TEL.: +43 1 246 30-801  |  E-MAIL: support@lindeverlag.at
Suchen Hilfe
Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 24.02.2023, RV/2100319/2022

Nachweis bei einer außergewöhnlichen Belastung iZm Behinderung

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin***R*** in der Beschwerdesache ***Bf***, ***Bf-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Einkommensteuer 2016 (Arbeitnehmerinnenveranlagung), StNr. ***Bf-StNr***, zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133
Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Am hat die Beschwerdeführerin (im Folgenden kurz Bf. genannt) via FinanzOnline den Antrag auf Arbeitnehmerveranlagung für das Jahr 2016 eingebracht. Neben Sonderausgaben, Werbungskosten und Kinderfreibeträgen für zwei Kinder wurden auch folgende außergewöhnliche Aufwendungen aufgrund einer eigenen Behinderung beantragt:

  1. Pauschaler Freibetrag bei einer Behinderung von 50%

  2. Pauschaler Freibetrag für Diätverpflegung (Magen, andere innere Erkrankung)

  3. Unregelmäßige Ausgaben für Hilfsmittel sowie Kosten der Heilbehandlung in Höhe von 1.305,45 Euro

Mit Einkommensteuerbescheid vom wurde die Bf. erklärungsgemäß veranlagt und damit eine Gutschrift von 1.331 Euro festgesetzt.

Im Zuge einer Nachbescheidkontrolle erließ das Finanzamt am einen Ergänzungsvorhalt zu den in den Anträgen auf Arbeitnehmerveranlagung 2015 und 2016 geltend gemachten Positionen und wurden Unterlagen angefordert.

Hinsichtlich der Werbungskosten und außergewöhnlichen Belastungen hieß es darin:

"- Werbungskosten: Bitte schicken Sie uns die Belege und eine Kostenaufstellung, wie sich die Gesamtsumme zusammensetzt (Datum, Bezeichnung, Betrag). Bitte teilen Sie uns auch Ihren beruflichen Aufgabenbereich mit und informieren Sie uns, wie die Ausgaben mit Ihrem Beruf zusammenhängen. Haben Arbeitgeber ….

- Außergewöhnliche Belastungen ohne Selbstbehalt: Bitte senden Sie uns die genaue Aufstellung mit den folgenden Details:

  1. Rechnung inkl. Rechnungsdatum

  2. Bezeichnung der Aufwendung

  3. Einzelpreise und Summe über alle Aufwendungen

Abzüglich erhaltener Ersätze (Krankenkasse, Versicherung, Fonds, usw.). Zum Nachweis Ihrer beantragten Aufwendungen legen Sie bitte alle Belege bei.

Hinweis: Bei stationären Aufenthalten, wie z.B. Krankenhaus oder Kur, ist eine Haushaltsersparnis von 5,23 Euro pro Tag von den beantragten Aufwendungen abzuziehen. Nur Kosten, die im direkten Zusammenhang mit der Behinderung stehen, können ohne Selbstbehalt berücksichtigt werden."

Eine Beantwortung erfolgte nicht.

Am erging ein neuerlicher (Ergänzungs-)Vorhalt gleichen Inhalts an die Bf. Als Frist zur Beantwortung wurde der bekannt gegeben.

Mit Schreiben vom führte die Bf. an: "Ihre mit Schreiben vom geforderten Unterlagen liegen mir leider nicht vor, auch wurden keine diesbezüglichen Belege von der Steuerfahndung retourniert. Ich möchte jedoch nochmals festhalten, dass die Unterlagen für das Jahr 2015 nachweislich dem Finanzamt aufgrund eines Ergänzungsersuchens vom übermittelt wurden und nicht retourniert wurden. Die Aufwendungen 2016 haben annähernd dem Vorjahr entsprochen. Abschließend ersuche ich höflichst um Verständnis und Nachsicht."

Am erging wiederum ein (Ergänzungs-)Vorhalt mit gleichem Inhalt an die Bf. Als Frist zur Beantwortung wurde der angegeben.

Die Bf. antwortete mit Schreiben vom folgendermaßen:

"In Beantwortung Ihres Ergänzungsersuchens vom beziehe ich mich auf mein Schreiben vom , welches ich Ihnen zeitgerecht zu Ihren Handen übermittelt habe. Offensichtlich hat sich dieses Schreiben mit Ihrem neuerlichen Ersuchen zeitlich überschnitten. Ich ersuche um diesbezügliche Kenntnisnahme."

Da das Finanzamt keine andere Möglichkeit zur Klärung des Sachverhaltes sah, erging am an die Bf. eine Vorladung für den und wurde die Bf. ersucht, Belege und Kostenaufstellungen bzgl. der Werbungskosten und außergewöhnlichen Belastungen ohne Selbstbehalt mitzubringen.

Mit Schreiben vom gab die Bf. bekannt, dass sie der Vorladung für den aufgrund eines urlaubsbedingten Auslandsaufenthaltes nicht Folge leisten könne. Weiter führte sie aus: "Zu Ihren Fragen gebe ich jedoch eine schriftliche Rechtfertigung wie folgt ab:
Kalenderjahr 2015:
Die Belege wurden aufgrund des Ergänzungsersuchens vom dem zuständigen Finanzamt übermittelt und dort überprüft (siehe auch Einkommensteuerbescheid vom ). Eine Retournierung dieser Unterlagen ist mir nicht erinnerlich und ich kann daher diese deshalb auch nicht vorlegen.
Kalenderjahr 2016:
Diese Unterlagen sind bis heute nicht aufgetaucht. Vermutlich sind diese, wie auch andere Belege, im Zuge einer rücksichtslosen Hausdurchsuchung (viele Schriftstücke wurden am Boden zerstreut zurückgelassen) abhandengekommen. Die beantragten und auch überprüften Werbungskosten setzen sich aus Arbeitsmitteln - PC sowie Drucker - zusammen. Als sonstige Werbungskosten wurde die Betriebsratsumlage beantragt. Abschließend möchte ich feststellen, dass all meine Angaben wahrheitsgemäß erfolgten."

Dieses Schreiben langte am beim Finanzamt ein. Zuvor erließ das Finanzamt - weil der Vorladung nicht entsprochen wurde - am eine neuerliche Vorladung für den .

Am wurde die Bf. als Auskunftsperson anlässlich der Vorladung im Finanzamt befragt und eine Niederschrift aufgenommen. Lt. der Niederschrift wurde der Bf. entgegengehalten, dass die bei der Hausdurchsuchung beschlagnahmten Unterlagen am ihrem Lebensgefährten Herrn ***X*** ausgefolgt worden seien, wobei dieser die Übernahme bestätigt habe und seien nach dem Protokoll der Steuerfahndung vom auch keine Unterlagen bzgl. der Arbeitnehmerveranlagungen 2015 und 2016 beschlagnahmt worden. Die Bf. verwies darauf, dass die Unterlagen für 2015 dem Finanzamt vorgelegt worden und davon "10% heruntergekürzt" worden seien, worauf ein Bescheid ergangen und für sie die Sache erledigt gewesen sei. Für 2016 gab sie an, keine Unterlagen vorlegen zu können, weil trotz aller Bemühungen keine vorhanden wären. Die Aufforderung des Finanzamtes vom habe sie natürlich ihrem Lebensgefährten gezeigt.

Die Bf. wurde belehrt, dass dem Finanzamt das Recht zustehe, innerhalb von 5 Jahren eine nachträgliche Prüfung durchzuführen, und dass bei einer Nichtvorlage der Unterlagen die beantragten Aufwendungen nicht gewährt werden könnten und es zu einer Wiederaufnahme des Verfahrens nach § 303 BAO und zu einer Bescheidänderung kommen könne. Die Bf. erwiderte darauf, dass ihr das nicht bewusst sei, eine Streichung der Aufwendungen aber nicht verstehen könne, nachdem es jedes Jahr die gleichen Aufwendungen seien.

Zur Frage, warum in den Folgejahren 2017 bis 2020 keine Arbeitnehmerinnenveranlagung beantragt worden sei - für 2017 und 2018 wurde vom Finanzamt eine antragslose Arbeitnehmerinnenveranlagung durchgeführt - gab die Bf. an, sie sei noch nicht dazugekommen.

Die Bf. gab weiters an, dass sie - sollten noch Unterlagen "auftauchen" - diese umgehend an das Finanzamt übermitteln werde. Von Finanzamtsseite wurde dafür ein Termin bis gesetzt und festgehalten, dass bei ungenütztem Verstreichen der Frist nach der Aktenlage entschieden werde.

Die Bf. merkte noch an, dass seinerzeit anlässlich der Hausdurchsuchung am im Protokoll folgende Anmerkung aufgenommen wurde: "Anmerkung der Lebensgefährtin - Frau ***Bf***: Ich fühlte mich während der Durchsuchung in meinem Recht verletzt, da auch private persönliche Daten und Unterlagen von den Organen sichergestellt wurden."

Weiter gab sie an: "Von den vollziehenden Organen der Finanzverwaltung wurde mir damals mitgeteilt, dass eine Unterscheidung in jene Unterlagen, die mich betreffen und jene die ***X*** betreffen nicht vor Ort unterschieden werden können und deshalb alles mitgenommen wird. Das war leider die Tatsache. Ich vermute, dass hier auch die Unterlagen für die entsprechenden Arbeitnehmerveranlagungen dabei waren."

Die Vertreterin des Finanzamtes hielt im Protokoll Folgendes fest:

"Laut Verzeichnis der sichergestellten Unterlagen vom wurden mit Protokoll sämtliche sichergestellten Unterlagen bis auf die Positionen 1, 2 und 3 an Herrn ***X*** bereits wieder ausgefolgt und zurückgegeben. Auch die entsprechenden USB-Sticks und Geräte. Was sagen Sie dazu?

Antwort: Die USB-Sticks betreffen das Privatleben meiner Kinder und mich. Diese habe ich zurückerhalten. Bezüglich der Positionen im Verzeichnis der sichergestellten Unterlagen vom und der Rückgabe an ***X*** kann ich keine Angaben machen. Das weiß ich nicht. Ich bin nicht immer zu Hause und deshalb weiß ich nicht, wann und was mein Lebensgefährte ***X*** ins Haus zurückgebracht hat oder nicht. Nachdem ich aber am Tag der Hausdurchsuchung () zu Hause war, weiß ich sehr wohl, was die Beamten mitgenommen haben. Außerdem kann ich nicht beurteilen, ob meine Unterlagen unter den beschlagnahmten, zurückgegebenen Unterlagen enthalten waren. Trotzdem bleibt meine Kooperationsbereitschaft mit der Finanzverwaltung aufrecht."

Mit Bescheid vom erfolgte eine Wiederaufnahme des Verfahrens nach § 303 Abs. 1 BAO. Im Einkommensteuerbescheid gleichen Datums wurden sämtliche außergewöhnliche Belastungen ohne Selbstbehalt in Höhe von 1.305,45 Euro mit der Begründung nicht berücksichtigt, dass diese trotz mehrfacher Aufforderung nicht nachgewiesen worden seien. Der Freibetrag für die 50%-ige Behinderung, der Pauschbetrag für die Diätverpflegung (Magen) sowie der Kirchenbeitrag und die Werbungskosten fanden wie im ersten Einkommensteuerbescheid Berücksichtigung.

Am langte ein Ansuchen um Fristverlängerung hinsichtlich des Einkommensteuerbescheides 2016 vom ein, am zusätzlich ein Ansuchen um Fristverlängerung betreffend den Wiederaufnahmebescheid. Es wurde jeweils um Fristverlängerung bis zum ersucht.

Am langte eine Beschwerde via FinanzOnline ein. Der angefochtene Bescheid wurde darin nicht ausdrücklich bezeichnet, es wurden aber lediglich Änderungen und Begründungen zum Sachbescheid vorgebracht.

Die Begründung der Beschwerde lautete: "Mit Bescheid vom wurden mir außergewöhnliche Belastungen aufgrund meiner Behinderung im Jahr 2015 anerkannt, wobei nach erfolgter Überprüfung ein 10-prozentiger Abschlag von den Krankheitskosten vorgenommen wurde. Auch in den Jahren vor 2015 wurden die Kosten meiner Behinderung vollständig anerkannt. Da mein Gesundheitszustand nach wie vor unverändert ist, habe ich auch im Jahr 2016 außergewöhnliche Belastungen aufgrund meiner Behinderung beantragt. Die außergewöhnlichen Belastungen 2016 wurden mir allerdings nunmehr nicht anerkannt, da ich diese nicht belegmäßig nachweisen konnte. Der Grund hierfür lag in einem behördlichen Zugriff, wobei unzählige Unterlagen in dem von mir und meinem Lebensgefährten bewohnten Haus beschlagnahmt wurden. Da ich nicht angeben kann, wo sich die bezughabenden Unterlagen befinden bzw. wo sie verloren gingen, wurde von der Behörde der irrige Schluss gezogen, ich könne die außergewöhnlichen Belastungen nicht nachweisen. Die belangte Behörde verkennt dabei allerdings, dass dann, wenn einem Abgabepflichtigen ein Beweis nach den Umständen nicht zugemutet werden kann, die Glaubhaftmachung genügt (§ 138 Abs. 1 BAO). Die Glaubhaftmachung hat den Nachweis der Wahrscheinlichkeit zum Gegenstand. Ein Sachverhalt ist dann glaubhaft gemacht, wenn die Umstände des Einzelfalles dafürsprechen, der vermutete Sachverhalt habe von allen anderen denkbaren Möglichkeiten die größte Wahrscheinlichkeit für sich. Im konkreten Fall wurden mir außergewöhnliche Belastungen aufgrund meiner Behinderung im Jahr 2015 gewährt. Auch im Jahr 2016 und in den Folgejahren werde ich außergewöhnliche Belastungen in ähnlicher Höhe geltend machen, da sich mein Krankheitsbild nicht verändert hat. Tatsächlich ist es so, dass ich zum Zeitpunkt der Abgabe der Steuererklärung den Nachweis hätte führen können, dies jetzt aber ohne mein Verschulden nicht mehr möglich ist. Insofern ersuche ich um erklärungsgemäße Veranlagung und um Festsetzung der Einkommensteuer laut ursprünglichen Erstbescheid."

Am wurde ein Beamter der Steuerfahndung als Auskunftsperson von der Referentin des Finanzamtes befragt. Nach seiner Auskunft würden zwei Sicherstellungsprotokolle vom bestehen; eines von der Wohnadresse der Bf. und ihres Lebensgefährten und eines vom Büro des Lebensgefährten. Beide Protokolle seien im Zuge der Hausdurchsuchung an die jeweils betroffenen Personen übergeben worden. Im Zuge der Hausdurchsuchung sei darauf Bedacht genommen worden, ausschließlich Unterlagen sicherzustellen, welche Herrn ***X*** betreffen würden. Im Anschluss an die Hausdurchsuchung seien die sichergestellten Unterlagen gesichtet worden. Sämtliche Unterlagen, die nicht das in der Anordnung der Hausdurchsuchung angeführte Verfahren betroffen hätten, seien wieder an Herrn ***X*** rückausgefolgt worden. Mit Ausnahme von drei Ordnern und einem Konvolut an Papierunterlagen, welche eindeutig nicht der Bf. betrafen, wurden nachweislich an Herrn ***X*** am 17.2. und am rückausgefolgt. Es befinde sich noch ein USB-Stick in Verwahrung der Steuerfahndung. Dieser sei verschlüsselt und habe Herr ***X*** angegeben, das er das Passwort nicht mehr wisse und dass sich auf dem Datenträger keine relevanten Daten befänden. Weder Herr ***X*** noch die Bf. sei an die Steuerfahndung wegen fehlender retournierter Unterlagen herangetreten.

Mit Beschwerdevorentscheidung wurde die Beschwerde am als unbegründet abgewiesen. Die Begründung lautete: "Sie haben außergewöhnliche Belastungen ohne Selbstbehalt gemäß § 35 EStG 1988 in Höhe von 1.305,45 Euro beantragt.
In Ihrer Beschwerde geben Sie an, dass Ihre Unterlagen im Zuge eines behördlichen Eingriffes
beschlagnahmt wurden und Sie daher nicht angeben können, wo sich die von der Behörde verlangten Unterlagen betreffend Ihrer außergewöhnlichen Belastung (Krankheitskosten) befinden bzw. wo diese verloren gingen. Unterlagen können daher nicht vorgelegt werden.
Laut Aktenlage wurden sämtliche nicht relevante Unterlagen rückausgefolgt. Sofern Unterlagen zu Ihren Krankheitskosten vorhanden sind bzw. waren, ist davon auszugehen, dass diese Ihnen vorliegen.
Gemäß § 138 Abs. 1 BAO haben auf Verlangen der Abgabenbehörde die Abgabepflichtigen und die diesen im § 140 BAO gleichgestellten Personen in Erfüllung ihrer Offenlegungspflicht (§ 119 BAO) zur Beseitigung von Zweifeln den Inhalt ihrer Anbringen zu erläutern und zu ergänzen sowie dessen Richtigkeit zu beweisen. Kann ihnen ein Beweis nach den Umständen nicht zugemutet werden, so genügt die Glaubhaftmachung.
Ihre Krankheitskosten beliefen sich in den Vorjahren auf rund 700 Euro pro Jahr. Da diese Kosten um fast 50 % angestiegen sind, wurden Sie aufgefordert, entsprechende Nachweise zu erbringen und somit die Rechtsrichtigkeit dieser Ausgaben zu bestätigen. Da trotz mehrfacher Aufforderung keine Unterlagen übermittelt wurden und die Rechtsrichtigkeit der Ausgaben nicht nachgewiesen wurde, konnten die beantragten Ausgaben in Höhe von 1.305,45 Euro nicht anerkannt werden."

Am wurde der Vorlageantrag ohne weiteres Vorbringen gestellt.

Im Vorlagebericht des Finanzamtes wurde ua die Ansicht vertreten, dass aus der Beschwerde schlüssig hervorgehe, dass nur der Einkommensteuerbescheid angefochten worden sei, weil die Gründe für die Wiederaufnahme in der Beschwerde mit keinem Wort in Zweifel gezogen worden seien, der Bf. aber sehr wohl bewusst gewesen sein musste, dass zwei unterschiedliche Bescheide ergangen seien, was sich aus ihren Fristverlängerungsanträgen ergäbe. Der Wiederaufnahmebescheid sei daher in Rechtskraft erwachsen.

Eine Glaubhaftmachung käme nur subsidiär zur Anwendung und seien durch die Rückausfolgung der Unterlagen durch die STEUFA die geforderten Belege in der Verfügungsgewalt der Bf., weshalb der Nachweis zugemutet werden könne. Auch sei eine Geltendmachung in Zweifel zu ziehen, weil in den Vorjahren Krankheitskosten von lediglich ca. 700 Euro pro Jahr geltend gemacht worden seien. Da diese Kosten um fast 90% angestiegen seien, sei dieser Umstand aufklärungsbedürftig und seien zu diesem Anstieg keine Angaben getätigt worden. Die Abweisung der Beschwerde wurde beantragt.

Mit Schreiben der Richterin des Bundesfinanzgerichtes vom wurden der Bf. vom Bundesfinanzgericht die Stellungnahme des Amtes für Betrugsbekämpfung vom und die Niederschrift mit einem Bediensteten dieses Amtes vom zur Kenntnis gebracht und auf die Aussage des Bediensteten der Steuerfahndung verwiesen, wonach die bei der Hausdurchsuchung sichergestellten Unterlagen, die nicht das in der Anordnung der Hausdurchsuchung angeführten Verfahren betroffen haben, am 17.2. und am nachweislich an ihren Lebensgefährten zurückgestellt worden seien.

In einer Stellungnahme vom führte die Bf. ua an, dass es ein Fakt sei, dass im Zuge der Hausdurchsuchung - wie dies auch der Bedienstete der Steuerfahndung bestätigt habe - umfangreiche Unterlagen ihre Person betreffend mitgenommen worden seien. Sie verwies auf ihre Beschwerde, wobei sie nicht angeben könne, wo sich die Unterlagen befinden würden bzw. ob sie in Verlust geraten seien. Zum Zeitpunkt der Hausdurchsuchung sei die Arbeitnehmerveranlagung 2016 abgeschlossen gewesen und sie könne nicht nachvollziehen, wo sich die Nachweise am Tag der Hausdurchsuchung befunden hätten. Tatsache sei, dass diese Belege seitdem nicht mehr auffindbar seien. Es seien Papiere und Unterlagen in diversen Mappen mitgenommen worden, die mit Farben gekennzeichnet worden seien. Der genaue, wirkliche Inhalt dieser Mappen sei nicht näher definiert worden. Sie könne daher nicht beurteilen, welche ihrer Unterlagen tatsächlich mitgenommen worden seien. Ihre Unterlagen seien ohne ihr Verschulden abhandengekommen und sie ersuche daher nochmals, ihre Aufwendungen im Wege der Glaubhaftmachung (§138 Abs. 1 BAO) zu berücksichtigen.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Die Bf. stellte am einen Antrag auf Arbeitnehmerveranlagung für das Jahr 2016. Neben Sonderausgaben, Werbungskosten und Kinderfreibeträgen für zwei Kinder wurden auch folgende außergewöhnliche Aufwendungen aufgrund einer eigenen Behinderung beantragt:

• Pauschaler Freibetrag bei einer Behinderung von 50%

• Pauschaler Freibetrag für Diätverpflegung (Magen, andere innere Erkrankung)

• Unregelmäßige Ausgaben für Hilfsmittel sowie Kosten der Heilbehandlung in Höhe von
1.305,45 Euro.

Am erfolgte mittels Bescheid eine erklärungsgemäße Veranlagung, wobei ua bei einer festgestellten Behinderung von 50% der Freibetrag nach § 35 Abs. 3 EStG 1988 in Höhe von 243 Euro und nach der VO, BGBl. II Nr. 303/1996 idF BGBl. II Nr. 430/2010, ein Pauschbetrag von 504 Euro bei einer Magenkrankheit oder einer anderen inneren Krankheit und Kosten in Höhe von 1.305,45 Euro in Ansatz gebracht wurden.

Im Zuge einer Nachbescheidkontrolle durch das Finanzamt ergingen am 1. Februar, 22. April und Ergänzungsersuchen an die Bf., die geltend gemachten Aufwandspositionen für 2015 und 2016 nachzuweisen. Ein weiterer Ermittlungsversuch erfolgte am im Rahmen einer Vorladung der Bf.

In den Beantwortungen (, , ) und in der Beschwerde vom gab die Bf. die an, dass die Unterlagen im Zuge eines behördlichen Eingriffes (Hausdurchsuchung ihren Lebensgefährten betreffend) beschlagnahmt wurden und sie die Aufwendungen nicht mehr belegmäßig nachweisen könne.

Am fand am gemeinsamen Wohnsitz der Bf. und ihres Lebensgefährten eine gerichtlich angeordnete Hausdurchsuchung statt, die den Lebensgefährten der Bf. betraf. Die Bf. war bei dieser Amtshandlung anwesend. Im Zuge der Hausdurchsuchung wurden 2 Kartons mit Unterlagen (43 einzeln aufgelistete Gegenstände oder Konvolute an Unterlagen) im Auftrag der Staatsanwaltschaft sichergestellt.

Über die Sicherstellung wurde ein Protokoll erstellt und der betroffenen Person nachweislich übergeben. Im Protokoll wurde ua auch folgende Anmerkung der Bf. festgehalten: "Anmerkung der Lebensgefährtin - Frau ***Bf***: Ich fühlte mich während der Durchsuchung in meinem Recht verletzt, da auch private persönliche Daten und Unterlagen von den Organen sichergestellt wurden."

Im Anschluss an die Hausdurchsuchung wurden die sichergestellten Unterlagen von den Bediensteten der Steuerfahndung gesichtet. Sämtliche Unterlagen, die nicht das in der Anordnung der Hausdurchsuchung angeführte Verfahren betroffen haben, wurden am 17. und am persönlich und im Original wieder an den Lebensgefährten der Bf. rückausgefolgt, der dies auch schriftlich bestätigte. USB-Sticks, das Privatleben ihrer Kinder und sie betreffend, hat die Bf. zurückerhalten (siehe Befragung der Bf. vom ).

Damit waren ab dem Zeitpunkt des zweiten Ergänzungsersuchens des Finanzamtes die sichergestellten Unterlagen bereits wieder im Besitz des Lebensgefährten der Bf. und damit in der Sphäre der Bf.

Aufstellungen oder Unterlagen bzgl. der geltend gemachten außergewöhnlichen Belastungen ohne Selbstbehalt in Höhe von 1.305,45 Euro wurden von der Bf. weder im behördlichen noch im gerichtlichen Verfahren beigebracht. Es erfolgte auch keinerlei Angabe, wofür die Aufwendungen in dieser Höhe angefallen sind.

Das Finanzamt verfügte nach den erfolglosen Aufforderungen die Aufwendungen nachzuweisen eine Wiederaufnahme des Verfahrens zur Arbeitnehmerveranlagung 2016 und anerkannte die geltend gemachten Aufwendungen iZm der Behinderung in Höhe von 1.305,45 Euro nicht mehr als Abzugsposten.

Die Bf. hat in den Vorjahren bzgl. dieser Aufwandsposition folgende Beträge geltend gemacht, die im Einkommensteuerbescheid mit folgendem Betrag berücksichtigt wurden:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Jahr
Beantragt
Berücksichtigt (Bescheid)
2013
700,39 Euro
700,39 Euro ()
2014
711,65 Euro
711,65 Euro ()
2015
1.207,08 Euro
1.086,37 Euro ()

2. Beweiswürdigung

Die Feststellungen ergeben sich aus den vorgelegten Aktenteilen. Bzgl. der Daten der Veranlagungen der Vorjahre hat die Richterin Einsicht in das Abgabeninformationssystem genommen.

Die Aussagen des Bediensteten der Steuerfahndung, dass keine die Bf. betreffenden Unterlagen im Amt verblieben sind, werden im Hinblick auf das Sicherstellungsprotokoll und der nachweislich erfolgten Rückausfolgung der sichergestellten Unterlagen an den Lebensgefährten der Bf. als glaubwürdig eingestuft. Selbst wenn die Vermutung der Bf., ihre Belege bzgl. der Arbeitnehmerveranlagung 2016 seien bei der Hausdurchsuchung von der Steuerfahndung mitgenommen worden, der Wirklichkeit entsprechen würde, wäre nicht von einem Verlust der Unterlagen auszugehen, weil die sichergestellten Unterlagen nachweislich zurückgestellt wurden. So hat die Bf. auch selbst zugegeben, ihre privaten USB-Sticks wieder erhalten zu haben (siehe Aussage vom ).

Die Bf. hat zwar behauptet, dass der Verlust der Belege mit der Hausdurchsuchung in Zusammenhang stehe, allerdings hat sie sich wegen angeblich fehlenden Unterlagen - selbst nach den Ergänzungsersuchen des Finanzamtes - nicht an die Steuerfahndung gewandt (Aussage des Steuerfahnders vom ).

Bei der konkreten Sachlage wird in freier Beweiswürdigung iSd § 167 Abs. 2 BAO es nicht als erwiesen angesehen, dass durch die Tätigkeit der Organe der Finanzverwaltung anlässlich einer Hausdurchsuchung (den Lebensgefährten der Bf. betreffend) Unterlagen der Bf., die ihre Aufwendungen das Jahr 2016 betrafen, in Verlust geraten sind.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

Vorweg ist zu sagen, dass das Bundesfinanzgericht die Rechtsansicht der Abgabenbehörde teilt, dass lediglich der Einkommensteuerbescheid angefochten worden ist. Die Bf. ist dieser Auslegung ihrer Beschwerde auch nach Ergehen des Vorlageberichtes des Finanzamtes, der ihr zugekommen ist und der wie ein Vorhalt wirkt, in keiner Weise entgegengetreten.

Strittig ist daher im gegenständlichen Fall lediglich, ob die unter der Position "unregelmäßige Ausgaben für Hilfsmittel sowie Kosten der Heilbehandlung" bezeichneten Aufwendungen in Höhe von 1.305,45 Euro bei der Berechnung der Einkommensteuer 2016 als außergewöhnliche Belastung ohne Selbstbehalt zu berücksichtigen sind oder nicht.

§ 34 Abs. 1 EStG 1988 lautet: "Bei der Ermittlung des Einkommens (§ 2 Abs. 2) eines unbeschränkt Steuerpflichtigen sind nach Abzug der Sonderausgaben (§ 18) außergewöhnliche Belastungen abzuziehen. Die Belastung muss folgende Voraussetzungen erfüllen:
1. Sie muss außergewöhnlich sein (Abs. 2).
2. Sie muss zwangsläufig erwachsen (Abs. 3).
3. Sie muss die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wesentlich beeinträchtigen (Abs. 4).
Die Belastung darf weder Betriebsausgaben, Werbungskosten noch Sonderausgaben sein."

In Abs. 4 leg. cit. ist der Selbstbehalt geregelt. Ein solcher ist nach Abs. 6 leg. cit. bei Aufwendungen im Sinne des § 35, die an Stelle der Pauschbeträge geltend gemacht werden und bei Mehraufwendungen aus dem Titel der Behinderung, wenn die Voraussetzungen des § 35 Abs. 1 vorliegen, soweit sie die Summe pflegebedingter Geldleistungen (Pflegegeld, Pflegezulage, Blindengeld oder Blindenzulage) übersteigen, nicht anwendbar.

§ 35 EStG 1988 regelt die steuerliche Berücksichtigung von außergewöhnlichen Belastungen aufgrund einer Behinderung. So sind nach dieser Bestimmung pauschale Freibeträge nach Maßgabe des Grades der Behinderung vorgesehen, wobei anstelle des Freibetrages auch die tatsächlichen Kosten aus dem Titel der Behinderung geltend gemacht werden können.

Nach § 34 Abs. 6 EStG 1988 kann der Bundesminister für Finanzen mit Verordnung festlegen, in welchen Fällen und in welcher Höhe Mehraufwendungen aus dem Titel der Behinderung ohne Anrechnung auf einen Freibetrag nach § 35 Abs. 3 und ohne Anrechnung auf eine pflegebedingte Geldleistung zu berücksichtigen sind.

Nach der Verordnung des Bundesministers für Finanzen über außergewöhnliche Belastungen, BGBl. II Nr. 303/1996 idF BGBl. II Nr. 430/2010, (im Folgenden kurz VO genannt) sind die in den §§ 2 bis 4 dieser Verordnung genannten Mehraufwendungen als außergewöhnliche Belastungen zu berücksichtigen, wenn der Steuerpflichtige Aufwendungen durch eigene körperliche oder geistige Behinderung hat. Diese Mehraufwendungen sind nicht um eine pflegebedingte Geldleistung (Pflegegeld, Pflegezulage oder Blindenzulage) oder um einen Freibetrag nach § 35 Abs. 3 EStG 1988 zu kürzen (§ 1 Abs. 3 der VO).

Nach § 4 der VO sind nicht regelmäßig anfallende Aufwendungen für Hilfsmittel (zB Rollstuhl, Hörgerät, Blindenhilfsmittel) sowie Kosten der Heilbehandlung im nachgewiesenen Ausmaß zu berücksichtigen.

§ 138 Bundesabgabenordnung (BAO) besagt: "(1) Auf Verlangen der Abgabenbehörde haben die Abgabepflichtigen und die diesen im § 140 gleichgestellten Personen in Erfüllung ihrer Offenlegungspflicht (§ 119) zur Beseitigung von Zweifeln den Inhalt ihrer Anbringen zu erläutern und zu ergänzen sowie dessen Richtigkeit zu beweisen. Kann ihnen ein Beweis nach den Umständen nicht zugemutet werden, so genügt die Glaubhaftmachung.

(2) Bücher, Aufzeichnungen, Geschäftspapiere, Schriften und Urkunden sind auf Verlangen zur Einsicht und Prüfung vorzulegen, soweit sie für den Inhalt der Anbringen von Bedeutung sind."

Die Abgabenbehörde hat alle ihr zugänglichen oder von ihr mit Mitteln aufdeckbaren Erkenntnisquellen von Amts wegen zu erforschen und auszuschöpfen. Ebenso haben aber auch die Abgabepflichtigen ungeachtet der Offizialmaxime bei der Ermittlung durch Erfüllung von gesetzlich vorgesehenen Erklärungs-, Aufklärungs-, Darlegungs- und Nachweispflichten mitzuwirken. Stellt ein Abgabepflichtiger bloß Behauptungen auf, ohne diese trotz entsprechender Aufforderung durch die Abgabenbehörde näher darzulegen, verletzt er seine Mitwirkungspflicht.

Bei der Geltendmachung von Aufwendungen obliegt es grundsätzlich dem Steuerpflichtigen einen geeigneten Sachverhalt vorzutragen. Er hat die positiven wie auch die negativen Voraussetzungen darzulegen und nachzuweisen bzw glaubhaft zu machen. In dem Maße, in dem die Möglichkeiten der amtswegigen Ermittlung eingeschränkt sind, weil die rechtserheblich bedeutsamen Tatsachen der persönlichen Sphäre des Abgabepflichtigen angehören, steigen die Mitwirkungspflichten des Steuerpflichtigen im Rahmen des Zumutbaren; so zB bei der Geltendmachung von außergewöhnlichen Belastungen. Wie bei sämtlichen im Interesses Steuerpflichtigen gelegene Abzugsposten ist die Behörde dabei nicht zu besonderen Ermittlungen verpflichtet.

Die Behörde kann gemäß § 138 BAO von einem Steuerpflichtigen, der bei der Feststellung seines Einkommens die Absetzung von Aufwendungen beantragt, verlangen, dass er die Richtigkeit seines Anbringens nachweist. Eine solche Anordnung eines Nachweises ist in § 4 der VO enthalten. Aus dem klaren Wortlaut dieser Bestimmung ist zu entnehmen, dass nicht regelmäßig anfallende Aufwendungen für Hilfsmittel sowie Kosten der Heilbehandlung im nachgewiesenen Ausmaß zu berücksichtigen sind.

Beweisen heißt, ein behördliches Urteil über die Gewissheit des Vorliegens einer entscheidungswesentlichen Tatsache herbeiführen (). Als Beweismittel kommt dabei alles in Betracht, was zur Feststellung des maßgebenden Sachverhaltes geeignet und nach der Lage des einzelnen Falles zweckdienlich ist (§ 166 Abs. 1 BAO).

Ist ein Beweis nach den Umständen nicht zumutbar, so genügt die Glaubhaftmachung. Sie hat den Nachweis der Wahrscheinlichkeit zum Gegenstand (zB ; , 2006/15/0125) und unterliegt ebenfalls der freien Beweiswürdigung (vgl. ). Ein Sachverhalt ist glaubhaft gemacht, wenn die Umstände des Einzelfalles dafürsprechen, der vermutete Sachverhalt habe von allen anderen denkbaren Möglichkeiten die größte Wahrscheinlichkeit für sich ().

Voraussetzung einer Glaubhaftmachung iSd § 138 BAO ist daher, dass dem Abgabepflichtigen ein Beweis nicht zuzumuten ist. Sie kommt damit nur subsidiär in Betracht.

Die Erklärung der Bf., warum ihr unverschuldet eine Nachweisführung nicht möglich sei, wird als nicht glaubwürdig beurteilt (siehe oben unter "Beweiswürdigung"). Es wurde damit kein Umstand aufgezeigt, der eine Glaubhaftmachung der Aufwendungen zuließe. Von einer Nachweisführung kann aber auch schon deshalb nicht abgesehen werden, weil die klare Anordnung des § 4 der VO ("… im nachgewiesenen Ausmaß …") einer Glaubhaftmachung bzgl. der Höhe der Aufwendungen entgegensteht (siehe auch ).

Im gegenständlichen Fall wurde nur ein Betrag bei der Position "Unregelmäßige Ausgaben für Hilfsmittel sowie Kosten der Heilbehandlung" bekanntgegeben. Eine Präzisierung, um welche Ausgaben es sich genau gehandelt hat, unterblieb im gesamten behördlichen und gerichtlichen Verfahren und kam die Bf. trotz mehrmaliger Aufforderung durch die Behörde ihrer erhöhten Mitwirkungspflicht nicht nach (siehe dazu Stoll, Kommentar zur BAO, § 138, S 1570). Es obliegt aber der Partei, die Aufwendungen darzustellen und auf Anforderung hin nachzuweisen.

Trotz mehrmaliger Aufforderungen wurden keinerlei Nachweise über die geltend gemachten Aufwendungen beigebracht. In Hinsicht auf die festgestellte Behinderung ist der Anfall von nicht regelmäßig anfallende Kosten, die mit der Behinderung in Zusammenhang stehen, durchaus als möglich anzusehen. Dies bedeutet aber nicht, dass damit allenfalls geschätzte Beträge bei der Steuerberechnung Berücksichtigung finden können, verlangt doch der § 4 der VO ausdrücklich, dass die Kosten nur im nachgewiesenen Ausmaß zu berücksichtigen sind.

Wenn die Bf. die Glaubhaftmachung der Ausgabenposition lediglich darauf stützt, dass ihr Gesundheitszustand nach wie vor unverändert sei und sie in den Vorjahren die Kosten (mit Ausnahme des Jahres 2015) immer vollständig ersetzt erhalten habe, ist dazu noch Folgendes zu sagen:

Einerseits ist auch aus der Erlassung eines eventuell unrichtigen Bescheides kein Recht abzuleiten, dass bis auf weiteres unrichtige Bescheide zu erlassen sind, andererseits handelt es sich bei der beantragten Abzugsposition um Ausgaben, die naturgemäß nicht in jedem Jahr gleichmäßig anfallen (siehe unregelmäßige Ausgaben für Hilfsmittel sowie Kosten der Heilbehandlung) und bei denen eine Überprüfung durchaus angezeigt sein kann. So waren auch die beantragten Beträge für solche Aufwendungen in den Vorjahren durchaus unterschiedlich (2013: 700,39 Euro; 2014: 711,65 Euro; 2015: 1.207,08 Euro).

Die Bf. hat trotz mehrmaliger Aufforderungen und ihrer erhöhten Mitwirkungspflicht keinen für die Berücksichtigung dieser Aufwendungen notwendigen Beweis angeboten und wurde der geltend gemachte Betrag von 1.305,45 Euro nicht nachgewiesen. In Anwendung des § 167 Abs. 2 BAO sieht das Bundesfinanzgericht es nicht als erwiesen an, dass Aufwendungen nach § 4 der VO in dieser Höhe vorliegen und wird der angefochtene im Wiederaufnahmeverfahren ergangene Einkommensteuerbescheid als rechtsrichtig angesehen.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Da die Frage der Abzugsfähigkeit der beantragten außergewöhnlichen Belastung in freier Beweiswürdigung zu entscheiden war, liegt keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vor und war eine ordentliche Revision nicht zuzulassen.

Über die gegenständliche Beschwerde war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Graz, am

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 35 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 138 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 167 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 4 Außergewöhnliche Belastungen, BGBl. Nr. 303/1996
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2023:RV.2100319.2022

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at