Zurückweisung einer Beschwerde als nicht fristgerecht
Entscheidungstext
BESCHLUSS
Das Bundesfinanzgericht fasst durch den Richter***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, betreffend Beschwerden vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Österreich vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2018, Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2019 und Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2020, Steuernummer ***BF1StNr1***, den Beschluss:
I. Die Beschwerden werden als nicht fristgerecht eingebracht zurückgewiesen.
II. Gegen diesen Beschluss ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nicht zulässig.
Begründung
1. Sachverhalt
Am brachte ***Bf1*** (Bf) die Erklärungen zur ArbeitnehmerInnenveranlagung für die Jahre 2018, 2019 und 2020 elektronisch unter Verwendung von FinanzOnline (FON) ein.
Die Einkommensteuerbescheide 2018, 2019 und 2020 wurden am von der belangten Behörde abgefertigt und am selben Tag durch die Verfügbarmachung in der Databox der Bf in FON zugestellt.
Die Bf brachte am - fast 9 Monate nach Zustellung der Bescheide - Beschwerden gegen die streitgegenständlichen Bescheide über FON ein. Sie habe "leider ihr Kind nicht angegeben sowie den Alleinverdienerabsetzbetrag".
Mit Beschwerdevorentscheidungen vom wurden die Beschwerden als nicht fristgerecht zurückgewiesen.
Die Bf stellte am Vorlageanträge hinsichtlich der erhobenen Beschwerden mittels FON. Sie wiederholte darin ihr bisheriges Vorbringen und ergänzte, dass es "leider sehr schwierige Zeiten seien und sie die Teuerungswelle sehr hart treffe".
Mit Vorlagebericht vom wurden die Beschwerden von der belangten Behörde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorgelegt. Das Finanzamt beantragte, die Beschwerden als nicht fristgerecht zurückzuweisen. Eine Ausfertigung des Vorlageberichts wurde der Bf zugesandt.
Die Bf ging trotz Vorhalts auf die Feststellung der Fristversäumnis durch die belangte Behörde nicht ein.
Die Bf ist Teilnehmerin an FON. Dass die Bf keinen Zugang zur Databox hatte, konnte zudem aufgrund der regelmäßigen Verwendung von FON durch die Bf nicht festgestellt werden.
2. Beweiswürdigung
Der Sachverhalt ergibt sich aus dem Akt und dem Abgabeninformationssystem der Finanzverwaltung. Der Zustellzeitpunkt der Bescheide ist aus dem elektronischen Veranlagungsakt ersichtlich.
Es bestehen gegen die Richtigkeit dieser Angaben keine Bedenken und wurden diesbezüglich auch keine Zweifel seitens der Parteien vorgebracht.
3. Rechtliche Beurteilung
§ 97 Abs 3 BAO lautet auszugsweise:
"An Stelle der Zustellung der schriftlichen Ausfertigung einer behördlichen Erledigung kann deren Inhalt auch telegraphisch oder fernschriftlich mitgeteilt werden. Darüber hinaus kann durch Verordnung des Bundesministers für Finanzen die Mitteilung des Inhalts von Erledigungen auch im Wege automationsunterstützter Datenübertragung oder in jeder anderen technisch möglichen Weise vorgesehen werden, wobei zugelassen werden kann, dass sich die Behörde einer bestimmten geeigneten öffentlich-rechtlichen oder privatrechtlichen Übermittlungsstelle bedienen darf […]"
Die FinanzOnline-Verordnung 2006 (FonV), BGBl II Nr 97/2006 idF BGBl II 2018/82, ist eine Verordnung im Sinne dieser Bestimmung. Nach § 5b Abs 1 FonV haben die Abgabenbehörden nach Maßgabe ihrer technischen Möglichkeiten Zustellungen an Empfänger, die Teilnehmer von FinanzOnline sind, elektronisch vorzunehmen.
Gemäß § 98 Abs 2 BAO gelten elektronisch zugestellte Dokumente als zugestellt, sobald sie in den elektronischen Verfügungsbereich des Empfängers gelangt sind.
Der Zeitpunkt, an dem die Daten in den elektronischen Verfügungsbereich des Empfängers gelangt sind, ist bei FinanzOnline der Zeitpunkt der Einbringung der Daten in die Databox, zu der der Empfänger Zugang hat. Auf das tatsächliche Einsehen der Databox durch den FinanzOnline-Teilnehmer kommt es nicht an bzw. ist der Zeitpunkt der Information über die in die Databox erfolgte Zustellung irrelevant (Ritz/Koran, BAO7 § 98 Rz 4 mit Judikaturverweisen).
Die Einkommensteuerbescheide wurden der Bf am in der Databox zur Verfügung gestellt, waren daher elektronisch verfügbar und gelten daher als zugestellt.
Die Frist zur Einbringung einer Beschwerde beträgt gemäß § 245 Abs 1 BAO einen Monat und endete gemäß § 108 Abs 2 und 3 BAO mit Ablauf des , da das Ende der eigentlichen Frist (Ablauf des ) auf einen Sonntag gefallen ist.
Da laut festgestelltem Sachverhalt die Beschwerden am eingebracht wurden, sind diese nicht innerhalb der dafür vorgesehenen Frist, sondern fast 8 Monate nach Ablauf dieser Frist und damit nicht rechtzeitig erhoben worden.
Die Bf hält dem im Vorlageantrag nichts entgegen. Sie erlangte durch die Beschwerdevorentscheidungen und durch den Vorlagebericht davon Kenntnis, dass die Erhebung der Beschwerden nicht rechtzeitig erfolgt ist. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kommt der Beschwerdevorentscheidung Vorhaltscharakter zu (). Grundsätzlich ist es auch Aufgabe der Partei, die Rechtzeitigkeit der Einbringung eines Rechtsmittels nachzuweisen (Fischerlehner in Fischerlehner/Brennsteiner, Abgabenverfahren I BAO3 § 260 Rz 7 mit Verweis auf ).
Anhaltspunkte dafür, dass Mängel bei der Zustellung unterlaufen wären und sohin die Zustellung der Bescheide zu einem späteren Zeitpunkt erfolgt wäre, liegen ebenso wenig vor.
Das Bundesfinanzgericht konnte daher von der Versäumung der Rechtsmittelfrist ausgehen und war somit nicht befugt, über das Begehren der Bf in der Sache abzusprechen.
Gemäß § 260 Abs 1 lit b BAO ist eine Beschwerde mit Beschluss zurückzuweisen, wenn sie nicht fristgerecht eingebracht wurde. Die Zurückweisung obliegt aufgrund der Vorlage der Beschwerden am dem zuständigen Bundesfinanzgericht.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
4. Unzulässigkeit einer Revision
Gegen einen Beschluss des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere, weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Die Rechtzeitigkeit der Einbringung einer Beschwerde ist eine Sachverhaltsfrage. Die Pflicht zur Zurückweisung durch das Bundesfinanzgericht ergibt sich unmittelbar aus § 260 Abs 1 lit b BAO. Es liegt daher im konkreten Fall keine Rechtsfrage vor, der gemäß Art 133 Abs 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt.
Die ordentliche Revision war daher gemäß Art 133 Abs 4 iVm Abs 9 B-VG nicht zuzulassen.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 245 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 260 Abs. 1 lit. b BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2023:RV.7103768.2022 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at