Höchstens ein Pendlerpauschale pro Monat im vollen Ausmaß
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht erkennt durch den Richter***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2019 zu Recht:
I. Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.
Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind dem Ende der Entscheidungsgründe dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
I. Verfahrensgang
Strittig ist ausschließlich, ob der beschwerdeführenden Partei (in der Folge die Bf.) für jedes ihrer zwei Dienstverhältnisse ein Pendlerpauschale zusteht.
II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
1. Sachverhalt
Die Bf. bezieht im Streitjahr lohnsteuerpflichtige Einkünfte aus zwei Dienstverhältnissen, die sich zeitlich überschneiden. Einerseits ist sie bei ihrem Ehemann in der GeschäftEhemann beschäftigt (Arbeitgeber 1), die aufgrund der Lage in einem Wiener Bahnhof ganzjährig geöffnet ist. Andererseits ist sie Aufgabenbereich der Arbeitgeber2 (Arbeitgeber 2).
Die Entfernung zwischen Wohnung und Arbeitsstätte des Arbeitgeber 1 beträgt 26 Kilometer. Die Benützung von öffentlichen Verkehrsmitteln ist auf der überwiegenden Strecke nicht möglich oder nicht zumutbar.
Die Entfernung zwischen Wohnung und Arbeitsstätte des Arbeitgeber 2 beträgt acht Kilometer. Die Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel ist auf der überwiegenden Strecke nicht möglich oder nicht zumutbar.
Beide Wegstrecken werden in mehr als 10 Tagen im Kalendermonat zurückgelegt.
Die Bf. hat zwei Kinder, für die Familienbeihilfe bezogen wird und die sich ständig im Inland aufhalten. Beide Kinder haben das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet.
2. Beweiswürdigung
Dass die Bf. zwei lohnsteuerpflichtige Einkünfte hat, die sich zeitlich überschneiden, ergibt sich aus den aktenkundigen Lohnzettel des Arbeitgeber 1 und des Arbeitgeber 2. Die Tätigkeit bei diesen Arbeitgebern ergibt sich aus den niederschriftlich festgehaltenen Aussagen der Bf. im Rahmen des Erörterungstermins am .
Die Entfernung zwischen der Wohnung der Bf. und den jeweiligen Arbeitsstätten der Arbeitgeber ergibt sich aus den im Rahmen des Verwaltungsverfahrens vorgelegten Auszügen des Pendlerrechners, die vom Bundesfinanzgericht heranzuziehen sind, weil die Ergebnisse den tatsächlichen Verhältnissen entsprechen (vgl. § 3 Abs. 3 Pendlerverordnung; Ebner, in Jakom15 (2022) § 16 Rn 30).
Dass beide Wegstrecken in mehr als 10 Tagen im Kalendermonat zurückgelegt werden, ergibt sich aus den von der Bf. im Rahmen des Erörterungstermins beigebrachten Zeitbestätigungen der jeweiligen Arbeitgeber.
Die Anzahl und das Alter der Kinder ist aktenkundig und wurde im Rahmen des Erörterungstermins am ebenso niederschriftlich festgehalten.
3. Rechtliche Beurteilung
3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abänderung)
Grundsätzlich normiert § 16 Abs. 1 Z 6 EStG 1988, dass Ausgaben des Steuerpflichtigen für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte durch den Verkehrsabsetzbetrag abgegolten sind (siehe § 16 Abs. 1 Z 6 lit. a EStG 1988). Nach Maßgabe des § 16 Abs. 1 Z 6 lit. b bis j steht zusätzlich ein Pendlerpauschale sowie nach Maßgabe des § 33 Abs. 5 Z 4 EStG 1988 ein Pendlereuro zu. Mit dem Verkehrsabsetzbetrag, dem Pendlerpauschale und dem Pendlereuro sind alle Ausgaben für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte abgegolten.
Aufgrund der Entfernung zwischen Wohnstätte und Arbeitsstätte des Arbeitergebers 1, steht der Bf. ein Pendlerpauschale im Ausmaß von 1.476 Euro zu. Damit steht auch dem Grunde nach der Absetzbetrag des Pendlereuros gemäß § 33 Abs. 5 Z 4 EStG 1988 zu.
Die Bf. möchte jedoch ein zweites Pendlerpauschale für die Wegstrecke zwischen Wohnstätte und Arbeitsstätte des Arbeitgebers 2 berücksichtigt wissen. Diesem Ansinnen steht jedoch der klare Wortlaut des § 16 Abs. 1 Z 6 lit. e letzter Satz EStG 1988 entgegen, wonach "[e]inem Steuerpflichtigen [...] im Kalendermonat höchstens ein Pendlerpauschale in vollem Ausmaß zu[steht]" (vgl. hierzu auch , Rn 25). Die von der Bf. relevierte Entscheidung des UFS () betraf das Jahr 2001, in dem sich die Rechtslage zur nunmehr anwendbaren gesetzlichen Lage unterschieden hat. Der dezidierte Passus in § 16 EStG 1988, wonach maximal ein volles Penderpauschale pro Monat zusteht, war damals noch nicht Teil der gesetzlichen Regelungen. Zudem ergeben sich aus der (früheren) Rechtsprechung des VwGH weitere Überlegungen gegen diese Vorgehensweise: Mehr als ein Pendlerpauschale "würde bei Vorliegen mehrerer Dienstverhältnisse [...] zu einer sachlich nicht rechtfertigbaren Vervielfachung des Pauschbetrages führen. Wäre der Dienstnehmer beispielsweise an jedem Tag der Woche bei einem anderen Dienstgeber beschäftigt, stünde das Pauschale (bei angenommen gleicher Entfernung zwischen Wohnung und jeweiliger Arbeitsstätte) fünfmal zu, während bei sonst gleichen Verhältnissen derselbe Arbeitnehmer im Falle eines einzigen Dienstverhältnisses das Pauschale nach dem eindeutigen Gesetzeswortlaut nur einmal in Anspruch nehmen kann" (vgl. ).
Der Bf. steht daher nur ein volles Pendlerpauschale zu.
Treffen zwei Dienstverhältnisse zusammen, die beide Anspruch auf ein Pendlerpauschale vermitteln würden, ist nach Ansicht der Finanzverwaltung eine zusätzliche Wegstrecke für die Fahrten von der Wohnung zur weiteren Arbeitsstätte für das Ausmaß des Pendlerpauschales zu berücksichtigen (vgl. hierzu Ebner, in Jakom15 (2022) § 16 Rn 26 mWa die LStR). Diese Vorgehensweise erscheint sachlich gerechtfertigt (vgl. Zorn in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn (Hrsg), Kommentar zum EStG (21. Lfg 2020) § 16, Im Gesetz angeführte Werbungskosten Rz 125).
Für die Höhe des Pendlerpauschales hat diese Vorgehensweise des Zusammenrechnens bei der Bf. jedoch keine Auswirkung, da ihr bereits ein volles Pendlerpauschale zusteht und selbst die Berücksichtigung einer weiteren Wegstrecke nichts an der Höhe des Pendlerpauschales ändern würde. Auswirkung hat es jedoch auf die Höhe des Pendlereuros, den die belangte Behörde im Lichte dieser Vorgehensweise im Rahmen der Beschwerdevorentscheidung derart berechnet hat, als die Strecke zu beiden Arbeitgebern berücksichtigt wurde. Die Höhe des Pendlereuros ist zwischen den Parteien im Lichte des Beschwerdevorbringens unstrittig.
Da die Voraussetzungen des § 33 Abs. 3a EStG 1988 hinsichtlich der Kinder der Bf. erfüllt sind und der Familienbonus Plus für beide Kinder in voller Höhe von der Bf. beantragt wurde, ist dieser ebenso zu berücksichtigen.
Rechnerische Auswirkungen:
Im Erstbescheid wurden von der belangten Behörde weder Pendlerpauschale, Pendlereuro noch Familienbonus Plus berücksichtigt.
Im Lichte der vorstehenden Ausführungen ist der Bescheid abzuändern, als - so wie in der Beschwerdevorentscheidung - zu berücksichtigen sind:
Pendlerpauschale gem § 16 Abs. 1 Z 6 lit. d EStG 1988: 1.476 Euro
Pendlereuro gem. unstrittiger Beschwerdevorentscheidung: 68 Euro
Familienbonus Plus: 3.000 Euro
Beilage: 1 Berechnungsblatt
3.2. Zu Spruchpunkt II. (Unzulässigkeit der Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Es ergibt sich aus § 16 Abs. 1 Z 6 lit. e letzter Satz EStG 1988 ganz eindeutig, dass einem Steuerpflichtigen maximal ein volles Pendlerpauschale pro Kalendermonat zusteht. Dies hat der VwGH dem Grunde nach auch bereits bestätigt (vgl. auch , Rn 25). Eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung liegt daher nicht vor.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 3 Abs. 3 Pendlerverordnung, BGBl. II Nr. 276/2013 § 16 Abs. 1 Z 6 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 16 Abs. 1 Z 6 lit. a EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 33 Abs. 5 Z 4 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 16 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 33 Abs. 3a EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 16 Abs. 1 Z 6 lit. d EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2023:RV.7103677.2022 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at