Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 17.01.2023, RV/3100009/2023

Steuerpflicht des Todesfallkapitals aus liechtensteinischer Pensionskasse beim Hinterbliebenen

Rechtssätze


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Stammrechtssätze
RV/3100009/2023-RS1
Zahlungen von Todesfallkapital einer liechtensteinischen Pensionskasse an einen in Österreich unbeschränkt steuerpflichtigen Hinterbliebenen stellen für diesen steuerpflichtige Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit dar ().
Folgerechtssätze
RV/3100009/2023-RS2
wie RV/1100445/2019-RS1
Ein einmalig an einen Hinterbliebenen von der liechtensteinischen Pensionskasse ausbezahltes Todesfallkapital ist gemäß § 124b Z 53 EStG zu einem Drittel steuerfrei zu belassen.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Mag. David Hell LL.B. LL.M. in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2019, Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

1. Verfahrensgang

Für den Beschwerdeführer (Bf.) sowie dessen Gattin wurden im Jahr 2020 Kapitalabflussmeldungen in Höhe von je 70.210,47 € an die Finanzverwaltung erstattet. An die Gattin des Bf. wurde daraufhin am ein Ergänzungsersuchen verschickt mit der Bitte, einige Fragen zur Kapitalabflussmeldung zu beantworten. Am wurde das Ergänzungsersuchen beantwortet, wobei auch Unterlagen übermittelt wurden, aus denen hervorging, dass der Bf. aufgrund des Todes seiner Schwester Anspruch auf Auszahlung ihres Todesfallskapitals gegenüber der ***Pensionskasse in Liechtenstein*** hatte und am nach Abzug von Provision und Spesen umgerechnet 83.793,71 € erhalten hat.

In der Folge nahm die belangte Behörde das Verfahren hinsichtlich der Einkommensteuer 2019 des Bf. mit Bescheid vom gemäß § 303 BAO wieder auf und rechnete im neuen Sachbescheid desselben Datums einen Betrag von 55.862,48 € (das sind ⅔ der erhaltenen Pensionskassenauszahlung in Höhe von 83.793,71 €) zum steuerpflichtigen Einkommen hinzu, woraus eine Nachforderung in Höhe von 22.104 € resultierte.

Mit seiner rechtzeitigen Beschwerde wendet sich der Bf. gegen den neuen Sachbescheid und begehrt die Wiederherstellung des Zustandes vor der Wiederaufnahme des Verfahrens mit der Begründung, er beziehe lediglich in Österreich eine Pension, habe auch nie in Liechtenstein gelebt oder gearbeitet und daher keinen Pensionsanspruch in Liechtenstein.

Die belangte Behörde wies die Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung vom als unbegründet ab und begründete die Abweisung damit, dass es sich um eine Kapitalauszahlung aus einem vormaligen Pensionsanspruch handle, welche dem Grunde nach als Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit zu besteuern sei, aber aufgrund § 124b Z 53 EStG nur zu ⅔ der Einkommensteuer unterliege.

Am brachte der Bf. ein als Vorlageantrag anzusehendes Schreiben ein, indem er ergänzend ausführte, er sei als Erbe nach seiner Schwester anzusehen und die Auszahlung, die er erhalten habe, unterliege allenfalls der Erbschaftsteuer, die aber seit nicht mehr erhoben werde. Am legte die belangte Behörde die gegenständliche Beschwerde samt Akt und Vorlagebericht dem Bundesfinanzgericht vor und beantragte deren Abweisung.

2. Sachverhalt

Im Jahr 2018 verstarb die Schwester des Bf. in Liechtenstein. Sie war bis zu ihrem Todestag bei der ***Pensionskasse in Liechtenstein*** pensionsversichert. Das "Vorsorgereglement" dieser Pensionskasse sieht (in der seit geltenden Fassung) auszugsweise Folgendes vor:

"Art. 25 Todesfallkapital / Zusätzliches Todesfallkapital

1. Stirbt eine versicherte Person vor dem Altersrentenbeginn wird ein Todesfallkapital fällig.

2. Das Todesfallkapital entspricht dem im Zeitpunkt des Todes angesammelten Altersguthaben abzüglich des Barwerts zur Finanzierung der Hinterlassenenrenten. […]

6. Das Todesfallkapital wird folgenden Personen, unabhängig vom Erbrecht, ausbezahlt:
a) dem überlebenden Ehegatten, bei dessen Fehlen
b) dem Lebenspartner gemäss Art. 22, Abs. 10 b, bei dessen Fehlen
c) den Kindern der versicherten Person, bei deren Fehlen
d) der Person, die für den Unterhalt eines oder mehrerer gemeinsamer Kinder aufkommen muss, bei deren Fehlen
e) den natürlichen Personen, die von der versicherten Person zu Lebzeiten gegenüber der Stiftung ausdrücklich und schriftlich als Begünstigte im Todesfall bezeichnet wurden, bei deren Fehlen
f) den Eltern, bei deren Fehlen
g) den Geschwistern zu gleichen Teilen.

Fehlen begünstigte Personen gemäss diesem Absatz wird die Hälfte des Todesfallkapitals an die übrigen gesetzlichen Erben, unter Ausschluss des Gemeinwesens, ausbezahlt.

7. Die versicherte Person kann zu Lebzeiten durch schriftliche Erklärung der Stiftung mitteilen, welche natürlichen Personen aus den Gruppen (b bis g) zu welchen Teilen auf das Todesfallkapital begünstigt werden sollen. Ausserdem können alle Versicherten die Rangordnung der Gruppen (b bis g) abändern. Die Stiftung bestätigt den Eingang der Begünstigung. Sie prüft und entscheidet im Zeitpunkt des Todes, ob die Voraussetzungen für den Anspruch auf das Todesfallkapital erfüllt sind."

Mit Schreiben vom wurde der Bf. von der liechtensteinischen Pensionskasse über seine Anspruchsberechtigung informiert. Am bestätigte diese, dass sie die Auszahlung des Anspruchs in Höhe von 92.203,40 CHF in Kürze vorzunehmen werde. Am wurde der entsprechende Betrag in Höhe von 83.793,71 € (nach Abzug von Spesen) dem gemeinsamen Konto des Bf. und seiner Gattin gutgeschrieben.

Der Bf. ist österreichischer Staatsbürger und hat seinen Hauptwohnsitz in ***Wohnort***. Er bezog im gegenständlichen Jahr ganzjährig Einkünfte von der Pensionsversicherungsanstalt als Pensionist.

3. Beweiswürdigung

Der Sachverhalt ergibt sich widerspruchsfrei aus den vorgelegten Aktenteilen, insbesondere aus den vom Bf. gemeinsam mit der Beschwerde eingebrachten Unterlagen. Der Sachverhalt war zudem zwischen den Verfahrensparteien zu keinem Zeitpunkt strittig. Es besteht für das Bundesfinanzgericht keinerlei Grund zur Annahme, dass der tatsächliche Sachverhalt von den Feststellungen der belangten Behörde abweicht.

4. Rechtliche Beurteilung

Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

§ 25 EStG 1988 lautet auszugsweise:

"(1) Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (Arbeitslohn) sind:
[…]
2. b) Bezüge und Vorteile aus ausländischen Pensionskassen (einschließlich aus ausländischen Einrichtungen im Sinne des § 5 Z 4 des Pensionskassengesetzes).
[…]
(2) Bei den Einkünften im Sinne des Abs. 1 ist es unmaßgeblich, ob es sich um einmalige oder laufende Einnahmen handelt, ob ein Rechtsanspruch auf sie besteht und ob sie dem zunächst Bezugsberechtigten oder seinem Rechtsnachfolger zufließen.
"

§ 124b Z 53 EStG 1988 lautet:

"Zahlungen für Pensionsabfindungen, deren Barwert den Betrag im Sinne des § 1 Abs. 2 Z 1 des Pensionskassengesetzes übersteigt, sind gemäß § 67 Abs. 10 im Kalendermonat der Zahlung zu erfassen. Dabei ist bei Pensionsabfindungen, die im Jahre 2001 zufließen, nach Abzug der darauf entfallenden Beiträge im Sinne des § 62 Z 3, 4 und 5 ein Viertel steuerfrei zu belassen. Zahlungen für Pensionsabfindungen von Pensionskassen auf Grund gesetzlicher oder statutenmäßiger Regelungen sind nach Abzug der darauf entfallenden Pflichtbeiträge ab dem Jahr 2001 und in den folgenden Jahren zu einem Drittel steuerfrei zu belassen."

Der Bf. ist in Österreich unbeschränkt steuerpflichtig. Abfindungen ausländischer Pensionskassenleistungen stellen nach § 25 Abs. 1 Z 2 lit. b EStG 1988 Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit dar und unterliegen der Einkommensteuer. Zahlungen, auf die der Rechtsvorgänger zu Lebzeiten keinen Anspruch hatte und deren Anfall er nicht beeinflussen konnte, gehören nach herrschender Lehre und Rechtsprechung zu den Einkünften des Rechtsnachfolgers; damit werden beispielsweise auch gesetzliche Abfertigungen an unterhaltsberechtigte Erben oder Sterbegelder grundsätzlich von der Steuerpflicht erfasst. Zuletzt hat der Verwaltungsgerichtshof diese Rechtsansicht mehrfach in Bezug auf Todesfallkapitalzahlungen von schweizerischen Pensionskassen bestätigt ( mit weiteren Nachweisen).

Ein Zusammenhang mit dem Erbrecht oder der Erbschaftsteuer, wie vom Bf. im Vorlageantrag ausgeführt, besteht hingegen nicht: Nach dem Reglement der Pensionskasse wird das Todesfallkapital ausdrücklich unabhängig vom Erbrecht ausgezahlt. Der Bf. hatte folglich einen unmittelbaren, nicht vom Erbrecht abgeleiteten Anspruch auf Auszahlung dieses Betrags.

Die Auszahlung des Todesfallkapitals führte daher zu (weiteren) Einkünften aus nichtselbständiger Tätigkeit des Bf. im Jahr 2019. Dass diese Einkünfte - ebenfalls entsprechend der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes - insofern begünstigt zu besteuern sind, dass ein Drittel der ausgezahlten Summe gemäß § 124b Z 53 EStG 1988 steuerfrei zu belassen ist, hat die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid bereits berücksichtigt.

Insgesamt war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Da das vorliegende Erkenntnis der angeführten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes und dem klaren Wortlaut des Gesetzes folgt, war die Revision nicht zuzulassen.

Innsbruck, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Verweise
Zitiert/besprochen in
ECLI
ECLI:AT:BFG:2023:RV.3100009.2023

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at