Gerichtlich festgesetzte Unterhaltszahlungen für ein volljähriges behindertes Kind (Down-Syndrom, Trisomie 21) als außergewöhliche Belastung aus dem Titel der Behinderung/Krankeit eines Kindes?
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Dr. Martin Christoph Wittmann in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des ***FA*** (nunmehr Finanzamt Österreich) vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2018, Steuernummer ***BF1StNr1***, zu Recht erkannt:
I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben.
Der angefochtene Bescheid wird im Sinne der Beschwerdevorentscheidung vom abgeändert.
Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind der Beschwerdevorentscheidung vom zu entnehmen.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
I. Verfahrensgang
Das Finanzamt erließ am den Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2018 (im Folgenden ESt-Bescheid).
Dagegen erhob der Beschwerdeführer (im Folgenden Bf) am Beschwerde.
Mit Beschwerdevorentscheidung vom änderte die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid vom ab und gewährte dem Bf ua den Unterhaltsabsetzbetrag. Begründend führte sie aus, dass nach § 34 Abs 7 Z 2 EStG Leistungen des gesetzlichen Unterhalts bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 33 Abs 4 Z 3 EStG durch den Unterhaltsabsetzbetrag abgegolten seien. Die Leistung laufenden Unterhalts könne sohin steuerlich als außergewöhnliche Belastung nicht berücksichtigt werden. Anderes gelte, wenn der geltend gemachte Betrag für Aufwendungen getätigt worden sei, die beim Unterhaltsberechtigten selbst eine außergewöhnliche Belastung darstellen würden. Dies sei insb dann der Fall, wenn diese Zahlungen zur Deckung etwa von Krankheitskosten dienten. Aufwendungen, die aus der Krankheit oder Behinderung eines Kindes erwachsen, unterlägen (auch als "Mehraufwendungen" iSd § 34 Abs. 6 EStG, daher ohne Abzug eines Selbstbehalts) anders als Aufwendungen schlechthin (Unterhaltskosten) der begünstigten Behandlung als außergewöhnliche Belastung. Da jedoch keine Belege über die aus der Behinderung der volljährigen ***1*** (Tochter des Bf) entstandenen Mehraufwendungen hätten vorgelegt werden können, hätten die beantragten Unterhaltszahlungen nicht als außergewöhnliche Belastung ohne Selbstbehalt anerkannt werden können. Der Unterhaltsabsetzbetrag sei gem § 33 Abs 4 Z 3 EStG für 12 Monate anerkannt worden.
Am stellte der Bf einen Vorlageantrag und führte begründend aus, dass er für das Jahr 2018 den Abzug seiner geleisteten Unterhaltszahlungen an seine behinderte Tochter in iHv jährlich 4.920,- Euro iSd VwGH-Entscheidung vom , Ra 2016/13/0053, als außergewöhnliche Belastung ohne Selbstbehalt beantragt habe. Seine Tochter ***1***, geb , sei aufgrund ihrer Krankheit (Down-Syndrom, Trisomie 21) nicht selbsterhaltungsfähig und beziehe ihre Mutter auch die erhöhte Familienbeihilfe. Laut Beschluss der BH Graz-Umgebung sei er verpflichtet, monatlich einen Betrag iHv 410,- Euro an seine Tochter "für ihre Krankheit" zu bezahlen. Seine Zahlungen stünden im "ursprünglichen Zusammenhang" mit der Behinderung von ***1*** und er könne sich dieser Belastung nicht entziehen. Die Zahlungen entstünden daher aufgrund des Beschlusses zwangsläufig. Diese Zahlungen stellten gem der VwGH-Entscheidung vom behinderungsbedingte Aufwendungen dar, weshalb er daher beantrage, statt des Unterhaltsabsetzbetrages diese Mehraufwendungen iHv 4.920,- Euro als außergewöhnliche Belastung ohne Selbstbehalt abzuziehen. Da er von der Mutter seiner Tochter getrennt sei und die Kommunikation zwischen der Mutter und ihm äußerst schwierig sei, sei er nicht in der Lage die Krankheitskosten belegmäßig nachzureichen. Für ***1*** seien regelmäßig medizinische Kontrollen notwendig gewesen. Diese seien ein Leben lang erforderlich, ebenso benötige sie eine Unterstützung, um ihre Probleme des täglichen Alltags bewältigen zu können. Derzeit arbeite seine Tochter bei einem Verein, wofür sie nichts bezahlt bekomme. Dieses kostenlose Arbeiten sei als Therapie anzusehen. Für den Lebensunterhalt sowie sämtlicher anfallender Kosten iZm ihrer Krankheit sorgten ihre Mutter und der Bf mit seinen monatlichen Zahlungen. Seine bezahlten monatlichen Alimente (It Gerichtsbeschluss), stellten daher Aufwendungen iZm mit der Krankheit seiner Tochter dar, die einerseits zur Bewältigung der Lebensführung (Wohnen und Essen) und anderseits für eventuelle Therapien verwendet würden und wären daher als außergewöhnliche Belastung ohne Selbstbehalt zu berücksichtigen. Wenn er keine Belege vorlegen könne, liege das einerseits am Verhältnis zur Mutter, die den gesamten Aufwand für die Behinderung seiner Tochter bestreite. Andererseits sei er der Meinung, dass Lebenshaltungskosten für Menschen, die nicht selbsterhaltungsfähig seien, Krankheitskosten darstellten, zumindest ab dem Zeitpunkt der Volljährigkeit. Er möchte idZ darauf hinweisen, dass diese Zahlungen für solche Therapien zwar nicht belegmäßig nachgewiesen worden, aber zumindest glaubhaft seien. Er stelle daher den Antrag, seine Unterhaltszahlungen als außergewöhnliche Belastung ohne Selbstbehalt iSd § 34 Abs 6 EStG anzuerkennen.
II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
1. Sachverhalt und Beweiswürdigung
Der Bf ist Vater einer nicht seinem Haushalt zugehörigen volljährigen Tochter, die wegen der vorangeführten Behinderung/Krankheit auf Dauer nicht selbsterhaltungsfähig bzw erwerbsunfähig ist und ihre Mutter für sie die erhöhte Familienbeihilfe bezieht. Die Tochter wohnte im Beschwerdezeitraum bei ihrer Mutter und arbeitete zu Therapiezwecken kostenlos bei einem Verein.
Der Bf wurde mit nach Erreichen der Volljährigkeit seiner Tochter ***1*** von der BH Graz-Umgebung zur Leistung des laufenden monatlichen Unterhaltsbetrages iHv 410,- Euro, dem der Beschluss des Bezirksgerichtes Graz-Ost vom , GZ ***2***, zu Grunde liegt, verpflichtet. Dementsprechend leistete der Bf im Beschwerdejahr 2018 monatliche Unterhaltszahlungen iHv 410,- Euro, somit 4.920 Euro jährlich. In der Beschwerde betreffend ESt 2018 beantragte der Bf, den jeweiligen Gesamtbetrag der Unterhaltsleistungen als außergewöhnliche Belastung aus dem Titel der Behinderung/Krankheit eines Kindes anstelle der Pauschbeträge anzuerkennen.
Dieser Sachverhalt steht außer Streit. Gegenstand des Beschwerdeverfahrens ist die Frage, ob und in welcher Höhe die gerichtlich festgesetzten Unterhaltszahlungen eine außergewöhnliche Belastung darstellen können.
Der Bf vertritt unter Heranziehung des VwGH-Erk vom , Ra 2016/13/0053, die Ansicht, dass ausgehend vom Grad der Behinderung der Tochter die gerichtlich festgesetzten Unterhaltszahlungen Aufwendungen iZm der Krankheit seiner Tochter darstellten, die einerseits zur Bewältigung der Lebensführung und andererseits für eventuelle Therapien verwendet würden, zur Gänze und auch ohne weiteren Nachweis als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen seien.
2. Rechtslage
Das Bundesgesetz vom über die Besteuerung des Einkommens natürlicher Personen (Einkommensteuergesetz 1988 - EStG) idF BGBl I 2018/62 lautet auszugsweise:
"Außergewöhnliche Belastung
§ 34.
(1) Bei der Ermittlung des Einkommens (§ 2 Abs. 2) eines unbeschränkt Steuerpflichtigen sind nach Abzug der Sonderausgaben (§ 18) außergewöhnliche Belastungen abzuziehen. Die Belastung muß folgende Voraussetzungen erfüllen:
1.Sie muß außergewöhnlich sein (Abs. 2).
2. Sie muß zwangsläufig erwachsen (Abs. 3).
3. Sie muß die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wesentlich beeinträchtigen (Abs. 4).
Die Belastung darf weder Betriebsausgaben, Werbungskosten noch Sonderausgaben sein.
[…]
(3) Die Belastung erwächst dem Steuerpflichtigen zwangsläufig, wenn er sich ihr aus tatsächlichen, rechtlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann.
[…]
(7) Für Unterhaltsleistungen gilt folgendes:
1. Unterhaltsleistungen für ein Kind sind durch die Familienbeihilfe sowie gegebenenfalls den Kinderabsetzbetrag gemäß § 33 Abs. 3 abgegolten, und zwar auch dann, wenn nicht der Steuerpflichtige selbst, sondern sein mit ihm im gemeinsamen Haushalt lebender (Ehe)Partner (§ 106 Abs. 3) Anspruch auf diese Beträge hat.
2. Leistungen des gesetzlichen Unterhalts für ein Kind sind bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 33 Abs. 4 Z 3 durch den Unterhaltsabsetzbetrag abgegolten.
4. Darüber hinaus sind Unterhaltsleistungen nur insoweit abzugsfähig, als sie zur Deckung von Aufwendungen gewährt werden, die beim Unterhaltsberechtigten selbst eine außergewöhnliche Belastung darstellen würden. Ein Selbstbehalt (Abs. 4) auf Grund eigener Einkünfte des Unterhaltsberechtigten ist nicht zu berücksichtigen.
[…]
3. Rechtliche Beurteilung
3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abänderung)
Nach der dargestellten Gesetzeslage sind Unterhaltsleistungen für Kinder grundsätzlich mit der Familienbeihilfe, dem Kinderabsetzbetrag und dem Unterhaltsabsetzbetrag abgegolten. Unterhaltsleistungen zur Erfüllung der gesetzlichen Unterhaltspflicht gegenüber einem Kind kämen zwar unter dem Gesichtspunkt der Zwangsläufigkeit grundsätzlich als außergewöhnliche Belastung in Betracht, denn es handelt sich um Belastungen, denen sich der Steuerpflichtige aus "rechtlichen Gründen nicht entziehen kann". In § 34 Abs 7 EStG werden diese allerdings - abgesehen vom hier nicht zutreffenden Sonderfall der auswärtigen Berufsausbildung (§ 34 Abs 8 EStG) - insoweit weitgehend von der Berücksichtigung als außergewöhnliche Belastung ausgeschlossen, als der Gesetzgeber nur Aufwendungen für zwangsläufig getragene Kosten einer Erkrankung, Behinderung oder Pflegebedürftigkeit eines Kindes begünstigt. Beim Bezug erhöhter Familienbeihilfe sind diese Aufwendungen gem § 34 Abs 6 EStG ohne Selbstbehalt zu berücksichtigen. Ausgaben für eine Krankheit bzw Behinderung von Kindern sind unabhängig von der Höhe des laufenden Unterhaltsanspruchs als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen (Fuchs in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn (Hrsg), Kommentar zum EStG21, § 34, Tz 55/1, "Unterhaltsleistungen").
Gem dem vom Bf zitierten Judikat des , kommt es für die Frage, ob Unterhaltszahlungen ganz oder teilweise als außergewöhnliche Belastung berücksichtigbar sind, nach Ansicht des Höchstgerichtes darauf an, ob die Zahlungen der Bestreitung von Aufwendungen dienten, die beim Unterhaltsberechtigten (also im konkreten Fall bei der Tochter) selbst eine außergewöhnliche Belastung darstellen würden (). Dies ist insb dann der Fall, wenn diese Zahlungen zur Deckung etwa von Krankheitskosten (vgl ; , 96/15/0261) oder Kosten der Behinderung eines Kindes () dienten, welche "anders als Aufwendungen schlechthin (Unterhaltskosten)der begünstigten Behandlung als außergewöhnliche Belastungen" unterliegen (s Rz 23 des erwähnten VwGH-Erk vom ).
Die Unterhaltspflicht iSd § 231 ABGB umfasst den Unterhaltsbedarf des nicht selbsterhaltungsfähigen Kindes bezogen auf den gesamten Lebensaufwand (Limberg in Kletečka/Schauer, ABGB-ON, 1.07, 2022, § 231, Rz 64 f). Die Angemessenheit des Unterhaltsbedarfs orientiert sich an den individuellen Kindesbedürfnissen (st Rsp des OGH, vgl 2 Ob 569/94; 4 Ob 51/06p), die im konkreten Fall unter Berücksichtigung von Gesundheitszustand und Persönlichkeitsstruktur (den "Anlagen, Fähigkeiten, Neigungen und Entwicklungsmöglichkeiten") des Kindes bestehen. Zu den gesamten Lebensbedürfnissen gehören Nahrung, Kleidung, Wohnung (der anteilige Aufwand hiefür), medizinische Versorgung sowie der Aufwand für Betreuung, Erziehung, Ausbildung und für die Befriedigung von Freizeitbedürfnissen, insb kultureller und sportlicher Art, einschließlich eines "Taschengeldes" (; OGH 8 Ob 82/13m; Stabentheiner/Reiter in Rummel/Lukas, ABGB4, § 231, Rz 80; Neuhauser in Schwimann/Kodek, ABGB-Praxiskommentar, § 231, Rz 2).
Trägt der Vater einer unterhaltsberechtigten Tochter daher zur Deckung der Aufwendungen wegen ihrer Behinderung oder Krankheit bei, so geschieht dies gerade in Erfüllung seiner Unterhaltspflicht.
Zusammenfassend ist festzustellen, dass die vom Bf geleisteten Unterhaltszahlungen nur insoweit als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt werden können, als sie zur Deckung von gem § 34 Abs 7 Z 4 EStG vom Abzugsverbot ausgenommenen Aufwendungen dienten. Der Bf vertritt im Vorlageantrag vom die Auffassung, der VwGH habe in seinem Erk vom , Ra 2016/13/0053, ausgesprochen, dass Unterhaltszahlungen für ein behindertes volljähriges Kind ohne Weiteres zur Gänze als außergewöhnliche Belastung abziehbar seien.
Er übersieht dabei, dass das Höchstgericht in Rz 24 ausdrücklich darauf hingewiesen hat, dass die VwGH-Entscheidung auf Basis der in der Amtsrevision nicht bekämpften Sachverhaltsfeststellungen des BFG ergangen ist. Das BFG hat in dem durch diese Amtsrevision angefochtenen Erk vom , RV/7104527/2015, festgestellt, dass nach dem von der Abgabenbehörde unbestrittenen Ergebnis des Ermittlungsverfahrens sämtliche an das volljährige Kind des dortigen Bf geleisteten Zahlungen "tatsächlich und ausschließlich der Bestreitung der aus der Behinderung […] erwachsenden Mehraufwendungen" iSd § 34 Abs 7 Z 4 EStG und § 3 Abs 6 EStG dienten. Im Unterschied zum hier zu beurteilenden Beschwerdefall betreffend ***1*** hat der (dortige) Bf dem BFG im Verfahren zu RV/7104527/2015 nach Aufforderung, entsprechende Belege zum Beweis dafür vorzulegen, inwieweit der geltende gemachte Unterhaltsbetrag tatsächlich und ausschließlich zur Bestreitung der aus der Behinderung des Kindes erwachsenden Aufwendungen verwendet wurde, im Zuge einer Vorhaltsbeantwortung mit "umfangreichen, allein aus dem Streitjahr stammenden medizinischen Berichten über die chronischen gesundheitlichen Beeinträchtigungen" des Kindes des (dortigen) Bf den Kausalzusammenhang mit der Behinderung des Kindes "ausreichend dokumentiert" (Zitate aus der Begründung des BFG-Erk vom , RV/7104527/2015, Seite 3 f).
Dieser ursächliche Zusammenhang ist in casu jedoch nicht gegeben. Wie bereits oben ausgeführt, können nur solche Aufwendungen und nicht Aufwendungen schlechthin (Unterhaltskosten) eine außergewöhnliche Belastung darstellen (; , 96/15/0261). Die bloße Tatsache, dass die vom Bf zu leistenden Alimente an die volljährige ***1*** deswegen zu zahlen waren, weil das Weiterbestehen der Unterhaltsverpflichtung auch nach Eintritt der Volljährigkeit aus der Behinderung des Kindes resultiert, vermag daher eine Behandlung der gesamten geleisteten Unterhaltszahlungenohne Ansehung des Charakters der damit gedeckten Aufwendungen als außergewöhnliche Belastung nicht zu begründen.
Auch judiziert der VwGH im vom Bf zitierten Erk vom in Rz 23, dass die Leistung laufenden Unterhalts (nur) dann beim Empfänger eine außergewöhnliche Belastung darstellt, wenn diese Zahlungen zur Deckung etwa von Krankheitskosten dienen. Er hält explizit fest: "Aufwendungen, die aus der Krankheit oder Behinderung eines Kindes erwachsen, unterliegen (auch als "Mehraufwendungen" iSd § 34 Abs. 6 EStG 1988, daher ohne Abzug eines Selbstbehalts) anders als Aufwendungen schlechthin (Unterhaltskosten) der begünstigten Behandlung als außergewöhnliche Belastung (vgl. neuerlich das Erkenntnis vom )." Der Bf hat jedoch im Beschwerdefall die Anerkennung seiner gesamten Unterhaltsleistungen schlechthin als außergewöhnliche Belastung beantragt.
Nach st Rsp (, mwN) hat der Steuerpflichtige, der eine Begünstigung, somit auch eine Steuerermäßigung wegen außergewöhnlicher Belastung, in Anspruch nimmt, selbst einwandfrei und unter Ausschluss jeden Zweifels das Vorliegen jener Umstände darzulegen, auf welche die abgabenrechtliche Begünstigung gestützt werden kann, wobei die Gründe dafür einzeln anzuführen und zumindest glaubhaft zu machen sind (zB ). Den Steuerpflichtigen trifft sohin die Behauptungs- und Beweislast über das Bestehen der Voraussetzungen für die Inanspruchnahme einer außergewöhnlichen Belastung ().
Im Beschwerdefall ließ die Aktenlage einen Schluss dahingehend, dass die Unterhaltsleistungen zur Gänze und ausschließlich der Deckung von begünstigten behinderungsbedingten Aufwendungen dienten, nicht zu, weshalb dem Bf Gelegenheit eingeräumt wurde, darzutun und zu belegen, ob und in welchem Umfang für die von ihm geleisteten Unterhaltszahlungen die Voraussetzungen des § 34 Abs 7 Z 4 EStG gegeben sind.
Der Bf legte zum "Beweis" darüber, dass ihn eine außergewöhnliche Belastung treffe, das Schreiben der BH Graz-Umgebung vom vor, worin der Bf verpflichtet wird, den laufenden monatlichen Unterhaltsbeitrag iHv 410,- an ***1*** zu überweisen.
Entsprechende Belege zur Glaubhaftmachung, inwieweit der geltend gemachte Betrag iHv 4.920,- Euro tatsächlich und ausschließlich zur Bestreitung der aus der Behinderung seiner Tochter erwachsenen Aufwendungen verwendet wurde, legte der Bf nicht vor.
Zudem sind Unterhaltsleistungen nach § 34 Abs 7 Z 4 EStG nur insoweit ausnahmsweise abzugsfähig, als sie zur Bestreitung von Aufwendungen geleistet werden, die beim Empfänger selbst - also im Beschwerdefall bei der Tochter ***1*** - dem Grunde nach abzugsfähig wären. Es handelt sich also um Aufwendungen, die aus tatsächlichen Gründen erwachsen, wie Krankheits-, Behinderungs-, Pflege- oder Betreuungskosten für ***1*** (; , 96/15/0261).
Der Bf selbst hat jedoch lediglich darauf hingewiesen, dass er von der Mutter seiner Tochter getrennt sei und die Kommunikation zwischen der Mutter und ihm äußerst schwierig sei, weshalb er nicht in der Lage sei, die Krankheitskosten belegmäßig nachzureichen.
Was die vom Bf insinuierte "Ungleichbehandlung" seiner Person betrifft, weil er (bloß) keine Belege vorlegen könne bzw, dass das Finanzamt lediglich den Unterhaltsabsetzbetrag zugesprochen habe, was ihn finanziell über Gebühr belaste, ist ihm Folgendes zu erwidern:
Nach der Rsp des VfGH kann der Gesetzgeber der verfassungsrechtlichen Verpflichtung zur Berücksichtigung der durch die Unterhaltsverpflichtung gegenüber Kindern bewirkten Minderung der Leistungsfähigkeit sowohl durch die Gewährung von Transferzahlungen als auch im Wege einer Entlastung im Besteuerungsverfahren entsprechen (vgl ; , B 1285/00; , B 1340/00). Im Endeffekt muss jedoch zumindest die Hälfte der Einkommensteile, die zur Bestreitung des gesetzlich geschuldeten Unterhalts der Kinder erforderlich sind, steuerfrei bleiben (vgl ; , B 1340/00).
Der VfGH entschied in seinem Erk vom , B 1285/00, dass die Berücksichtigung der Unterhaltspflicht geldunterhaltspflichtiger Personen durch die - ggf von den Gerichten bei der Unterhaltsbemessung zu berücksichtigende - Kürzung der Unterhaltspflicht (durch teilweise Anrechnung der Transferleistungen wie zB die Familienbeihilfe) und andererseits durch die Gewährung des Unterhaltsabsetzbetrages verfassungskonform ist (, mwN). Zur Begründung führte das Höchstgericht aus: "Die zulässige Pauschalierung der Berücksichtigung von Kinderlasten nimmt auf Unterschiede in der Belastung der Eltern, die sich aus deren jeweils gegebenen Lebensverhältnissen oder den individuellen Bedürfnissen der Kinder ergeben, keine Rücksicht. Sind solcherart für jedes unterhaltsberechtigte Kind dieselben Leistungen vorgesehen, so fällt auch der Umstand, daß die Eltern getrennt leben, diesen als Sache privater Lebensgestaltung oder persönlichen Risikos zur Last. […] Ob und in welchem Ausmaß bei gegebenen Einkommensverhältnissen und angesichts der durch die getrennte Haushaltsführung verwirklichten Risiken und in Kauf genommenen Nachteile die Transferleistungen über den Unterhaltsabsetzbetrag hinaus zur Entlastung des Geldunterhaltspflichtigen berücksichtigt werden müssen, haben die Gerichte bei der Unterhaltsbemessung im Einzelfall zu entscheiden."
Das in § 34 EStG festgelegte grundsätzliche Abzugsverbot von Unterhaltsleistungen an Kinder bei getrennter Haushaltsführung erweist sich somit als verfassungskonform, sodass Unterhaltsleistungen nur im Umfang der in dieser Bestimmung normierten Ausnahmen als steuermindernd zu berücksichtigen sind. Der durch den Bf erhobene Einwand des Missverhältnisses zwischen der Summe der geleisteten Unterhaltszahlungen und der Höhe des Unterhaltsabsetzbetrages geht daher ins Leere.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Die in concreto aufgeworfenen Fragen waren zum Teil im Rahmen der Beweiswürdigung zu klären bzw waren sie sowohl dem Gesetz sowie der dazu ergangenen - in den Entscheidungsgründen zitierten - Rsp des VwGH zu entnehmen, sodass eine Revision nicht zuzulassen war.
Graz, am
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 34 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2023:RV.2100903.2019 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at