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Bescheidbeschwerde – Senat – Erkenntnis, BFG vom 25.01.2023, RV/4100221/2019

(Differenz)Werbungskosten iZm beruflich veranlassten Reisen

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Dr. Elisabeth Hafner als Vorsitzende, die Richterin Mag. Melanie Maier sowie die fachkundigen Laienrichter Eva Maiwald-Wanderer und Horst Hoffmannin der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Mag. Ingrid Huber, Feldweg 7, 9241 Wernberg, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Spittal Villach vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2016 und über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Spittal Villach vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2017, Steuernummer ***BF1StNr1***, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am in Anwesenheit der Schriftführerin Melanie Bleikolb zu Recht erkannt:

I. Den Beschwerden wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben. Die Bescheide werden abgeändert.

Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgaben sind den als Beilage angeschlossenen Berechnungsblättern zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Streit zwischen den Verfahrensparteien besteht darüber, ob (Differenz)Werbungskosten in Zusammenhang mit beruflich veranlassten Reisen zu gewähren sind.

Einkommensteuer 2016
Am reichte der Beschwerdeführer (in der Folge: Bf.) die Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung für das Jahr 2016 beim Finanzamt ein und beantragte unter anderem die Anerkennung von Reisekosten in Höhe von 1.313,52 Euro als Werbungskosten. Mit Ergänzungsersuchen vom wurde der Bf. von der belangten Behörde aufgefordert, sämtliche geltend gemachten Aufwendungen nachzuweisen. Dieser Aufforderung ist der Bf. mit Schriftsatz vom nachgekommen.

Der Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2016 erging am mit einer Gutschrift in Höhe von 2.598 Euro. Die belangte Behörde hat Reisekosten in Höhe von 534,88 Euro (Verpflegungsmehraufwand während Dienstzuteilung) nicht anerkannt. Begründend ausgeführt wurde, dass sich bei einem durchgehenden Einsatz von 5 Tagen der Mittelpunkt der Tätigkeit in den Zuteilungsort verlagere.

In der fristgerecht erhobenen nunmehr Beschwerde brachte der Bf. zusammengefasst vor, bei der Dienstzuteilung handle es sich um eine Dienstreise gem. § 26 EStG nach dem 2. Tatbestand (große Dienstreise), daher werde ein neuer Mittelpunkt der Tätigkeit nach 6 Monaten begründet.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde der Bescheid abgeändert und die begehrten Reisekosten zur Gänze versagt (Verböserung). Dies mit der Begründung, dass bei den Aufenthalten in der Kaserne bzw auf dem Feld das Bundesheeressen zur Verfügung stehe und somit kein Anspruch auf Tagesdiäten bestehe.

Der Bf. beantragte fristgerecht die Vorlage und verwies dazu auf die Begründung in der Beschwerde. Eine Aufstellung der beantragten Reisekosten wurde vorgelegt. Mit Ergänzungsersuchen vom wurde der Bf. aufgefordert, weitere Unterlagen beizubringen. Dieser Aufforderung ist der Bf. nachgekommen.

Die belangte Behörde legte dem Bundesfinanzgericht die Beschwerde mit Vorlagebericht vom zur Entscheidung vor und beantragte die Nichtberücksichtigung der begehrten Werbungskosten laut Beschwerdevorentscheidung. Mangels Einwendungen des Bf sei anzunehmen, dass sich grundsätzlich an allen in der Tabelle ausgewiesenen Reisezielen Militärkasernen befinden oder es sich bei den Reisen um Übungen handle. Auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichthofes, wonach Tagesgelder nicht als Werbungskosten anzuerkennen sind, wenn die Verpflegung am auswärtigen Tätigkeitsort zu den gleichen Bedingungen wie an der ständigen Arbeitsstätte in Anspruch genommen werden könne, werde verwiesen. Da dem Bf laut eigener Aufstellung Tagesgelder in der Höhe von insgesamt € 1.151,40 ausbezahlt worden seien, sei nicht nachvollziehbar, welcher Aufwand dem Bf erwachsen ist, der die strittigen Differenzwerbungskosten rechtfertigen würde.

Einkommensteuer 2017
Am reichte der Bf. die Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung für das Jahr 2017 beim Finanzamt ein und beantragte unter anderem die Anerkennung von Reisekosten in Höhe von 1.935,70 Euro als Werbungskosten.

Der Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2017 erging am mit einer Gutschrift in Höhe von 1.645 Euro. Die belangte Behörde hat Reisekosten in Höhe von 662,16 Euro nicht anerkannt, dies mit der Begründung, dass sich bei einem durchgehenden Einsatz von 5 Tagen der Mittelpunkt in den Zuteilungsort verlagere.

In der fristgerecht erhobenen Beschwerde monierte der Bf., die Kürzung sei rechnerisch nicht nachvollziehbar und verwies überdies auf die beim Bundesfinanzgericht anhängigen Beschwerdeverfahren gegen die Einkommensteuerbescheide 2012, 2013 und 2016.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde abgewiesen. Bei den Einsätzen in Allentsteig und Wien sei ein neuer Mittelpunkt der Tätigkeit begründet worden.

Der Bf. beantragte fristgerecht die Vorlage seiner Beschwerde und monierte, die Abgabenbehörde habe auch die Differenzwerbungskosten aus dem km-Geld für die Fahrten mit dem eigenen PKW teilweise nicht anerkannt. Im Übrigen wurde auf die Begründung in der Beschwerde verwiesen.

Die belangte Behörde legte die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht mit Vorlagebericht vom zur Entscheidung vor und beantragte die Berücksichtigung von Fahrtkosten in Höhe von 981,18 Euro als Werbungskosten. Da aus der vom Bf. übermittelten Aufstellung die genaue Höhe der Ersätze, die auf die Fahrtkosten entfallen, nicht hervorgehe, wurde von der Amtsvertreterin eine Berechnung durchgeführt und die zu berücksichtigen Fahrtkosten in der angeführten Höhe ermittelt. Bezogen auf die gegenständlichen Tagesgelder wurde die Abweisung beantragt, dies unter Verweis auf die anhängigen Beschwerdeverfahren der Vorjahre.

Verwaltungsgerichtliches Verfahren
Aufgrund Pensionierung des bisher zuständigen Richters wurde die gegenständliche Beschwerdesache mit Beschluss des Geschäftsverteilungsausschusses der Gerichtsabteilung 5014 zur Erledigung zugeteilt. Am fand ein Erörterungstermin in Anwesenheit des Bf., seiner steuerlichen Vertreterin und der Amtsvertreterin statt. Dem Bf. wurde aufgetragen, ergänzende Unterlagen zu seinem Beschwerdevorbringen vorzulegen. Dieser Aufforderung ist der Bf. über seine steuerliche Vertreterin mit Schriftsatz vom nachgekommen (Eingangsstück E/1140-K/22).

Die mündliche Senatsverhandlung fand am statt, wobei die steuerliche Vertreterin unter Verweis auf das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes vom , RV/6100476/2017, beantragt hat, die bisher vom Dienstgeber steuerpflichtig ausbezahlten Beträge nach § 3 Abs 1 Z 16b EStG steuerfrei zu behandeln. Um welche Beträge es sich konkret handle, konnte die steuerliche Vertreterin nicht angeben, sodass die mündliche Verhandlung vertagt wurde. Dem Bf. wurde aufgetragen, das ergänzte Beschwerdevorbringen zu präzisieren und konkret darzulegen, welche Beträge der Höhe nach pro Jahr steuerfrei zu behandeln wären. Dieser Aufforderung ist der Bf. über seine steuerliche Vertreterin mit Schriftsatz vom , welcher als Eingangsstück E/1565-K/22 zum Akt genommen wurde, nachgekommen. Im Jahr 2016 sei ein Betrag von 188 Euro und im Jahr 2017 ein Betrag von 616,80 Euro steuerfrei zu behandeln.

Infolge Wechsel eines Laienrichters wurde die mündliche Verhandlung am neu abgeführt, wobei die Parteien ihr bisheriges Vorbringen vollinhaltlich aufrecht hielten. Überdies gab die steuerliche Vertreterin zu Protokoll, dass sie die Beschwerden zurückziehe, sofern das Bundesfinanzgericht der von der belangten Behörde beantragten Verböserung folge. Die Entscheidung wurde vom erkennenden Senat der schriftlichen Ausfertigung vorbehalten.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Das Bundesfinanzgericht stellt auf Basis des oben geschilderten Verwaltungsgeschehens, der aktenkundigen Unterlagen, des ergänzenden Vorbringens beider Parteien und nach Einsichtnahme in den elektronischen Veranlagungsakt des Bf. folgenden entscheidungs-wesentlichen Sachverhalt fest:

Der Bf. ist als Berufsoffizier beim Österreichischen Bundesheer tätig und war im Jahr 2016 bis Feber 2017 in der ***1*** stationiert. Ab März 2017 war er in der ***2*** tätig. Im Rahmen seiner Tätigkeit wurde der Bf. über mehrere Monate dienstzugeteilt, hat an Truppen- und Schießübungen teilgenommen (ÜG, SS), Dienstaufsicht bei Truppenübungen geführt (DA) und ist zu anderen Kasernen als seiner Stammkaserne gereist (DR).

Zu diesen Dienstreisen wurden folgende Aufstellungen vorgelegt, die der Bf. anhand der vom Dienstgeber beigestellten Daten selbst verfasst hat:

Dienstreisen im Jahr 2016

[...]

Dienstreisen im Jahr 2017

[...]

In der Spalte Diäten/Reisegebühren sind die Beträge erfasst, die dem Bf. laut eigener Berechnung anhand der Stunden zustehen würden. In der Spalte Ersatz vom DG sind die erstatteten Beträge erfasst. Die Spalte Differenz TG, NG, FK enthält jene Beträge, die der Bf. in den Arbeitnehmerveranlagungen als Differenzwerbungskosten geltend gemacht.

Es lag jeweils eine Reisedauer von mehr als 3 Stunden vor. Sämtliche Reiseziele sind mehr als 25 km von der Dienststelle entfernt. Davon ausgenommen ist der Truppenübungsplatz ***3***, der in einer Entfernung von 19,3 km zur ***2***-Kaserne liegt. Sofern die Dienstreisen mit dem Privat-PKW unternommen wurden, erfolgte eine Eintragung in der Spalte Entfernung in KM. Der Bf. hat dafür Kilometergelder mit einem Satz von 0,42/km in der Spalte Diäten/Km-Geld erfasst.

Insgesamt wurden dem Bf. von seinem Dienstgeber für die oa. Dienstreisen im Jahr 2016 Tagesgebühren in Höhe von 1.151,40 Euro ersetzt. Davon wurden 188 Euro steuerpflichtig behandelt. Im Jahr 2017 wurden dem Bf. insgesamt 1.135,10 Euro ersetzt. Davon wurden 616,80 steuerpflichtig behandelt. Wie der Dienstgeber die Abrechnung in steuerpflichtig und steuerfrei konkret vorgenommen hat, konnte nicht festgestellt werden.

Verpflegungsmehraufwand bei Dienstzuteilungen und sonstigen beruflich veranlassten Reisen:
Von seinem Dienstgeber erhielt der Bf. eine Tagesgebühr in Höhe von 26,40 Euro, ab dem zweiten Monat der Dienstzuteilung erfolgte eine Kürzung um 50 Prozent. Laut der bis August 2016 anzuwendenden dienstrechtlichen Bestimmungen wurde für die unentgeltliche Verpflegsteilnahme die Tagesgebühr um 15 Prozent für das Frühstück und um 40 Prozent für das Mittagessen gekürzt. Aufgrund der fixen Kurszeiten hat der Bf. das Frühstück und Mittagessen auch eingenommen. Für das Abendessen erfolgte keine Kürzung und stand es dem Bf. frei, dieses in der Kaserne oder auswärts einzunehmen.

Übungsgebühr (ÜG) bedeutet, dass mindestens 4 Personen für eine Übung die Garnison verlassen und auf einem Truppenübungsplatz eine Übung durchführen. Dafür steht ab einem Zeitraum von mehr als 24 Stunden eine Übungsgebühr zu. Bei den Übungen wird drei Mal pro Tag Verpflegung zur Verfügung gestellt, davon einmal warm. Frühstück und Mittagessen sind meistens Kaltverpflegung.

Dienstaufsicht (DA) bedeutet, dass der Bf. als Kommandant für die Aufsicht über ein Übungsvorhaben an einen Truppenübungsplatz im Freien zuständig ist. Dabei handelt es sich um eine Einzelreise, bei der keine Verpflegung zur Verfügung gestellt wird.

Dienstreise (DR) bedeutet, dass der Bf. zu einer anderen Kaserne fährt und es ihm dort freigestellt ist, an der Verpflegung teilzunehmen, wie sie auch den anderen Bediensteten zur Verfügung steht.

Scharfschießen (SS) findet in einer Kaserne oder an einem Truppenübungsplatz statt. Im Normalfall wird keine Verpflegung gestellt, da die Dienstreise zu kurz ist. Sollte die Reise länger dauern, kommt die Verpflegung nach, wobei der Bf. dafür bezahlen musste.

Fahrtkosten
Der Bf. hat die Gewährung folgender Fahrtkosten beantragt:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
2016
KM
KM-Geld
Wiener Neustadt
Götzendorf
Wien
618
712
726
259,56
299,04
304,92
2017
KM
KM-Geld
Wien
Götzendorf
Wien
Wien
760
729
729
728
319,20
305,76
305,76
305,76

Ab bekam der Bf. von seinem Dienstgeber einen Beförderungszuschuss je Wegstrecke (für maximal 52 Km) ersetzt:

Kilometer 1 bis 50 0,20 je Kilometer
Kilometer 51 bis 300 0,10 je Kilometer
ab Kilometer 301 0,05 je Kilometer.

Folgende Ersätze wurden dem Bf. ausbezahlt:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
2016
Wiener Neustadt
Götzendorf
Wien
70,90
75,60
76,30
222,80
2017
Wien
Götzendorf
Wien
Wien
…78,00
76,40
76,40
76,40
307,20

Die Beförderungszuschüsse sind der Höhe nach unstrittig.

2. Beweiswürdigung

Zu diesen Sachverhaltsfeststellungen gelangt das Bundesfinanzgericht aufgrund folgender Beweiswürdigung:

Die Feststellung, an welchem Dienstort der Bf. in den Beschwerdejahren tätig war, beruht auf seinen Angaben beim Erörterungstermin vom .

Wie der Bf. die geltend gemachten Differenzwerbungskosten ermittelt hat, ergibt sich aus den aktenkundigen Aufstellungen und den erläuternden Ausführungen des Bf. im Rahmen der Erörterung.

Daraus folgt auch, dass die Reisen jeweils länger als 3 Stunden dauerten und die jeweiligen Reiseziele mehr als 25 km von der Stammdienststelle entfernt lagen. Die Feststellung betreffend Entfernung des Truppenübungsplatzes ***3*** zur ***2***-Kaserne beruht auf einer Google-Maps Abfrage durch das Bundesfinanzgericht und wurde vom Bf. über Vorhalt in der mündlichen Verhandlung am bestätigt.

Die Höhe der Reisekostenersätze und die Aufteilung in steuerfreie und steuerpflichtige Auszahlungen konnte den aktenkundigen Unterlagen, insbesondere dem am vorgelegten Aktenkonvolut, E/1565-K/22, entnommen werden. Nicht ersichtlich ist daraus jedoch, auf welcher Grundlage die Besteuerung bei den einzelnen Reisebewegungen erfolgte. Dies konnte von der steuerlichen Vertreterin weder in der mündlichen Verhandlung am aufgeklärt werden, noch erschließt es sich für den erkennenden Senat aus den vorgelegten Schriftstücken.

Die Feststellungen zur Höhe und Auszahlung der Tagesgebühren sowie Verpflegung im Rahmen von Dienstzuteilungen, Übungen, Dienstaufsicht und Dienstreisen gründen auf die Angaben des Bf. im Rahmen des Erörterungstermins und die vorgelegten dienstrechtlichen Bestimmungen.

Dass dem Bf. in den Beschwerdejahren Beförderungszuschüsse in der festgestellten Höhe zugeflossen sind, wurden von den Parteien beim Erörterungstermin außer Streit gestellt.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abänderung)

Rechtliche Grundlagen
Vorweg wird zum Vorbringen der steuerlichen Vertreterin des Bf. in der mündlichen Verhandlung vom , wonach im Falle einer Verböserung eine Zurücknahme der Beschwerde für die betreffenden Jahre erfolge, Folgendes festgehalten:

Gemäß § 279 Abs. 1 BAO ist das Verwaltungsgericht berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung seine Anschauung an die Stelle jener der Abgabenbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern, aufzuheben oder die Beschwerde als unbegründet abzuweisen. Es besteht kein Verböserungsverbot (vgl. dazu Ritz/Koran BAO7 § 279 Tz 13 mwN.). Das Bundesfinanzgericht kann die Bescheide der belangten Behörde somit auch zu Ungunsten der beschwerde-führenden Partei abändern.

Beschwerden können gemäß § 256 Abs. 1 BAO bis zur Bekanntgabe der Entscheidung über die Beschwerde zurückgenommen werden. Die Zurücknahme ist schriftlich oder mündlich zu erklären. Die Bestimmung ist gemäß § 264 Abs. 4 lit d BAO für Vorlageanträge sinngemäß anzuwenden. Daher haben Gegenstandsloserklärungen auch bei Zurücknahme von Vorlageanträgen zu erfolgen. Die Zurücknahme einer Beschwerde (eines Vorlageantrags) ist eine unwiderrufliche einseitige prozessuale Erklärung, die mit dem Einlangen bei der Behörde bzw. beim Verwaltungsgericht wirksam wird, ohne dass es einer formellen Annahmeerklärung bedürfte (). Eine bedingte Zurücknahme des Rechtsmittels ist jedoch wirkungslos (vgl. Ritz/Koran, BAO7 § 256 Tz 7 mwN.).

Da die von der steuerlichen Vertreterin erklärte bedingte Zurücknahme der Beschwerde unwirksam ist, hatte das Bundesfinanzgericht in der Sache selbst zu entscheiden.

Werbungskosten sind gemäß § 16 Abs. 1 EStG 1988 die Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen. Sie sind bei der Einkunftsart abzuziehen, bei der sie erwachsen sind. Werbungskosten sind gemäß § 16 Abs. 1 Z 9 auch Mehraufwendungen des Steuerpflichtigen für Verpflegung und Unterkunft bei ausschließlich beruflich veranlassten Reisen. Diese Aufwendungen sind ohne Nachweis ihrer Höhe als Werbungskosten anzuerkennen, soweit sie die sich aus § 26 Z 4 ergebenden Beträge nicht übersteigen. Dabei steht das volle Taggeld für 24 Stunden zu. Höhere Aufwendungen für Verpflegung sind nicht zu berücksichtigen.

Gemäß § 20 Abs. 1 Z 1 und 2 lit. a EStG 1988 dürfen die für den Haushalt des Steuerpflichtigen aufgewendeten Beträge und Aufwendungen und Ausgaben für die Lebensführung, selbst wenn sie die wirtschaftliche oder gesellschaftliche Stellung des Steuerpflichtigen mit sich bringt und sie zur Förderung des Berufes oder der Tätigkeit des Steuerpflichtigen erfolgen, bei den einzelnen Einkünften nicht abgezogen werden.

Rechtliche Würdigung
Unstrittig ist, dass der beim Bundesheer beschäftigte Bf. in den Beschwerdejahren diverse Dienstreisen unternommen hat, nämlich Teilnahme an Truppen- und Schießübungen, Dienstaufsicht bei Truppenübungen und Reisen zu anderen Kasernen als seiner Stammkaserne. Zudem war er für mehrere Wochen dienstzugeteilt. Anhand der geltenden dienstrechtlichen Regelungen wurden ihm Reisegebühren für diese Dienstreisen ersetzt.

Im Hinblick auf die vom Bf. geltend gemachten Differenzwerbungskosten (Mehraufwendungen für Verpflegung) ist zunächst festzuhalten, dass Aufwendungen für die Verpflegung grundsätzlich nicht abzugsfähige Aufwendungen der Lebensführung sind. Der Abzug solcher Aufwendungen stellt die Ausnahme dar und kann jedenfalls nur insoweit erfolgen, als der Mehraufwand unvermeidbar ist ().

Weiters ist auf die steuerrechtliche Unterscheidung zwischen einer "Reise" im Sinne des § 16 Abs. 1 Z 9 EStG und einer "Dienstreise" im Sinne des § 26 Z 4 leg.cit. hinzuweisen (Zorn in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG21a § 16 Tz 171). Bei einer Dienstreise nach § 26 Z 4 EStG 1988 geht es darum, dass das vom Arbeitgeber bezahlte Tagesgeld beim Arbeitnehmer nicht (als Lohnbestandteil) besteuert wird. Erhält der Arbeitnehmer ein nicht zu versteuerndes Tagesgeld, dann kann er keine entsprechenden Werbungskosten geltend machen (§ 20 Abs. 2 EStG 1988). Der Unterschied zwischen der Situation nach § 16 Abs 1 Z 9 und jener nach § 26 Z 4 liegt bloß darin, dass der Arbeitnehmer nach § 16 Abs 1 Z 9 die Reisekosten selbst trägt; § 26 Z 4 stellt hingegen darauf ab, dass der Arbeitgeber die Mehraufwendungen des Arbeitnehmers ersetzt: Ersetzt der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer im Rahmen des § 26 Z 4 die Kosten für die Dienstreise, unterliegen diese nicht der Besteuerung (Zorn in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG21a § 16 Tz 186ff.).

Gewährt der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer für eine Dienstreise nicht das nach § 26 Z 4 höchst zulässige Tages- bzw. Nächtigungsgeld, dann kann der Arbeitnehmer den Differenzbetrag im Rahmen der Werbungskosten geltend machen, wenn gleichzeitig eine Reise iSd § 16 Abs. 1 Z 9 EStG vorliegt. Dabei gelten die durch die Judikatur geprägten strengen Voraussetzungen für beruflich veranlasste Reisen.

Der VwGH legt den Begriff der Reise danach aus, ob auf Grund des Ortswechsels gegenüber dem Ort der ständigen Tätigkeit ein Verpflegungsmehraufwand dem Grunde nach angenommen werden muss. Eine Reise liegt nach der einhelligen Judikatur vor, wenn sich der Steuerpflichtige aus beruflichem Anlass vom Mittelpunkt seiner Tätigkeit entfernt ohne dass dadurch der bisherige Mittelpunkt der Tätigkeit aufgegeben wird; die Entfernung muss mehr als 25 km betragen und die Dauer der Reise muss über drei Stunden andauern; dabei darf kein weiterer Mittelpunkt der Tätigkeit begründet werden. Da sich auch Steuerpflichtige, die nicht auf Reisen sind, regelmäßig "außer Haus" verpflegen, sieht die Rechtsprechung den Grund für Mehraufwendungen von Steuerpflichtigen auf Reisen im Bereich der Verpflegung in der (in der Anfangsphase gegebenen) unzureichenden Kenntnis über die Gastronomie am Reiseort. In einer typisierenden Betrachtung nimmt die Rechtsprechung an, dass der Steuerpflichtige auf (beruflicher oder betrieblicher) Reise vor Ort keine Zeit findet, günstige Verpflegungs-möglichkeiten ausfindig zu machen und auch keine Vorkenntnisse darüber hat (Zorn in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG21a § 16 Tz 172ff. mit Judikaturhinweisen).

Einem Steuerpflichtigen stehen keine Verpflegungsmehraufwendungen zu, wenn er sich nur während des Tages an einer neuen Arbeitsstätte aufhält; allfällige aus der anfänglichen Unkenntnis über die lokale Gastronomie resultierende Verpflegungsmehraufwendungen können in solchen Fällen durch die entsprechende zeitliche Lagerung von Mahlzeiten bzw. die Mitnahme von Lebensmitteln abgefangen werden. Nur wenn eine Nächtigung erforderlich ist, sind für den ersten Zeitraum von rund einer Woche Verpflegungsmehraufwendungen zu berücksichtigen ().

Die Begründung eines weiteren Mittelpunkts der Tätigkeit ist anzunehmen, wenn sich die Dienstverrichtung auf einen anderen Einsatzort durchgehend oder wiederkehrend über einen längeren Zeitraum erstreckt. Dabei ist ein längerer Aufenthalt dann gegeben, wenn sich der Steuerpflichtige - wenn auch mit Unterbrechung - länger als eine Woche an einem Ort aufgehalten hat ():

Voraussetzung für die Abzugsfähigkeit ist, dass Mehraufwendungen für Verpflegung überhaupt angefallen sind ( mwN). Kann die Verpflegung am auswärtigen Tätigkeitsort zu den gleichen Bedingungen wie an der ständigen Arbeitsstätte in Anspruch genommen werden, stehen Tagesgelder als Werbungskosten nicht zu (). Es reicht aus, dass die Möglichkeit zur Verpflegung gegeben ist ( zu Dienstreisen zwischen zwei Kasernen). Ersätze, die der Arbeitgeber gemäß § 26 Z 4 leistet, vermindern den jeweils abzugsfähigen Aufwand (vgl. Ebner in Jakom EStG15 § 16 Rz 45).

Sofern vom Arbeitgeber eine Nächtigungsmöglichkeit bzw. die Verpflegung zur Verfügung gestellt wird, entstehen keine Mehraufwendungen, so dass weder Nächtigungspauschale noch steuerfreies Tagesgeld zustehen ().

Beruflich veranlasste Fahrtkosten sind keine Reisekosten iSd § 16 Abs. 1 Z 9 EStG. Sie sind allerdings Werbungskosten nach dem allgemeinen Werbungskostenbegriff des § 16 Abs. 1 Sie sind unabhängig vom Vorliegen einer Reise als Werbungskosten anzuerkennen (Zorn in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG21a § 16 Tz 200/6). Fahrtaufwendungen sind grundsätzlich in der tatsächlich angefallenen Höhe zu ersetzen, es ist auch eine Schätzung mit dem amtlichen Kilometer-Geld zulässig. Ersätze des Arbeitgebers sind abzuziehen.

Für den vorliegenden Beschwerdefall bedeutet dies:
Bei einer beruflich veranlassten Reise iSd § 16 Abs. 1 Z 9 EStG müssen sämtliche genannten (engen) Voraussetzungen erfüllt sein, um einen dem Tagesgeld entsprechenden Betrag als Werbungskosten absetzen zu können bzw. folglich Differenzwerbungskosten in Anspruch nehmen zu können.

Betreffend Dienstzuteilungen hat das abgeführte Beweisverfahren ergeben, dass dem Bf. in den ersten fünf Tagen das nach § 26 Z 4 höchst zulässige Tagesgeld, nämlich 26,40 Euro ersetzt wurde. Dass die Tagesgebühr aufgrund einer bis August 2016 geltenden dienstrechtlichen Regelung um 15% für das Frühstück und 40% für das Mittagessen gekürzt wurde, vermag an dieser Beurteilung nichts zu ändern, da der Bf. die beiden Mahlzeiten auch tatsächlich konsumiert hat. Nach fünf Tagen wird nach der einschlägigen Judikatur ein weiterer Mittelpunkt der Tätigkeit begründet. Die vom Bf. begehrten Werbungskosten waren daher nicht zu gewähren.

Zu den begehrten Verpflegungsmehraufwendungen iZm mit sonstigen beruflich veranlassten Reisen hat das abgeführte Beweisverfahren ergeben, dass die Entfernung zwischen der ***2***-Kaserne und dem Truppenübungsplatz ***3*** weniger als 25 km beträgt. Eine Reise iSd § 16 Abs. 1 Z 9 EStG lag folglich nicht vor, sodass die beantragten Werbungskosten nicht zu gewähren sind. Hinsichtlich der Teilnahme an Übungen wurde festgestellt, dass dem Bf. die Verpflegung beigestellt wurde, sodass kein Verpflegungsmehraufwand gegeben war. Bei den weiteren Dienstaufsichten und Dienstreisen zu anderen Kasernen liegt nach der Judikatur ebenfalls kein Verpflegungsmehraufwand vor, da die Verpflegung entweder am auswärtigen Tätigkeitsort zu den gleichen Bedingungen wie an der ständigen Arbeitsstätte in Anspruch genommen konnte oder eintägige Reisen vorlagen. Der von der belangten Behörde beantragten Verböserung war daher vom Bundesfinanzgericht zu folgen.

Hinsichtlich der beantragten Fahrtkosten war der Beschwerde stattzugeben, sodass Differenzwerbungskosten (KM-Geld abzüglich Beförderungszuschüsse) für das Jahr 2016 in Höhe von 640,72 Euro und für das Jahr 2017 in Höhe von 929,28 Euro anzuerkennen waren.

Dem Antrag des Bf., die bisher vom Dienstgeber steuerpflichtig ausbezahlten Beträge nach § 3 Abs 1 Z 16b EStG steuerfrei zu behandeln, konnte vom erkennenden Senat nicht gefolgt werden, da die steuerliche Vertreterin diesen Antrag weder schriftlich noch in der mündlichen Verhandlung ausreichend zu präzisieren vermochte.

Die angefochtenen Bescheide waren wie folgt abzuändern:
Einkommensteuer 2016 Kürzung Reisekosten (KZ 721) um 672,80 Euro
Einkommensteuer 2017 Kürzung Reisekosten (KZ 721) um 1.006,42 Euro

Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgaben sind den als Beilage angeschlossenen Berechnungsblättern zu entnehmen

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im vorliegenden Beschwerdefall wurden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen grundsätzliche Bedeutung zukäme. Das Bundesfinanzgericht orientierte sich an der höchstgerichtlichen Judikatur, wobei entscheidungswesentlich die in freier Beweiswürdigung vorgenommene Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes war.

Klagenfurt am Wörthersee, am

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Materie
Steuer
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2023:RV.4100221.2019

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at