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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 07.01.2023, RV/6100318/2022

Umrechnung gemäß § 3 Abs. 2 EStG 1988

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2020 Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:

I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.

Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind dem Ende der Entscheidungsgründe dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Die Beschwerdeführerin übermittelte die Arbeitnehmerveranlagung betreffend das Jahr 2020 elektronisch am . Die Abgabenbehörde setzte die Einkommensteuer daraufhin mit Bescheid vom iHv € 290,00 fest. Begründend wurde ausgeführt, die Beschwerdeführerin habe im Jahr 2020 steuerfreie Leistungen wie zB Arbeitslosengeld bezogen. Dies ziehe eine besondere Steuerberechnung nach sich (§ 3 Abs. 2 EStG 1988). Daher seien die steuerpflichtigen Einkünfte auf einen Jahresbetrag umgerechnet worden. Daraus ergebe sich ein Durchschnittssteuersatz, der auf das steuerpflichtige Einkommen angewendet worden sei.

Die Beschwerdeführerin brachte über FinanzOnline am gegen den Einkommensteuerbescheid Beschwerde ein. Begründend führte sie aus, dass Beträge unrichtigerweise hochgerechnet worden seien.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies die Abgabenbehörde die Beschwerde ab.

Dagegen brachte die Beschwerdeführerin mit Schreiben vom einen Vorlageantrag ein mit der Begründung, dass ein Pflichtveranlagungstatbestand vorläge und sie ihren Antrag auf Arbeitnehmerveranlagung zurückziehe.

Am legte die belangte Behörde den Akt dem Bundesfinanzgericht vor.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Bei der Beschwerdeführerin sind im Jahr 2020 folgende Meldungen aktenkundig


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Typ
Art SA
Art
Zeitraum
AG
Betrag
Meldung
1
3(2)
01.01. - 07.01.
AMS
255,99
Lohnzettel
1
84(1)
01.01. - 12.03.
***1*** e.U.
3.753,85
Lohnzettel
15
69(7)
01.01. - 31.12.
BVAEB
737,14
Meldung
1
3(2)
21.03. - 07.04.
AMS
658,26
Lohnzettel
1
84(1)
04.04. - 03.07.
***2*** AG
1.431,25
Meldung
3
3(2)
08.04. - 17.04.
ÖGK
365,70
Meldung
1
3(2)
18.04. - 30.06.
AMS
2.706,18
Meldung
1
3(2)
06.07. - 12.07.
AMS
255,99
Meldung
1
3(2)
13.07. - 11.09.
AMS
2.230,77
Meldung
2
3(2)
13.07. - 11.09.
AMS
126,88
Meldung
1
3(2)
12.09. - 19.10.
AMS
1.389,66
Lohnzettel
1
84(1)
07.10. - 31.12.
***3*** immobilien
1.306,78
Meldung
1
3(2)
20.10. - 31.12.
AMS
2.669,61
Meldung
2
3(2)
20.10. - 31.12.
AMS
151,84
Meldung
1
3(2)
20.10. - 31.12.
AMS
292,00

Die Beschwerdeführerin hat im Jahr 2020 Einkünfte aus der Einlösung von Dienstleistungschecks bezogen.

Die Bezugszeiten betreffend die Dienstleistungschecks fielen im streitgegenständlichen Jahr in die Zeiten des Bezuges von Arbeitslosengeld.

2. Beweiswürdigung

Der Sachverhalt ist insoweit unstrittig und ergibt sich aus den vorgelegten Verwaltungsakten, zu denen auch die Bescheidbeschwerde und der Vorlageantrag gehören.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abänderung)

Sind im Einkommen lohnsteuerpflichtige Einkünfte enthalten, so ist der/die Steuerpflichtige gemäß § 41 EStG 1988 ua zu veranlagen, wenn laut Z 3 ihm im Kalenderjahr Bezüge gemäß § 69 Abs. 2, 3, 5, 6, 7, 8 oder 9 zugeflossen sind (sogenannter Pflichtveranlagungstatbestand).

Gemäß § 69 Abs. 7 EStG 1988 hat die Österreichische Gesundheitskasse bei Auszahlung von Bezügen im Sinne des Dienstleistungsschecks bis 31. Jänner des folgenden Kalenderjahres einen Lohnzettel (§ 84) zur Berücksichtigung dieser Bezüge im Veranlagungsverfahren auszustellen und an ihr Finanzamt zu übermitteln. In diesem Lohnzettel ist ein Siebentel der ausgezahlten Bezüge als sonstiger Bezug gemäß § 67 Abs. 1 auszuweisen. Ein vorläufiger Lohnsteuerabzug hat zu unterbleiben.

§ 3 Abs. 2 EStG 1988 führt aus:
Erhält der Steuerpflichtige ua steuerfreie Bezüge im Sinne des Abs. 1 Z 5 lit. a (das versicherungsmäßige Arbeitslosengeld und die Notstandshilfe oder an deren Stelle tretende Ersatzleistungen) nur für einen Teil des Kalenderjahres, so sind (gemäß § 3 Abs. 2 EStG 1988) die für das restliche Kalenderjahr bezogenen laufenden Einkünfte im Sinne des § 2 Abs. 3 Z 1 bis 3 und die zum laufenden Tarif zu versteuernden Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (§ 41 Abs. 4) für Zwecke der Ermittlung des Steuersatzes (§ 33 Abs. 10) auf einen Jahresbetrag umzurechnen. Dabei ist das Werbungskostenpauschale noch nicht zu berücksichtigen. Das Einkommen ist mit jenem Steuersatz zu besteuern, der sich unter Berücksichtigung der umgerechneten Einkünfte ergibt; die festzusetzende Steuer darf jedoch nicht höher sein als jene, die sich bei Besteuerung sämtlicher Bezüge ergeben würde.

Bei Bezug von Dienstleistungsschecks (§ 69 Abs. 2 EStG 1988) handelt es sich somit um einen Pflichtveranlagungstatbestand. Der Antrag auf Arbeitnehmerveranlagung kann deshalb von der Beschwerdeführerin nicht zurückgezogen werden.

Im streitgegenständlichen Jahr hat die Beschwerdeführerin steuerfreie Bezüge iSd § 3 Abs. 1 Z 5 lit a EStG 1988 nur für einen Teil des Kalenderjahres bezogen. Damit ist der Tatbestand des § 3 Abs. 2 EStG 1988 erfüllt. Somit hat die im § 3 Abs. 2 EStG 1988 angeordnete Rechtsfolge einzutreten, dass die für das restliche Kalenderjahr bezogenen Einkünfte iSd § 2 Abs. 3 Z 1 bis 3 EStG 1988 und die zum laufenden Tarif zu versteuernden Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (§ 41 Abs. 4 EStG 1988) für die Ermittlung des Steuersatzes auf das ganze Kalenderjahr umzurechnen (hochzurechnen) sind (vgl ).

Die Bestimmung des § 3 Abs 2 EStG 1988 hat den Zweck, eine über die Steuerfreistellung des Arbeitslosengeldes hinausgehende Progressionsmilderung bei jenen Arbeitseinkünften zu vermeiden, die der Empfänger eines Arbeitslosengeldes allenfalls in Zeiträumen eines solchen Jahres erzielt, in denen er kein Arbeitslosengeld erhält. Solche Arbeitseinkünfte sollen nicht deswegen geringer besteuert werden, weil der Steuerpflichtige während eines Teiles des Jahres statt Arbeitseinkünften steuerfreies Arbeitslosengeld bezogen hat ().

Allerdings ist der Beschwerde insoweit folge zu geben, als die Bezüge betreffend die Dienstleistungsschecks aus der Umrechnung herauszunehmen sind.

Für die Umrechnung nach § 3 Abs. 2 EStG 1988 dürfen nur die im Kalenderjahr für Zeiten vor und nach dem Arbeitslosengeldbezug bezogenen Einkünfte aus im gegenständlichen Fall nichtselbständiger Arbeit herangezogen werden, während beispielsweise ganzjährig bezogenen Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit nicht mit hochgerechnet werden dürfen (). Es sind Einkünfte iSd § 3 Abs. 2 Z 1 bis 3 EStG 1988 und die zum laufenden Tarif zu versteuernden Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (§ 41 Abs. 4 EStG 1988) umzurechnen, sofern sie eben nur für den restlichen Teil des Kalenderjahres bezogen worden sind (Fuchs in Hofstätter/Reichel, EStG Kommentar § 3 Tz 36).

Da die Bezüge betreffend die Dienstleistungsschecks weder vor noch nach dem Arbeitslosengeld bezogen worden sind, ist das Vorbringen der Beschwerdeführerin, dass die Bezüge betreffend die Dienstleistungsschecks nicht in die Hochrechnung miteinzubeziehen sind, rechtskonform.

Es war spruchgemäß zu entscheiden.

Beilage - Berechnungsblatt

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Da das Bundesfinanzgericht nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen ist, wird keine Rechtsfrage aufgeworfen, welcher eine grundsätzliche Bedeutung iSd Art. 133 Abs. 4 B-VG zukommt. Die Revision war daher nicht zuzulassen.

Salzburg, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2023:RV.6100318.2022

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at