Antrag auf aufschiebende Wirkung- keine Konkretisierung der wirtschaftlichen Verhältnisse
Entscheidungstext
Beschluss
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Mag. Diana Sammer in der Revisionssache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Dr. Matthias Klissenbauer Dr. Erich Jungwirth Mag. Andreas Krautschneider, Rechtsanwälte, Trautsongasse 6, 1080 Wien, über den Antrag der Revisionswerberin vom , der gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes vom , GZ RV/7100926/2022, betreffend Haftung für Lohnsteuer sowie Festsetzung von Dienstgeberbeitrag, jeweils für die Jahre 2007 bis 2009, erhobenen außerordentlichen Revision die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, beschlossen:
Gemäß § 30 Abs. 2 VwGG wird dem Antrag nicht stattgegeben.
Gegen diesen Beschluss ist gemäß § 30a Abs. 3 VwGG eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof (§ 25a Abs. 2 Z 1 VwGG) oder eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof (§ 88a Abs. 2 VfGG) nicht zulässig.
Begründung
Mit Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes vom , RV/7100926/2022 wurde die Bescheidbeschwerde der Revisionswerberin vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Österreich (vormals Finanzamt Gänserndorf Mistelbach) vom betreffend Haftung für Lohnsteuer sowie Festsetzung von Dienstgeberbeitrag, jeweils für die Jahre 2007 bis 2009, abgewiesen.
Mit der außerordentlichen Revision vom beantragte die Revisionswerberin der Revision die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
In der Begründung wurde vorgebracht, dass nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zwingende öffentliche Interessen der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung nur dann entgegen stünden, wenn es sich dabei um besonders qualifizierte öffentliche Interessen handle, die eine sofortige Umsetzung des Bescheides in die Wirklichkeit zwingend gebieten würden. Dies sei im vorliegenden Fall nicht gegeben.
Der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung stünden keine öffentlichen Interessen entgegen, "da der Beschwerdeführer über ausreichendes Vermögen verfügt. Im Falle der Abweisung der Revision könnte die Revisionswerberin die Abgabenschuld damit decken."
Nach § 30 Abs. 1 Satz 1 VwGG hat die Revision keine aufschiebende Wirkung.
Nach § 30 Abs. 2 VwGG hat bis zur Vorlage der Revision das Verwaltungsgericht, ab Vorlage der Revision der Verwaltungsgerichtshof auf Antrag des Revisionswerbers die aufschiebende Wirkung mit Beschluss zuzuerkennen, wenn dem nicht zwingende öffentliche Interessen entgegenstehen und nach Abwägung der berührten öffentlichen Interessen und Interessen anderer Parteien mit dem Vollzug des angefochtenen Erkenntnisses oder mit der Ausübung der durch das angefochtene Erkenntnis eingeräumten Berechtigung für den Revisionswerber ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden wäre.
Die (zeitlich befristete) Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtes zur Entscheidung über Anträge auf aufschiebende Wirkung besteht auch im außerordentlichen Revisionsverfahren (zB , mwN).
Die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung ist gemäß § 30 Abs. 2 VwGG davon abhängig, dass zwingende öffentliche Interessen dem begehrten Vollzugsaufschub nicht entgegenstehen und nach Abwägung aller berührter Interessen mit dem Vollzug des Bescheides oder der Ausübung der mit Bescheid eingeräumten Berechtigung durch einen Dritten für den Beschwerdeführer ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden wäre. Der Beschwerdeführer hat in seinem Antrag zu konkretisieren, worin für ihn der unverhältnismäßige Nachteil gelegen wäre (vgl. den hg. Beschluss eines verstärkten Senates vom , Slg. Nr. 10.381/A in ).
Die in § 30 Abs. 2 VwGG genannten Voraussetzungen müssen gemeinsam vorliegen.
Die Unverhältnismäßigkeit des Nachteils aus der Verpflichtung zu einer Geldleistung ist nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes schon im Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung durch zahlenmäßige Angaben über die gesamten wirtschaftlichen Verhältnisse des Antragstellers zu konkretisieren. Erst die ausreichende und zudem glaubhaft dargetane Konkretisierung ermöglicht die vom Gesetz gebotene Interessensabwägung (vgl. zB ).
Die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung kommt - nach dem vorstehend Gesagten - nur zur Abwendung eines unverhältnismäßigen Nachteils in Betracht. Ein Nachteil, der im Falle des Prozesserfolges vor dem VwGH ohne weiteres in Geld ausgeglichen werden kann, ist - vor dem Hintergrund der Grundsatzentscheidung des Gesetzgebers, die einstweilige Vollstreckung von Bescheiden während des Revisionsverfahrens zuzulassen - nicht unverhältnismäßig (vgl. ).
Von der Revisionswerberin wurde in diesem Zusammenhang (lediglich) vorgebracht, dass kein zwingendes öffentliches Interesse vorliege, da ausreichendes Vermögen zur Deckung der Abgabenschuld vorhanden sei.
Dem Vorbringen ist insbesondere nicht entnehmbar, dass eine - im Falle der Berechtigung der Revision bloß vorübergehende - Belastung der Revisionswerberin durch den Vollzug des Erkenntnisses nach der derzeitigen wirtschaftlichen Lage der Revisionswerberin mit einem unverhältnismäßigen Nachteil im Sinne des § 30 Abs 2 VwGG verbunden wäre (vgl zB mwN).
Nach der Judikatur ist selbst die Notwendigkeit, die Zahlung eines mit dem angefochtenen Bescheid vorgeschriebenen Geldbetrages über Kredite zu finanzieren, für sich allein kein hinreichender Grund für die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung (vgl zB ; ; ; ; ; , ).
Dazu kommt, dass nach Ansicht des VwGH (, AW 88/13/0004) eine vorläufige Bezahlung einer Steuerschuld gar kein unverhältnismäßiger wirtschaftlicher Nachteil sein kann, weil, im Falle der Aufhebung des Bescheides durch den VwGH, der bezahlte Betrag für den Beschwerdeführer nicht verloren ist.
Worin nun konkret der unverhältnismäßige Nachteil im Sinne des § 30 Abs. 2 VwGG für die Revisionswerberin liegt, wurde von ihr nicht dargetan.
Zudem fehlt es dem vorliegenden Antrag an konkreten Angaben zu den Einkommens- und Vermögensverhältnissen der Revisionswerberin. Ein allgemeiner Hinweis auf "ausreichendes Vermögen" erfüllt die Voraussetzungen nicht, um die vom Gesetz vorgesehene Interessensabwägung durchführen zu können.
Eine Verpflichtung des Verwaltungsgerichtes, der Revisionswerberin aufzutragen, den Antrag (genauer) zu begründen oder von Amts wegen Ermittlungen durchzuführen, besteht nicht.
Schon mangels einer Konkretisierung der wirtschaftlichen Verhältnisse der Revisionswerberin konnte dem Begehren auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung daher nicht stattgegeben werden.
Rechtsbelehrung und Hinweise
Gegen Beschlüsse gemäß § 30a Abs. 3 VwGG ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof (§ 25a Abs. 2 Z 1 VwGG) oder Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof (§ 88a Abs. 2 VfGG) nicht zulässig. Der Verwaltungsgerichtshof kann ab Vorlage der Revision Beschlüsse gemäß § 30 Abs. 2 VwGG von Amts wegen oder auf Antrag einer Partei aufheben oder abändern, wenn er die Voraussetzungen der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung anders beurteilt oder wenn sich die Voraussetzungen, die für die Entscheidung über die aufschiebende Wirkung der Revision maßgebend waren, wesentlich geändert haben.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 30 Abs. 1 Satz 1 VwGG, Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985, BGBl. Nr. 10/1985 § 30 Abs. 2 VwGG, Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985, BGBl. Nr. 10/1985 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2023:AW.7100024.2022 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at