Begräbniskosten als außergewöhnliche Belastung nur für die über die Nachlassaktiva hinausgehenden Aufwendungen
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin***1*** in der Beschwerdesache ***2***, ***3***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Einkommensteuer 2016 zu Recht erkannt:
I.
Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben.
Die Bemessungsgrundlage und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind dem dem Ende der Entscheidungsgründe als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.
II.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) unzulässig.
Entscheidungsgründe
I. Verfahrensgang
***4*** ist am xx.xx.2021 verstorben. Mit Einantwortungsbeschluss des BG ***5*** vom wurde die Verlassenschaft ihrem Sohn ***6*** eingeantwortet.
Mit Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung für das Jahr 2016 vom wurden außergewöhnliche Belastungen in Form von Begräbniskosten in Höhe von 6.157,52 € geltend gemacht.
Mit Ergänzungsvorhalt vom wurden Fragen an den Erben nach ***4*** in Bezug auf die Verlassenschaft nach ***7*** gestellt.
Mit Antwortschreiben vom 27. und wurde unter anderem wie folgt geantwortet:
Es hätte keine Liegenschaftsübergabe gegeben.
Eine Aufstellung würde Begräbniskosten in Höhe von 6.157,52 € im Jahr 2016 (Begräbnis des verstorbenen Ehegatten ***7***) ergeben.
Aus dem Beschluss des BG ***5*** Wien vom ergeben sich Nachlassaktiva in Höhe von 3.634,19 €, Nachlasspassiva in Höhe von 11.495,29 € und Verfahrenskosten in Höhe von 180,00 €.
Die Nachlassaktiva wurden der erblichen Witwe ***4*** gemäß § 154 AußStrG an Zahlung statt überlassen.
Mit Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2016 vom wurden 2.523,34 € außergewöhnliche Belastungen aus Begräbniskosten anerkannt und wie folgt begründet:
Von den Begräbniskosten seien 3.634,19 € nicht berücksichtigt worden. Dieser Betrag sei aus dem Nachlassvermögen (Aktiva) zu tragen.
Mit Schreiben vom wurde Beschwerde gegen diesen Bescheid eingereicht wie folgt:
Die Minderung der Begräbniskosten (***7***) sei nicht zulässig. Die Verlassenschaft ***7*** 2016 wäre überschuldet gewesen - es gebe keine Nachlassaktiva zum Gegenrechnen.
Der Nachlass ***4*** stehe in keinem Zusammenhang zu den Begräbniskosten aus 2016.
Es werde die vollumfängliche Berücksichtigung der belegten Kosten beantragt.
Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen und wie folgt begründet:
Stehe eine Belastung im wirtschaftlichen Zusammenhang mit einem Erwerb von Todes wegen und würden die Begräbniskosten im Wert der übernommenen Vermögenssubstanz ihre Deckung finden, könne von einer Beeinträchtigung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit nicht gesprochen werden (). Begräbniskosten einschließlich der Grabmalkosten würden daher insoweit keine außergewöhnliche Belastung darstellen, als sie aus dem zu Verkehrswerten angesetzten Nachlassvermögen gedeckt werden könnten ().
Eine Berücksichtigung als außergewöhnliche Belastung komme bei einer Deckung durch vorhandene Nachlassaktiva bereits dem Grunde nach mangels Zwangsläufigkeit nicht in Betracht, weil diese Begräbniskosten gemäß § 549 ABGB vorrangig aus vorhandenen, verwertbaren Aktiva des Nachlasses zu decken seien.
Mit Schreiben vom wurde der Antrag auf Vorlage der Beschwerde zur Entscheidung an das Bundesfinanzgericht gestellt und folgendermaßen ausgeführt:
Die Minderung der Begräbniskosten sei nicht zulässig. Die Verlassenschaft ***7*** 2016 sei überschuldet gewesen, es gebe keine Nachlassaktiva zum Gegenrechnen.
Der Nachlass ***4*** aus 2021 stehe in keinem Zusammenhang zu Begräbniskosten aus 2016 und dürfe nicht zur Begräbniskostenminderung 2016 verrechnet werden. Die Perioden seien getrennt zu betrachten.
Des Weiteren sie festzuhalten:
Von den Begräbniskosten 2016 seien 3.634,19 € nicht berücksichtigt worden - wegen Nachlass ***4*** aus 2021. Diese Aktiva würden zum Großteil - 2.800,00 € - aus einer durch das Finanzamt angekündigten Einkommensteuerrückzahlung 2016 bestehen. Diese nicht bezahlte Rückzahlung werde zur Begräbniskostenminderung einberechnet.
Mit Vorlagebericht vom wurde die gegenständliche Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorgelegt und ausgeführt:
Sachverhalt:
***7*** sei am xx.xx.2016 verstorben. Mit Beschluss des BG ***5*** vom seien die Aktiva der überschuldeten Verlassenschaft nach ***7*** iHv 3.634,19 € der Witwe ***4*** gegen Bezahlung der Begräbniskosten iHv 4.294,00 € an Zahlung statt überlassen worden. ***4*** sei am verstorben. Mit Beschluss der BG ***5*** vom sie die Verlassenschaft nach ***4*** zur Gänze ihrem Sohn, ***6***, eingeantwortet worden. Dieser hätte am eine Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung für 2016 für ***4*** eingereicht und darin Begräbniskosten iHv 6.157,52 € als außergewöhnliche Belastung erklärt. Im Einkommensteuerbescheid 2016 vom seien lediglich 2.523,33 € (6.157,52 € abzüglich 3.634,19 €) als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt, da die vorhandenen Aktiva der Verlassenschaft nach ***7*** abgezogen worden wären.
Beweismittel:
Beschlüsse des BG ***5*** vom und vom , Rechnungen bzgl. Begräbnis
Stellungnahme:
Entgegen dem Vorbringen im Vorlageantrag, dass von den Begräbniskosten 3.634,19 € "wegen Nachlass ***4*** aus 2021 nicht berücksichtigt" worden sein würden, stammten die nicht berücksichtigten 3.634,19 € aus dem Nachlass ***7***. Nachdem die Aktiva der erbl. Witwe ***4*** gegen Bezahlung der Begräbniskosten an Zahlung statt überlassen worden wären, seien diese zu Recht von den außergewöhnlichen Belastungen abgezogen worden, da Begräbniskosten zu den bevorrechteten Nachlassverbindlichkeiten (§ 549 ABGB) zählen würden und somit vorrangig aus vorhandenen Aktiva zu begleichen seien, Begräbniskosten seien daher insoweit keine außergewöhnliche Belastung, als sie aus dem Nachlassvermögen gedeckt werden könnten ().
Es werde beantragt, die Beschwerde abzuweisen.
II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
1. Sachverhalt
Strittig ist die Berücksichtigung von außergewöhnlichen Belastungen in Form von Begräbniskosten (der Ehegatte von ***4*** ist am xx.xx.2016 verstorben) in Höhe von 6.157,52 €.
Aus dem Beschluss des BG ***5*** Wien vom ergeben sich Nachlassaktiva in Höhe von 3.634,19 €, Nachlasspassiva in Höhe von 11.495,29 € und Verfahrenskosten in Höhe von 180,00 €.
Die Nachlassaktiva wurden der erblichen Witwe ***4*** gemäß § 154 AußStrG an Zahlung statt überlassen.
2. Beweiswürdigung
Der Sachverhalt ergibt sich aus den eingereichten Belegen für Begräbniskosten und dem oben zitierten Beschluss des BG ***5***.
3. Rechtliche Beurteilung
Außergewöhnliche Belastung
§ 34 EStG 1988 räumt dem unbeschränkt Steuerpflichtigen einen Rechtsanspruch auf Abzug außergewöhnlicher Belastungen bei der Ermittlung des Einkommens ein, wenn folgende im Gesetz aufgezählte Voraussetzungen gleichzeitig erfüllt sind:
1. Die Aufwendungen müssen außergewöhnlich sein (Abs. 2).
2. Sie müssen zwangsläufig sein (Abs. 3).
3. Sie müssen die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen wesentlich beeinträchtigen (Abs. 4).
Gemäß § 34 Abs. 3 EStG 1988 erwächst die Belastung dem Steuerpflichtigen zwangsläufig, wenn er sich ihr aus tatsächlichen, rechtlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann.
Gemäß § 549 ABGB gehören die dem Gebrauche des Ortes, dem Stande und dem Vermögen des Verstorbenen angemessenen Begräbniskosten zu den auf der Erbschaft haftenden Lasten. Sie sind sohin vorrangig aus den Aktiva des Nachlasses zu tragen.
Es fehlt an der Zwangsläufigkeit, soweit die Begräbniskosten in den Nachlassaktiva - abzüglich der Verfahrenskosten - Deckung finden (; ).
Es ergeben sich die außergewöhnlichen Belastungen wie folgt:
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Begräbniskosten | 6.157,52 € |
minus Nachlassaktiva | -3.634,19 € |
plus Verfahrenskosten | 180,00 € |
2.703,33 € |
Der Beschwerde war daher teilweise Folge zu geben.
Zulässigkeit einer Revision
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Dass es bei Begräbniskosten, die in den Nachlassaktiva Deckung finden, an einer Zwangsläufigkeit iSd § 34 EStG 1988 fehlt, ergibt sich aus der ständigen Judikatur des VwGH und des UFS bzw. BFG.
Linz, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 34 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 34 Abs. 3 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 549 ABGB, Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch, JGS Nr. 946/1811 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2023:RV.7103718.2022 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at