Kein Abzug von als Betriebsausgaben geltend gemachten Provisionszahlungen, wenn die Empfängerbenennung nach § 162 BAO verweigert wird.
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Dr. Anna Radschek in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Cesur AYAS, Bahnstraße 62, 2603 Felixdorf, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Feststellung der Einkünfte gemäß § 188 BAO für 2019, Steuernummer ***BF1StNr1***, zu Recht erkannt:
I. Der angefochtene Bescheid wird - im Umfang der Beschwerdevorentscheidung vom - folgendermaßen abgeändert:
Die im Kalenderjahr 2019 erzielten Einkünfte werden gemäß § 188 BAO festgestellt:
[...]
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
I. Verfahrensgang
Die beschwerdeführende Kommanditgesellschaft betreibt eine Glaserei.
Weil die Steuererklärung für 2019 nicht abgegeben worden war, ermittelte die belangte Behörde die Bemessungsgrundlagen gemäß § 184 BAO im Schätzungsweg und legte diese dem Feststellungsbescheid für 2019 vom zugrunde.
In der dagegen fristgerecht erhobenen Beschwerde führte die Beschwerdeführerin aus, die Schätzung entspreche nicht den Tatsachen, und beantragte die Festsetzung gemäß der beigelegten Abgabenerklärung.
Im Rahmen des anschließenden Vorhalteverfahrens übermittelte die Beschwerdeführerin zwar die Bilanz 2019 und das Anlageverzeichnis, war aber nicht bereit, den geltend gemachten Provisionsaufwand in Höhe von 96.923,00 Euro (in der Gewinn-und Verlustrechnung unter "Sonstigen Aufwand 7731 Provisionsaufwand 0%" ausgewiesen) zu erläutern.
In der Folge wurde der Beschwerdevorentscheidung vom zwar die von der Beschwerdeführerin vorgelegte Gewinnerermittlung, jedoch ohne Berücksichtigung des geltend gemachten Provisionsaufwandes zugrunde gelegt.
Im fristgerecht eingebrachten als Beschwerde bezeichneten Vorlageantrag beantragte die Beschwerdeführerin, den angefochtenen Bescheid im Sinne der eingebrachten Erklärungen für 2019 abzuändern. Begründend wurde festgehalten, dass der Vorhalt im Hinblick auf die Sommersaison und einen schweren Krankheitsfall in der Familie nicht fristgerecht habe beantwortet werden können. Deswegen sei der Geschäftsführer nicht in der Lage gewesen, sich um die Belegsammlung zu kümmern und die angeforderten Unterlagen bereit zu stellen. Die Belege für das Jahr 2019 seien im Archiv gewesen, durch seine damals ständige Abwesenheit habe er diese nicht vorbereiten können.
Dem Vorlageantrag waren ein paar (teilweise schlecht lesbare) Quittungen beigelegt.
Die belangte Behörde legte die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor und beantragte im Vorlagebericht vom die Abweisung der Beschwerde, weil die Beschwerdeführerin auch im Zuge des Vorlageantrags den geltend gemachten Provisionsaufwand nicht nachgewiesen habe.
Mit Beschluss vom forderte das Bundesfinanzgericht die beschwerdeführende Partei gemäß § 162 Abs. 1 BAO auf, innerhalb von drei Wochen ab Erhalt dieses Beschlusses die Empfänger der als Betriebsausgaben erklärten Provisionen in Höhe von insgesamt 96.923,00 Euro mit Namen und Adresse und Höhe der von Ihnen bezogenen Provision genau zu bezeichnen und dabei die jeweilige Vermittlungsleistung und den damit in Zusammenhang stehenden Umsatz darzulegen.
Gleichzeitig wurde festgehalten, dass soweit die verlangten Angaben verweigert würden, gemäß § 160 Abs. 2 BAO die beantragten Absetzungen nicht anzuerkennen seien.
In der Begründung wurde dargelegt, die beschwerdeführende Partei habe im Rahmen ihres Vorlageantrages lediglich unleserliche Bestätigungen über den Erhalt von Beträgen vorgelegt, die in keinem Verhältnis zu den angegebenen Provisionen stünden.
Da nicht erkennbar sei, an wen und wofür die geltend gemachten Provisionen übergeben worden seien, sei die beschwerdeführende Partei gemäß § 162 BAO aufzufordern gewesen, die Empfänger der abgesetzten Beträge genau zu bezeichnen.
Es stehe der beschwerdeführenden Partei aber frei, die Beschwerde gemäß § 256 Abs. 1 BAO zurückzunehmen.
Auf diesen Beschluss erfolgte bis dato keine Reaktion der Beschwerdeführerin.
II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
1. Sachverhalt
Die beschwerdeführende Partei machte in ihrer Abgabenerklärung für 2019 einen Provisionsaufwand in Höhe von 96.923,00 Euro geltend, war aber nicht bereit darzulegen, an wen und für welche Leistungen diese Zahlungen erfolgten. Sie kam auch der Aufforderung des Bundesfinanzgerichtes zur Empfängerbenennung nach § 162 BAO nicht nach.
2. Beweiswürdigung
Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus dem oben dargelegten Verfahrensgeschehen und dem vom Bundesfinanzgericht durchgeführten Ermittlungsverfahren.
3. Rechtliche Beurteilung
3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abänderung)
Gemäß § 4 Abs. 4 EStG 1988 sind Betriebsausgaben die Aufwendungen oder Ausgaben, die durch den Betrieb veranlasst sind.
Wenn der Abgabepflichtige beantragt, dass Schulden, andere Lasten oder Aufwendungen abgesetzt werden, so kann die Abgabenbehörde gemäß § 162 Abs. 1 BAO verlangen, dass der Abgabepflichtige die Gläubiger oder die Empfänger der abgesetzten Beträge genau bezeichnet.
Soweit der Abgabepflichtige die von der Abgabenbehörde gemäß § 162 Abs. 1 BAO verlangten Angaben verweigert, sind die beantragten Absetzungen gemäß § 162 Abs. 2 BAO nicht anzuerkennen.
Diese Bestimmungen gelten gemäß § 2a BAO sinngemäß im Verfahren vor den Verwaltungsgerichten, soweit sie im Verfahren der belangten Abgabenbehörde gelten.
Gemäß § 269 Abs. 1 erster Satz BAO haben die Verwaltungsgerichte im Beschwerdeverfahren die Obliegenheiten und Befugnisse, die den Abgabenbehörden auferlegt und eingeräumt sind.
Zur Erlassung von Aufforderungen nach § 162 BAO sind daher § 269 Abs. 1 BAO zufolge auch die Verwaltungsgerichte befugt (vgl. Ritz/Koran, BAO7 § 162 Rz 1).
§ 162 BAO ist analog auf Personenvereinigungen (Personengemeinschaften) ohne eigene Rechtspersönlichkeit anzuwenden (vgl. Ritz/Koran, BAO7 § 162 Rz 1a).
§ 162 BAO beruht auf dem Grundsatz, dass das, was bei dem einen Abgabepflichtigen abzusetzen ist, bei dem anderen versteuert werden muss, wenn nicht steuerpflichtige Einnahmen unversteuert bleiben sollen. Es kann daher die Absetzung von Betriebsausgaben trotz feststehender sachlicher Berechtigung abgelehnt werden, solange nicht die Möglichkeit, die entsprechenden Einnahmen beim Empfänger zu versteuern, dadurch sichergestellt ist, dass der Steuerpflichtige den Empfänger konkret genannt hat (vgl. ; sowie , mwN).
Die Erlassung solcher Aufforderungen liegt im Ermessen.
Wird von § 162 BAO Gebrauch gemacht, so führt dies bei Verweigerung der verlangten Angaben auch dann zur Nichtanerkennung der Betriebsausgaben, wenn sie als solche erwiesen oder glaubhaft gemacht worden sind. Dies dient bestimmten - die Erfassung der Beträge beim Empfänger betreffenden - Gesetzeszwecken, an denen sich auch die Ausübung des Ermessens, von der Bestimmung Gebrauch zu machen, zu orientieren hat (vgl. ; , mwN). Bei Verweigerung der verlangten Angaben sind die betreffenden Aufwendungen (Schulden) zwingend nicht anzuerkennen; sie sind auch nicht im Schätzungsweg zu berücksichtigen (vgl. ; , 99/13/0150; , 98/13/0156; , 2006/15/0284), sofern das Verlangen sich als rechtmäßig erweist.
Das Verlangen ist vor allem dann rechtswidrig, wenn der Auftrag offenbar unerfüllbar ist (vgl. ; , 98/13/0156; , 2002/13/0236; , Ra 2020/13/0064). Dies ist nach der Rechtsprechung nur dann der Fall, wenn eine unverschuldete tatsächliche Unmöglichkeit vorliegt, die Empfänger (Gläubiger) namhaft zu machen (vgl. ; , 98/13/0156; , 2002/13/0236; , 2008/15/0256; , 2013/15/0155; , Ra 2018/13/0107, 0108; , Ra 2020/13/0001; , Ra 2020/13/0064; , Ra 2018/13/0059; , Ra 2021/13/0035). Eine solche Unmöglichkeit kann zB beim unverschuldeten Verlust von Unterlagen vorliegen ( 44/64).
Hingegen wird es vielfach im Verschulden liegen, Geschäftsbeziehungen so zu gestalten, dass die Person des Empfängers bzw Gläubigers nicht namhaft gemacht werden kann (vgl ; , 94/13/0230; , 93/14/0073; , 2002/13/0236; , 2008/15/0256).
Ist ein auf § 162 gestützter Auftrag erfüllbar, so entheben etwa geschäftliche Rücksichtnahmen auf den Empfänger den Abgabepflichtigen nicht von der Namhaftmachungspflicht (vgl. ; Ritz/Koran, BAO7, § 162 Rz 5).
Der Geschäftsführer der Beschwerdeführerin hat gegenüber der belangten Behörde lediglich vorgebracht, die Belege nicht rechtzeitig übermitteln zu können. Der Aufforderung des Bundesfinanzgerichtes zur Empfängernennung ist er aber überhaupt nicht nähergetreten. Er hat auch nicht dargetan, warum ihm diese unmöglich sein sollte.
Da nicht erkennbar ist, an wen und aufgrund welches Anspruches die Provisionszahlungen angeblich geleistet wurden, kann es nicht als rechtswidrig angesehen werden, die Beschwerdeführerin gemäß § 162 BAO zur Empfängerbenennung aufzufordern.
Im Hinblick darauf, dass ohne Empfängerbenennung weder eine Besteuerung der angeblich getätigten Provisionszahlungen bei den Empfängern erfolgen könnte, noch sichergestellt wäre, dass Zahlungen in diesem Ausmaß auch tatsächlich geleistet wurden, war das Ermessen dahingehend zu üben, die Beschwerdeführerin gemäß § 162 BAO zur Empfängerbenennung aufzufordern.
Da die Beschwerdeführerin auch keine Gründe bekanntgab, die ihr eine Empfängerbenennung unmöglich machten, aber der Aufforderung dennoch nicht nachkam, konnten entsprechend der obigen Ausführungen die geltend gemachten Provisionsaufwendungen nicht als Betriebsausgaben in Abzug gebracht werden.
3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Da die Beurteilung der Rechtsfrage, welche rechtlichen Folgen die Nichtbeantwortung einer Aufforderung zur Empfängerbenennung nach § 162 BAO hat, im Sinne der zitierten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes erfolgte, war die Unzulässigkeit der ordentlichen Revision auszusprechen.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 4 Abs. 4 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 162 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 2a BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 269 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
Verweise | Ritz/Koran, BAO7, § 162 Rz 5 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2023:RV.7103017.2022 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at