Kein Vorsteuerabzug aus Kraftstoffkosten für Unternehmen aus dem Drittland nach § 3a Abs. 2 letzter Satz der Verordnung BGBl. 279/1995 idF BGBl. II 16/2021
Revision beim VwGH anhängig zur Zahl Ra 2023/15/0031.
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin***Ri*** in der Beschwerdesache ***1***, vertreten durch ***2***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des ***FA*** vom betreffend Umsatzsteuer 1-12/2021,Steuernummer ***BF1StNr1***, zu Recht erkannt:
I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
I. Verfahrensgang
Bei der Beschwerdeführerin (in weiterer Folge kurz: Bf.) handelt sich um ein Unternehmen mit Sitz in der Schweiz, welches Flusskreuzfahrten mit Schiffen auf der Donau durchführt. Im Laufe des beschwerdegegenständlichen Jahres 2021 wurden diese in Österreich betankt und mit Erstattungsantrag vom wurde die Erstattung der gesamten in Österreich angefallenen Vorsteuerbeträge beantragt.
Mit Bescheid vom wurde dem von der Bf. eingebrachten Rückerstattungsantrag 1-12/2021 nur teilweise entsprochen, die auf den Bezug von Kraftstoffen entfallenden Vorsteuern wurden nicht gewährt mit der Begründung:
"Von der Erstattung ausgeschlossen sind Vorsteuerbeträge, die auf den Bezug von Kraftstoffen nach dem entfallen (§ 3a Abs. 2 Verordnung BGBl. Nr. 279/1995, in der Fassung der Verordnung BGBl. II Nr. 16/2021). Daher ist die beantragte Erstattung aus solchen Rechnungen nicht möglich."
In der dagegen rechtzeitig eingebrachten Beschwerde vom brachte die Bf. vor:
"Aufgrund § 3a Abs 3 (wohl gemeint: Abs 2) Verordnung BGBl. Nr. 279/1995 in der Fassung der Verordnung BGBl. II Nr.16/2021 wurden Vorsteuern, die auf den Bezug von Kraftstoffen nach dem entfallen, nicht erstattet. Aufgrund des unionsrechtlichen Grundsatzes der steuerlichen Neutralität der Umsatzsteuer und des Gleichbehandlungsgrundsatzes haben Unternehmer Anspruch auf Vorsteuerabzug in der Unternehmerkette. Der Ausschluss der Erstattung der Vorsteuern für den Bezug von Kraftstoffen für Drittlandsunternehmen im Rahmen des Vorsteuererstattungsverfahrens verstößt gegen diesen Grundsatz zumal Drittlandsunternehmen im Veranlagungsverfahren Anspruch auf Erstattung dieser Vorsteuern haben.
Zudem wurde die Einschränkung der Vorsteuererstattung mit dem Ziel der Bekämpfung des Tanktourismus und des LKW-Schwerverkehrs aus dem Ausland eingeführt. Unser Klient betreibt Flusskreuzfahrtschiffe auf der Donau, die im Rahmen ihrer Fahrten auch in Österreich betankt werden müssen, eine Einschränkung der Vorsteuererstattung in solchen Fällen entspricht nicht den obengenannten Zielen.
Eine detaillierte Begründung der Beschwerde wird noch nachgereicht."
Eine weitere Begründung erfolgte nicht, die Beschwerde wurde dem BFG vorgelegt und führte das Finanzamt im Vorlagebericht vom aus:
"Gemäß § 262 Abs. 3 BAO ist keine Beschwerdevorentscheidung zu erlassen, sondern die Bescheidbeschwerde unverzüglich dem Verwaltungsgericht vorzulegen, wenn in der Bescheidbeschwerde lediglich die Gesetzwidrigkeit von Verordnungen, die Verfassungswidrigkeit von Gesetzen oder die Rechtswidrigkeit von Staatsverträgen behauptet wird.
Die gegenständliche Beschwerde ist direkt vorzulegen, da ausschließlich rechtswidrige Bedenken hinsichtlich des § 3a Abs. 2 letzter Satz der Verordnung 279/1995 geäußert wurden."
II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
1. Sachverhalt
Die Bf. ist ein Unternehmen aus der Schweiz, das Flusskreuzfahrten auf der Donau durchführt. Die aus der Betankung der Schiffe in Österreich im Vorsteuererstattungsverfahren beantragten Vorsteuern wurden nicht gewährt aufgrund § 3a Abs. 2 letzter Satz der Verordnung BGBl. Nr. 279/1995, in der Fassung BGBl. II Nr. 16/2021, in Geltung ab .
2. Beweiswürdigung
Der Sachverhalt ergibt sich aus der Aktenlage und ist unbestritten.
3. Rechtliche Beurteilung
Nach § 60 Abs. 2 Z 2 BAO ist das Finanzamt Österreich (Dienststelle Graz-Stadt) für die Erhebung der Umsatzsteuer der Bf. zuständig, da diese ihr Unternehmen vom Ausland aus betreibt und im Inland über keine Betriebsstätte verfügt.
Gemäß § 21 Abs. 9 UStG 1994 kann der Bundesminister für Finanzen bei nicht im Inland ansässigen Unternehmern, das sind solche, die im Inland weder ihren Sitz noch eine Betriebsstätte haben, durch Verordnung die Erstattung der Vorsteuern abweichend vom § 21 Abs. 1 bis 5 UStG 1994 sowie den §§ 12 und 20 UStG 1994 regeln. In der hierzu ergangenen Verordnung des Bundesministers für Finanzen, mit der ein eigenes Verfahren für die Erstattung der abziehbaren Vorsteuern an ausländische Unternehmer geschaffen wird, BGBl. Nr. 279/1995 idF BGBl. II Nr. 16/2021 ("Erstattungsverordnung"), wurde "ein eigenes Verfahren für die Erstattung der abziehbaren Vorsteuern an ausländische Unternehmer geschaffen". Schon aus dem Titel dieser Verordnung ergibt sich, dass mit ihr aufgrund der Ermächtigung des § 21 Abs. 9 UStG 1994 ein eigenes, somit ein anderes Verfahren als die im § 21 Abs. 1 UStG 1994 vorgesehene Veranlagung der Umsatzsteuer vorgesehen ist.
Gemäß § 1 Abs. 1 der Verordnung des Bundesministers für Finanzen, mit der ein eigenes Verfahren für die Erstattung der abziehbaren Vorsteuern an ausländische Unternehmer geschaffen wird, BGBl. Nr. 279/1995 idF BGBl. II Nr. 16/2021, ist die Erstattung der abziehbaren Vorsteuerbeträge an nicht im Inland ansässige Unternehmer, das sind solche, die im Inland weder ihren Sitz noch eine Betriebsstätte haben, abweichend von den §§ 20 und 21 Abs. 1 bis 5 UStG 1994 nach Maßgabe der §§ 2, 3 und 3a durchzuführen, wenn der Unternehmer im Erstattungszeitraum
1. keine Umsätze im Sinne der § 1 Abs. 1 Z 1 und 2 und Art. 1 UStG 1994 oder
2. nur steuerfreie Umsätze im Sinne des § 6 Abs. 1 Z 3 UStG 1994 oder
3. nur Umsätze, bei denen die Steuerschuld auf den Leistungsempfänger übergeht (§ 19 Abs. 1 zweiter Unterabsatz UStG 1994) ausgeführt hat. ...
§ 3a der Verordnung BGBl. Nr. 279/1995, in der Fassung BGBl. II Nr. 16/2021 lautet:
Erstattungsverfahren für nicht im Gemeinschaftsgebiet ansässige Unternehmer
§ 3a Abs. 1: Der nicht im Gemeinschaftsgebiet ansässige Unternehmer hat die Erstattung mittels amtlich vorgeschriebenem Vordruck beim Finanzamt Österreich zu beantragen. Der Antrag ist binnen sechs Monaten nach Ablauf des Kalenderjahres zu stellen, in dem der Erstattungsanspruch entstanden ist. In dem Antrag hat der Unternehmer den zu erstattenden Betrag selbst zu berechnen. Dem Erstattungsantrag sind die Rechnungen und die Belege über die entrichtete Einfuhrumsatzsteuer im Original beizufügen.
Abs. 2: Der zu erstattende Betrag muss mindestens 400 Euro betragen. Das gilt nicht, wenn der Erstattungszeitraum das Kalenderjahr oder der letzte Zeitraum eines Kalenderjahres ist. Für diese Erstattungszeiträume muss der zu erstattende Betrag mindestens 50 Euro betragen.
Von der Erstattung ausgeschlossen sind die Vorsteuerbeträge, die auf den Bezug von Kraftstoffen entfallen.
Abs. 3: Der Unternehmer muss dem Finanzamt Österreich in den Fällen des § 1 Abs. 1 Z 1 durch behördliche Bescheinigung des Staates, in dem er ansässig ist, nachweisen, dass er als Unternehmer unter einer Steuernummer eingetragen ist.
§ 3a Abs. 2 in der Fassung der Verordnung BGBl. II Nr. 16/2022 ist erstmals auf Vorsteuerbeträge anzuwenden, die auf den Bezug von Kraftstoffen nach dem entfallen (vgl. Art. II Abs. 9 der Verordnung idgF).
3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)
Strittig ist hier, ob die Nichtgewährung der Vorsteuererstattung aus der betrieblich veranlassten Betankung von Schiffen ab an einen Drittlandsunternehmer (aus der Schweiz) im Erstattungsverfahren rechtens ist.
1. Zum Vorbringen, die steuerliche Neutralität der Umsatzsteuer nach unionsrechtlichem Grundsatz würde verletzt
A. Verstoß gegen die MwSt-RL
Die Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (MwSt-RL) regelt das harmonisierte Mehrwertsteuersystem in den einzelnen Mitgliedstaaten während die Richtlinie 86/560/EWG vom (13. MwSt-RL) die Erstattung von Vorsteuerbeträgen an im Drittlandsgebiet ansässige Unternehmer regelt. Die 13. MwSt-RL schafft ein modifiziertes System des Vorsteuerabzuges.
Abweichungen von der MwSt-RL sind systemimmanent, weshalb durch die Anwendung der 13. MwSt-RL ein "Verstoß gegen die MwSt-RL" bereits dem Grunde nach nicht gegeben sein kann (vgl. auch ; ).
B. Am hat der Rat der EU die 13. MwSt-Richtlinie (RL 86/560/EWG) zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern - Verfahren der Erstattung der Mehrwertsteuer an nicht im Gebiet der Gemeinschaft ansässige Steuerpflichtige erlassen (13. MwSt-RL) in Erwägung nachstehender Gründe:
,Die Richtlinie 79/1072/EWG (5) über das Verfahren zur Erstattung der Mehrwertsteuer an nicht im Inland ansässige Steuerpflichtige bestimmt in Artikel 8: »Es steht den Mitgliedstaaten frei, bei nicht im Gebiet der Gemeinschaft ansässigen Steuerpflichtigen die Erstattung auszuschließen oder von besonderen Bedingungen abhängig zu machen."'
Dieser Richtlinie entsprechend erfolgt demnach die Erstattung von Vorsteuerbeträgen an Unternehmer aus dem Drittland zu anderen Bedingungen, als an Unternehmer aus der EU (es werden beispielsweise Anträge in Papierform, die Vorlage einer Unternehmerbescheinigung verlangt, kürzere Fristen vorgesehen und es ist die Vorlage von Originalrechnungen verpflichtend, vgl. § 3a der Erstattungsverordnung).
Nach Art. 4 Abs. 2 der 13. MwSt-RL können die Mitgliedstaaten den Ausschluss bestimmter Ausgaben vorsehen oder die Erstattung von zusätzlichen Bedingungen abhängig machen.
So ist beispielsweise in Deutschland seit vielen Jahren die Erstattung von Vorsteuern, die auf den Bezug von Kraftstoffen entfallen, an Drittlandsunternehmer ausgeschlossen, gedeckt durch Art. 4 Abs. 2 der 13. MwSt-RL (vgl. Stadie in Rau/Dürrwächter, UStG, § 18 Rz 657).
[§ 18 Abs. 9 Satz 7 dtUStG lautet: "Von der Vergütung ausgeschlossen sind bei Unternehmern, die nicht im Gemeinschaftsgebiet ansässig sind, die Vorsteuerbeträge, die auf den Bezug von Kraftstoffen entfallen".]
Auch in anderen Mitgliedstaaten bestehen unterschiedliche Einschränkungen der Vorsteuererstattung an Drittlandsstaaten, vgl. Platzer/Koch/Stockinger in Leitfaden Vorsteuererstattung, 3.2. Vorsteuererstattung eines Drittlandunternehmers in der EU.
Mit § 3a Abs. 2 der Erstattungsverordnung BGBl. Nr. 279/1995 idF BGBl II Nr. 16/2021 hat auch der Bundesminister für Finanzen mit Wirkung vom für Unternehmen aus dem Drittland die Erstattung von Vorsteuerbeträgen ausgeschlossen, die auf den Bezug von Kraftstoffen entfallen.
Diese Regelung steht im Einklang mit Art. 4 Abs. 2 der 13. MwSt-RL, der den Ausschluss bestimmter Ausgaben gestattet.
Ein verbotenes, diskriminierendes Vorgehen im Sinne des Gemeinschaftsrechts kann damit nicht verbunden sein.
So wertet auch der EuGH, wenn er im Urteil vom , C-582/08, "Kommission/Großbritannien" in Rz 34 ausführt: "Die Dreizehnte Richtlinie regelt nämlich nicht lediglich die formalen Voraussetzungen für die Durchsetzung des Anspruchs auf Erstattung der Mehrwertsteuer, sondern sieht einige Ausnahmen von diesem Anspruch vor, wie auch die Kommission in ihren Schriftsätzen einräumt, ohne die Gültigkeit dieser Bestimmungen in Abrede zu stellen. Zu diesen Ausnahmen gehört, dass die Mitgliedstaaten nach Art. 2 Abs. 2 dieser Richtlinie die Erstattung von der Gewährung vergleichbarer Vorteile durch Drittländer abhängig machen und nach Art. 4 Abs. 2 der Richtlinie den Ausschluss bestimmter Ausgaben von der Erstattung vorsehen oder diese von zusätzlichen Bedingungen abhängig machen können."
Vgl. dazu auch Ruppe/Achatz, UStG5, § 21 Tz 56, wonach der Umfang der erstatteten Vorsteuern an Drittlandsunternehmer nicht jenem für im übrigen Gemeinschaftsgebiet ansässige Unternehmer entsprechen muss.
2. Zum Einwand des Verstoßes gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz
Dass Drittlandsunternehmer im Erstattungsverfahren anders behandelt werden als solche, die Umsätze in Österreich tätigen, liegt im Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers und ist durch die 13. MwSt-RL gedeckt.
Dass Drittlandsunternehmer, die das Erstattungsverfahren anzuwenden haben, anders behandelt werden als solche, die vom regulären Besteuerungsverfahren erfasst werden, ist deshalb gerechtfertigt, weil diese im Inland keine Umsätze erzielen (vgl. BFH, , V R 35/01, der damit auch nicht das Gleichbehandlungsgebot des Art. 3 Abs. 1 deutsches Grundgesetz verletzt sieht).
Es ist richtig, dass der Gleichheitsgrundsatz auch den Gesetzgeber bindet (vgl. etwa VfSlg. 13.327/1993, 16.407/2001). Er setzt ihm insofern inhaltliche Schranken, als er verbietet, sachlich nicht begründbare Regelungen zu treffen (vgl. zB VfSlg. 14.039/1995, 16.407/2001). Innerhalb dieser Schranken ist es dem Gesetzgeber jedoch von Verfassungs wegen durch den Gleichheitsgrundsatz nicht verwehrt, seine rechtspolitischen Zielvorstellungen auf die ihm geeignet erscheinende Art zu verfolgen (vgl. etwa VfSlg. 16.176/2001, 16.504/2002).
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (vgl. ) ist ein Gesetz nicht schon deshalb gleichheitswidrig, wenn das Ergebnis nicht in allen Fällen als befriedigend angesehen wird. Nicht jede Unbilligkeit, die eine einheitliche Regelung mit sich bringt, kann bereits als unsachlich gewertet werden. Dem Gesetzgeber muss es gestattet sein, eine einfache und leicht handhabbare Regelung zu treffen (vgl. VfSlg. 10455/1985, 11616/1988).
Es ist dem Gesetzgeber gestattet, von einer Durchschnittsbetrachtung auszugehen. Auch das Entstehen von Härtefällen macht für sich alleine eine Regelung noch nicht unsachlich (VfSlg 14.694/1996, 18.705/2009, 19.411/2011; ).
3. Verstoß gegen das Legalitätsprinzip
Zum Argument, das Ziel, den Tanktourismus und den Schwerverkehr zu minimieren, gehe bei der Betankung von Schiffen ins Leere
Nach den Erläuterungen im Begutachtungsentwurf zur Änderung des § 3a Abs. 2 der Erstattungsverordnung soll die Möglichkeit der Erstattung von Vorsteuerbeträgen, die auf den Bezug von Kraftstoffen entfallen, im Sinne eines entschlossenen Kampfes gegen den Tanktourismus und den LKW-Schwerverkehr aus dem Ausland, der eine massive Belastung der österreichischen Bevölkerung und der heimischen CO2-Bilanz darstellt, für drittländische Unternehmer ausgeschlossen werden.
Es ist einzuräumen, dass Flusskreuzfahrten nicht dem Tanktourismus dienen und damit dem Wortlaut nach nicht in diese Ziele passen.
Trotzdem bedeutet gerade auch der Schiffsverkehr eine massive CO2-Belastung, welcher geeignet ist, die Erreichung der Klimaziele Österreichs zu gefährden.
Insofern ist auch die Reduzierung der Verwendung von Kraftstoffen durch Schiffe sehr wohl geeignet, den CO2-Ausstoß zu dezimieren.
Die Änderung des § 3a Abs. 2 der Erstattungsverordnung ist als ein Teil der ökosozialen Steuerreform zu werten (vgl. Ofner in SWK 34/2021, 1426; Vorblatt zum Begutachtungsentwurf, Ziel 2: Ökologisierung des Steuersystems).
Der Wirkungsabschätzung zum Begutachtungsentwurf zufolge soll die getankte Treibstoffmenge aufgrund der Verteuerung (Streichung der Möglichkeit des Vorsteuerabzuges für Drittlandsunternehmen im Bereich Kraftstoffe) um 150 Mio Liter pro Jahr zurückgehen. Damit verbunden wäre laut einer Einschätzung des Umweltbundesamtes eine ökologische Wirkung von rund 400.000 Tonnen CO2-Äquivalenten (entsprechend der Menge, die bisher von Unternehmern aus dem Drittland in Österreich getankt wurde).
Nach Ansicht des BFG ist diese Wertung eine ausreichende Begründung für die Zielerreichung, der - wegen der allgemein bekannten Beeinträchtigung der Umwelt durch mit konventionellen Treibstoffen betriebene Verkehrsmittel (in welcher Form auch immer) - erforderlichen Ökologisierung des Steuersystems.
Die Maßnahme ist geeignet, die Erreichung der Klimaziele Österreichs zu fördern. Sie erscheint dabei auch erforderlich und angemessen, weshalb von keinem Verstoß gegen das Legalitätsprinzip auszugehen ist.
Selbst wenn die Maßnahme nicht explizit den Schiffsverkehr meint, so ist doch auch die Treibstoffverwendung durch Schiffe Teil des Problems eines erhöhten CO2-Ausstoßes.
Jedenfalls ist nicht erkennbar, dass die 13. MwSt-RL eine solche vom Wortlaut der Verordnungsbestimmung erfasste Ausnahme verbieten würde, nur weil sie den sprachlich enger gefassten Zielen in den Erläuterungen nicht ganz (bzw. nur vom Sinngehalt her) entspricht.
Wie oben schon ausgeführt, muss es dem Gesetzgeber gestattet sein, eine einfache und leicht handhabbare Regelung zu treffen (vgl. VfSlg. 10455/1985, 11616/1988), was durch Ausnahmen von der Ausnahme konterkariert würde bzw. nur zur Verkomplizierung der rechtlichen Grundlagen führen müsste.
"Mit dem Ökosozialen Steuerreformgesetz 2022 Teil I (ÖkoStRefG 2022 Teil I; im Folgenden kurz: ÖkoStRefG 2022/I) bestätigt die österreichische Bundesregierung die Bekämpfung der Klimakrise als ein zentrales Anliegen. Im Regierungsprogramm 2020 bis 2024 wurde ein klimaneutrales Österreich als Ziel bis spätestens 2040 festgelegt. Darin bekennt sich die Bundesregierung außerdem zu einer Steuerreform, die unter anderem Kostenwahrheit in Bezug auf CO2-Emissionen herstellt. Klimaschutzfördernde Maßnahmen sind somit Teil des ÖkoStRefG 2022/I. Die in diesem Gesetz vorgesehenen Maßnahmen zur Erreichung der Klimaschutzziele sind keine österreichische Besonderheit. Sie sind in einen globalen und europäischen Kontext gebettet, der einen Paradigmenwechsel im Abgabenrecht vermuten lässt. Es zeigt sich, dass Steuern gerade in der Klimapolitik zunehmend die Funktion von Preis- und Lenkungsinstrumenten einnehmen und dass deren Finanzierungsfunktion zurücktritt" (vgl. Ehrke-Rabel, Die ökoziale Steuerreform 2022 im europäischen Kontext, taxlex 2022/2, 3f).
4. Regelung in der Schweiz
Nach dem Vergütungsverfahren (nach Artikel 107 Abs. 1 Buchstabe b MWSTG und den Artikeln 151 bis 156 MWSTV) in der Schweiz an ausländische Unternehmer ist abzuleiten, dass diese die Mehrwertsteuer an ausländische Unternehmer nur in dem Umfang vergütet, soweit der jeweilige Staat das Gegenrecht gewährt.
Aus der Länderliste Stand , Vergütungsverfahren nach Artikel 107 Absatz 1 Buchstabe b MWSTG und den Artikeln 151 bis 156 MWSTV, der Eidgenössischen Steuerverwaltung ESTV, ist ersichtlich, dass die Vergütung in Bezug auf Österreich eingeschränkt wurde: "Neu ab Antragsjahr 2022 (Rechnungen 2021): Keine Vergütung auf Treibstoffen".
Auch die Schweiz gewährt demnach an österreichische Unternehmer keine Mehrwertsteuervergütung aus Treibstoffen mehr.
Der angefochtene Bescheid entspricht den gesetzlichen Grundlagen, es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Durch eine Revision soll nur die richtige Anwendung eines Gesetzes überprüft werden, nicht die Verfassungskonformität des Gesetzes selbst. Die Revision war daher nicht zuzulassen.
Graz, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 3a Abs. 2 Verfahren für die Erstattung der abziehbaren Vorsteuern, BGBl. Nr. 279/1995 § 1 Abs. 1 Verfahren für die Erstattung der abziehbaren Vorsteuern, BGBl. Nr. 279/1995 Art. 4 Abs. 2 RL 86/560/EWG, ABl. Nr. L 326 vom S. 40 |
Verweise | BFH , V R 35/01 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2023:RV.2100019.2023 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at