AVAB bei Erhalt einer Ausgleichszahlung die der dritte Übergeber eines Grundstückes veranlasst hat
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Mag. Armin Treichl in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch KLEINBROD Steuerberatung GmbH, Rohrbach 31, 6850 Dornbirn, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2019 Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:
I. Der Beschwerde wird Folge gegeben. Die Höhe der Bemessungsgrundlage und der Abgabe ergibt sich aus dem gemäß § 299 BAO aufgehobenen Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2019 vom .
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
I. Verfahrensgang
Mit Übergabsvertrag vom hat Herr ***4*** ***5*** eine Liegenschaft an eine seiner Enkelinnen und deren Ehemann übertragen. Als Gegenleistung wurde, vereinbart, dass die Übernehmer insgesamt jeweils 36.000,00 € an die übrigen Enkelinnen des Übergebers zu entrichten haben. Die Ehegattin des Beschwerdeführers war eine dieser Enkelinnen.
In der Arbeitnehmerveranlagung für das Jahr 2019 beantragte der Beschwerdeführer die Gewährung des Alleinverdienerabsetzbetrages.
Im Einkommensteuerbescheid 2019 vom hat das Finanzamt den Alleinverdienerabsetzbetrag berücksichtigt.
Mit Bescheid vom hat das Finanzamt den Einkommensteuerbescheid 2019 gemäß § 299 BAO aufgehoben.
Im mit dem Aufhebungsbescheid verbundenen Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2019 vom wurde dem Beschwerdeführer der Alleinverdienerabsetzbetrag nicht gewährt, da die steuerpflichtigen Einkünfte und ein allfälliges Wochengeld seiner Partnerin höher als 6.000 Euro seien.
In der Beschwerde vom brachte der Beschwerdeführer im Wesentlichen vor:
"Innerhalb offener Frist erhebe ich das Rechtsmittel der Beschwerde gegen den Bescheid über die Aufhebung des Einkommensteuerbescheides 2019 Aufhebung gemäß § 299 BAO vom und gegen den Einkommensteuerbescheid 2019 vom . Bekämpft wird die Streichung des Alleinverdienerabsetzbetrages. Der Alleinverdienerabsetzbetrag wurde, aufgrund einer Grundstücksveräußerung meiner Frau […] und einem aufgrund dessen zu hohen Jahreseinkommen meiner Frau, bei mir nicht berücksichtigt.
Ich beantrage den Alleinverdienerabsetzbetrag bei mir geltend zu machen.
Begründung:
Meine Frau hat keine Grundstücksveräußerung vorgenommen. Ihre Schwester Mag. ***1*** ***2*** ***3*** () hat durch einen Schenkungsvertrag ein Grundstück von ihrem Opa ***4*** ***5*** übernommen und als Gegenleistung an alle Geschwister eine Ausgleichszahlung geleistet, dies auch an meine Frau ***6*** ***7***. Die Immobilienertragssteuer ist hier auf ***4*** ***5*** gefallen. Zu dieser Schenkung gibt es einen Notariatsakt vom vom öffentlichen Notar Dr. Häusler, welchen wir gerne noch übermitteln können - sofern gewünscht! Die Einkommensgrenze für den Alleinverdiener wurde bei meiner Frau deshalb nicht überschritten, der Alleinverdienerabsetzbetrag kommt entsprechend bei mir zu tragen."
Die Beschwerde wurde vom Finanzamt Bregenz mit Beschwerdevorentscheidung vom als unbegründet abgewiesen. In der Begründung führte das Finanzamt im Wesentlichen aus:
"Es handelt sich hier um keine echte Schenkung, sondern um einen Vertrag zugunsten Dritter. Somit liegt eine entgeltliche Grundstücksveräußerung vor, und diese ist Immobilienertragssteuerpflichtig (Ausgleichszahlungen an die übrigen Enkel nach dem Verkehrswert).
Die Gattin des Beschwerdeführers musste sehr wohl Immobilienertragssteuer bezahlen (€ 1.512,00) - die Zahlung wurde aber vom Großvater getragen (siehe Vertrag).
Damit liegen Einkünfte aus Grundstücksveräußerung der Gattin des Beschwerdeführers vor (€ 5.040: € 36.000 minus 86% pauschale Ausgaben). Verbunden mit den restlichen Einkünften sind diese höher als der maßgebliche Grenzbetrag von € 6.000. Der Alleinverdienerabsetzbetrag steht nicht zu."
Mit Eingabe vom beantragte der Beschwerdeführer die Vorlage der Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2019 vom . Die Vorlage der Beschwerde gegen den Aufhebungsbescheid gemäß § 299 BAO vom wurde nicht beantragt.
II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
1. Sachverhalt
Das Bundesfinanzgericht hat folgenden außer Streit stehenden Sachverhalt festgestellt:
Mit Übergabsvertrag vom hat Herr ***4*** ***5*** eine Liegenschaft an eine seiner Enkelinnen und deren Ehegatten übertragen. Als Gegenleistung wurde, vereinbart, dass die Übernehmer insgesamt jeweils 36.000,00 € an die übrigen Enkelinnen des Übergebers zu entrichten haben. Die Ehegattin des Beschwerdeführers war eine dieser Enkelinnen.
Die Ehegattin des Beschwerdeführers hat im Streitjahr laut ihrem Einkommensteuerbescheid Einkünfte in Höhe von 4.014,21 € erzielt. In diesen Einkünften sind keine Immo-ESt-pflichtige Einkünfte enthalten.
Der Beschwerdeführer hatte im Streitjahr drei Kinder iSd § 106 EStG.
Der Beschwerdeführer machte den Alleinverdienerabsetzbetrag geltend, da seine Ehegattin weniger als 6.000,00 € monatlich verdient.
Der Wert der Ausgleichszahlungen hat 50% des gemeinen Wertes des Grundstückes überstiegen.
2. Rechtliche Beurteilung
2.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung/Abänderung/Stattgabe)
Strittig ist im gegenständlichen Fall ob die Ausgleichszahlung die die Ehegattin des Beschwerdeführers gemäß dem Übergabsvertrag vom erhalten hat, bei der Ehegattin des Beschwerdeführers der Immobilienertragsteuer unterliegt.
§ 30 Abs 1 EstG lautet:
"(1) Private Grundstücksveräußerungen sind Veräußerungsgeschäfte von Grundstücken, soweit sie keinem Betriebsvermögen angehören. Der Begriff des Grundstückes umfasst Grund und Boden, Gebäude und Rechte, die den Vorschriften des bürgerlichen Rechts über Grundstücke unterliegen (grundstücksgleiche Rechte). Bei unentgeltlich erworbenen Grundstücken ist auf den Anschaffungszeitpunkt des Rechtsvorgängers abzustellen. Bei Tauschvorgängen ist § 6Z 14 sinngemäß anzuwenden."
Ertragsteuerlich wird in Anwendung der wirtschaftlichen Betrachtungsweise auch bei einer gemischten Schenkung Unentgeltlichkeit des gesamten Vorgangs angenommen (keine "Teilentgeltlichkeit", wenn insgesamt Zuwendungsabsicht besteht und der Schenkungscharakter des Geschäftes überwiegt (; ; ; ). § 20 Abs. 1 Z 4 EStG 1988 geht davon aus, dass die Voraussetzungen erfüllt sind, wenn die Gegenleistung 50% des gemeinen Wertes des übertragenen Wirtschaftsgutes nicht erreicht.
Für die steuerliche Behandlung von Grundstückstransaktionen im Zusammenhang mit vorweggenommenen Erbfolgeregelungen gelten folgende allgemeine Grundsätze:
Ausgleichzahlungen für anderen Erbberechtigten überlassene Grundstücksanteile sind nur dann potentiell steuerlich relevant, wenn es auch zu Leistungen aus der Vermögenssphäre des Übernehmers kommt.
Für Ausgleichszahlungen aus der Vermögenssphäre des Übernehmers ist die Überwiegensregel des § 20 Abs. 1 Z 4 EStG 1988 zu beachten. Beträgt die Ausgleichszahlung mindestens 50% des gemeinen Wertes des Grundstückes, liegt eine Veräußerung durch den Übergeber des Grundstückes vor. Die Übernahme der Ausgleichszahlung durch den Grundstückserwerber gilt dabei als Gegenleistung an den Grundstücksübergeber (auch wenn der Zahlungsweg verkürzt wird und der Betrag an eine andere Person fließt) und ist bei diesem als Veräußerungserlös zu erfassen (EStR 6625).
Im gegenständlichen Fall liegt auf Grund der Tatsache, dass die Ausgleichszahlungen mehr als 50% des gemeinen Wertes des Grundstücks betragen hat, eine entgeltliche Übertragung vor. Allerdings ist nicht die Ehegattin des Beschwerdeführers, sondern deren Großvater als Veräußerer der Liegenschaft Schuldner der Immo-ESt.
§ 33 Abs 4 Z 1 EStG lautet:
"(4) Darüber hinaus stehen folgende Absetzbeträge zu, wenn sich das Kind ständig in einem Mitgliedstaat der EU oder Hoheitsgebiet einer anderen Vertragspartei des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz auf hält:
1. Alleinverdienenden steht ein Alleinverdienerabsetzbetrag zu. Dieser beträgt jährlich
- bei einem Kind (§ 106 Abs. 1) 494 Euro,
- bei zwei Kindern (§ 106 Abs. 1) 669 Euro.
Dieser Betrag erhöht sich für das dritte und jedes weitere Kind (§ 106 Abs. 1) um jeweils 220 Euro jährlich.
Alleinverdienende sind Steuerpflichtige mit mindestens einem Kind (§ 106 Abs. 1), die mehr als sechs Monate im Kalenderjahr verheiratet oder eingetragene Partner sind und von ihren unbeschränkt steuerpflichtigen Ehegatten oder eingetragenen Partnern nicht dauernd getrennt leben oder die mehr als sechs Monate mit einer unbeschränkt steuerpflichtigen Person in einer Lebensgemeinschaft leben. Für Steuerpflichtige im Sinne des § 1 Abs. 4 ist die unbeschränkte Steuerpflicht des Ehegatten oder eingetragenen Partners nicht erforderlich. Voraussetzung ist, dass der (Ehe-)Partner (§ 106 Abs. 3) Einkünfte von höchstens 6.000 Euro jährlich erzielt. Die nach § 3 Abs. 1Z4 lit. a, weiters nach § 3 Abs. 1 Z 10, 11 und 32 und auf Grund zwischenstaatlicher oder anderer völkerrechtlicher Vereinbarungen steuerfreien Einkünfte sind in diese Grenzen mit einzubeziehen. Andere steuerfreie Einkünfte sind nicht zu berücksichtigen.
Der Alleinverdienerabsetzbetrag steht nur einem der (Ehe-)Partner zu. Erfüllen beide (Ehe-) Partner die Voraussetzungen im Sinne der vorstehenden Sätze, hat jener (Ehe-)Partner Anspruch auf den Alleinverdienerabsetzbetrag, der die höheren Einkünfte im Sinne der Z 1 erzielt. Haben beide (Ehe-)Partner keine oder gleich hohe Einkünfte im Sinne der Z 1, steht der Absetzbetrag dem haushaltsführenden (Ehe-)Partner zu."
Im angefochtenen Bescheid wurde dem Beschwerdeführer der Alleinverdienerabsetzbetrag nicht zugestanden, da seine Gattin mehr als 6.000,00 € pro Jahr verdient hat.
Wie bereits oben ausgeführt stellt die Ausgleichzahlung beim Übergeber des Grundstückes Immo-ESt pflichtige Einkünfte dar. Die Weiterleitung der Ausgleichszahlungen an die Ehegattin des Beschwerdeführers ist eine Schenkung ihres Großvaters an sie. Eine Schenkung ist aber nicht einkommensteuerbar. Es liegen daher bei der Ehegattin des Beschwerdeführers keine Einkünfte vor, die die Grenze von 6.000,00 € übersteigen.
Der Beschwerde war daher stattzugeben und dem Beschwerdeführer der Alleinverdienerabsetzbetrag zu gewähren.
2.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nicht zulässig, da es denkunmöglich die Ausgleichzahlung einem anderem als dem Übergeber der Liegenschaft zuzurechnen, zumal nur der Übergeber der Liegenschaft die Möglichkeit hatte aus der Veräußerung der Liegenschaft einen Gewinn zu realisieren, nicht aber die Dritte dem er diese Ausgleichszahlung zugewendet hat.
Feldkirch, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 33 Abs. 4 Z 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2023:RV.1100132.2021 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at