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Bescheidbeschwerde – Einzel – Beschluss, BFG vom 03.02.2023, RV/7102169/2022

Einbringung eines formlosen Gruppenantrages über Finanz-Online

Rechtssätze


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Stammrechtssätze
RV/7102169/2022-RS1
Wird ein Gruppenantrag auf einem für ihn nicht zugelassenen Weg der Abgabenbehörde zugeleitet, so gilt er als nicht eingebracht und kann daher weder Entscheidungspflicht auslösen, noch berechtigt er die Abgabenbehörde, eine Entscheidung zu treffen; mangels tauglichen Anbringens kommt nicht einmal eine Zurückweisung in Betracht ( zur Einbringung eines Rechtsmittels mittels E-Mail). Ein auf unzulässigem Weg eingebrachtes und daher unbeachtliches Anbringen wird auch nicht dadurch zu einem beachtlichen Anbringen und geheilt, weil es die Abgabenbehörde (zunächst) in Bearbeitung genommen hat ( zu Anbringen mittels E-Mail). Ein Mängelbehebungsverfahren nach § 85 BAO hat daher zu unterbleiben. Wird ein Bescheid erlassen welchem kein (beachtliches) Anbringen zugrunde liegt, entbehrt diese Erledigung der Rechtsgrundlage und kommt ihr daher kein Bescheidcharakter zu.
RV/7102169/2022-RS2
Die Funktion „Beantragung eines Gruppenfeststellungsbescheides“ oder „Gruppenantrag“ steht als Funktion im Finanz-Online-Verfahren nicht zur Verfügung. Demgemäß ist es in Finanz-Online auch technisch nicht möglich die laut § 9 Abs. 8 KStG 1988 zwingend zu verwendenden, amtlichen Formulare online auszufüllen und zu übermitteln. Die amtlichen Vordrucke stehen nur in Papierform zur Verfügung und können daher ausschließlich im Original und, wegen der erforderlichen nachweislichen Unterschriftsleistung, urschriftlich eingebracht werden. Die Funktion in Finanz-Online "Sonstige Anbringen und Anfragen" kann in Bezug auf Gruppenanträge nicht als zur Verfügung stehende Funktion gewertet werden, da § 9 Abs. 8 KStG 1988 ausdrücklich die Verwendung der amtlichen Formulare anordnet und diese in Finanz-Online nicht ausgefüllt und elektronisch übertragen werden können.

Entscheidungstext

BESCHLUSS

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Dr. Gabriele Krafft in der Beschwerdesache ***Bf2***, ***Bf5***, ***Bf1***, ***Bf4*** und ***Bf3*** alle ***Bf3-Adr*** alle vertreten durch ***NN*** Rechtsanwalts GmbH, ***Bf4-Adr*** über die Beschwerden vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Abweisung eines Antrages auf Feststellung einer Unternehmensgruppe ab 2021 zu Steuernummern ***BF5StNr1***, ***BFeStRNr1***2, ***StNR.2***, ***BF4StNr1*** und ***BF1StNr1*** beschlossen:

Die Beschwerden werden gemäß § 260 Abs. 1 lit. a BAO als nicht zulässig zurückgewiesen.

Gegen diesen Beschluss ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) zulässig.

Begründung

I. Verfahrensgang

Am richtete die ***Bf2*** über Finanz-Online (FON) unter der Steuernummer ***BF5StNr1*** in der Rubrik "sonstige Anträge" einen formlosen Antrag auf Bildung einer Unternehmensgruppe nach § 9 KStG an das Finanzamt (FAÖ). Dem Antrag war als Anhang ein Schriftstück mit der Überschrift "Gruppenantrag und Vereinbarung zur Bildung einer Unternehmensgruppe sowie Vereinbarung über den Steuerausgleich (Steuerumlagen) im Rahmen der Gruppenbesteuerung gemäß § 9 KStG " angeschlossen. Dieses Schriftstück war von den vertretungsbefugten Organen der geplanten Gruppenträgerin ***Bf2*** (GT) sowie der geplanten Gruppenmitglieder ***Bf4*** (GM1), ***Bf3*** (GM2), ***Bf5*** (GM3) ***Bf1*** GmbH (GM4) unterschrieben. Sämtlichen Unterschriften ist als Unterschriftsdatum "" beigefügt.

In dem genannten Schriftstück sind die Gruppenträgerin, sämtliche Gruppenmitglieder, die bestehenden Beteiligungs- und Stimmrechtsverhältnisse und die jeweiligen Bilanzstichtage angeführt. Unter § 2ff des Schriftstückes sind die Modalitäten der Steuerumlagenvereinbarung dargestellt.

Am richtete die belangte Behörde (FAÖ) einen Mängelbehebungsauftrag nach § 85 Abs. 2 BAO mit folgendem Wortlaut an die antragstellende ***Bf2***:

Ihre Eingabe vom (Bildung einer Unternehmensgruppe) weist hinsichtlich der Form (§ 85 Abs. 2 Bundesabgabenordnung (BAO)) die nachfolgenden Mängel auf:
Formgebrechen gemäß § 85 Abs. 2 BAO
• Nichtverwendung der vorgeschriebenen amtlichen Drucksorte
Gem § 9 Abs 8 KStG ist der Gruppenantrag unter der Verwendung des amtlichen Vordrucks (G1, G2, G4) innerhalb eines Kalendermonats nach Unterfertigung des letzten gesetzlichen Vertreters zu stellen.
Die angeführten Mängel sind beim Finanzamt Österreich - Dienststelle Wien 1/23 gemäß § 85 Abs. 2 BAO bis zum zu beheben.
Bei Versäumung dieser Frist gilt das Anbringen als zurückgenommen

Am langten im Postfach des FAÖ die ausgefüllten amtlichen Drucksorten G1, G2 und G4 für alle Gruppenmitglieder sowie ein händisch erstelltes Organigramm der beantragten Gruppe ein. Die Unterschriften auf den amtlichen Drucksorten trugen bei sämtlichen Unterschriften das Datum - damit offensichtlich das Datum ihrer Unterfertigung nach Mängelvorhalt.

Mit Bescheid vom , adressiert an die Gruppenträgerin***Bf2***, das Gruppenmitglied ***Bf4***, das Gruppenmitglied ***Bf3***, das Gruppenmitglied ***Bf5*** und das Gruppenmitglied ***Bf1***, wies das FAÖ den Antrag der ***Bf2*** vom auf Feststellung einer Unternehmensgruppe gem § 9 Abs. 8 KStG 1988 ab der Veranlagung für das Kalenderjahr 2021 ab und führte begründend aus, dass der Gruppenantrag nachweislich vor dem Ablauf jenes Wirtschaftsjahres unterfertigt werden müsse, für das die Zurechnung des steuerlichen Ergebnisses erstmalig wirksam sein solle. Im konkreten Fall werde die Unternehmensgruppe ab der Veranlagung 2021 (Bilanzstichtag ) beantragt, die Unterfertigung sei jedoch erst am erfolgt.

Am erhoben die GT sowie sämtliche GM gegen den Bescheid wortgleiche Beschwerden und wendeten nach Darstellung des bisherigen Verfahrensganges ein, dass im Rahmen der Verbesserung bei der Verwendung der Formulare die Daten der tatsächlichen Unterfertigung dieser Formulare eingesetzt werden müsse, da alles andere eine Verfälschung von Urkunden darstellen würde.

Im gegenständlichen Fall hätten nachweislich alle Gesellschaften für das Jahr 2021 den Gruppenantrag durch ihre Geschäftsführer unterfertigt (unterschrieben) und noch am mittels Finanz-Online beim Finanzamt angemeldet. Das sei das maßgebliche Datum der Unterfertigung des Gruppenantrages durch alle Gesellschaften im Sinne des § 9 Abs. 8 KStG.
Die GT sei dem zu Recht erlassenen Mängelbehebungsauftrag fristgerecht nachgekommen und habe die Formulare richtig ausgefüllt und mit Begleitbrief eingeschrieben innerhalb der gesetzten Frist an das Finanzamt übermittelt.
Ein Rückdatieren der Formulare auf den ursprünglichen Zeitpunkt der ersten Unterfertigung der Gruppenvereinbarung und der Gruppenanmeldung wäre absolut unzulässig gewesen, da dies den Tatbestand der Urkundenfälschung im Sinne des §223 Abs. 1 StGB verwirklicht hätte. Das Anbringen eines falschen Datums (rückdatieren) sei im Sinne der ständigen Judikatur Urkundenfälschung.

Da § 85 Abs. 2 BAO für den Bereich von Verbesserungen ausdrücklich normiere, dass bei rechtzeitiger Behebung von Mängeln die Eingaben als ursprünglich richtig eingebracht gelten würden, sei abzuleiten, dass die am erfolgte Unterfertigung des Gruppenantrages durch alle miteinzubeziehenden, inländischen Körperschaften und die Anmeldung beim Finanzamt am selben Tag noch rechtzeitig vor Ablauf des Wirtschaftsjahres 2021 erfolgt sei. In Folge des Verbesserungsauftrages vom , sei das Formgebrechen fristgerecht behoben worden, sodass nach der gesetzlichen Anordnung des § 85 Abs. 2 BAO die Eingabe als ursprünglich richtig eingebracht gelte.

Mit Beschwerdevorentscheidungen (BVE) vom wies das FAÖ die Beschwerden ab und begründete:

In der fristgerecht eingebrachten Beschwerde vom , eingebracht am , führt die Bf aus, dass der Gruppenantrag am unterfertigt wurde, weiters dass die Formulare am unterfertigt wurden und zwar im Rahmen des Verbesserungsverfahrens.

§ 85 Abs. 2 BAO hat den Zweck Formgebrechen (formelle Mängel) innerhalb angeführter Frist zu sanieren.
Dass der Gruppen- und Steuerumlagevertrag mit Datum unterschrieben wurde ist aktenkundig.
Für den (gültigen) Gruppenantrag sind - wie oben ausgeführt - allerdings auch die entsprechenden gesetzlichen Formulare auszufüllen und zu unterschreiben.
Genau deshalb wurde von der bel. Beh. am ein Mängelbehebungsauftrag versendet, um eben dem Antragsteller die Möglichkeit zu geben, die gesetzlich vorgesehenen Formulare nachzureichen. Die Behörde ging davon aus, dass die Formulare G1, G2 und G4 schon vor dem Bilanzstichtag unterschrieben vorhanden waren und bei der Eingabe vom zu übermitteln vergessen wurden.
Der Mangel der Nichtverwendung der amtlichen Vordrucke wurde mit Erfüllung des Mängelbehebungsauftrages behoben. Hinsichtlich dieses Mangels gilt der Antrag gemäß § 85 Abs. 2 letzter Satz BAO als ursprünglich richtig eingebracht. Zweck dieser Regelung ist es, dass das verbesserte Anbringen nicht wegen Versäumung der Einbringungsfrist zurückgewiesen werden muss, obwohl das ursprüngliche mangelhafte Anbringen rechtzeitig eingebracht wurde.
§ 9 Abs 8 TS 2 KStG fordert jedoch, als materielle Voraussetzung, dass die Unterfertigung vor Ablauf des einzubeziehenden Wirtschaftsjahres erfolgt. Eine verspätete Unterfertigung stellt keinen Mangel iSd § 85 Abs. 2 BAO dar, weshalb die Regelung, dass das Anbringen als ursprünglich richtig eingebracht gilt, hier keine Anwendung findet.
Durch den Mängelbehebungsauftrag können versäumte Fristen des § 9 Abs 8 KStG nicht saniert werden.

Mit Schriftsätzen vom beantragten sämtliche GM und die GT die Vorlage an das Bundesfinanzgericht (BFG).

Das FAÖ legte die Beschwerden mit Vorlagebericht vom anher vor.

Mit Schreiben vom beantragte der Vertreter der Beschwerdeführerinnen die Durchführung einer mündlichen Verhandlung.

Den entscheidungsrelevanten und unstrittigen Sachverhalt bildet das oben dargestellte Verwaltungsverfahren. Der Sachverhalt ergibt sich unmittelbar aus den vorgelegten Aktenteilen.

Gemäß § 274 Abs. Z 1 BAO hat eine mündliche Verhandlung stattzufinden, wenn es in der Beschwerde (lit. a) oder im Vorlageantrag (lit. b) beantragt wird. Anträge, die erst in einem späteren Schreiben gestellt werden, begründen keinen Anspruch auf mündliche Verhandlung (; , 2006/13/0069; , 2008/13/0098, 0188; , 2008/13/0148).
Der Antrag auf mündliche Verhandlung wurde erst nach Vorlage der Beschwerde - somit weder in der Beschwerde, noch im Vorlageantrag - gestellt, weshalb eine mündliche Verhandlung unterbleiben konnte. Da der Sachverhalt unstrittig war, erschien eine solche auch nicht notwendig.

Gemäß § 260 Abs. 1 lit. a BAO ist eine Bescheidbeschwerde mit Beschluss zurückzuweisen, wenn sie nicht zulässig ist.

§ 9 Abs. 8 KStG 1988 lautet wörtlich:

"(8) Die Gruppenbesteuerung erstreckt sich auf den Gruppenträger und die Gruppenmitglieder, die in einem schriftlichen Gruppenantrag genannt sind. Dabei gilt Folgendes:

- Der Gruppenantrag ist von den gesetzlichen Vertretern des Gruppenträgers und aller einzubeziehenden inländischen Körperschaften zu unterfertigen.

- Der Gruppenantrag muss nachweislich vor dem Ablauf jenes Wirtschaftsjahres jeder einzubeziehenden inländischen Körperschaft unterfertigt werden, für das die Zurechnung des steuerlich maßgebenden Ergebnisses erstmalig wirksam sein soll.

- Im Gruppenantrag ist zu erklären, dass zwischen den finanziell verbundenen inländischen Körperschaften jeweils eine Regelung über den Steuerausgleich vereinbart worden ist.

- Im Gruppenantrag sind Beteiligungs- und Stimmrechtsverhältnisse sowie die Wirtschaftsjahre aller einzubeziehenden Körperschaften anzugeben.

- Der Gruppenantrag ist vom Gruppenträger, bei Vorliegen einer Beteiligungsgemeinschaft vom Hauptbeteiligten oder im Zweifel von einem von der Beteiligungsgemeinschaft bestimmten Mitbeteiligten bei dem für den Antragsteller für die Erhebung der Körperschaftsteuer zuständigen Finanzamt, unter Verwendung des amtlichen Vordruckes, innerhalb eines Kalendermonats nach der Unterfertigung des letzten gesetzlichen Vertreters zu stellen. Alle übrigen einzubeziehenden inländischen Körperschaften haben dem jeweils für jede Körperschaft zuständigen Finanzamt die Tatsache einer Antragstellung anzuzeigen.

- Das für die Erhebung der Körperschaftsteuer des Antragstellers zuständige Finanzamt hat das Vorliegen der Voraussetzungen für das Bestehen der Unternehmensgruppe gegenüber allen den Antrag unterfertigten Körperschaften bescheidmäßig festzustellen.

Hier ist zunächst darauf zu verweisen, dass bei Vorliegen aller gesetzlichen Voraussetzungen gemäß § 9 KStG 1988 die Unternehmensgruppe nicht automatisch entsteht. Es bedarf vielmehr der formalen Anwendungsvoraussetzung eines schriftlichen Gruppenantrags, wobei die inhaltlichen Vorgaben des Gruppenantrags in § 9 Abs. 8 KStG 1988 geregelt sind.

Dabei ist mit dem Abgabensicherungsgesetz 2007 (BGBl. I Nr. 99/2007) eine "Klarstellung" dahingehend erfolgt, dass bei der Stellung des Gruppenantrags die vom Bundesministerium für Finanzen aufgelegten amtlichen Formulare zu verwenden sind (ErläutRV 270 BlgNR 23. GP, 10). Für den gegebenen Fall sind das insbesondere die amtlichen Formulare G1 hinsichtlich des Gruppenträgers, G2 hinsichtlich der Gruppenmitglieder und G4 hinsichtlich der finanziellen Verbindung des Gruppenträgers.

Daraus ist ersichtlich, dass ein (form)gültiger Antrag auf Gruppenfeststellung nur und ausschließlich auf den amtlichen Vordrucken eingebracht werden kann.

§ 86a BAO idF vor BGBl I 2022/108 lautete:

§ 86a (1) Anbringen, für die Abgabenvorschriften Schriftlichkeit vorsehen oder gestatten, können auch telegraphisch, fernschriftlich oder, soweit es durch Verordnung des Bundesministers für Finanzen zugelassen wird, im Wege automationsunterstützter Datenübertragung oder in jeder anderen technisch möglichen Weise eingereicht werden. Durch Verordnung des Bundesministers für Finanzen kann zugelassen werden, daß sich der Einschreiter einer bestimmten geeigneten öffentlich-rechtlichen oder privatrechtlichen Übermittlungsstelle bedienen darf. Die für schriftliche Anbringen geltenden Bestimmungen sind auch in diesen Fällen mit der Maßgabe anzuwenden, daß das Fehlen einer Unterschrift keinen Mangel darstellt. Die Abgabenbehörde und das Verwaltungsgericht können jedoch, wenn es die Wichtigkeit des Anbringens zweckmäßig erscheinen läßt, dem Einschreiter die unterschriebene Bestätigung des Anbringens mit dem Hinweis auftragen, daß dieses nach fruchtlosem Ablauf einer gleichzeitig zu bestimmenden angemessenen Frist als zurückgenommen gilt.

(2) Der Bundesminister für Finanzen kann durch Verordnung im Sinn des Abs. 1 erster Satz bestimmen,
a) unter welchen Voraussetzungen welche Arten der Datenübertragung an Abgabenbehörden und an Verwaltungsgerichte zugelassen sind,
b) daß für bestimmte Arten von Anbringen bestimmte Arten der Datenübertragung ausgeschlossen sind und
c) welche Unterlagen wie lange vom Einschreiter im Zusammenhang mit bestimmten Arten der Datenübertragung aufzubewahren sind.

Die auf Grund § 86a BAO erlassene Finanz-Online-Verordnung 2006 (FOnV 2006) regelt automationsunterstützte Datenübertragungen in Bezug auf Anbringen (§ 86a BAO), etc., soweit nicht eigene Vorschriften bestehen (§ 1 Abs. 1 leg. cit.).

Gemäß § 1 Abs. 2 FOnV 2006 ist die in Rede stehende Einbringungsart nur für die Funktionen zulässig, die dem jeweiligen Teilnehmer in Finanz-Online zur Verfügung stehen.

§§ 1 und 5 der Verordnung des Bundesministers für Finanzen über die Einreichung von Anbringen, die Akteneinsicht und die Zustellung von Erledigungen in automationsunterstützter Form (Finanz-Online-Verordnung 2006 - FOnV 2006), BGBl. II Nr. 97/2006 lauten auszugsweise:

§ 1. (1) Diese Verordnung regelt automationsunterstützte Datenübertragungen in Bezug auf Anbringen (§ 86a BAO), Erledigungen (§ 97 Abs. 3 BAO) und Akteneinsicht (§ 90a BAO), soweit nicht eigene Vorschriften bestehen.

(2) Die automationsunterstützte Datenübertragung ist zulässig für die Funktionen, die dem jeweiligen Teilnehmer in Finanz-Online (https://Finanz-Online.bmf.gv.at) zur Verfügung stehen. ...
(3) ...

§ 5. Andere als die in den Funktionen gemäß § 1 Abs. 2 dem jeweiligen Teilnehmer zur Verfügung gestellten Anbringen sind, ungeachtet einer allfälligen tatsächlichen Übermittlung in Finanz-Online, unbeachtlich. ..."

Die Funktion "Beantragung eines Gruppenfeststellungsbescheides" oder "Gruppenantrag" steht als Funktion im Finanz-Online-Verfahren nicht zur Verfügung. Demgemäß ist es in Finanz-Online auch technisch nicht möglich die laut § 9 Abs. 8 KStG 1988 zwingend zu verwendenden, amtlichen Formulare G1, G2 und G4 online auszufüllen und zu übermitteln. Die amtlichen Vordrucke stehen nur in Papierform (auch aus download-Formular auf der Homepage des BMF) zur Verfügung und können daher ausschließlich im Original und, wegen der erforderlichen nachweislichen Unterschriftsleistung, urschriftlich eingebracht werden.

Die von den Bf. verwendete Funktion in Finanz-Online "Sonstige Anbringen und Anfragen" kann in Bezug auf Gruppenanträge nicht als zur Verfügung stehende Funktion gewertet werden, da § 9 Abs. 8 KStG 1988 ausdrücklich die Verwendung der amtlichen Formulare anordnet und diese in Finanz-Online nicht ausgefüllt und elektronisch übertragen werden können.
Darüber hinaus wurden im gegebenen Verfahren auch nicht die amtlichen Formulare unrichtiger Weise über Finanz-Online als Beilage übermittelt, sondern der Antrag völlig formfrei und in einer nicht als Funktion in Finanz-Online zur Verfügung stehenden Weise gestellt.

Wie § 5 FOnV 2006 normiert, sind andere Anbringen - welche außerhalb der zur Verfügung stehenden Funktionen eingebracht werden - , ungeachtet einer allfälligen tatsächlichen Übermittlung in Finanz-Online, unbeachtlich.
Nach Ellinger/Sutter/Urtz (BAO Kommentar, § 86a Anm 9) ist nicht ausschlaggebend, in welcher Form ein ein Schriftstück darstellendes Papier bei der Abgabenbehörde vorliegt, sondern darauf, dass der gesetzlich vorgesehene Weg der Einreichung eingehalten wird. Werden Anbringen auf einem für sie nicht zugelassenen Weg der Abgabenbehörde zugeleitet, so gelten sie als nicht eingebracht und können daher weder Entscheidungspflicht auslösen, noch berechtigen sie die Abgabenbehörde, eine Entscheidung zu treffen; mangels tauglichen Anbringens kommt nicht einmal eine Zurückweisung in Betracht ( zur Einbringung eines Rechtsmittels mittels E-Mail). Nach Fischerlehner/Brennsteiner (Abgabenverfahren Kommentar, § 86a Anm. 7) gilt ein Anbringen das auf einem nicht zugelassenen Weg der Abgabenbehörde zugeleitet wird als nicht eingebracht und kann daher auch keine Entscheidungspflicht auslösen (; ). Ein auf unzulässigem Weg eingebrachtes und daher unbeachtliches Anbringen wird auch nicht dadurch zu einem beachtlichen Anbringen und geheilt, weil es die Abgabenbehörde (zunächst) in Bearbeitung genommen hat ( zu Anbringen mittels E-Mail).

Der Antrag vom ist daher nach §§ 1 und 5 FOnV 2006 unbeachtlich und war in dieser Form keiner wie immer gearteten Erledigung zugänglich.

Wird ein Bescheid erlassen welchem kein (beachtliches) Anbringen zugrunde liegt, entbehrt diese Erledigung der Rechtsgrundlage und kommt ihr daher kein Bescheidcharakter zu. Mit Beschwerde anfechtbar sind nur Bescheide. Daher sind Bescheidbeschwerden gegen Schriftstücke ohne Bescheidcharakter als unzulässig zurückzuweisen (; , 2006/13/0001; , 2004/15/0131, 0132; , 2010/17/0066).

Ergänzende inhaltliche Überlegungen zur Information:

Die Möglichkeit der Gruppenbesteuerung stellt eine Begünstigung des Gruppenträgers und der betroffenen Gruppenmitglieder dar. Es kann daher vom Antragsteller die Einhaltung der gebotenen Vorschriften erwartet werden. Da der Gruppenantrag eine willentliche Kundgebung gegenüber dem Finanzamt darstellt, muss der erklärte Wille auch formal richtig kundgetan werden.

Wollte man das Schreiben vom als beachtliches Anbringen betrachten, ist unstrittig, dass die geforderten Formvorschriften nicht erfüllt waren.

Die diesfall maßgebliche Bestimmung des § 85 Abs. 1 und Abs. 2 BAO lautet wie folgt:

"(1) Anbringen zur Geltendmachung von Rechten oder zur Erfüllung von Verpflichtungen (insbesondere Erklärungen, Anträge, Beantwortungen von Bedenkenvorhalten, Rechtsmittel) sind vorbehaltlich der Bestimmungen des Abs. 3 schriftlich einzureichen (Eingaben).

(2) Mängel von Eingaben (Formgebrechen, inhaltliche Mängel, Fehlen einer Unterschrift) berechtigen die Abgabenbehörde nicht zur Zurückweisung; inhaltliche Mängel liegen nur dann vor, wenn in einer Eingabe gesetzlich geforderte inhaltliche Angaben fehlen. Sie hat dem Einschreiter die Behebung dieser Mängel mit dem Hinweis aufzutragen, dass die Eingabe nach fruchtlosem Ablauf einer gleichzeitig zu bestimmenden angemessenen Frist als zurückgenommen gilt; werden die Mängel rechtzeitig behoben, gilt die Eingabe als ursprünglich richtig eingebracht."

Als Formgebrechen sind Gestaltungen eines Anbringens anzusehen, die gesetzlichen Vorschriften widersprechen, wie zB. die Nichtverwendung vorgeschriebener amtlicher Drucksorten. § 85 Abs 2 BAO ist wegen inhaltlicher Mängel von Eingaben auch dann anzuwenden, wenn in diesen nicht in der BAO, aber in anderen auf Gesetzesstufe stehenden Abgabenvorschriften geforderte inhaltliche Angaben fehlen.

Die Einleitung eines Mängelbehebungsverfahren gemäß § 85 Abs 2 BAO hat bei Vorliegen der Voraussetzungen zwingend zu erfolgen, es sei denn, die Eingabe ist von vornherein offenkundig aussichtslos ist ( 421, 422/78; , 93/12/0095, 0096; ; ).

Der Gruppenantrag ist nach § 9 Abs. 8 KStG 1988 zwingend auf den dafür vorgesehenen amtlichen Vordrucken zu stellen und von den gesetzlichen Vertretern nachweislich vor Ablauf jenes Wirtschaftsjahres jeder einzubeziehenden inländischen Körperschaft, für das die Zurechnung des steuerlich maßgebenden Ergebnisses erstmalig wirksam sein soll, zu unterfertigen.
Bezogen auf den vorliegenden Sachverhalt erließ die belangte Behörde am - somit nach Ende der gesetzlich vorgesehen Frist zur Unterfertigung der amtlichen Vordrucke zur Einbringung eines Gruppenantrags für 2021 - einen Mängelvorhalt. Zu diesem Zeitpunkt war die gesetzlich vorgesehene Frist zur Einbringung eines formgültigen Gruppenantrags - namentlich durch Unterschrift auf den amtlichen Formularen G1, G2 und G4 VOR Ablauf des - bereits nicht mehr erfüllbar. Der Mängelvorhalt hätte somit zu unterbleiben gehabt. Die fristgerechte Erfüllung des rechtswidrig erlassenen Mängelbehebungsauftrages löst daher keine Rechtswirkung aus.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen einen Beschluss des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Zur Rechtsfrage ob eine Gruppenantrag formlos und über Finanz-Online zulässig eingebracht werden kann, besteht soweit ersichtlich keine höchstgerichtliche Rechtsprechung weshalb eine Revision zuzulassen war.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 5 FOnV 2006, FinanzOnline-Verordnung 2006, BGBl. II Nr. 97/2006
§ 86a BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 85 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
FOnV 2006, FinanzOnline-Verordnung 2006, BGBl. II Nr. 97/2006
§ 9 Abs. 8 KStG 1988, Körperschaftsteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 401/1988
§ 1 Abs. 2 FOnV 2006, FinanzOnline-Verordnung 2006, BGBl. II Nr. 97/2006
Verweise
Zitiert/besprochen in
Holubiczka in
AVR 2023, 102
Schmaranzer/Reiter in taxlex 2023/39
ÖStZ 2023/174
ECLI
ECLI:AT:BFG:2023:RV.7102169.2022

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at