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Bescheidbeschwerde – Einzel – Beschluss, BFG vom 17.01.2023, RV/7103755/2022

Zurückweisung einer Beschwerde, die sich gegen einen im Wege von FinanzOnline zugestellten Bescheid richtet

Entscheidungstext

BESCHLUSS

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Mag. Anna Mechtler-Höger in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch SOLIDUS Steuerberatungs- und Wirtschaftstreuhand GmbH, Seilerstätte 17 Top 12, 1010 Wien, betreffend Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Körperschaftsteuervorauszahlungen 2022, Steuernummer ***BF1StNr1***, beschlossen:

Die Beschwerde wird gemäß § 260 Abs. 1 lit. b BAO als nicht fristgerecht eingebracht zurückgewiesen.

Gegen diesen Beschluss ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs.4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Begründung

Verfahrensgang:

Die Beschwerdeführerin erbringt in der Rechtsform einer Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaft sonstige wirtschaftliche Dienstleistungen für Unternehmen und Privatpersonen. Ihr Geschäftszweig umfasst außerdem die Gründung von und die Beteiligung an Unternehmen im In- und Ausland sowie die Entwicklung und Durchführung von Immobilienprojekten. Die Eintragung im Firmenbuch erfolgte am , die unternehmerische Tätigkeit wurde am aufgenommen.

Im Fragebogen für Kapitalgesellschaften bezifferte die Beschwerdeführerin den voraussichtlichen Jahresumsatz im Eröffnungsjahr mit 20.000,00 Euro, den voraussichtlichen Jahresumsatz im Folgejahr mit 100.000,00 Euro, den voraussichtlichen Gewinn im Eröffnungsjahr mit 10.000,00 Euro und den voraussichtlichen Gewinn im Folgejahr mit 5.000,00 Euro.

Mit Bescheid vom setzte die belangte Behörde Körperschaftsteuervorauszahlungen für 2022 und Folgejahre mit 2.500,00 Euro fest.

Am erhob die steuerliche Vertretung der Beschwerdeführerin gegen den Körperschaftsteuervorauszahlungsbescheid für 2022 im Wege von FinanzOnline Beschwerde und führte aus, eine Genossenschaft sei nicht mindestkörperschaftsteuerpflichtig, die Vorschreibung der Mindestkörperschaftsteuer in Höhe von 2.500,00 Euro für 2022 sei daher zu stornieren.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies die belangte Behörde die Beschwerde als verspätet zurück, weil der Körperschaftsteuervorauszahlungsbescheid bereits am ergangen und kein Antrag auf Rechtsmittelfristverlängerung eingebracht worden sei.

Die Beschwerdevorentscheidung wurde am ordnungsgemäß zugestellt.

Im fristgerecht am im Wege von FinanzOnline eingebrachten Vorlageantrag brachte die steuerliche Vertretung vor, der Körperschaftsteuervorauszahlungsbescheid vom sei absolut nichtig, weil eine Genossenschaft nicht mindestkörperschaftsteuerpflichtig sei. Die Beschwerdeführerin habe aus dem nichtigen Bescheid Amtshaftungsansprüche. Zur Vermeidung weiterer Amtshaftungsansprüche werde ersucht, den absolut rechtswidrigen Bescheid sofort aufzuheben.

Mit Vorlagebericht vom legte die belangte Behörde die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor und führte in ihrer Stellungnahme aus, die steuerliche Vertretung habe die aufgrund ihrer eigenen Angaben vorgeschriebene Körperschaftsteuervorauszahlung offenbar als Mindestkörperschaftsteuer missinterpretiert. Es sei keine materiellrechtliche Entscheidung über das Beschwerdevorbringen erfolgt, weil die Beschwerde aufgrund der verspäteten Einbringung unzulässig gewesen sei.

Der Bescheid vom weise sämtliche Erfordernisse gemäß § 93 BAO auf und sei ordnungsgemäß zugestellt worden. Nichtigkeit liege nicht vor.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Sachverhalt:

Die Beschwerdeführerin ist eine Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaft. Dem Fragebogen anlässlich der Gründung ist als Beginn der unternehmerischen Tätigkeit der zu entnehmen. Der voraussichtliche Jahresumsatz im Eröffnungsjahr wurde mit 20.000,00 Euro und der voraussichtliche Gewinn im Eröffnungsjahr mit 10.000,00 Euro angegeben.

Aufgrund dieser Angaben setzte das Finanzamt mit Bescheid vom die Körperschaftsteuervorauszahlungen für 2022 mit 2.500,00 Euro fest. Diese Erledigung ist als Bescheid bezeichnet und enthält sowohl einen Spruch als auch die Personenvereinigung, an die er ergehen soll. Außerdem weist er eine Rechtsmittelbelehrung, die Bezeichnung der Behörde sowie ein Datum und eine elektronische Signatur auf. Er wurde am der Zustellungsbevollmächtigten im Wege von FinanzOnline zustellt.

Die Beschwerde gegen diesen Bescheid wurde am eingebracht.

Beweiswürdigung:

Der zu beurteilende Sachverhalt ergibt sich aus den aktenkundigen Unterlagen. Dass der angefochtene Bescheid nicht ordnungsgemäß am im Wege von FinanzOnline zugestellt worden ist, bringt die Beschwerdeführerin nicht vor, obwohl ihr sowohl in der Beschwerdevorentscheidung vom als auch im Vorlagebericht der Umstand der nicht fristgerechten Einbringung der Beschwerde mitgeteilt worden ist und sie somit ausreichend Gelegenheit hatte, die zum Beweis der Rechtzeitigkeit der Beschwerde dienenden Unterlagen beizubringen.

Rechtliche Würdigung:

Gemäß § 260 Abs. 1 lit. b BAO ist die Bescheidbeschwerde mit Beschluss zurückzuweisen, wenn sie nicht fristgerecht eingebracht wurde.

Gemäß § 97 Abs. 1 BAO werden Erledigungen dadurch wirksam, dass sie demjenigen bekanntgegeben werden, für den sie ihrem Inhalt nach bestimmt sind. Die Bekanntgabe erfolgt bei schriftlichen Erledigungen abgesehen von hier nicht interessierenden Ausnahmen durch Zustellung.

Gemäß § 97 Abs. 3 BAO kann an Stelle der Zustellung der schriftlichen Ausfertigung einer behördlichen Erledigung deren Inhalt auch telegraphisch oder fernschriftlich mitgeteilt werden. Darüber hinaus kann durch Verordnung des Bundesministers für Finanzen die Mitteilung des Inhalts von Erledigungen auch im Wege automationsunterstützter Datenübertragung oder in jeder anderen technisch möglichen Weise vorgesehen werden, wobei zugelassen werden kann, dass sich die Behörde einer bestimmten geeigneten öffentlich-rechtlichen oder privatrechtlichen Übermittlungsstelle bedienen darf. In der Verordnung sind technische oder organisatorische Maßnahmen festzulegen, die gewährleisten, dass die Mitteilung in einer dem Stand der Technik entsprechenden sicheren und nachprüfbaren Weise erfolgt und den Erfordernissen des Datenschutzes genügt. Der Empfänger trägt die Verantwortung für die Datensicherheit des mitgeteilten Inhalts der Erledigung. § 96 Abs. 2 BAO gilt sinngemäß.

Gemäß § 98 Abs. 1 BAO sind soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, Zustellungen nach dem Zustellgesetz, BGBl. Nr. 200/1982, vorzunehmen; das gilt nicht für den 3. Abschnitt des ZustG (Elektronische Zustellung).

Gemäß § 98 Abs. 2 BAO gelten elektronisch zugestellte Dokumente als zugestellt, sobald sie in den elektronischen Verfügungsbereich des Empfängers gelangt sind. Im Zweifel hat die Behörde die Tatsache und den Zeitpunkt des Einlangens von Amts wegen festzustellen. Die Zustellung gilt als nicht bewirkt, wenn sich ergibt, dass der Empfänger wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, doch wird die Zustellung mit dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag wirksam.

Die FinanzOline-Verordnung (FOnV ) 2006 ist eine Verordnung im Sinne des § 97 Abs. 3 zweiter Satz BAO (vgl. Ritz/Koran, BAO7, § 97, Rz 10).

Nach § 1 Abs. 2 FOnV 2006 ist die automationsunterstützte Datenübertragung zulässig für Funktionen, die dem jeweiligen Teilnehmer in FinanzOnline zur Verfügung stehen.

Dokumente iSd § 98 Abs. 2 erster Satz BAO sind jene nach § 2 Z 2 ZustG, somit insbesondere behördliche schriftliche Erledigungen (vgl. Ritz/Koran, BAO7, § 97, Rz 11).

Der Zeitpunkt, an dem die Daten in den elektronischen Verfügungsbereich des Empfängers gelangt sind, ist bei FinanzOnline der Zeitpunkt der Einbringung der Daten in die Databox, zu der der Empfänger Zugang hat (vgl. RV/0002-F/13; ; ; , RV/5100404/2016; , RV/5100209/2016; , RV/7104423/2014; , RV/7104134/2017; , RV/5101130/2017).

Auf das tatsächliche Einsehen der Databox durch den FinanzOnline-Teilnehmer (z.B. Öffnen, Lesen, oder Ausdrucken eines Bescheides) kommt es nicht an (vgl. ; , RV/0002-F/13; ; ; ; ).

Irrelevant ist das Datum der Information über die in die Databox erfolgte Zustellung (vgl. ). Der Zeitpunkt der Einbringung der Daten in die Databox ist auch dann der Zustellzeitpunkt, wenn die in § 5b Abs. 2 FOnV 2006 vorgesehene Information an der vom Teilnehmer angegebenen elektronischen Adresse unterblieben ist. Diese Information hat lediglich Service-Charakter (vgl. Ritz/Koran, BAO7, § 98 Rz 3 ff).

Die FinanzOnline-Databox ist ein elektronischer Postkasten. Die "Schlüssel" zu diesem elektronischen Postkasten sind die Zugangscodes, die beim FinanzOnline-Login einzugeben sind. Werden daher Bescheide in der FinanzOnline-Databox bereitgestellt, muss der Anwender zumindest ab diesem Tag nicht gesperrte Zugangscodes haben, damit Bescheide am Tag, ab dem sie in der FinanzOnline-Databox bereitgestellt sind, auch rechtsgültig zugestellt sind (vgl. ).

§ 98 Abs. 2 letzter Satz BAO gilt nicht bei Aufgabe der Abgabestelle (vgl. ; sowie Ritz/Koran, BAO7, § 98 Rz 4a f).

Da der Bescheid betreffend Körperschaftsteuervorauszahlungen für das Jahr 2022 bereits am in die Databox der steuerlichen Vertretung der Beschwerdeführerin eingebracht wurde und diese damit ab diesem Zeitpunkt Zugang zu diesen Schriftstücken hatte, ist dieser auch an diesem Tagen in deren elektronischen Verfügungsbereich gelangt. Dementsprechend erfolgte die rechtswirksame Zustellung des Bescheides am . Die einmonatige Rechtsmittelfrist endete daher , weil der letzte Tag der Frist auf einen gesetzlichen Feiertag gefallen ist.

Dass ein Fristverlängerungsansuchen zur Einbringung einer Beschwerde gestellt worden wäre, ist weder der Aktenlage zu entnehmen, noch wird derartiges von der steuerlichen Vertretung der Beschwerdeführerin behauptet. Die am über FinanzOnline eingebrachte Beschwerde wurde somit nicht innerhalb offener Rechtsmittelfrist erhoben und war daher als nicht rechtzeitig eingebracht zurückzuweisen.

Eine inhaltliche Auseinandersetzung mit dem Beschwerdevorbringen, dass eine Genossenschaft nicht mindestkörperschaftsteuerpflichtig und daher der angefochtene Bescheid "absolut nichtig" bzw. "absolut rechtswidrig" sei, hatte daher zu unterbleiben.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen einen Beschluss des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Da die Beurteilung der Rechtzeitigkeit der Einbringung einer Beschwerde in Sinne der zitierten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes vorgenommen wurde, war die Unzulässigkeit der ordentlichen Revision auszusprechen.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 97 Abs. 3 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 260 Abs. 1 lit. b BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 98 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
FOnV, FinanzOnline-Verordnung, BGBl. II Nr. 71/1998
§ 97 Abs. 3 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 1 Abs. 2 FOnV 2006, FinanzOnline-Verordnung 2006, BGBl. II Nr. 97/2006
§ 98 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 2 Z 2 ZustG, Zustellgesetz, BGBl. Nr. 200/1982
§ 97 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 5b Abs. 2 FOnV 2006, FinanzOnline-Verordnung 2006, BGBl. II Nr. 97/2006
§ 98 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2023:RV.7103755.2022

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at