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Bescheidbeschwerde – Einzel – Beschluss, BFG vom 04.10.2022, RV/7104545/2018

Keine Rechtswirksamkeit eines Umsatzsteuerbescheides, der namentlich an eine aus dem Firmenbuch gelöschte Kommanditgesellschaft gerichtet ist, deren Tätigkeiten, die das wirtschaftliche Erscheinungsbild des Unternehmens ausgemacht haben, vollständig abgewickelt waren.

Entscheidungstext

BESCHLUSS

Das Bundesfinanzgericht fasst durch die Richterin Mag. Maria Daniel in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr*** (persönlich haftende Gesellschafterin: Frau ***1***, Kommanditist: Herr ***2***) betreffend Beschwerde (damalige Berufung) vom gegen die an die ***Bf1*** gerichtete Erledigung des Finanzamtes Wien 4/5/10 (nunmehr Finanzamt Österreich) vom bezeichnet als Umsatzsteuerbescheid 2011, Steuernummer ***BF1StNr1*** den Beschluss:

Die Beschwerde (damalige Berufung) vom wird gemäß § 260 Abs 1 lit a BAO als nicht zulässig zurückgewiesen.

Die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof gem Art 133 Abs 4 B-VG ist nicht zulässig.

Begründung

Die Beschwerdeführerin, eine am gegründete Kommanditgesellschaft (***Bf1***), wurde mit Eintragung vom von Amts wegen aus dem Firmenbuch gelöscht.

Als unbeschränkt haftende Gesellschafterin war Frau ***1*** im Firmenbuch mit einer Wohnadresse in 1170 Wien angeführt.

Kommanditist war laut Firmenbuchauszug Herr ***2*** mit einer Wohnadresse in 1050 Wien.

Ab dem Jahr 2011 wurden weder Umsatzsteuervoranmeldungen eingereicht, noch Zahlungen auf das Abgabenkonto geleistet.

Hinsichtlich Lohnabgaben wurden ab 2011 Leermeldungen abgegeben.

Die persönlich haftende Gesellschafterin, Frau ***1*** ist mit unbekannt verzogen und seither nicht mehr in Österreich gemeldet.

Der am anlässlich einer Umsatzsteuersonderprüfung ausgestellte Umsatzsteuerbescheid 2011 wies als Bescheidadressat namentlich die ***Bf1*** aus.

Gegen den Umsatzsteuerbescheid 2011 erhob die ***Bf1*** mit Schreiben vom im eigenen Namen Berufung (nunmehr Beschwerde) mit dem Hinweis, es würden noch entsprechende Belege über die Verbringung der Waren ins EU-Ausland nachgereicht werden. Mit Schreiben vom ersuchte die belangte Behörde bis längstens um Übermittlung der in der Berufung vom angesprochenen Unterlagen, andernfalls aufgrund der Aktenlage entschieden würde.

Die ***Bf1*** hat in der Folge keine weiteren Unterlagen nachgereicht.

Die Beschwerde (ursprünglich Berufung) wurde am mit Beschwerdevorentscheidung als unbegründet abgewiesen.

Als Bescheidadressat der Beschwerdevorentscheidung wurde die ***Bf1***, zH der steuerlichen Vertretung angeführt.

Im Vorlageantrag vom , der von der ***Bf1*** im eigenen Namen gestellt wurde, wird die ersatzlose Aufhebung "der Bescheide" beantragt und die Beibringung weiterer Beweismittel in Aussicht gestellt.

Gem § 92 Abs 2 BAO ist jeder Bescheid ausdrücklich als solcher zu bezeichnen, hat den Spruch zu enthalten und in diesem die Person (Personenvereinigung, Personengemeinschaft) zu nennen, an die er ergeht.

Erledigungen werden gem § 97 Abs 1 BAO dadurch wirksam, dass sie demjenigen bekannt gegeben werden, für den sie ihrem Inhalt nach bestimmt sind.

Gem § 19 Abs 2 BAO gehen mit Beendigung von Personenvereinigungen (Personengemeinschaften) ohne eigene Rechtspersönlichkeit deren sich aus Abgabenvorschriften ergebenden Rechte und Pflichten auf die zuletzt beteiligt gewesenen Gesellschafter (Mitglieder) über.

Gem § 2 Abs 1 UStG 1994 ist Unternehmer wer eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbständig ausübt.

Entscheidend für die Unternehmereigenschaft iSd § 2 Abs 1 UStG 1994 ist nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, dass der Unternehmer im Wirtschaftsleben nach außen hin (Dritten gegenüber) selbständig in Erscheinung tritt.

Auch Personengesellschaften besitzen Unternehmereigenschaften nur dann und insoweit, als sie durch Leistungen an Dritte im Wirtschaftsleben in Erscheinung treten (vgl ).

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes endet die Unternehmereigenschaft nicht mit der Beendigung der Leistungserstellung oder der Auflösung der Gesellschaft, sondern erst dann, wenn die Tätigkeiten, die das wirtschaftliche Erscheinungsbild des Unternehmens ausgemacht haben, vollständig abgewickelt sind. Die Unternehmereigenschaft bleibt laut Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch solange erhalten, als die durch objektive Umstände erhärtete Absicht der Fortführung des Unternehmens besteht (vgl ).

Wie dargestellt hat die ***Bf1*** ab dem Jahr 2011 weder Umsatzsteuervoranmeldungen eingereicht, noch Zahlungen auf das Abgabenkonto geleistet. Hinsichtlich Lohnabgaben wurden ab 2011 Leermeldungen abgegeben. Sie hat jedenfalls bereits im Laufe des Jahres 2012 keine unternehmerische Tätigkeit mehr entfaltet und auch die Fortführung des Unternehmens nicht mehr beabsichtigt.

Die ***Bf1*** war zum Zeitpunkt der Bescheiderstellung am bereits aus dem Firmenbuch gelöscht und hatte auch davor im Jahr 2012 keine unternehmerische Tätigkeit mehr ausgeübt.

Im Spruch des Umsatzsteuerbescheides für das Jahr 2011 hätte daher gem § 97 Abs 1 BAO iVm § 19 Abs 2 BAO als Bescheidadressat zumindest namentlich die zuletzt beteiligt gewesenen Gesellschafter angeführt werden müssen.

Da als Bescheidadressat namentlich lediglich die ***Bf1*** genannt wurde, erlangte der Umsatzsteuerbescheid vom für das Jahr 2011 keine Rechtswirksamkeit.

Die Beschwerde (damalige Berufung) ist daher spruchgemäß als unzulässig zurückzuweisen.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen einen Beschluss des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil der Beschluss von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Da sich der Beschluss auf die ständige Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes stützt und auch keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vorliegt, ist eine ordentliche Revision nicht zulässig.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 97 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 19 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 92 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
ECLI
ECLI:AT:BFG:2022:RV.7104545.2018

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at