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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 07.02.2023, RV/2100644/2022

Festsetzung des Säumniszuschlages nach Corona-Erkrankung

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch R über die Beschwerde des ***Bf***, Adresse, vertreten durch V, Adresse, vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom , Steuernummer S, über die Festsetzung eines ersten Säumniszuschlages zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Mit dem Bescheid vom setzte das Finanzamt Österreich gegenüber dem Beschwerdeführer (Bf.) einen Säumniszuschlag in der Höhe von 62,58 Euro (2 % des Abgabenbetrages) fest, weil die Einkommensteuer-Vorauszahlung 01-03/2022 in der Höhe von 3.129 Euro nicht bis zum Fälligkeitstag entrichtet wurde.

In der gegen diesen Bescheid bei der Abgabenbehörde eingebrachten Beschwerde vom beantragte der Vertreter des Bf. gemäß § 217 Abs. 7 BAO die Nichtfestsetzung bzw. Stornierung des Säumniszuschlages mit folgender Begründung:

"Da unser Klient leider an Corona erkrankte (bei Bedarf kann der betreffende Bescheid nachgereicht werden) erfolgte die Einzahlung der Einkommensteuer 01-03/2022 in Höhe von € 3.129,00 leider verspätet. Wir ersuchen aber um Berücksichtigung, dass unser o.a. Klient ansonsten seinen Zahlungsverpflichtungen immer stets pünktlich bzw. schon viele Tage vor der entsprechenden Fälligkeit nachkommt - und dies schon jahrelang.
…..
Im Hinblick auf die derzeitige wirtschaftliche Situation würde dieser Säumniszuschlag eine zusätzliche Härte für unseren Klienten darstellen, der ansonsten seinen Zahlungsverpflichtungen immer stets pünktlich bzw. schon viele Tage vor der entsprechenden Fälligkeit nachkommt - und dies schon jahrelang."

Mit der Beschwerdevorentscheidung vom wies das Finanzamt die Beschwerde mit der Begründung ab, die Entrichtung der Einkommensteuer-Vorauszahlung für das erste Quartal 2022 sei erst am und daher verspätet erfolgt. Es handle sich entgegen den Ausführungen in der Beschwerde nicht um eine einmalige ausnahmsweise Säumigkeit, weil auch die am fällige Einkommensteuer-Vorauszahlung für das vierte Quartal 2021 erst am 22.12.20212 und daher über ein Monat verspätet entrichtet wurde.
Der Säumniszuschlag sei daher dem Grunde und der Höhe nach zu Recht festgesetzt worden.

Im Schriftsatz vom beantragte der Bf. durch seinen Vertreter die Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht und führte aus:
"…..
Da unser o.a. Klient leider mit starken Symptomen und Beschwerden an Corona erkrankte (siehe bitte beiliegenden Bescheid vom ), erfolgte die Einzahlung der Einkommensteuer 01-03/2022 in Höhe von € 3.129,00 leider verspätet.
…..
Im Hinblick auf die derzeitige weitere wirtschaftliche Situation würde dieser Säumniszuschlag eine zusätzliche Härte für unseren Klienten darstellen.

Weiters bitten wir um Berücksichtigung das ***Bf*** als Arzt tätig ist und somit einen wichtigen Beitrag zur Allgemeinheit leistet.

Dass ***Bf*** die Einkommensteuervorauzahlung für das vierte Quartal 2021 ebenfalls verspätet entrichtet hat, wurde leider übersehen - wir ersuchen dieses Versehen zu entschuldigen."

Der Beschwerde angeschlossen war der Absonderungsbescheid des Gesundheitsamtes der Stadt Graz vom , wonach der Bf. seinen Absonderungsort (Wohnsitz) von 04.02. bis einschließlich nicht verlassen durfte und Kontakte zu anderen, für die Behandlung nicht zwingend notwendigen Personen, zu vermeiden hatte.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Gemäß § 217 Abs. 1 und 2 BAO ist, wenn eine Abgabe, ausgenommen Nebengebühren (§ 3 Abs. 2 lit. d), nicht spätestens am Fälligkeitstag entrichtet wird, ein erster Säumniszuschlag in der Höhe von 2 % des nicht zeitgerecht entrichteten Abgabenbetrages zu entrichten.

Gemäß § 217 Abs. 5 BAO besteht keine Verpflichtung zur Entrichtung eines Säumniszuschlages, wenn die Säumnis nicht mehr als fünf Tage beträgt und der Abgabepflichtige innerhalb der letzten sechs Monate vor dem Eintritt der Säumnis alle Abgabenschuldigkeiten, hinsichtlich derer die Gebarung (§ 213) mit jener der nicht zeitgerecht entrichteten Abgabenschuldigkeit zusammengefasst verbucht wird, zeitgerecht entrichtet hat.

Gemäß § 217 Abs. 7 BAO sind auf Antrag Säumniszuschläge insoweit herabzusetzen bzw. nicht festzusetzen, als den Abgabepflichtigen an der Säumnis kein grobes Verschulden trifft, insbesondere insoweit bei nach Abgabenvorschriften selbst zu berechnenden Abgaben kein grobes Verschulden an der Unrichtigkeit der Selbstberechnung vorliegt.

Säumniszuschläge, die den Betrag von 50 Euro nicht erreichen, sind nicht festzusetzen (§ 217 Abs. 10 BAO).

Mit dem Bescheid vom wurden die Vorauszahlungen an Einkommensteuer für 2021 und Folgejahre gegenüber dem Bf. mit 17.133 Euro festgesetzt; die Vorauszahlungen waren mit je einem Viertel am 15.02., 15.05., 15.08. und 15.11 fällig.
Die Vorauszahlung für das vierte Quartal 2021 in der Höhe von 4.284 Euro wurde in der Höhe von 3.818,33 Euro (Guthaben am Fälligkeitstag am Abgabenkonto in der Höhe von 465,67 Euro) verspätet am entrichtet, weshalb mit dem Bescheid vom ein Säumniszuschlag in der Höhe von 76,37 Euro festgesetzt wurde (Abfrage der Buchungen Abgabenkonto StNr. S).

Auch die Einkommensteuer-Vorauszahlung für das erste Quartal 2022 wurde unbestritten nicht bis zum Fälligkeitstag entrichtet.

Im vorliegenden Fall lagen daher weder die Voraussetzungen des § 217 Abs. 10 BAO (die Höhe des Säumniszuschlages übersteigt die Freigrenze von 50 Euro), noch die Voraussetzungen für eine Abstandnahme von der Festsetzung des Säumniszuschlages gemäß § 217 Abs. 5 BAO (weil, wie oben ausgeführt, innerhalb der letzten sechs Monate eine weitere Säumnis eingetreten ist) vor, sodass das Finanzamt gemäß § 217 Abs. 1 und 2 BAO verpflichtet war, den hier angefochtenen Säumniszuschlagsbescheid zu erlassen.

Dass laut Vorbringen im Vorlageantrag die Entrichtung der Einkommensteuer-Vorauszahlung 10-12/2021 "übersehen" wurde und ersucht wurde, "dieses Versehen zu entschuldigen", ändert nichts am Umstand, dass der Bf. seinen Zahlungsverpflichtungen nicht wie vorgebracht stets pünktlich nachgekommen ist.

Ein grobes Verschulden im Sinne des § 217 Abs. 7 BAO liegt dann nicht vor, wenn dem Abgabepflichtigen überhaupt kein Verschulden oder nur eine leichte Fahrlässigkeit angelastet werden kann (siehe ; bzw. Ritz, BAO6, § 217 Tz 43f, mwN). Eine derartige leichte Fahrlässigkeit bzw. ein lediglich minderer Grad des Versehens liegt dann vor, wenn (dem säumigen Abgabenschuldner im Hinblick auf die Nichtentrichtung bzw. verspätete Entrichtung) ein Fehler unterlaufen ist, den gelegentlich auch ein sorgfältiger Mensch begeht (vgl. etwa ).

Eine bloß leichte Fahrlässigkeit liegt aber nicht vor, wenn jemand auffallend sorglos handelt (vgl. ). Auffallend sorglos handelt stets derjenige, der die im Verkehr mit Behörden und für die Einhaltung von gesetzlichen bzw. behördlichen Terminen und Fristen erforderliche, nach den persönlichen Verhältnissen ihm auch zumutbare Sorgfalt außer Acht lässt (etwa ; ).

Die Bestimmung des § 217 Abs. 7 BAO normiert einen Begünstigungstatbestand. Ein derartiges, auf die Erlangung bzw. die Gewährung einer abgabenrechtlichen Begünstigung gerichtetes Verfahren wird wesentlich vom sogenannten Antragsprinzip getragen und ist von einer erhöhten Mitwirkungspflicht des Antragstellers beherrscht. Das bedeutet, dass der allgemeine Grundsatz der Amtswegigkeit der behördlichen bzw. (verwaltungs)gerichtlichen Sachverhaltsermittlung (vgl. §§ 115, 269 BAO) gegenüber der Offenlegungspflicht des Begünstigungswerbers in den Hintergrund tritt (vgl. ; ; ). Der Antragsteller hat also selbst und von sich aus, einwandfrei und unter Ausschluss jeglichen Zweifels, das Vorliegen jener Umstände aufzuzeigen, auf welche die abgabenrechtliche Begünstigung gestützt werden kann. Aus dieser erhöhten Behauptungs- und Beweislast des Antragstellers folgt, dass es grundsätzlich Sache des säumigen Abgabenschuldners ist, ein fehlendes grobes Verschulden an der verfahrensgegenständlichen Säumnis aufzuzeigen (zur erhöhten Behauptungs- und Beweislast siehe etwa Fischerlehner, ecolex 2004, 411).

Der Bf. bringt in diesem Zusammenhang vor, er sei schwer an Corona erkrankt. Laut Absonderungsbescheid vom wurde dem Bf. eine Absonderung vom 04.02. bis aufgetragen.
Es wurde weder vorgebracht, dass der Krankheitsverlauf beim Bf. von einer derartigen Intensität war oder einen derart schweren, atypischen Verlauf genommen hat, dass es dem Bf. in Kenntnis der Pflicht zur Entrichtung der Einkommensteuer-Vorauszahlung 01-03/2022 weder möglich war, selbst eine Banküberweisung zu tätigen, ein Zahlungserleichterungsansuchen (etwa über FinanzOnline) einzubringen oder einen Dritten mit der Entrichtung der Abgabe zu beauftragen noch dass der Krankheitsverlauf über den Zeitraum der Absonderung hinaus angedauert und am Fälligkeitstag noch immer vorlag.

Wie das Finanzamt im Vorlagebericht ausgeführt hat, kann die Tätigkeit des Bf. als Arzt nicht für die Frage der (Nicht-)Festsetzung eines Säumniszuschlages nach § 217 Abs. 7 BAO ausschlaggebend sein, weil dieser Umstand dem Gleichheitsgebot gegenüber anderen Berufsgruppen widerspräche.

Die wirtschaftliche Situation des Bf., auf die in den Schriftsätzen nicht näher eingegangen wird, spielt bei der Festsetzung des Säumniszuschlages und bei der Prüfung, ob die Säumnis auf eine leichte Fahrlässigkeit zurückzuführen ist, keine Rolle.
Laut Einkommensteuerbescheid 2020 vom betrug das Einkommen des Bf. in diesem Jahr 52.922,86 €. Es wird nicht näher ausgeführt und ist auch nicht ersichtlich, warum die derzeitige finanzielle Situation durch die Festsetzung eines Säumniszuschlages in der Höhe von 62,58 € eine zusätzliche Härte für den Bf. darstellen würde.

Da der Bf. somit nicht nachgewiesen bzw. nicht hinreichend glaubhaft gemacht hat, dass ihn an der verfahrensgegenständlichen Säumnis kein grobes Verschulden im Sinne des § 217 Abs. 7 BAO trifft, war die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Da die Entscheidung der zitierten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes folgt, ist eine ordentliche Revision nicht zulässig.

Graz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 217 Abs. 7 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
ECLI
ECLI:AT:BFG:2023:RV.2100644.2022

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at