Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 16.01.2023, RV/7100428/2020

Aus- und Umbildungskosten, die zugleich für verschiedene berufliche Bereiche dienlich sind, stellen dann Werbungskosten dar, wenn sie für den ausgeübten Beruf von Nutzen sind und einen objektiven Zusammenhang mit dem ausgeübten Beruf aufweisen (vgl. VwGH 22.9.2005, 2003/14/0090)

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK


Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter R in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom , gegen den Bescheid des Finanzamtes Wien 12/13/14 Purkersdorf vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2018, Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe


***Bf1*** (Beschwerdeführerin, in der Folge Bf.) erzielt in Österreich Einkünfte aus unselbstständiger Tätigkeit.
Im Zuge der Arbeitnehmerveranlagung für das Jahr 2018 beantragte Sie u.a. Werbungskosten (Fortbildungs-/Ausbildungs- und Umschuldungskosten) i.H.v. € 880,-.

Die Bf. wurde vom zuständigen Finanzamt Wien 12/13/14 Purkersdorf mit Einkommensteuerbescheid (Arbeitnehmerveranlagung) vom für das Jahr 2018 antragsgemäß veranlagt.

Mit Eingabe vom erhob die Bf. auf elektronischem Weg Beschwerde und beantragte nunmehr die Berücksichtigung von € 1.020,- für Fortbildungs-/Ausbildungs- und Umschuldungskosten bzw. € 170,96 für sonstige Werbungskosten.
Der Beschwerde wurde die Bestätigung der Zahlung einer Betriebsratsumlage i.H.v. € 170,96 bzw. eine Rechnung der VHS Meidling vom betreffend einer Abschlussprüfung (Betriebsreifeprüfung Deutsch) über € 140,- beigelegt.

Mit Ersuchen um Ergänzung vom wurde die Bf. von Seiten des Finanzamtes ersucht, die gesamten beantragten Werbungskosten belegmäßig nachzuweisen und ihre derzeitige Tätigkeit ebenso wie den Zusammenhang der Bildungsmaßnahmen darzulegen.

In Beantwortung des Ergänzungsersuchens (Eingang beim Finanzamt am ) erläuterte die Bf., die von ihr getätigten Weiterbildungsmaßnahmen seien erforderlich, um ihr berufliches Fortkommen an ihrem Arbeitsplatz zu verbessern. Sie absolviere derzeit eine Lehre als einfache technische Zeichnerin und strebe eine höhere Position an, für die die Matura erforderlich sei.
Aus einem screenshot geht hervor, dass gemäß Modellaufbahn das Mindestbildungserfordernis für einen Mehrsparten-GIS-Techniker eine Lehre, für einen GIS-Senior-Experten die Matura darstellt.
Die Bf. ist gemäß Lohnzettel bei der W (bezugsauszahlende Stelle) tätig.
In den Beilagen des Antwortschreibens der Bf. finden sich folgende Unterlagen:
- Kopie einer Zahlungsbestätigung der VHS Meidling vom betreffend eines Abendlehrganges BRP Deutsch 1. Semester über € 320,-;
- Kopie einer Zahlungsbestätigung der VHS Meidling vom betreffend eines Abendlehrganges BRP Deutsch 2. Semester über € 320,-;
- Kopie einer Zahlungsbestätigung der VHS Meidling vom betreffend eines Abendlehrganges BRP Englisch 1. Semester über (abzügl. Gutschein) € 240,-;
- Ein Screenshot betreffend ein Buch ,Maturawissen Englisch' über € 39,- das laut Darstellung der Bf. im Unterricht eingesetzt wurde und dessen Beschaffung für die Bf. erforderlich war.

Die Beschwerde wurde mit Beschwerdevorentscheidung vom als unbegründet abgewiesen und der Bescheid insoweit abgeändert, als die Werbungskosten nunmehr mit € 170,96 und damit der Höhe der nachgewiesenen Betriebsratsumlage festgesetzt.
In der Begründung legt die Behörde dar, dass die Kosten für die Erlangung der Berufsreifeprüfung weder Aus- noch Fortbildungskosten darstellen würden, da sie keine grundlegenden oder vertiefenden Kenntnisse in der aktuell ausgeübten oder einer damit verwandten Tätigkeit vermitteln würden. Im Zuge der Berufsreifeprüfung werde Englisch, Deutsch bzw. Mathematik gelehrt und kein im Berufsfeld verwertbares Berufswissen erworben. Das vermittelte Wissen stelle vielmehr eine umfassende Ausbildungsgrundlage für diverse Berufe dar.

Die Bf. stellte in der Folge mit Eingabe vom einen als Vorlageantrag zu wertende Beschwerde.
Sie erläutert darin, bei der W als technische Zeichnerin beschäftigt zu sein und seit 2016 eine Abendschule zu besuchen um die Matura zu erlangen. Mit Abschluss der Matura habe sie Anspruch auf eine Einstufung als GIS-Senior-Experte, zudem sei ihr auch eine höher qualifizierte Tätigkeit zugesagt worden.
Die Ausbildung diene der Verbesserung der Kenntnisse in ihrem Beruf, wobei Aufwendungen im Zusammenhang mit der Berufsreifeprüfung gemäß LStR Rz. 358 auch ausdrücklich als abzugsfähige Ausbildungskosten genannt würden.

Mit einem weiteren an die Bf. gerichteten Ergänzungsersuchen des Finanzamtes vom wurde um Nachweis oder zumindest Glaubhaftmachung ihrer Angaben ersucht, wonach für die berufliche Höherverwendung die Absolvierung der Berufsreifeprüfung (z.B. anhand eine Bestätigung des Dienstgebers) ausreichend sei.

Das Ersuchschreiben der Behörde blieb unbeantwortet.

Der Vorlagebericht zur Beschwerde wurde dem Bundesfinanzgericht am übermittelt.

Das Bundesfinanzgericht (BFG) ersuchte die Arbeitgeberin der Bf. (W) mit Auskunftsersuchen vom um Erläuterung, ob die Ausführungen der Bf., wonach sie nach Abschluss der Berufsreifeprüfung(Matura-Niveau) Anspruch auf eine höhere Einstufung (als GIS-Senior-Expertin) habe, zutreffend seien.
Zudem sei bekannt zu geben, ob das Berufsbild einer GIS-Senior-Expertin jenem eines Mehrsparten-GIS-Technikers auf höherem Ausbildungsniveau entspreche und von einer weitgehenden Berufsidentität der genannten Modellaufbahnen ausgegangen werden könne bzw. welche weiteren Voraussetzungen für die Tätigkeit eines GIS-Senior-Experten erforderlich seien.

Das Auskunftsersuchen des BFG blieb unbeantwortet.

I. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:


Gemäß § 16 Abs. 1 EStG 1988 Abs. 1 sind Werbungskosten Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen.

Werbungskosten sind gemäß § 16 Abs. 1 Z 10 EStG 1988 auch:
,Aufwendungen für Aus- und Fortbildungsmaßnahmen im Zusammenhang mit der vom Steuerpflichtigen ausgeübten oder einer damit verwandten beruflichen Tätigkeit und Aufwendungen für umfassende Umschulungsmaßnahmen, die auf eine tatsächliche Ausübung eines anderen Berufes abzielen…'

§ 20 Abs. 1 Z 2 lit. a EStG 1988 regelt, dass bei den einzelnen Einkünften Aufwendungen oder Ausgaben für die Lebensführung, selbst wenn sie die wirtschaftliche oder gesellschaftliche Stellung des Steuerpflichtigen mit sich bringt und sie zur Förderung des Berufes oder der Tätigkeit des Steuerpflichtigen erfolgen, nicht abgezogen werden dürfen.

Gemäß § 1 Abs. 1 BerufsreifeprüfungsG (BRPG) können Personen ohne Reifeprüfung durch die Ablegung der Berufsreifeprüfung unter den in dieser Bestimmung genannten Voraussetzungen (z.B. ein Lehrabschluss nach dem Berufsausbildungsgesetz) mit der Reifeprüfung einer höheren Schule verbundenen Berechtigungen erwerben.
Nach § 1 Abs. 2 leg. cit. zählen zu den mit der Reifeprüfung einer höheren Schule verbundenen Berechtigungen insbesondere die Berechtigung zum Besuch von Kollegs, Fachhochschulen und Fachhochschul-Studiengängen, Pädagogischen Hochschulen, anerkannten privaten Pädagogischen Hochschulen und Studiengängen, Universitäten und akkreditierten Privatuniversitäten.
Die Berufsreifeprüfung umfasst nach § 3 Abs. 1 BRPG Prüfungen in den Teilbereichen (Deutsch, Mathematik, lebende Fremdsprache, Fachbereich). Die Prüfung im Fachbereich bezieht sich immer auf die berufliche Erstausbildung.

Strittig ist, ob die von der Bf. beantragten Kosten im Zusammenhang mit der Ablegung der Berufsreifeprüfung als Werbungskosten abzugsfähig sind.
Die Bf. strebt nach ihren Ausführungen eine höherwertige Tätigkeit bei ihrem Arbeitgeber an.

Gemäß Einkommensteuer Kommentar, Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, § 16 Rz. 203/3 ist dann, wenn die Bildungsmaßnahme in Zusammenhang mit einer bereits ausgeübten Tätigkeit (oder verwandten Tätigkeit) steht, die Unterscheidung zwischen Aus- und Fortbildung gemäß § 16 Abs. 1 Z 10 EStG 1988 nicht mehr relevant.
Gemäß der Judikatur des sind demnach Bildungsmaßnahmen i.d.F. SteuerreformG 2000 auch dann abzugsfähig, wenn sie nicht spezifisch auf eine bestimmte betriebliche oder berufliche Tätigkeit ausgerichtet, sondern zugleich für verschiedene berufliche Bereiche dienlich sind, die aber jedenfalls im ausgeübten Beruf von Nutzen sind und somit einen objektiven Zusammenhang mit dem ausgeübten Beruf aufweisen.

Gegenständlich hat die Bf. vorgebracht, dass sie als technische Zeichnerin beschäftigt ist, nach Abschluss der Matura Anspruch auf eine höhere betriebliche Verwendung hat und ihr eine solche zugesagt wurde, woraus sich der von der Judikatur geforderte Nutzen jedenfalls ableiten lassen würde.

Zur Untermauerung ihrer Angaben hat die Bf. einen screenshot vorgelegt aus dem hervorgeht, dass die Modellaufbahn eines Mehrsparten-GIS-Technikers eine Lehre und jene eines GIS-Senior-Experten eine Matura zur Voraussetzung hat.
In welchem Konnex die beiden Berufsbilder zueinander stehen ist daraus nicht ersichtlich.
Insbesondere ob jenes eines GIS-Senior-Experten dem eines Mehrsparten-GIS-Technikers auf höherem Niveau entspricht bzw. ob und inwieweit sich die Modellaufbahnen überschneiden, geht daraus nicht hervor.

Der Vorhalt der Finanzbehörde, mit dem die Bf. ersucht wurde nachzuweisen, dass die Berufsreifeprüfung für die berufliche Höherverwendung ausreichend ist, blieb unbeantwortet.

Ebenso unbeantwortet blieb ein Auskunftsersuchen des BFG an den Dienstgeber der Bf. mit der abgeklärt werden sollte, ob die Bf. wie von ihr behauptet mit Abschluss der Berufsreifeprüfung einen Anspruch auf eine höhere Verwendung hat bzw. wieweit sich die Modellaufbahnen der Berufsbilder überschneiden.

Ob die als Werbungskosten beantragten Bildungsmaßnahmen in dem von der Bf. ausgeübten Beruf von Nutzen sind und somit einen objektiven Zusammenhang mit dem ausgeübten Beruf aufweisen, wurde auf Grundlage der allgemein gehaltenen Darstellungen der Bf. bzw. dem vorgelegten screenshot mangels Beantwortung/Vorlage weiterer, von der Finanzbehörde bzw. dem BFG angeforderter Fragen/Unterlagen nicht glaubhaft gemacht, geschweige denn nachgewiesen.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Das gegenständliche Erkenntnis erging in Einklang mit der zit. Judikatur, weshalb eine Revision als nicht zulässig zu erklären war.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2023:RV.7100428.2020

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at