Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 10.01.2023, RV/7500565/2022

Parkometerabgabe: Lenkerauskunft erst im Zuge der Beschwerde gegen die Vollstreckungsverfügungen erteilt

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter R. über die Beschwerde des ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vom gegen die Vollstreckungsverfügungen des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 6, vom , GZlen. MA67/1/2022, MA67/2/2022 und MA67/3/2022, in Zusammenhang mit Verwaltungsübertretungen gemäß § 2 in Verbindung mit § 4 Abs. 2 Wiener Parkometergesetz 2006, zu Recht erkannt:

Gemäß § 50 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.Die angefochtenen Vollstreckungsverfügungen werden bestätigt.

Eine Revision durch die beschwerdeführende Partei wegen Verletzung in Rechten nach Art. 133 Abs. 6 Z 1 B-VG ist gemäß § 25a Abs. 4 VwGG kraft Gesetzes nicht zulässig.

Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine ordentliche Revision durch die belangte Behörde nach Art. 133 Abs. 6 Z 2 B-VG nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Der Bf. war zu den Beanstandungstagen durch Kontrollorgane der Parkraumüberwachung (4. und ) Zulassungsbesitzer des mehrspurigen Kraftfahrzeuges mit dem behördlichen Kennzeichen Vienna.

Das Fahrzeug (Taxi) wurde

am um 09:57 Uhr in ***WienXY1***,
am um 14:40 Uhr in ***WienXY2***, und
am um 18:27 Uhr in ***WienXY3***,

beanstandet, da es zu diesen Zeitpunkten ohne gültigen Parkschein abgestellt war.

Mit Schreiben vom , GZ. MA67/***3***/2022, vom , GZ. MA67/***1***/2022, und vom , GZ. MA67/***2***/2022, wurde der Bf. unter Anführung der erforderlichen Daten gemäß § 2 Wiener Parkometergesetz 2006 jeweils zur Lenkerauskunft binnen zwei Wochen ab Zustellung der entsprechenden Schreiben aufgefordert.

Diese dem Bf. durch Hinterlegung zugestellten Auskunftsersuchen wurden nicht behoben und keine Lenkerauskünfte erteilt.

In der Folge lastete die Magistratsabteilung 67 dem Bf. als Zulassungsbesitzer des in Rede stehenden Kraftfahrzeuges

mit Strafverfügung vom , GZ. MA67/3/2022,
mit Strafverfügung vom , GZ. MA67/1/2022, und
mit Strafverfügung vom , GZ. MA67/2/2022, an,

den ordnungsgemäß zugestellten Verlangen der Magistratsabteilung 67 betreffend Lenkerauskünfte nicht entsprochen zu haben.

Wegen Verletzungen der Rechtsvorschriften des § 2 iVm § 4 Abs. 2 Wiener Parkometergesetz 2006 wurden über den Bf. jeweils Geldstrafen von € 60,00 und für den Fall der Uneinbringlichkeit jeweils Ersatzfreiheitsstrafen von 14 Stunden verhängt.

Diese Strafverfügungen wurden dem Bf. durch Hinterlegung am zugestellt und von diesem nicht behoben.

Die mit den Strafverfügungen verhängten Geldstrafen von je 60,00 € wurden binnen der Zahlungsfrist nicht entrichtet.

In weiterer Folge wurde der Bf. von der Magistratsabteilung 6 - BA 32 mit drei getrennten Schreiben vom (Mahnungen) an die noch offenen Geldstrafen erinnert, gemäß § 54b Abs. 1a VStG Mahngebühren von je 5,00 € vorgeschrieben und der Bf. zur unverzüglichen Einzahlung des jeweiligen Gesamtbetrages noch einmal aufgefordert.

Nach Ablauf der Frist verfügte die Magistratsabteilung 6 - BA 32 mit drei getrennten Vollstreckungsverfügungen, sämtliche vom , gemäß §§ 3 und 10 Verwaltungsvollstreckungsgesetz 1991 die Zwangsvollstreckung.

Mit E-Mail vom übermittelte der Bf. die an ihn ergangenen drei Mahnungen und ersuchte die Magistratsabteilung 6 um Bekanntgabe, wann und wo diese Strafen getätigt worden seien und um welche Kennzeichen es sich handle.

Mit E-Mail vom teilte die Magistratsabteilung 6 dem Bf. mit, dass alle drei Strafen wegen Nichterteilung der Lenkerauskunft ausgestellt worden seien.

Mit E-Mail vom übermittelte der Bf. der Behörde erneut die drei Bezug habenden Mahnungen und weiters einen Auszug aus dem Zentralen Melderegister vom mit der Anmerkung, die Strafen gehörten alle zu dem Fahrer, der im Meldezettel stehe.

Die Magistratsabteilung 67 wertete das E-Mail des Bf. vom als Beschwerde gegen die Vollstreckungsverfügungen und legte dieses samt den dazugehörigen Verwaltungsstrafakten dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor (Datum des Einlangens: ).

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Rechtsgrundlagen und rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 10 Abs. 1 VVG idF ab sind auf das Vollstreckungsverfahren, soweit sich aus diesem Bundesgesetz nicht anderes ergibt, der I. Teil, hinsichtlich der Rechtsmittelbelehrung die §§ 58 Abs. 1 und 61 und der 2. und 3. Abschnitt des IV. Teiles des AVG sinngemäß anzuwenden.

Gemäß § 10 Abs. 2 VVG idF ab hat die Beschwerde beim Verwaltungsgericht gegen die Vollstreckungsverfügung keine aufschiebende Wirkung.

§ 54b Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG) idF ab bestimmt über die Vollstreckung von Geldstrafen wie folgt:

(1) Rechtskräftig verhängte Geldstrafen oder sonstige in Geld bemessene Unrechtsfolgen sind binnen zwei Wochen nach Eintritt der Rechtskraft zu bezahlen. Erfolgt binnen dieser Frist keine Zahlung, kann sie unter Setzung einer angemessenen Frist von höchstens zwei Wochen eingemahnt werden. Nach Ablauf dieser Frist ist die Unrechtsfolge zu vollstrecken. Ist mit Grund anzunehmen, dass der Bestrafte zur Zahlung nicht bereit ist oder die Unrechtsfolge uneinbringlich ist, hat keine Mahnung zu erfolgen und ist sofort zu vollstrecken oder nach Abs. 2 vorzugehen.

(1a) Im Fall einer Mahnung gemäß Abs. 1 ist ein pauschalierter Kostenbeitrag in der Höhe von fünf Euro zu entrichten. Der Kostenbeitrag fließt der Gebietskörperschaft zu, die den Aufwand der Behörde zu tragen hat.

(1b) Als Grundlage für die Einbringung der vollstreckbar gewordenen Mahngebühr ist ein Rückstandsausweis auszufertigen, der den Namen und die Anschrift des Bestraften, den pauschalierten Kostenbeitrag und den Vermerk zu enthalten hat, dass der Kostenbeitrag vollstreckbar geworden ist. Der Rückstandsausweis ist Exekutionstitel im Sinne des § 1 der Exekutionsordnung, RGBl. Nr. 79/1896.

(2) Soweit eine Geldstrafe uneinbringlich ist oder dies mit Grund anzunehmen ist, ist die dem ausstehenden Betrag entsprechende Ersatzfreiheitsstrafe zu vollziehen. Der Vollzug der Ersatzfreiheitsstrafe hat zu unterbleiben, soweit die ausstehende Geldstrafe erlegt wird. Darauf ist in der Aufforderung zum Strafantritt hinzuweisen.

(3) Einem Bestraften, dem aus wirtschaftlichen Gründen die unverzügliche Zahlung nicht zuzumuten ist, hat die Behörde auf Antrag einen angemessenen Aufschub oder Teilzahlung zu bewilligen, wodurch die Strafvollstreckung aufgeschoben wird. Die Entrichtung der Geldstrafe in Teilbeträgen darf nur mit der Maßgabe gestattet werden, dass alle noch aushaftenden Teilbeträge sofort fällig werden, wenn der Bestrafte mit mindestens zwei Ratenzahlungen in Verzug ist.

§ 1a Verwaltungsvollstreckungsgesetz 1991 (VVG) idF ab normiert:

(1) Die Vollstreckung von Verpflichtungen, deren Erfüllung im öffentlichen Interesse gelegen ist, ist von der Vollstreckungsbehörde

1. wenn ein von ihr selbst erlassener Bescheid zu vollstrecken ist, von Amts wegen,

2. wenn ein sonstiger Vollstreckungstitel zu vollstrecken ist, auf Ersuchen der Stelle, von der er ausgegangen ist,

einzuleiten.

(2) Die Vollstreckung von Verpflichtungen, auf deren Erfüllung ein Anspruch besteht, ist auf Antrag des Berechtigten (betreibender Gläubiger) einzuleiten.

(3) Die Vollstreckung ist von Amts wegen durchzuführen.

§ 3 VVG idF ab lautet:

Eintreibung von Geldleistungen

(1) Die Verpflichtung zu einer Geldleistung ist in der Weise zu vollstrecken, daß die Vollstreckungsbehörde durch das zuständige Gericht nach den für das gerichtliche Exekutionsverfahren geltenden Vorschriften die Eintreibung veranlaßt. In diesem Fall schreitet die Vollstreckungsbehörde namens des Berechtigten als betreibenden Gläubigers ein. Die Vollstreckungsbehörde kann die Eintreibung unter sinngemäßer Anwendung der Vorschriften über die Einbringung und Sicherung der öffentlichen Abgaben selbst vornehmen, wenn dies im Interesse der Raschheit und der Kostenersparnis gelegen ist.

(2) Der Vollstreckungstitel muss mit einer Bestätigung der Stelle, von der er ausgegangen ist, oder der Vollstreckungsbehörde versehen sein, dass er einem die Vollstreckbarkeit hemmenden Rechtszug nicht mehr unterliegt (Vollstreckbarkeitsbestätigung). Einwendungen gegen den Anspruch im Sinne des § 35 der Exekutionsordnung - EO, RGBl. Nr. 79/1896, sind bei der Stelle zu erheben, von der der Vollstreckungstitel ausgegangen ist.

(3) Natürliche Personen, juristische Personen des Privatrechts sowie der Bund, die Länder und die Gemeinden können die Eintreibung einer Geldleistung unmittelbar beim zuständigen Gericht beantragen. Andere juristische Personen des öffentlichen Rechts können dies nur, soweit ihnen zur Eintreibung einer Geldleistung die Einbringung im Verwaltungsweg (politische Exekution) gewährt ist.

§ 35 Exekutionsordnung (EO) idgF ab normiert:

(1) Gegen den Anspruch, zu dessen Gunsten Execution bewilligt wurde, können im Zuge des Executionsverfahrens nur insofern Einwendungen erhoben werden, als diese auf den Anspruch aufhebenden oder hemmenden Thatsachen beruhen, die erst nach Entstehung des diesem Verfahren zugrundeliegenden Executionstitels eingetreten sind.

Falls jedoch dieser Executionstitel in einer gerichtlichen Entscheidung besteht, ist der Zeitpunkt maßgebend, bis zu welchem der Verpflichtete von den bezüglichen Thatsachen im vorausgegangenen gerichtlichen Verfahren wirksam Gebrauch machen konnte.

(2) Diese Einwendungen sind, unbeschadet eines allfälligen Rekurses gegen die Exekutionsbewilligung, im Wege der Klage bei dem Gericht geltend zu machen, das die Execution in erster Instanz bewilligt hat. ... Einwendungen gegen einen Anspruch, der sich auf einen der im § 1 Z 10 und 12 bis 14 angeführten Executionstitel stützt, sind bei jener Behörde anzubringen, von welcher der Executionstitel ausgegangen ist.

(3) Alle Einwendungen, die die verpflichtete Partei zur Zeit der Geltendmachung bei Gericht oder zur Zeit des Einschreitens bei einer der in Abs. 2 bezeichneten Behörden vorzubringen imstande war, müssen bei sonstigem Ausschluss gleichzeitig geltend gemacht werden....

(4) Wenn den Einwendungen rechtskräftig stattgegeben wird, ist die Execution einzustellen.

Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist die Erlassung einer Vollstreckungsverfügung unter den nachstehend angeführten Voraussetzungen rechtmäßig:

• Der Vollstreckungsverfügung muss ein entsprechender zu vollstreckender Bescheid (Titelbescheid) zu Grunde liegen (vgl. zB , ).

• Der Bescheid muss gegenüber dem Verpflichteten wirksam ergangen sein (vgl. zB , ).

• Der Verpflichtete ist seiner Verpflichtung innerhalb der festgesetzten Frist und bis zur Einleitung des Vollstreckungsverfahrens nicht nachgekommen (vgl. zB , ).

• Die Leistung im Titelbescheid muss mit dem zu vollstreckenden Bescheid übereinstimmen (). Verweist die Vollstreckungsverfügung auf den Titelbescheid, so ist sie eindeutig. Einer weiteren Konkretisierung bedarf es nicht, wenn der Titelbescheid so bestimmt ist, dass sein Spruch Titel einer Vollstreckungsverfügung sein kann (vgl. zB ).

Die Vollstreckungsbehörde hat nur zu prüfen, ob ein exekutierbarer Titel vorliegt und die Vollstreckung zulässig ist (, ).

Aus dem Verwaltungsstrafakt ergibt sich folgender Sachverhalt:

Die gegenständlichen Strafverfügungen vom , GZ. MA67/3/2022, GZ. MA67/1/2022 und GZ. MA67/2/2022, wurden dem Bf. am durch Hinterlegung zugestellt.

Die gegenständlichen Strafverfügungen wurden nicht behoben und erwuchsen in Rechtskraft.

Nachdem vom Bf. auch kein Zustellmangel betreffend die Zustellung der Strafverfügungen geltend gemacht wurde, ist von einer rechtswirksamen Zustellung derselben am auszugehen.

Den angefochtenen Vollstreckungsverfügungen vom liegen damit zu vollstreckende Bescheide zu Grunde.

Die im jeweiligen Titelbescheid (in der jeweiligen Strafverfügung) angeführte Leistung stimmt mit dem jeweils zu vollstreckenden Bescheid überein.

Die mit den rechtswirksam zugestellten Strafverfügungen auferlegten Geldstrafen von jeweils 60,00 € wurden bis zur Erlassung der Vollstreckungsverfügungen () und bis zur Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht () nicht entrichtet.

Es sind somit sämtliche Voraussetzungen für die Vollstreckungen gegeben.

Die angefochtenen Vollstreckungsverfügungen erweisen sich daher als zulässig.

Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes bilden Umstände, über die im Titelbescheid bereits rechtskräftig abgesprochen wurde und die (bei unverändert gebliebenem Sachverhalt) im Vollstreckungsverfahren vom Verpflichteten wegen der Rechtskraftwirkung des Titelbescheides nicht mehr aufgerollt werden können, keinen Beschwerdegrund (vgl. zB , ).

Zum Vorbringen des Bf., die Strafen gehörten alle zu dem Fahrer, der im Meldezettel stehe, wird informativ mitgeteilt, dass der Bf. nicht dafür bestraft wurde, weil das Fahrzeug ohne gültigen Parkschein abgestellt war, sondern weil er binnen der zweiwöchigen Frist des § 2 Abs. 2 Wiener Parkometergesetz 2006 keine Lenkerauskünfte erteilt hat.

Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 44 Abs. 3 VwGVG abgesehen werden.

Die Beschwerde war daher abzuweisen.

Zur Unzulässigkeit der Revision:

Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine Revision nicht zulässig, da das Erkenntnis nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung nicht fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht uneinheitlich beantwortet wird.

Mit dem vorliegenden Erkenntnis weicht das Bundesfinanzgericht nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, sondern folgt der in den oben angeführten Erkenntnissen zum Ausdruck gebrachten Judikaturlinie.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Verwaltungsstrafsachen Wien
betroffene Normen
§ 35 EO, Exekutionsordnung, RGBl. Nr. 79/1896
AVG, Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl. Nr. 51/1991
§ 10 Abs. 1 VVG, Verwaltungsvollstreckungsgesetz 1991, BGBl. Nr. 53/1991
§ 10 Abs. 2 VVG, Verwaltungsvollstreckungsgesetz 1991, BGBl. Nr. 53/1991
§ 54b VStG, Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr. 52/1991
§ 1a VVG, Verwaltungsvollstreckungsgesetz 1991, BGBl. Nr. 53/1991
§ 3 VVG, Verwaltungsvollstreckungsgesetz 1991, BGBl. Nr. 53/1991
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2023:RV.7500565.2022

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at