu begründen, ist jedoch eine Voraussetzung dafür, dass wegen des Kaufkraftunterschiedes bei den in- und ausländischen Lebenshaltungskosten ein beruflich bedingter Verpflegungsmehraufwand anfallen kann (Lohnsteuerrichtlinien Rz 313, ). Dieser weitere Tätigkeitsmittelpunkt darf jedoch nicht in Deutschland liegen, da keine Differenz-Verpflegungsmehraufwendungen anfallen, wenn das Ziel der Auslandsdienstreise in Deutschland liegt (Lohnsteuerrichtlinien Rz 1405).

Da die Bf. Reisekostenersätze erhalten und keinen weiteren Tätigkeitsmittelpunkt in einer nicht in Deutschland liegenden Ortsgemeinde begründet hat, ist das Beschwerdebegehren, EUR 1.210,00 als Werbungskosten anzuerkennen - abzuweisen.

E. Revision

Gemäß Art 133 Abs 1 Z 4 B-VG ist die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof gegen Erkenntnisse oder Beschlüsse des Bundesfinanzgerichtes zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage mit grundsätzlicher Bedeutung abhängt. Eine grundsätzlich bedeutende Rechtsfrage musste das Bundesfinanzgericht nicht beantworten. Welche Voraussetzungen vorliegen müssen, damit die Ausgaben für ein häusliches Arbeitszimmer Werbungskosten sind, hat der Verwaltungsgerichtshof bereits in , entschieden und ist von dieser Rechtsprechung nicht abgewichen. Die Rechtsfragen zum Differenz-Verpflegungsmehraufwand und zu Kaufkraftunterschieden hat er in , beantwortet. Die (ordentliche) Revision ist daher nicht zulässig.

Wien, am

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