Bescheidbeschwerde – Einzel – Beschluss, BFG vom 19.12.2022, RV/7300045/2020

Beschwerdeführerin im Firmenbuch wegen Vermögenslosigkeit gelöscht, kein Abwicklungsbedarf; Einstellung des Beschwerdeverfahrens

Rechtssätze


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Stammrechtssätze
RV/7300045/2020-RS1
Mit der nur deklarativ wirkenden Löschung der Gesellschaft im Firmenbuch ist konstitutiv auch der Wegfall der organschaftlichen Vertretung der Gesellschaft verbunden (; ; ; ), sodass in diesem Fall an eine im Firmenbuch gelöschte juristische Person mangels Handlungsfähigkeit keine Bescheide mehr wirksam erlassen werden könnten.
RV/7300045/2020-RS2
Fehlt es an einem Aktivvermögen, endet auch die Rechtspersönlichkeit der GmbH mit der amtswegigen Löschung wegen Vermögenslosigkeit (vgl. ). Eine Zustellung etwa an den früheren Geschäftsführer wäre unwirksam (vgl. ; ).

Entscheidungstext

Beschluss

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter ***Ri*** in Vertretung des verhinderten Richters ***Ri2*** in der Finanzstrafsache gegen die ***Bf1***, ***Bf1-Adr*** vertreten bisher durch ***RA1***, ***Linz***, wegen der Finanzvergehen der Abgabenhinterziehungen gemäß § 33 Abs. 1 des Finanzstrafgesetzes (FinStrG) über die Beschwerde des Beschuldigten vom gegen den Bescheid des Vorsitzenden des Spruchsenates beim Finanzamt Wien 9/18/19 Klosterneuburg als Organ des Finanzamtes für Gebühren, Verkehrsteuern und Glückspiel vom , SpS, über die Beschlagnahme gemäß § 89 Abs. 3 lit. a FinStrG bei einem zur Verschwiegenheit Verpflichteten nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am in Abwesenheit der Beschwerdeführerin, jedoch in Anwesenheit des Amtsbeauftragten sowie der Schriftführerin beschlossen:

Das Beschwerdeverfahren wird eingestellt.

Eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Mit an den selbständigen Bilanzbuchhalter ***BBH***, Adresse1, gerichteter Beschlagnahmeanordnung gemäß § 89 Abs. 1 FinStrG vom erging seitens des (ehemaligen, gilt auch für weitere Anführungen) Finanzamtes für Gebühren, Verkehrsteuern und Glückspiel an die Steuerfahndung Wien und deren Mitarbeiter die Anordnung, sämtliche Geschäftsunterlagen und Buchhaltungsdaten von 18 namentlich genannten Firmen, darunter auch die der nunmehrigen Beschwerdeführerin Fa. ***Bf1*** zu beschlagnahmen.

Begründet wurde diese Beschlagnahmeanordnung mit dem näher ausgeführten Verdacht der Abgabenhinterziehung an Glückspielabgaben für noch festzustellende Zeiträume und in noch festzustellender Höhe gegen diese Firmen bzw. deren noch zu ermittelnden Machthaber.

[...]

Dabei wurde die Beschlagnahmeanordnung gemäß § 89 Abs. 1 FinStrG des Finanzamtes für Gebühren, Verkehrsteuern und Glückspiel vom , Vormerknummer1, übergeben und unter anderem 41 näher bezeichnete Ordner der Fa. ***Bf1*** aus Beweisgründen sichergestellt.

Der Betroffene, Herr ***BBH***, stellte dabei als zur Verschwiegenheit verpflichteter Parteienvertreter den Antrag auf Anlegen von Verschlussmittel in Form von Siegel gemäß § 89 Abs. 5 FinStrG, welchem auch entsprochen wurde.

…….

Mit Bescheid des Vorsitzenden des Spruchsenates beim Finanzamt Wien 9/18/19 Klosterneuburg als Organ des Finanzamtes für Gebühren, Verkehrsteuern und Glückspiel vom , SpS, über die Beschlagnahme gemäß § 89 Abs. 3 lit. a FinStrG wurde hinsichtlich der Fa. ***Bf1*** die Beschlagnahme folgender Unterlagen bestätigt:


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32
227
Ordner grün breit
***Bf1*** LV keine LV Exekutionen
Archiv
32
228
Ordner grün breit
***Bf1*** LV keine LV
Archiv
32
229
Ordner schwarz schmal
***Bf1*** Steuerakt ***2*** FA Bescheide
Archiv
32
230
Ordner schwarz breit
***Bf1*** Steuerakt ***2***
Archiv
32
231
Ordner blau schmal
***Bf1*** Belege 2017 11
Archiv
32
232
Ordner blau schmal
***Bf1*** Belege 2017 10
Archiv
32+
232
Ordner blau schmal
***Bf1*** Belege 2017 9
Archiv
32
233
Ordner blau schmal
***Bf1*** Belege 2017 8
Archiv
32
234
Ordner blau schmal
***Bf1*** Belege 2017 7
Archiv
32
235
Ordner blau schmal
***Bf1*** Belege 2017 4-7
Archiv
33
236
Ordner blau schmal
***Bf1*** Belege 2017 2
Archiv
33
237
Ordner blau schmal
***Bf1*** GmbH JA 2017
Archiv
33
238
Ordner grau breit
***Bf1*** Belege 2018 8
Büro Empfang
33
239
Ordner schwarz schmal
***Bf1*** Belege 2018 8
Büro Empfang
33
240
Ordner schwarz schmal
***Bf1*** Belege 2018 7
Büro Empfang
33
241
Ordner weiß schmal
***Bf1*** Bank 2018 11
Büro Empfang
33
242
Ordner gelb breit
***Bf1*** Belege 2018 11
Büro Empfang
34
243
Ordner schwarz schmal
***Bf1*** Belege 2018 10
Büro Empfang
34
244
Ordner breit schmal
***Bf1*** Belege 2018 9
Büro Empfang
34
245
Ordner schwarz schmal
***Bf1*** Belege 2018 8
Büro Empfang
34
246
Ordner gelb breit
***Bf1*** Belege Linz 2018 10
Büro Empfang
34
247
Ordner schwarz schmal
***Bf1*** Belege 2018 11
Büro Empfang
34
248
Ordner schwarz schmal
***Bf1*** Belege 2018 12
Büro Empfang
34
249
Ordner schwarz breit
***Bf1*** Belege Linz 2018 12
Büro Empfang
35
250
Ordner schwarz schmal
***Bf1*** Belege 2018 6
Büro Empfang
35
251
Ordner blau schmal
***Bf1*** Belege 2018 1
Büro Empfang
35
252
Ordner blau schmal
***Bf1*** Belege 2018 1
Büro Empfang
35
253
Ordner schwarz schmal
***Bf1*** Belege 2018 3
Büro Empfang
35
254
Ordner schwarz schmal
***Bf1*** Belege 2018 2
Büro Empfang
35
255
Ordner rosa breit
***Bf1*** Belege 2018 5-6
Büro Empfang
35
256
Ordner schwarz schmal
***Bf1*** Belege 2018 4
Büro Empfang
35
257
Ordner rot schmal
***Bf1*** JA 2018
Büro Empfang
35
258
Ordner rot schmal
***Bf1*** JA 2019
Büro Empfang
49
368
Ordner blau schmal
***Bf1***
Büro Empfang
49
369
Ordner grau breit
***Bf1*** Belege 2019 03
Büro Empfang
49
370
Ordner schwarz schmal
***Bf1*** Belege 2019 03
Büro Empfang
49
371
Ordner blau breit
***Bf1*** Belege 2019 02
Büro Empfang
49
372
Ordner schwarz schmal
***Bf1*** Belege 2019 02
Büro Empfang
50
373
Ordner rot schmal
***Bf1*** Belege 2019 01
Büro Empfang
50
374
Ordner schwarz schmal
***Bf1*** Belege 2019 01
Büro Empfang
50
375
Ordner grau schmal
***Bf1*** Belege 2019 Bank
Büro Empfang

Von der Beschlagnahme ausgenommene Unterlagen wurden mit dem angefochtenen Bescheid in Bezug auf die Firma ***Bf1*** nicht festgestellt.

Zur Begründung wurde wie folgt ausgeführt:

***BBH***, in dessen Räumlichkeiten die Buchhaltungsunterlagen beschlagnahmt worden seien, habe am den Antrag auf Anlegen von Verschlussmittel gemäß § 89 Abs. 5 FinStrG gestellt.

Am sei in näher bezeichneten Räumlichkeiten in Gegenwart des Spruchsenatsvorsitzenden und näher bezeichneter Bediensteter der Finanzstrafbehörde sowie des Buchhalters ***BBH*** die Unterlagen gesichtet und hierüber ein Protokoll aufgenommen worden.

***BBH*** habe zu Protokoll gegeben, dass sich in sämtlichen Kartons vorwiegend Jahresabschlüsse, Belege, Kontoblätter, Lohnverrechnungsunterlagen und Buchhalter Eigentumsunterlagen befänden. In einigen Kartons befänden sich auch die jeweiligen zu den Firmen gehörigen Steuerakten. In diesen Steuerakten fänden sich wiederum Unterlagen, welche vertrauenswürdig seien und welche er von der Beschlagnahme ausgenommen haben wollte.

In Bezug auf die Firma ***Bf1*** sei dies aus Karton 32 LfNr. 230 der Steuerakt ***Bf1*** a) ein Schlüssel von einem Büro in ***C***, welcher der Hausverwaltung hört. Das Büro sei leer. b) 2 Bögen Bankkontoantrag betreffend die Bank, auf denen seine persönlichen Daten aufscheinen. Er habe für die ***Bf1*** ein Konto eröffnet und c) 2 Bögen mit Notizen über Besprechungen mit einem Mandanten.

Dazu werde vom zuständigen Vorsitzenden des Spruchsenates erwogen:

Gem. § 89 Abs. 1 FinStrG habe die Finanzstrafbehörde mit Bescheid die Beschlagnahme von verfallsbedrohten Gegenständen und von Gegenständen, die als Beweismittel in Betracht kommen, anzuordnen, wenn dies zur Sicherung des Verfalls oder zur Beweissicherung geboten sei.

Beweismittel, auf die sich eine gesetzlich anerkannte Pflicht zur Verschwiegenheit erstrecke, unterlägen bei dem zur Verschwiegenheit Verpflichteten der Beschlagnahme nur, a) soweit begründeter Verdacht bestehe, dass dieser selbst Beteiligter, Hehler oder Begünstigender in Bezug auf das Finanzvergehen sei, oder b) wenn es sich um Bücher oder Aufzeichnungen nach den §§ 124 bis 130 BAO oder um dazugehörende Belege oder um solche Gegenstände, welche zur Begehung des Finanzvergehens bestimmt waren oder diese erleichtert haben oder die aus dem Finanzvergehen herrühren, handle. (Abs 3).

Behaupte der zur Verschwiegenheit Verpflichtete oder der Beschuldigte, dass die Voraussetzungen für eine Beschlagnahme nach Abs. 3 und 4 nicht vorlägen, oder sei er bei der Beschlagnahme nicht anwesend, so sei der Gegenstand ohne weitere Untersuchung unter Siegel zu nehmen und ohne Verzug dem Vorsitzenden des Spruchsenates vorzulegen, dem gemäß § 58 Abs. 2 FinStrG unter den dort vorgesehenen Voraussetzungen die Durchführung der mündlichen Verhandlung und die Fällung des Erkenntnisses obliegen würde. Der Vorsitzende des Spruchsenates habe mit Bescheid festzustellen, ob die Beweismittel der Beschlagnahme unterliegen. (Abs. 5)

Die beschlagnahmten Unterlagen der Fa. ***Bf1*** kämen im noch abzuführenden Finanzstrafverfahren als Beweismittel in Betracht, da es sich um Aufzeichnungen handle, die zur Erhebung des Sachverhaltes bzw. zur Erhärtung des Tatverdachtes unumgänglich seien und nicht von der Ausnahmeregelung des § 89 Abs. 3 FinStrG umfasst seien.

Der Hinweis des ***BBH*** in Hinblick auf seine Verschwiegenheitspflicht vermöge nämlich nur insofern zu überzeugen, als es sich um Gesprächsnotizen oder Dokumente handle, die ihm in seiner Eigenschaft als Buchhalter im Vertrauen übergeben worden seien.

Mit Beschlagnahmeanordnung vom sichergestellte und beschlagnahmte Unterlagen hinsichtlich der Fa. ***Bf1*** unterlägen als Beweismittel der Beschlagnahme.

Diese Maßnahme stehe mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit im Einklang. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verlange eine vernünftige Beziehung zwischen dem Ausmaß des staatlichen Eingriffs und dem Zweck der eingreifenden Maßnahme. Der konkrete Eingriff und seine mit ihm verbundenen Rechtsgutbeeinträchtigung müssen in einem angemessenen Verhältnis zur Bedeutung der Straftat, der bestehenden Verdachtslage und dem zu erwartenden Ermittlungsergebnis stehen. Gegenständlich sei aufgrund der derzeitigen Beweislage von einem dringenden Tatverdacht auszugehen, und könne insbesondere durch die Einsicht und Prüfung der beschlagnahmten Unterlagen eine vollständige Klärung des Tatverdachtes ermöglicht werden.

Mit Schriftsatz vom brachte die vom Bilanzbuchhalter ***BBH*** steuerlich vertretene Firma ***Bf1*** durch ihren bevollmächtigten Rechtsanwalt eine Beschwerde gegen den Bescheid über die Beschlagnahme gemäß § 89 Abs. 3 lit. a FinStrG bei einem zur Verschwiegenheit Verpflichteten vom , zugestellt an ***BBH*** am , mit folgender Begründung ein:

"1. Die ***Bf1*** ist unmittelbar Betroffene des Beschlagnahmebescheides vom , da deren Geschäftsbücher von der Beschlagnahme erfasst sind und sohin rechtsmittellegitimiert, obwohl diese im Beschlagnahmebescheid gar nicht angeführt ist (siehe Pkt. 8.).

Angefochten wird sohin die Beschlagnahmeanordnung vom zur Gänze sowie der Bescheid des Vorsitzenden des Spruchsenates vom in seinem Punkt I.

2. Dem angefochtenen Beschlagnahmebescheid vom geht die Beschlagnahmeanordnung gemäß § 89 Abs. 1 FinStrG vom zur Vormerknummer1 des Finanzamtes für Gebühren, Verkehrssteuern und Glücksspiel voraus.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. VwSlg 6744 F/1992) gilt ein Beschlagnahmebescheid als vom Rechtsbestand ausgeschieden, soweit der Vorsitzende des Spruchsenates Feststellungen darüber trifft, dass bestimmte beschlagnahmte Gegenstände nicht der Beschlagnahme unterliegen, und müssen in diesem Fall die gegen die Anordnung der Beschlagnahme gerichteten Einwände zwecks Vermeidung, dass eine Beschlagnahmeanordnung der Kontrolle des Verwaltungsgerichtshofes entzogen sind, wohl im Rechtsmittel gegen den Bescheid des Vorsitzenden des Spruchsenates möglich sein.

Im Rahmen der gegenständlichen Beschwerde sind daher zulässigerweise auch Einwände gegen die Beschlagnahmeanordnung vom zu erheben.

3. Die Beschlagnahmeanordnung vom ist in gesetzwidriger Weise erfolgt.

Wörtlich sieht die Beschlagnahmeanordnung vor, dass nicht näher bezeichnete Geschäftsunterlagen von in der Anordnung genannten Unternehmen beschlagnahmt werden, zu beschlagnahmen sind.

Dieses Vorgehen stellt einen unzulässigen Erkundungsbeweis dar, da die belangte Behörde (Finanzamt für Gebühren, Verkehrssteuern und Glücksspiel) durch diese Anordnung sämtliche Geschäftsunterlagen erhält, diese im Anschluss in Ruhe auswerten kann und sich somit den Strafvorwurf "zurechtlegen" kann. Auch im Finanzstrafverfahren ist anerkannt, dass die Finanzbehörde rechtswidriges und schuldhaftes Verhalten nachweisen muss. Ein derartiger Nachweis darf nicht dadurch erbracht werden, dass erst durch Einsichtnahme in allfällige Unterlagen mögliche zu behauptende Tatbestände erhoben werden. Vielmehr ist die Behörde gehalten, einen konkreten Vorwurf samt hinreichenden Verdachtsmomenten darzutun und in der Beschlagnahmeanordnung festzulegen, welche konkreten Unterlagen zum Beweis des Vorwurfes zu beschlagnahmen sind.

Auch nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes soll die Beweissicherung dem Verlust von Gegenständen vorbeugen, die als Beweismittel in Betracht kommen. Dazu ist es notwendig, dass diese Gegenstände mit Beziehung auf das eingeleitete finanzstrafbehördliche Verfahren wegen eines vorsätzlichen Finanzvergehens ausreichend konkretisiert sind, das heißt, dass die Unverwechselbarkeit der Beweismittel durch deren genaue Beschreibung sicherzustellen ist (vgl. VwSlg 65550 F/1990).

Die belangte Behörde hätte daher in der Beschlagnahmeanordnung bereits eine wesentliche Konkretisierung dahin vornehmen müssen, welche konkret bezeichneten Unterlagen der jeweils konkret zu benennenden Gesellschaft in Beschlag zu nehmen sind. Dass dies möglich gewesen wäre, ergibt sich bereits aus dem Umstand, dass die belangte Behörde diverse vermeintliche Standorte, an denen Glücksspiel betrieben worden sein soll, im Beschlagnahmebescheid mit Datum der Geschäftsaufnahme benennt. Anhand dieser offenbar vorliegenden Informationen hätte die belangte Behörde auch die in Beschlag zunehmenden oder sicherzustellenden Unterlagen konkretisieren können. Das gegenständliche Vorgehen verstößt jedoch gegen dieses Konkretisierungsgebot.

Auch hätte dies der Vorsitzende des Spruchsenates aus eigenem aufgreifen müssen, weshalb nicht nur die ursprüngliche Beschlagnahmeanordnung sondern auch der gegenständlich angefochtene Bescheid in Hinblick auf diesen Beschwerdepunkt rechtswidrig sind.

4. Weiters verstößt das gegenständliche Vorgehen - Beschlagnahme von Unterlagen - gegen den Anklagegrundsatz und diesbezüglich gewährleistete Rechte.

Die Beschwerdeführerin ist bisher zu keiner Zeit über offenbar gegen sie laufende Ermittlungen informiert worden. Es ist ihr weder ein Bescheid über die Einleitung des Strafverfahrens noch eine sonstige Mitteilung über anhängige Ermittlungen zugegangen.

Auch insoweit verstößt das Vorgehen der belangten Behörde gegen gefestigte Rechtsgrundsätze.

5. Der gegenständlich angefochtene Bescheid ist laut dessen ausdrücklicher Bezeichnung über die Beschlagnahme gemäß § 89 Abs. 3 lit. a FinStrG bei einem zur Verschwiegenheit Verpflichteten ergangen.

Diese ausdrückliche Bezugnahme auf den Gesetzestext stellt eine konkrete Einschränkung auf einen konkreten Tatbestand dar.

Es ergibt sich somit aus dem Bescheid bzw. dessen Überschrift ausdrücklich, dass der Bescheid nur darüber ergangen ist, dass der Buchhalter der Beschwerdeführerin und Bescheidadressat, Herr ***BBH***, selbst einer Straftat bezichtigt wird.

Dies ergibt sich jedoch mit keinem Wort aus der Beschlagnahmeanordnung vom bzw. aus dem angefochtenen Bescheid selbst.

Insoweit ist der gegenständliche Bescheid nichtig, da dieser keine Begründung enthält. Gänzlich unbegründeter Bescheide sind nach ständiger Rechtsprechung nichtig.

Die im Bescheid als Begründung benannten Ausführungen, wiederholten vorwiegend den Gesetzestext, ohne einen Bezug zum wesentlichen Sachverhalt herzustellen. Insoweit liegt zumindest eine erhebliche Mangelhaftigkeit des Verfahrens vor.

Der Bescheid des Vorsitzenden des Spruchsenates vom enthält keine Begründung darüber, aufgrund welcher tatsächlichen gesetzlichen Grundlage die Beschlagnahme zulässig sei und wird in diesem Bescheid mit keinem Wort erwähnt, welcher finanzstrafrechtlichen Tatbestände sich die Beschwerdeführerin schuldig gemacht haben sollte.

Soweit dies überhaupt als Begründung anzuerkennen ist, liegt auch hierin eine Mangelhaftigkeit des Verfahrens, da der Beschwerdeführerin nicht nachvollziehbar ist, aus welchem Grund ihre Geschäftsunterlagen beschlagnahmt worden. Es geht aus diesem Bescheid somit nicht hervor, wofür und aufgrund welcher Umstände die Beschwerdeführerin beschuldigt wird.

Wird die Wiedergabe der gesetzlichen Bestimmungen wie von der ständigen Rechtsprechung anerkannt als keine Begründung angesehen, liegt sogar Nichtigkeit vor.

6. Auch die Begründung der Beschlagnahmeanordnung vom ist nicht stichhaltig. Die belangte Behörde verweist diesbezüglich auf durchgeführte Glücksspielkontrollen und das Auffinden von diversen Geräten.

Aufgrund dieser vorgefundenen betriebsbereiten Geräte stellt die belangte Behörde die für den jeweiligen Zeitraum angemeldeten Glücksspielabgaben in eine Relation in unzulässiger Art und Weise. Es wurden konkret am Standort ***Wien5***, am sechs Geräte betriebsbereit vorgefunden und bei einer weiteren Kontrolle in ***Wien17***, am vier betriebsbereite Geräte aufgefunden. Die belangte Behörde setzt nunmehr für einen gesamten Monat die in Addition ergebenden zehn Geräte in Relation zu den angemeldeten Glücksspielabgaben. Es liegen jedoch offenbar keine Beweise oder sonstigen Anhaltspunkte vor, dass während des gesamten Monats Juni tatsächlich durchgehend aktiv zehn Geräte betriebsbereit vorhanden waren, weshalb auch diese vorgenommene Hochrechnung im Sinn der Unschuldsvermutung gänzlich unzulässig ist.

Auch legt die belangte Behörde nicht dar, woher ihre Erfahrungswerte gründen und nimmt der Beschwerdeführerin damit auch jede Verteidigungsmöglichkeit, um diese Erfahrungswerte zu entkräften. Nach ständiger Landesverwaltungsrechtlicher Rechtsprechung wird etwa auch von einem durchschnittlichen Erlös je Gerät im Monat von € 2.000,00 ausgegangen.

7. Die Beschlagnahmeanordnung vom enthält lediglich eine exemplarische Begründung zum Vorwurf, es bestehe der Verdacht, dass die im Rahmen der Selbstberechnung abgeführten Glücksspielabgaben in nicht korrekter Höhe abgeführt worden sein sollen.

Um diesen behaupteten Verdacht zu stützen, führt die belangte Behörde exemplarisch die bereits oben wiederholte Berechnung zur Firma ***D*** Kfd. an.

Rückschlüsse auf die Beschwerdeführerin ergeben sich daraus nicht, zumal die belangte Behörde diesbezüglich nicht einmal selbst eine Verbindung behauptet.

Betreffend die Beschwerdeführerin ist die Beschlagnahmeanordnung daher gänzlich ohne Begründung. Unbegründete Bescheide sind rechtswidrig und nichtig, zumal sich aus der Beschlagnahmeanordnung keine Verdachtsmomente gegen die Beschwerdeführerin ergeben.

8. Festzuhalten ist, dass Geschäftsunterlagen der ***Bf1*** unter Verweis auf die Beschlagnahmeanordnung vom beschlagnahmt wurden. In dieser Anordnung ist die ***Bf1*** jedoch nicht angeführt, weshalb die Beschlagnahme rechtsgrundlos erfolgt ist, zumal die gesetzlichen Grundlagen für eine Sicherstellung wegen Gefahr in Verzug ebenfalls nicht vorlagen.

Damit ist auch der Bescheid vom rechtswidrig, da sich dieser ebenso auf eine von der ***Bf1*** verschiedene Gesellschaft bezieht.

9. Es wird sohin beantragt,

das Bundesfinanzgericht als Rechtsmittelgericht möge nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung der Beschwerde der Beschwerdeführerin zur Gänze stattgeben und den Bescheid des Vorsitzenden des Spruchsenates vom (sowie die Beschlagnahmeanordnung vom zur Gänze aufheben und anordnen, dass die beschlagnahmten Gegenstände umgehend an die Beschwerdeführerin in eventu an den Buchhalter ***BBH*** zurückgestellt werden;

in eventu

in Stattgabe der Beschwerde die Sache zur neuerlichen Entscheidung an die belangte Behörde bzw. den Vorsitzenden des Spruchsenates zur neuerlichen Entscheidung zurückverwiesen werden."

Mit Eingabe vom hat der Verteidiger mitgeteilt, dass das Vollmachtverhältnis zur ***Bf1*** aufgelöst wurde.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Rechtslage:

Gemäß § 89 Abs. 1 FinStrG hat die Finanzstrafbehörde mit Bescheid die Beschlagnahme von verfallsbedrohten Gegenständen und von Gegenständen, die als Beweismittel in Betracht kommen, anzuordnen, wenn dies zur Sicherung des Verfalls oder zur Beweissicherung geboten ist. Der Bescheid ist dem anwesenden Inhaber des in Beschlag zu nehmenden Gegenstandes bei der Beschlagnahme zuzustellen; ist der Inhaber nicht anwesend, so ist der Bescheid nach § 23 des Zustellgesetzes zu hinterlegen.

(2) Bei Gefahr im Verzug sind neben den Organen der Finanzstrafbehörden auch die Organe der Abgabenbehörden und des öffentlichen Sicherheitsdienstes berechtigt, die im Abs. 1 bezeichneten Gegenstände auch dann in Beschlag zu nehmen, wenn eine Anordnung der Finanzstrafbehörde nicht vorliegt. In diesem Fall sind dem anwesenden Inhaber die Gründe für die Beschlagnahme und für die Annahme von Gefahr im Verzug mündlich bekanntzugeben und in einer Niederschrift festzuhalten. Die beschlagnahmten Gegenstände sind, falls nicht nach § 90 Abs. 1 zweiter Satz vorgegangen wird, der zuständigen Finanzstrafbehörde abzuführen.

(3) Beweismittel, auf die sich eine gesetzlich anerkannte Pflicht zur Verschwiegenheit erstreckt, unterliegen bei dem zur Verschwiegenheit Verpflichteten der Beschlagnahme nur,

a) soweit begründeter Verdacht besteht, daß dieser selbst Beteiligter, Hehler oder Begünstigender in bezug auf das Finanzvergehen ist, oder

b) wenn es sich um Bücher oder Aufzeichnungen nach den §§ 124 bis 130 BAO oder um dazugehörende Belege oder um solche Gegenstände, welche zur Begehung des Finanzvergehens bestimmt waren oder diese erleichtert haben oder die aus dem Finanzvergehen herrühren, handelt.

(4) In den Fällen des Abs. 3 lit. b unterliegen Gegenstände, die zum Zwecke der Beratung oder Verteidigung des Beschuldigten durch eine gemäß § 77 Abs. 1 als Verteidiger zugelassene Person zu deren Information von dieser oder vom Beschuldigten hergestellt wurden, in keinem Fall der Beschlagnahme, auch wenn sich diese Gegenstände in der Verfügungsmacht des Beschuldigten oder anderer an der Tat Beteiligten befinden. Bei Kreditinstituten und den im § 38 Abs. 4 des Bankwesengesetzes genannten Unternehmen unterliegen Gegenstände, die Geheimnisse im Sinne des § 38 Abs. 1 des genannten Gesetzes betreffen, der Beschlagnahme nur für Finanzvergehen, für die das Bankgeheimnis gemäß § 38 Abs. 2 Z 1 des genannten Gesetzes oder in Amtshilfefällen gem. § 2 Abs. 2 ADG aufgehoben ist und für vorsätzliche Finanzvergehen, ausgenommen Finanzordnungswidrigkeiten, die mit Finanzvergehen, für die das Bankgeheimnis aufgehoben ist, unmittelbar zusammenhängen.

(5) Behauptet der zur Verschwiegenheit Verpflichtete oder der Beschuldigte, daß die Voraussetzungen für eine Beschlagnahme nach Abs. 3 und 4 nicht vorliegen, oder ist er bei der Beschlagnahme nicht anwesend, so ist der Gegenstand ohne weitere Untersuchung unter Siegel zu nehmen und ohne Verzug dem Vorsitzenden des Spruchsenates vorzulegen, dem gemäß § 58 Abs. 2 unter den dort vorgesehenen Voraussetzungen die Durchführung der mündlichen Verhandlung und die Fällung des Erkenntnisses obliegen würde. Der Vorsitzende des Spruchsenates hat mit Bescheid festzustellen, ob die Beweismittel der Beschlagnahme unterliegen.

Gemäß § 33 Abs. 1 FinStrG macht sich einer Abgabenhinterziehung schuldig, wer vorsätzlich unter Verletzung einer abgabenrechtlichen Anzeige-, Offenlegungs- oder Wahrheitspflicht eine Abgabenverkürzung bewirkt.

Die Beschlagnahme bezweckt die Sicherstellung der Gegenstände für Zwecke des Finanzstrafverfahrens und ist grundsätzlich gegen jedermann möglich. Strengere Voraussetzungen bestehen für die Beschlagnahme von Beweismitteln, auf die sich eine gesetzlich anerkannte Verschwiegenheitspflicht erstreckt (§ 89 Abs. 3 FinStrG) und von Postsendungen (§ 89 Abs. 8 und 9 FinStrG). Die Beschlagnahme ist dabei eine Art vorläufiges Verfahren (), dadurch werden keine endgültigen Entscheidungen getroffen. Das Wesen der Beschlagnahme besteht darin, dass die freie Verfügungsgewalt über eine Sache vom Berechtigten auf die Finanzstrafbehörde übergeht, nicht jedoch das Eigentum ().

Die Finanzstrafbehörde ist zur Beschlagnahme verpflichtet (), wenn nachstehende Voraussetzungen vorliegen:

• Verdacht eines Finanzvergehens,
• der Gegenstand ist vom Verfall bedroht oder kommt als Beweismittel in Betracht,
• die Beschlagnahme ist zur Sicherung des Verfalls oder des Beweismittels geboten.

Liegen alle drei Voraussetzungen vor, steht der Finanzstrafbehörde kein Ermessen zu, sie muss diese Gegenstände beschlagnahmen.

Für die Beschlagnahme reicht ein auf konkrete Umstände gründender Verdacht aus (, 0390). Die Tat muss keineswegs erwiesen sein, jedoch sind Gerüchte oder vage Vermutungen nicht ausreichend (). Es handelt sich dabei um eine Art vorläufiges Verfahren zur Entziehung der Gewahrsame an einer Sache ( [R 89(1)/21]).

Für die Verfügung der Beschlagnahme ist die Einleitung eines Finanzstrafverfahrens nicht Tatbestandsvoraussetzung ().

Ein generelles Beschlagnahmeverbot besteht bei Geheimnisträgern (hier Bilanzbuchhalter) nicht (, 0156).

§ 89 Abs. 3 FinStrG zufolge unterliegen Beweismittel (somit trifft diese Bestimmung nicht auf verfallsbedrohte Gegenstände zu), auf die sich eine anerkannte Verschwiegenheitspflicht erstreckt, nur unter folgenden Voraussetzungen der Beschlagnahme:

• der zur Verschwiegenheit Verpflichtete muss selbst in begründetem Verdacht stehen, Beteiligter, Hehler oder Begünstigender dieses Finanzvergehens zu sein § 89 Abs. 3 lit. a FinStrG), oder
• es handelt sich um Bücher oder Aufzeichnungen iS der BAO oder
• um dazugehörige Belege oder
• um Gegenstände, die zur Begehung des Finanzvergehens bestimmt waren, dieses erleichtert haben oder aus dem Finanzvergehen herrühren ( § 89 Abs. 3 lit. b FinStrG).

Gegenstände, die nur zur Information des berufsmäßigen Parteienvertreters hergestellt worden sind, unterliegen der Beschlagnahme überhaupt nur dann, wenn der Vertreter selbst Komplize oder Hehler des Beschuldigten ist (§ 89 Abs. 4 FinStrG). Ist der Vertreter selbst eines Finanzvergehens verdächtig, so können auch Klienteninformationen beschlagnahmt werden. Allerdings dürfen diese Informationen, wenn nicht ein Zusammenwirken zwischen Parteienvertreter und Klient vorliegt, nicht zum Nachteil des Klienten verwertet werden ().

Geschützt nach § 89 Abs. 4 FinStrG ist aber nur die Information des Parteienvertreters, die dieser von seinen Klienten erhalten hat, nicht aber dagegen sonstiges Belastungsmaterial, das der Parteienvertreter für seinen Klienten verwahrt. Der Beschlagnahme unterliegen daher auch in Verwahrung des Parteienvertreters befindliche Urkunden und sonstige Schriftstücke (wie zB die Buchhaltung) des Klienten, die nicht erst zu Informationszwecken hergestellt wurden. Der Beschlagnahme bei Parteienvertretern sind nur von ihren Vollmachtgebern anvertraute, in welcher Form auch immer schriftlich niedergelegte Informationen entzogen, nicht aber sonstige zu den Handakten gelangte Fakturen, sonstige Urkunden und Schriftstücke ().

Mit Beschlagnahmeanordnung gemäß § 89 Abs. 1 FinStrG des Finanzamtes für Gebühren, Verkehrsteuern und Glückspiel vom , gerichtet an den Bilanzbuchhalter ***BBH*** (steuerlicher Vertreter der Beschwerdeführerin = Bf.), wurden 41 - oben näher bezeichnete - Ordner der Bf. mit Belegen und Buchhaltungsunterlagen beschlagnahmt.

Zur Begründung wurde ausgeführt:

"Gegen die in der Beschlagnahmeanordnung genannten Firmen, bzw. deren noch zu ermittelnde Machthaber, besteht der Verdacht, dass sie unter Verletzung der Ihnen obliegenden abgabenrechtlichen Anzeige- Offenlegungs- und Wahrheitspflicht, indem die Glücksspielabgaben für die von den Genannten veranstalteten bzw. vermittelten Ausspielungen mit Glücksspielautomaten und Videolotterie Terminals nicht bis zum 20. des dem Entstehen der Steuerschuld folgenden Kalendermonats in vollständiger Höhe selbstberechnet, angemeldet und abgeführt wurde, eine selbst zu berechnende Abgabe und zwar die Glücksspielabgabe im noch festzustellende Zeitraum und in noch festzustellender Höhe verkürzt zu haben.

Die oben genannten Firmen traten im Zusammenhang mit Glücksspielkontrollen der Finanzpolizei in Erscheinung. Zwar wurden durch einige der involvierten Firmen Glücksspielabgaben selbstberechnet und entrichtet, jedoch besteht der dringende Verdacht, dass dies nicht in der korrekten Höhe erfolgte."

Aus der Aktenlage insbesondere aus der im Akt ersichtlichen Stellungnahme des Vertreters der Finanzstrafbehörde an den Vorsitzenden des Spruchsenates vom geht hervor, dass das Finanzamt für Gebühren Verkehrsteuern und Glücksspiel im Jahr 2011 Kenntnis von einigen Glücksspiellokalen in Linz erlangte, welche von der Fa. ***E*** GmbH betrieben wurden, ohne die entsprechenden Glücksspielabgaben zu melden und abzuführen.

Im Frühjahr 2012 wurde seitens des FAGVG ein Sicherstellungsauftrag ausgefertigt und mit der Sicherungsexekution der zu erwartenden Abgabenansprüche an den bekannten Glückspielstandorten begonnen. Bei vorangegangenen Amtshandlungen sowie im Zuge der Sicherungsexekution konnten Grundaufzeichnungen festgestellt werden. Einerseits war es möglich bei zumindest 2 Geräten in die Geräte-Buchhaltung Einsicht zu nehmen, andererseits wurden im Rahmen der Exekution handschriftliche Automatenabrechnungen - versteckt in einem Handtuchspender - vorgefunden. Aus diesen Unterlagen konnte errechnet werden, dass sich das durchschnittliche monatliche Bruttoeinspielergebnis für ein Glücksspielgerät zwischen ca. € 2.900 und ca. € 4.600 bewegt (Tages Nettoeinspielergebnis pro Gerät somit zwischen € 80 und € 127).

Das durchschnittliche tägliche Nettoeinspielergebnis pro Gerät wird vom FAGVG aufgrund der ausgewerteten Unterlagen - äußerst vorsichtig - in der Höhe von ca. € 98 angesetzt. (Anmerkung: aufgrund bisheriger Erfahrungswerte aus verschiedenen strafrechtlichen Glücksspielprüfungen ist bekannt, dass sich dieser Wert zwischen € 100 und € 200 bewegt.)

Als Reaktion auf die laufenden Amtshandlungen, insbesondere die Sicherungsexekutionen für das FAGVG stellte die ***E*** GmbH den Glücksspielbetrieb an den amtsbekannten Standorten ein, und neue Betreiberfirmen traten an den Örtlichkeiten auf. Das Erscheinungsbild der Lokale änderte sich nicht, die eingesetzten Glücksspielgerätetypen waren ident, selbst das in den Lokalen tätige Personal änderte sich nicht. Bei Befragungen der Angestellten wurde weiterhin der ehemalige Geschäftsführer der ***E*** als "Chef" angegeben.

Aufgrund der laufenden Amtshandlungen in den Lokalen konnte ein kontinuierlicher Betreiberwechsel festgestellt werden, der auch immer mit einer Ummeldung des bestehenden Personals auf die nächste Firma einherging. Es war dem Finanzamt möglich "Keyplayer" der Organisation (Personalbetreuer, lnkassopersonal, etc.) festzustellen, die ebenfalls stets auf die einschlägig bekannten Firmen umgemeldet wurden.

Alles in allem konnte so eine Kontinuität festgestellt werden, die auf ein Gesamtkonzept schließen lasse. Es liegt daher der Verdacht nahe, dass Firmenwechsel nur zu dem Zweck passierten, dass Amtshandlungen gegen die Lokale erschwert werden. (z.B. ist für eine glücksspielrechtliche Betriebsschließung erforderlich, eine Firma vor der Schließung zur Einstellung des Spielbetriebs aufzufordern, erst beim nächsten Betreten kann eine Schließung verfügt werden. Wird die Betreiberfirma eines Standorts nach der Aufforderung ausgetauscht, ist bei der nächsten Amtshandlung eine Schließung nicht möglich.)

Der Austausch von Firmen wurde offenbar auch deshalb vorgenommen, um Exekutionsmaßnahmen zu verhindern. Im Zuge einer Amtshandlung in Linz erfolgte die Anmeldung der anwesenden Kellnerin während (!) der laufenden Amtshandlung, offenbar um die Vollstreckung offener Abgabenforderungen zu verhindern.

Zu erwähnen ist, dass Amtshandlungen in den gegenständlichen Lokalen regelmäßig erschwert werden, der Zutritt zu den Kontrollorten ist meist nur unter Ausübung verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt möglich. Einsicht in Grundaufzeichnungen und Gerätebuchhaltungen werden nicht gewährt.

Seit dem Jahr 2016 konnten Expansionstendenzen in den Bundesländern Wien und Steiermark bemerkt werden, da bei Kontrollen plötzlich Betreiberfirmen und Schlüsselpersonen des "oberösterreichischen Netzwerks" aufgetreten sind. Diese beobachtete Expansion war anhand der gelegten Glücksspielabgabenerklärungen nicht erkennbar.

Plausibilitätsprüfung der erklärten Abgaben:

Das FAGVG versucht regelmäßig gelegte Abgabenerklärungen auf Plausibilität zu überprüfen.

Dazu wird versucht, Erkenntnisse aus Glücksspielkontrollen der Finanzpolizei zu verwenden und entsprechend auszuwerten, wie viele Geräte von einer Firma laufend betrieben werden und die bekannten Gerätezahlen den gemeldeten Abgaben gegenüberzustellen, um dann in weiterer Folge berechnen zu können, welches durchschnittliche tägliche Einspielergebnis ein Gerät aufweisen müsste. um zur gemeldeten Abgabe zu kommen.

Diese Tageseinspielergebnisse (auf Basis der gemeldeten Abgaben) werden dann mit den Tageseinspielergebnissen verglichen, die dem Finanzamt aufgrund von vorgefunden Unterlagen oder ausgewerteten Gerätebuchhaltungen ermittelt wurden.

Der Verdacht betrifft neben der Fa. ***Bf1*** noch 13 andere namentlich genannte Firmen.

Ein Verdacht - der mehr ist als eine bloße Vermutung - besteht, wenn hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme der Wahrscheinlichkeit des Vorliegens von bestimmten Umständen rechtfertigen. Es ist die Kenntnis von Tatsachen, aus denen nach der Lebenserfahrung auf ein Finanzvergehen geschlossen werden kann ().

Aufgrund der dargestellten Anhaltspunkte besteht zweifelsfrei der dringende Verdacht, dass unter anderem die Fa. ***Bf1*** von namentlich bisher nicht bekannten Machthabern dazu verwendet wurde, eine Abgabenhinterziehung an Glücksspielabgabe in noch festzustellenden Zeiträumen und in noch festzustellender Höhe zu begehen. Die beim Bilanzbuchhalter ***BBH*** beschlagnahmten Unterlagen haben daher nach der Verdachtslage zur Begehung eines Finanzvergehens gedient bzw. rühren aus einem solchen her und kommen somit als Beweismittel in Betracht. Unterlagen iSd. § 89 Abs. 4 FinStrG, die nur zur Information des berufsmäßigen Parteienvertreters hergestellt worden sind, wurden im Zuge der Sichtung durch den Vorsitzenden des Spruchsenates nicht festgestellt und von der Beschwerdeführerin auch nicht behauptet.

Wenn die Bf. einwendet, es sei nicht dargestellt worden, an welchen Standorten die Beschwerdeführerin vermeintlich Lokale betrieben haben solle und zu welchen Zeitpunkten dies erfolgt sei, noch um wie viele Geräte von dieser vermeintlich betrieben worden seien, so kann dies der Beschwerde nicht zum Erfolg verhelfen. Wie bereits ausgeführt, bestehen ausreichende Anhaltspunkte dafür, dass neben einer Mehrzahl von anderen Firmen u.a. die Firma ***Bf1*** von namentlich nicht bekannten Machthabern dazu verwendet wurde, an verschiedenen Standorten Glückspielabgabe zu hinterziehen. Keinesfalls ist es erforderlich, dass bei einem derartigen - wie oben geschilderten Verschleierungskonstrukt - die Verdachtslage soweit verdichtet ist, dass der Bf. bestimmte Standorte, Zeiträume und Glückspielapparate zugeordnet werden können. Genau dies wird Gegenstand der künftigen Ermittlungen und der Auswertung der im Rahmen der gegenständlichen Beschlagnahme gewonnen Beweismittel sein. Würde man die Anforderung an eine Verdachtslage so eng sehen, wie die Bf. dies vorbringt, dann müsste bereits bei Durchführung der Beschlagnahme das Finanzvergehen nahezu erwiesen sein und könnten derartige von der Finanzstrafbehörde dargestellte in Verdacht stehende Verschleierungskonstrukte, die von vornherein darauf ausgerichtet sind, die Abgabepflicht zu umgehen und derartige Informationen der Behörde vorzuenthalten, wohl nie aufgedeckt werden. Eine derartige Anforderung an eine Verdachtslage würde den in einer Beschlagnahme gelegenen Gesetzeszweck der Sicherung und Gewinnung von Beweismitteln völlig zuwiderlaufen.

Mit dem angefochtenen Bescheid des Vorsitzenden des Spruchsenates vom wurde daher zu Recht festgestellt, dass die bei der Fa. ***Bf1*** beschlagnahmten sechzehn Ordner mit Buchhaltungs-und Lohnverrechnungsunterlagen rechtmäßig mit Bescheid des Finanzamtes für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel vom beschlagnahmt wurden.

Löschung im Firmenbuch:

Die Löschung gemäß § 40 Abs. 1 FBG sowie die im Firmenbuch gemäß § 39 Abs. 2 FBG einzutragende Auflösung gelten zwar nur als deklarativ (Abschnitt 1.2.2.1) und führen grundsätzlich nicht zur Vollbeendigung der Gesellschaft (vgl. dazu auch , wonach es sich um Gläubigerschutzgesetze iSd § 1311 ABGB handelt). Die Gesellschaft besteht solange fort, als noch Aktivvermögen vorhanden ist. Jedoch ist mit der nur deklarativ wirkenden Löschung der Gesellschaft im Firmenbuch nach der Rechtsprechung konstitutiv auch der Wegfall der organschaftlichen Vertretung der Gesellschaft verbunden (; ; ; ), sodass in diesem Fall an eine im Firmenbuch gelöschte juristische Person mangels Handlungsfähigkeit keine Bescheide mehr wirksam erlassen werden könnten. Fehlt es an einem Aktivvermögen, endet auch die Rechtspersönlichkeit der GmbH mit der amtswegigen Löschung wegen Vermögenslosigkeit (). Eine Zustellung etwa an den früheren Geschäftsführer wäre unwirksam (vgl. ; ; siehe dazu auch ; ).

Aus dem Firmenbuch ist ersichtlich, dass die ***Bf1*** mit Eintragung amtwegig gemäß § 40 FBG gelöscht wurde.

Die Löschung einer GmbH im Firmenbuch bewirkt grundsätzlich den Verlust der Rechtsfähigkeit (Parteifähigkeit) der Gesellschaft, sofern nicht hervorkommt, dass noch Vermögen zu verteilen ist. Nach der Judikatur des OGH ist bis zum Beweis des Gegenteils anzunehmen, dass eine im Firmenbuch gelöschte Kapitalgesellschaft vermögenslos und damit nicht (mehr) parteifähig ist ().

Im konkreten Fall kommt eine wirksame Zustellung der Entscheidung entsprechend der Rechtsprechung des VwGH ( VwGH 2014/13/0035) nicht in Betracht, da im gegenständlichen Fall für Finanzstrafagenden laut Aktenlage kein Abwicklungsbedarf besteht.

Das Beschwerdeverfahren war daher einzustellen.

Eine Entscheidung kann im gegenständlichen Verfahren auf Grund der vorstehenden Ausführungen nicht mehr zugestellt werden. Der Beschluss ergeht mangels Zustellungsmöglichkeit an die Beschwerdeführerin nur an die Amtspartei ().

Zur Unzulässigkeit der Revision

Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine Revision nicht zulässig, da das Erkenntnis nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Eine ungelöste Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung, die in der Judikatur der Höchstgerichte nicht eindeutig entschieden wäre, liegt nicht vor.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
Schlagworte
Kein Abwicklungsbedarf
Löschung
Firmenbuch
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2022:RV.7300045.2020

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at