Der unbestimmte Gesetzesbegriff 'Räumlichkeiten' gemäß §§ 2, 5 GastgewerbepauschalierungsVO ist inhaltlich nicht mit jenem des Erlasses BMF-010102/0029-IV/2/2016, BMF-AV Nr. 123/2016 zur Einzelaufzeichnungs-, Registrierkassen- und Belegerteilungspflicht gleichzusetzen.
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den RichterR in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Schmidt & Schmidt KG, Bahnzeile 10, 2130 Mistelbach, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Gänserndorf Mistelbach vom betreffend Einkommensteuer 2017, Steuernummer ***BF1StNr1***, zu Recht erkannt:
I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
I. Verfahrensgang
***Bf1*** (Beschwerdeführer, i.d.F. Bf.) ist im Gastgewerbe (Betriebsart lt. Gewerbeanmeldung: Imbisstube) tätig. Er betreibt Verkaufswägen ,Grillwagen', über die er seine Produkte wie Schnitzel und Grillhendl im Straßenverkauf anbietet.
Im Zuge einer abgabenbehördlichen Prüfung betreffend die Jahre 2015 bis 2017 wurde u.a. festgestellt, dass der Bf. im Jahr 2017 in Anwendung der zu § 17 EStG 1988 ergangenen Gastgewerbepauschalierungsverordnung (i.d.F. VO) das Grundpauschale sowie das Energie- und Raumpauschale beantragt hatte.
Die Geltendmachung des Energie- und Raumpauschales wurde dem Bf. verwehrt.
Dessen Voraussetzungen lägen nach Ansicht der Außenprüfung (i.d.F. Ap.) nicht vor, da ein Verkaufswagen nicht als ,Räumlichkeit' i.S.d. Verordnung angesehen werden könne.
Der zunächst erklärungsgemäß ergangene Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2017 wurde im wiederaufgenommenen Verfahren mit Bescheid vom den Feststellungen der Ap. angepasst.
Gemäß Ap.-Bericht Tz. 4 wurde u.a. das laut § 5 VO geltend gemachte Raum- und Energiepauschale i.H.v. € 19.471,47 durch die tatsächlich angefallenen Kosten (für Gas für Grillgeräte, Standgebühr, Reinigung) i.H.v. € 5.933,47 ersetzt.
In der dagegen erhobenen Beschwerde vom erläuterte der Bf. zunächst, dass der Begriff ,Räumlichkeit' gemäß EStRL bzw. div. Kommentaren sich in der Darstellung, wonach diese außerhalb des Wohnungsverbandes gelegen sein müssten erschöpfe und sich keine darüber hinausgehende gesetzliche oder erlassmäßige Definition finde.
Die fraglichen Verkaufswägen würden Räumlichkeiten darstellen, die auf keiner Seite offen seien bzw. lediglich auf einer Seite eine dem Verkauf dienende Öffnung aufweisen würden.
Gemäß dem , (BMF-010102/0029-IV/2/2016, BMF-AV Nr. 123/2016, i.d.F. Erlass) zur Einzelaufzeichnungs-, Registrierkassen- und Belegerteilungspflicht würde es im Fall von den dort unter Pkt. 6.2.1.3. definierten Räumlichkeiten (die jenen der Verkaufswägen entsprechen würden), gemäß § 2 Barumsatzverordnung (i.d.F. BarUV 2015) i.V.m. § 131 Abs. 4 BAO zu keiner Ausnahme von der Registrierkassenpflicht kommen und dieses Merkmal zur Abgrenzung der von der BarUV 2015 ausgenommenen ,Umsätze im Freien' dienen.
Dem in dem Erlass umschriebenen abgabenrechtlich Begriff ,Räumlichkeiten' könne in der gegenständlich anzuwendenden VO kein anderer Bedeutungsinhalt zugemessen werden, da es sonst zu einer konträren Begriffsauslegung von ,Räumlichkeiten' komme, die im Fall der Registrierkasse eine abgabenrechtliche Konsequenz nach sich ziehe und bei der Gastgewerbepauschalierung völlig negiert werde.
Das Raum- und Energiepauschale lt. § 5 der VO sei in maximal zulässigem Ausmaß i.H.v. (Anm: nunmehr unter Berücksichtigung weiterer unbekämpft gebliebener Festellungen der Ap.) € 20.400,- zu gewähren.
Die Beschwerde wurde mit Beschwerdevorentscheidung vom mit gesonderter Bescheidbegründung vom (Anm: Rückscheine vom 6. bzw. ) als unbegründet abgewiesen.
Das Finanzamt erläutert darin nach Ausführungen zur Betriebsausgabenpauschalierung gemäß Gastgewerbeverordnung, dass der Bundesminister für Finanzen unter bestimmten Voraussetzungen nach § 131 Abs. 4 BAO durch Verordnung Erleichterungen zur Führung von Büchern und Aufzeichnungen festlegen könne.
In der dazu ergangenen Verordnung, BarUV 2015 werde der unbestimmte Gesetzesbegriff, dass Umsätze nicht in oder in Verbindung mit fest umschlossenen Räumlichkeiten ausgeführt werden dürfen, verwendet. Die Beurteilung, ob derartige Umsätze in oder in Verbindung mit fest umschlossenen ,Räumlichkeiten' ausgeführt würden, erfolge nach Maßstab der Verkehrsauffassung.
Im werde unter Pkt. 6.2.1.3. ausgeführt, wann eine Räumlichkeit als fest umschlossen gelte.
Dies sei der Fall, wenn sie zu keiner Seite hin vollständig offen seien oder die dem Verkauf dienenden offenen Seiten während der Geschäftszeiten schließbar seien bzw. wenn sie an einer oder mehreren Seiten dem Verkauf dienende Öffnungen (Fenster) aufweisen würden.
Gemäß Pkt. 6.2.1.5. sei die Abgrenzung auch bei Verkaufsfahrzeugen maßgeblich. Wenn eine Verkaufsbunde eine nach einer Seite hin vollständige offene Verkaufsbude Räder habe, falle sie unter § 2 der BarUV 2015.
Gemäß allgemeiner Verkehrsauffassung sei unter ,Räumlichkeit' ein umbauter Raum, insbesondere ein Innenraum und somit der ,klassische' Begriff eines Gebäudes zu verstehen.
Wenn gemäß BarUV 2015 zusätzlich zu offenen Verkaufsbuden auch Verkaufsfahrzeuge als fest umschlossene Räumlichkeit umschrieben seien gehe daraus hervor, dass solche grundsätzlich nicht unter dem Begriff ,Räumlichkeit' fallen würden und dies nur für den Geltungsbereich der BarUV 2015 der Fall sei.
Aus einer höchstgerichtlichen Entscheidung zu § 1 WEG (Wohnungseigentumsgesetz) könne der Schluss gezogen werden, dass Wohnungseigentumstauglichkeit eines Objektes die bauliche Abgeschlossenheit nach allen Seiten erfordere und ansonsten nach der Verkehrsauffassung zu beurteilen sei (OGH, , 5 Ob 160/01t).
Die Bestimmungen der VO würden auf einen, der allgemeinen Verkehrsauffassung folgenden Begriff der ,Räumlichkeit' schließen lassen, wofür auch spreche, dass die damit angesprochenen Kosten typischerweise solche seien, die im Zusammenhang mit Räumlichkeiten (Strom, Wasser, Kanalgebühr, Gas, Öl, Holz, Pellets, Reinigung, Rauchfangkehrer sowie liegenschaftsbezogene Abgaben und Versicherungen) stehen würden.
Mit Eingabe vom brachte der Bf. einen Antrag auf Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht ein.
Ergänzend wurde festgestellt, dass die Finanzverwaltung nach Wiedergabe des Begriffes ,Räumlichkeiten' gemäß Erlass versuche, diesen nach allgemeiner Verkehrsauffassung zu definieren, worunter sie einen umbauten Raum, insbesondere einen ,Innenraum' verstehe.
Der Begriff ,Räumlichkeit' gemäß VO sei aber nicht mit jenem im Duden auffindbaren Begriff ,zum Wohnen bzw. als Nutzraum verwendeter, von Wänden, Boden und Decken umschlossener Teil eines Gebäudes' gleichzusetzen.
Der Erlassgeber definiere eine fest umschlossene Räumlichkeit gemäß Pkt. 6.2.1.3. Die Finanzverwaltung gehe von einem umbauten Raum, insbesondere einem Innenraum aus, Kriterien die das auf 4 Seiten umbaute Verkaufsfahrzeug erfülle.
Dem wortidenten Begriff ,Räumlichkeit', der sowohl in § 5 der VO wie auch im Erlass zur Auslegung des Begriffes i.S.d. § 131 abs. 4 BAO verwendet werde, müsse der gleiche Stellenwert bzw. Bedeutungsinhalt zukommen.
Der Erlassgeber habe offenbar auch bei Verkaufsfahrzeugen zu unterscheiden versucht, ob es sich um ,fest umschlossene Räumlichkeiten' oder offene Verkaufsbunden handle, für die die Erleichterungsbestimmungen gemäß § 2 BarUV gelten würden.
§ 131 Abs. 4 Z 1 BAO spreche von fest umschlossenen Räumlichkeiten und treffe keine Abgrenzung zwischen Verkaufsfahrzeugen und sonstigen Räumlichkeiten, wofür die Erläuterungen des BMF-Erlasses heranzuziehen seien.
Der Verweis der Behörde auf das Wohnungseigentumsrecht sei verfehlt, da der Begriff der Räumlichkeit in einschlägigen Bestimmungen des Abgabenrechts (VO bzw. Erlass des BMF zu § 131 Abs. 4 BAO) geregelt sei.
II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
§ 17 Abs. 1 und 4 EStG 1988 lautet (auszugsweise):
(1) Bei den Einkünften aus einer Tätigkeit im Sinne des § 22 oder des § 23 können die Betriebsausgaben im Rahmen der Gewinnermittlung gemäß § 4 Abs. 3 mit einem Durchschnittssatz ermittelt werden.
….
(4) Für die Ermittlung des Gewinnes können weiters mit Verordnung des Bundesministers für Finanzen Durchschnittssätze für Gruppen von Steuerpflichtigen aufgestellt werden.
…
Präambel zur Gastgewerbepauschalierungsverordnung 2013:
Auf Grund des § 17 Abs. 4 und 5 des Einkommensteuergesetzes 1988 - EStG 1988, BGBl. Nr. 400, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 112/2012, und zu § 128, § 131 Abs. 1 Z 3 und § 163 der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 112/2012, wird verordnet:
§ 2 Gastgewerbepauschalierungsverordnung 2013 lautet:
(1) Die Betriebsausgaben können unter Zugrundelegung eines Grundpauschales (§ 3), eines Mobilitätspauschales (§ 4) und eines Energie- und Raumpauschales (§ 5) ermittelt werden. Bemessungsgrundlage für alle Pauschalien sind die Umsätze im Sinne des § 125 Abs. 1 BAO.
(2) Voraussetzung für die Berücksichtigung des Mobilitätspauschales ist die Inanspruchnahme des Grundpauschales.
(3) Voraussetzung für die Berücksichtigung des Energie- und Raumpauschales ist die Inanspruchnahme des Grundpauschales sowie das Vorliegen von außerhalb des Wohnungsverbandes gelegenen Räumlichkeiten, die der Ausübung des Gastgewerbes dienen.
§ 5 Gastgewerbepauschalierungsverordnung 2013 lautet:
(1) Das Energie- und Raumpauschale beträgt 8% der Bemessungsgrundlage, höchstens aber 32 000 Euro.
(2) Unter das Energie- und Raumpauschale fallen sämtliche Ausgaben und Aufwendungen aus Anlass der betrieblichen Nutzung von Räumlichkeiten, die der Ausübung des Gastgewerbes dienen. Nicht darunter fallen:
1. die Absetzung für Abnutzung nach den §§ 7 und 8 EStG 1988 sowie ein zu berücksichtigender Restbuchwert,
2. Ausgaben für die Instandsetzung und Instandhaltung,
3. Ausgaben für Miete und Pacht.
(3) Wird das Energie- und Raumpauschale nicht in Anspruch genommen, sind darunter fallende Aufwendungen und Ausgaben gesondert zu berücksichtigen.
§ 131 Abs. 4 BAO lautet (auszugsweise):
Der Bundesminister für Finanzen kann durch Verordnung Erleichterungen bei der Führung von Büchern und Aufzeichnungen, bei der Verwendung eines elektronischen Aufzeichnungssystems nach § 131b und bei der Belegerteilungsverpflichtung nach § 132a, wenn die Erfüllung dieser Verpflichtungen unzumutbar wäre und die ordnungsgemäße Ermittlung der Grundlagen der Abgabenerhebung dadurch nicht gefährdet wird, festlegen. Eine derartige Verordnung kann auch rückwirkend in Kraft gesetzt werden.
Solche Erleichterungen sind nur zulässig:
1. für Umsätze bis jeweils 30 000 Euro pro Kalenderjahr und Abgabepflichtigem (§ 77 Abs. 1), die ausgeführt werden
a) von Haus zu Haus oder auf öffentlichen Wegen, Straßen, Plätzen oder anderen öffentlichen Orten, jedoch nicht in oder in Verbindung mit fest umschlossenen Räumlichkeiten,
…
treffen im Fall der lit. a oder b diese Voraussetzungen nicht auf alle Umsätze eines Betriebes oder wirtschaftlichen Geschäftsbetriebes zu, dann gilt die Befreiung für denjenigen Teil des Umsatzes, der die Voraussetzungen erfüllt,
Der , BMF-010102/0029-IV/2/2016, BMF-AV Nr. 123/2016 zur Einzelaufzeichnungs-, Registrierkassen- und Belegerteilungspflicht lautet (auszugsweise):
Rz. 6.2.1.3.
In Verbindung mit fest umschlossenen Räumlichkeiten
Fest umschlossen ist eine Räumlichkeit dann, wenn sie zu keiner Seite hin vollständig offen ist oder die dem Verkauf dienenden offenen Seiten während der Geschäftszeiten schließbar sind bzw. wenn sie an einer oder mehreren Seiten dem Verkauf dienende Öffnungen (Fenster) aufweist.
Nach einer Seite hin vollständig offen ist eine Räumlichkeit dann, wenn sie ab der üblichen Höhe für Verkaufstheken in voller Breite offen ist und während der Geschäftszeiten nicht geschlossen werden kann.
…
Rz. 6.2.1.5.
Abgrenzung fest umschlossene Räumlichkeit/offene Verkaufsbude
Die Abgrenzung fest umschlossene Räumlichkeit/offene Verkaufsbude ist auch bei Verkaufsfahrzeugen maßgeblich. Wenn daher eine nach einer Seite hin vollständig offene Verkaufsbude Räder hat, fällt sie unter § 2 der BarUV 2015.
Festzuhalten ist zunächst, dass die gegenständlichen VO nicht aufgrund der Verordnungsermächtigung des § 131 BAO, sondern auf jene betreffend § 17 EStG 1988 erging.
In der Präambel zur Gastgewerbepauschalierungsverordnung 2015 wird auf § 128, § 131 Abs. 1 Z 3 und § 163 der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, nicht aber auf § 131 Abs. 4 BAO verwiesen.
In der gegenständlichen VO ist nicht die Rede von ,fest umschlossenen Räumlichkeiten', einem § 131 Abs. 4 Z 1 lit a BAO zu entnehmenden unbestimmten, der Auslegung zugänglichen Gesetzesbegriff, sondern von außerhalb des Wohnungsverbandes liegenden ,Räumlichkeiten' (§ 2 Abs. 3 VO) bzw. ,Räumlichkeiten' die der Ausübung des Gastgewerbes dienen (§ 2 Abs. 3 bzw. 5 Abs. 2 VO).
Der Begriff ,Räumlichkeiten' wird ohne Bezugnahme auf einen expliziten, der VO zugrundeliegenden Gesetzesbegriff verwendet. Es handelt sich um einen auslegungsbedürftigen Begriff, der sich an der Verkehrsauffassung zu orientieren hat.
Zu dem, vom Bf. herangezogenen Erlass ist eingangs zu bemerken, dass es sich dabei mangels Kundmachung im Bundesgesetzblatt um keine vom Bundesfinanzgericht beachtliche Rechtsquelle handelt.
Folgt man dem Begriff ,Räumlichkeit' i.S. des Erlasses, der (gemäß do. Pkt. 1) als Auslegungsbehelf zu den §§ 131 ff BAO erging, so stellt die hierzu maßgebliche Rechtsquelle (§ 131 Abs. 4 Z 1 lit a BAO) auf ,fest umschlossene Räumlichkeiten' ab und wurde dieser unbestimmte Gesetzesbegriff im Erlass näher umschrieben.
Sprachlich folgt schon aus dem Gesetzestext eine Einengung des Begriffes ,Räumlichkeit'.
Die hier maßgebliche VO spricht hingegen von ,Räumlichkeiten' ohne dass diese ,fest umschlossen' sein müssen, vielmehr (§§ 2, 5 VO) haben sie außerhalb des Wohnungsverbandes zu liegen und müssen der Ausübung des Gastgewerbes dienen.
Wie der VwGH in einem Rechtssatz zum Erkenntnis vom , Ra 2016/05/0031 (RS 3) festgehalten hat, ,ist auch im öffentlichen Recht bei der Interpretation nach jenen grundlegenden Regeln des Rechtsverständnisses vorzugehen, die im ABGB für den Bereich der Privatrechtsordnung normiert sind. § 6 ABGB verweist zunächst auf die Bedeutung des Wortlautes in seinem Zusammenhang. Dabei ist grundsätzlich zu fragen, welche Bedeutung einem Ausdruck nach dem allgemeinen Sprachgebrauch oder nach dem Sprachgebrauch des Normengebers zukommt.'
Schon aus den oben dargelegt divergierenden, wenn auch dem Abgabenrecht zuzurechnenden Quellen ergibt sich, dass sich der Begriff ,Räumlichkeit' im Sinne des, diesen Rechtsbegriff auslegenden Erlasses zur BAO (§§ 131ff) von jenem der §§ 2 und 5 der VO unterscheidet.
Wie die Behörde in der Begründung zur Beschwerdevorentscheidung anführt, sollen die durch das Energie- und Raumpauschale abgedeckten Kosten, die VO spricht in § 5 von sämtlichen Ausgaben und Aufwendungen aus Anlass der betrieblichen Nutzung von Räumlichkeiten, die der Ausübung des Gastgewerbes dienen abgedeckt werden, wobei
1. die Absetzung für Abnutzung nach den §§ 7 und 8 EStG 1988 sowie ein zu berücksichtigender Restbuchwert,
2. Ausgaben für die Instandsetzung und Instandhaltung,
3. Ausgaben für Miete und Pacht,
nicht darunter fallen.
Die (ebenfalls keine verbindliche Rechtsquelle darstellenden) EStRL 2000 verstehen darunter lt. Rz 4305 insbesondere folgende Kosten:
- Strom
- Wasser
- Kanalgebühr
- Gas
- Öl, Holz, Kohle, Pellets
- Reinigung
- Rauchfangkehrer
- liegenschaftsbezogene Abgaben und Versicherungen (zB Grundsteuer).
Folgt man dieser (beispielhaften) und in der Literatur unkommentiert wiedergegebenen Aufzählung (u.a. Brameshuber/Halder/Mayr in Doralt/Kichrmayr/Mar/Zorn, EStG21a Rz. 4.3 zu § 17) sollen damit Aufwendungen (Ausgaben) abgegolten werden, die zu einem Gutteil nur bei Teilen eines Gebäudes, nicht jedoch bei Fahrzeugen (Kanalgebühr, Rauchfangkehrer, liegenschaftsbezogene Abgaben) anfallen.
Schon aus diesem Umstand ergeben sich für das Bundesfinanzgericht Zweifel, dass Verkaufsfahrzeuge nach den Intentionen des Gesetzgebers und dem Telos der VO vom Energie- und Raumkostenpauschale umfasst sein sollen.
Geht man von einem allgemeinen Begriffsverständnis für ,Räumlichkeit' aus, finden sich u.a. folgende Definitionen im Internet:
https://www.dwds.de/wb/R%C3%A4umlichkeit
Homepage: Der deutsche Wortschatz von 1600 bis Heute:
Suchwort Begriff ,Räumlichkeit':
1) Raum in einem Gebäude,
2) raumhafte Darstellung, Wirkung.
https://de.wikipedia.org/wiki/R%C3%A4umlichkeit
Homepage Wikipedia - ,Räumlichkeit'
,Räumlichkeit' steht für:
- einen umbauten Raum, einen Innenraum, siehe Raum (Architektur),
- die visuelle Simulation von Raum in einer zweidimensionalen Abbildung, siehe Perspektive,
- die akustische Darstellung einer Schallquelle, siehe Räumlichkeit (Akustik).
Dass der Innenraum eines ,umschlossenen Verkaufsfahrzeuges' nach allgemeiner Verkehrsauffassung unter den Begriff ,Räumlichkeit' fallen würde, ist nicht erkennbar.
Es ist auch nicht anzunehmen, dass mit der gegenständlich anzuwendenden VO die Pauschalierung für Gaststätten zwingend auf fest umschlossene Räumlichkeiten beschränkt werden sollte, eine Konsequenz, die sich aus der Auslegung des Begriffes ,Räumlichkeiten' durch den Bf. ergeben würde.
Wenn der zu §§ 131 Abs. 4 BAO ergangene Erlass den Begriff fest umschlossene ,Räumlichkeit' auf Verkaufsfahrzeuge erweitert, stellt dies daher keineswegs eine, wie vom Bf. angenommen, einheitlich auf alle, diesen Begriff enthaltenden abgabenrechtlichen Bestimmungen anzuwendende Auslegung, dar.
Im Ergebnis ist daher der Begriff ,Räumlichkeiten' lt. Erlass nicht mit jenem lt. VO gleichzusetzen.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Die Frage, ob ein (keine Rechtsquelle darstellender) Erlass des BMfF zu § 131ff BAO mit dem Begriff ,Räumlichkeit' auf eine gleichlautende Bezeichnung eines Verordnungstextes anzuwenden ist, stellt keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung dar.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 17 Abs. 4 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2023:RV.7104822.2019 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at