Grobe Fahrlässigkeit; Nichtmeldung des Ablebens des Gesellschafter-Geschäftsführers an die Bundesanstalt Statistik Österreich gemäß § 5 WiEReG
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch ***1*** über die Beschwerde des ***Bf1***, geboren am Datum, Adresse, vertreten durch V, Adresse, vom gegen das Erkenntnis des Amtes für Betrugsbekämpfung vom , Geschäftszahl GZ, wegen des Finanzvergehens nach § 15 Abs. 1 WiEReG nach der am in Anwesenheit des Beschuldigten, seines Vertreters V, der Amtsbeauftragten A sowie der Schriftführerin S zu Recht erkannt:
Der Beschwerde wird stattgegeben und das angefochtene Erkenntnis des Amtes für Betrugsbekämpfung vom aufgehoben.
Das beim Amt für Betrugsbekämpfung zur Geschäftszahl GZ geführte Finanzstrafverfahren wegen des Finanzvergehens nach § 15 Abs. 1 WiEReG wird gemäß §§ 136, 157 und 82 Abs. 3 lit. a FinStrG eingestellt.
Eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Die X.GmbH wurde im Jahr 2014 errichtet. Gesellschafter waren die Ehegatten E1 und E2 zu je 50%. E2 fungierte bis zu seinem Ableben am als alleiniger handelsrechtlicher Geschäftsführer.
Der Beschwerdeführer (Bf.) vertrat die X.GmbH seit als alleiniger handelsrechtlicher Geschäftsführer (Firmenbuchabfrage FN).
Mit dem Bescheid vom setzte das Finanzamt gegen die Gesellschaft eine Zwangsstrafe in der Höhe von 1.000 Euro fest, weil die der Gesellschaft am unter Androhung einer Zwangsstrafe zugestellte Aufforderung des Finanzamtes, gemäß § 5 WiEReG innerhalb einer Nachmeldefrist den wirtschaftlichen Eigentümer bekannt zu geben, nicht Folge geleistet wurde. Gleichzeitig wurde die Gesellschaft aufgefordert, bis die bisher unterlassene Handlung nachzuholen.
Da auch bis zum Ablauf dieser Frist eine Meldung nach § 5 WiEReG nicht erfolgte, setzte das Finanzamt mit dem Bescheid vom gegen die Gesellschaft eine Zwangsstrafe in der Höhe von 4.000 Euro fest.
In der gegen diesen Bescheid eingebrachten Beschwerde vom wurde ausgeführt, dass die Gesellschaft keine Aufforderung zur Meldung unter Androhung einer Zwangsstrafe erhalten habe. Der Gesellschaft sei weder der Bescheid vom , mit dem eine Zwangsstrafe über 1.000 Euro festgesetzt worden sei, noch die Erinnerung vom zugestellt worden.
Mit der Beschwerdevorentscheidung vom gab das Finanzamt der Beschwerde gegen den Bescheid über die Festsetzung einer Zwangsstrafe in der Höhe von 4.000 Euro mit der Begründung statt, es läge kein Nachweis betreffend die wirksame Zustellung der Zwangsstrafenfestsetzung von 1.000 Euro unter gleichzeitiger Androhung einer Zwangsstrafe von 4.000 Euro vor.
Am leitete das Amt für Betrugsbekämpfung gegen den Bf. ein Finanzstrafverfahren wegen des Verdachts der Verwirklichung eines Finanzvergehens nach § 15 WiEReG ein und ersuchte ihn um eine Stellungnahme.
Im Schreiben vom verwies der steuerliche Vertreter des Bf. auf die Beschwerdevorentscheidung des Finanzamtes Österreich vom , der zu entnehmen sei, dass die Gesellschaft vom Finanzamt keine Aufforderung zur Meldung unter Androhung einer Zwangsstrafe erhalten habe.
Der Geschäftsführung sei das Meldeversäumnis nicht bewusst gewesen. Bis dato sei keine Meldeverpflichtung nach § 5 WiEReG vorgelegen, weil nur natürliche Personen an der Gesellschaft beteiligt gewesen seien. Erst durch den plötzlichen Tod des E2 im Jänner 2021 sei am im Firmenbuch die "Verlassenschaft nach E2" als Gesellschafterin eingetragen worden. Die damit entstandene Meldeverpflichtung nach dem WiEReG sei für die Geschäftsführung nicht erkennbar gewesen, da sie von der Änderung im Firmenbuch keine Kenntnis hatte und das Verlassenschaftsverfahren bis dato noch nicht abgeschlossen sei.
Erst durch die Zustellung der Verständigung über die Einleitung eines Finanzstrafverfahrens an ***Bf1*** sei der Geschäftsführung das Meldeversäumnis bewusst geworden.
Der Geschäftsführer habe unverzüglich den steuerlichen Vertreter mit der Meldung der wirtschaftlichen Eigentümer beauftragt, die am erfolgt sei.
Mit der Strafverfügung des Amtes für Betrugsbekämpfung vom wurde der Bf. schuldig erkannt, vorsätzlich als Geschäftsführer der X.GmbH und somit für die Einhaltung der Meldepflicht gemäß § 5 WiEReG Verantwortlicher, trotz zweimaliger Aufforderung eine Meldepflichtverletzung nach § 5 WiEReG verwirklicht und hiermit ein Finanzvergehen nach § 15 WiEReG begangen zu haben. Über den Bf. wurde eine Geldstrafe in der Höhe von 5.000 Euro (14 Tage Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt.
Begründend wurde ausgeführt, das Mahnschreiben sei dem Bf. am ebenso elektronisch in die Databox in FinanzOnline zugestellt worden wie die Bescheide über die Festsetzung der Zwangsstrafen von 1.000 und 4.000 Euro.
Im Einspruch gegen die Strafverfügung vom führte der Vertreter des Bf. aus, die gegenständlichen Bescheide seien nicht in die Databox des Bf. zugestellt worden.
Dem beiliegenden Auszug der Gesellschaft sei zu entnehmen, dass die Mahnschreiben bzw. die Bescheide nur in der Databox der Gesellschaft aufscheinen; aus der Position "Allgemeine Grunddaten" sei ersichtlich, dass noch immer die persönliche Email-Adresse des verstorbenen Geschäftsführers E2 als Verständigungs-Email-Adresse über erfolgte Zustellungen aufscheine. Der Bf. habe über die Zustellung der Schriftstücke in die Databox der Gesellschaft keine Verständigung und daher keine Information über die erforderliche Meldeverpflichtung erhalten, obwohl in seiner eigenen Databox andere Schriftstücke der Gesellschaft sehr wohl zugestellt worden seien (z.B. der Körperschaftsteuerbescheid 2019 oder der Körperschaftsteuervorauszahlungsbescheid 2021 der X.GmbH). Der Beschuldigte habe daher davon ausgehen können, dass ihm auch Schriftstücke und Bescheide der Gesellschaft im Zusammenhang mit dem WiEReG in seine Databox zugestellt werden.
In der am vor dem Amt für Betrugsbekämpfung abgehaltenen mündlichen Verhandlung erklärte der Bf., er habe auf die zwei Computer im Büro der Gesellschaft keinen Zugriff gehabt. Er habe ein bis zwei Monate gebraucht, um einen Überblick über das Unternehmen zu bekommen. Die drei Bankinstitute hätten mit dem Ableben des ehemaligen Geschäftsführers E2 am sämtliche Konten gesperrt.
Da er keinen Zugang zu den Computern hatte, habe er lediglich vermutet, dass ein FinanzOnline Zugang der GmbH bestehe.
Die Zugangsdaten seien ihm nicht bekannt gewesen. Körperschaftsteuer- und Umsatzsteuerbescheide der Gesellschaft seien in seiner persönlichen FinanzOnline-Databox zugestellt worden, weshalb er davon ausgegangen sei, dass alle die Gesellschaft betreffenden Dokumente in seine persönliche FinanzOnline-Databox zugestellt werden.
Die Meldeverpflichtung sei durch die Meldung des Notars an das Firmenbuch ausgelöst, vom Notar aber nicht an den Beschuldigten weitergegeben worden.
Mit dem Erkenntnis des Amtes für Betrugsbekämpfung vom wurde der Beschwerdeführer (Bf.) schuldig erkannt, grob fahrlässig als Geschäftsführer der X.GmbH und somit für die Einhaltung der Meldepflicht gemäß § 5 WiEReG Verantwortlicher, trotz zweimaliger Aufforderung eine Meldepflichtverletzung nach § 5 WiEReG verwirklicht und hiermit ein Finanzvergehen nach § 15 des WiEReG begangen zu haben.
Über den Bf. wurde eine Geldstrafe in der Höhe von 4.000 Euro, im Fall der Uneinbringlichkeit der Geldstrafe eine Ersatzfreiheitsstrafe von 14 Tagen festgesetzt.
Gemäß § 185 FinStrG wurden die Kosten des Strafverfahrens mit 400 Euro festgesetzt.
Begründend führte das Amt für Betrugsbekämpfung aus, das FinanzOnline-Konto der Gesellschaft sei nach dem Ableben des ehemaligen Geschäftsführers nicht gesperrt worden; am habe es einen Zugriff gegeben.
Die Bescheide über die Festsetzung der Zwangsstrafen seien mit elektronischem Zustellnachweis in die Data-Box der X.GmbH zugestellt worden.
Das Unterlassen der gelegentlichen Kontrolle der Databox des Verbandes stelle ein Verhalten dar, das gegen Sorgfaltsnormen verstoße, die den Beschuldigten als Geschäftsführer träfen, da ein gewissenhafter und sorgfältiger Geschäftsführer in regelmäßigen Abständen die Data-Box seines Unternehmens auf Neuigkeiten kontrolliert oder zumindest einen steuerlichen Vertreter mit dieser Aufgabe betraut hätte.
In der gegen das Erkenntnis eingebrachten Beschwerde vom wurde ausgeführt, die Finanzstrafbehörde habe keine Aussage darüber getroffen, warum Abgabenbescheide in die persönliche Databox des Bf., Bescheide im Zusammenhang mit dem WiEReG hingegen ausschließlich in die Databox der Gesellschaft zugestellt wurden. Die abweichende Zustellung sei jedoch für die Beurteilung der Schuldform des Bf. entscheidend. Da in seiner eigenen Databox laufend Schriftstücke der GmbH zugestellt wurden, habe er keine Notwendigkeit gesehen, zusätzlich einen eigenen FinanzOnline-Zugang für die Gesellschaft zu beantragen. Erst durch die Zustellung der Einleitung des Finanzstrafverfahrens sei dem Bf. das Meldeversäumnis bewusst geworden.
Der Zugriff auf die Databox der Gesellschaft am sei nicht durch ihn erfolgt.
In der am abgehaltenen mündlichen Verhandlung führte der Bf. aus, er sei KFZ-Mechaniker-Meister. Anschließend sei er in das Baunebengewerbe eingestiegen (Handel und Vertrieb von Fenstern) und habe sich selbständig gemacht. Er sei gerichtlich beeideter Sachverständiger für das Baunebengewerbe (Fenster). Geschäftsführer einer GmbH sei er vor dem Jahr 2021 nicht gewesen.
Die Geschäftsführertätigkeit bei der X.GmbH habe er übernommen, weil er mit dem Gesellschafter E2 20 Jahre lang beruflich und freundschaftlich verbunden war. Dessen Witwe habe ihn ca. 3 Wochen nach dem Ableben ihres Mannes ersucht, ihr zu helfen, weil die Unternehmen in Konkurs geschickt werden sollten.
E2 sei auch Gesellschafter-Geschäftsführer der P.GmbH gewesen. Die X.GmbH habe die Patente und die Gebrauchsrechte für die Erfindungen des E2 verwaltet und nur einen Umsatz von ca. 30.000 € im Jahr gemacht, während sich der Umsatz der P.GmbH, über die die Produkte vertrieben wurden, auf ca. 1 Million € belief. Nach dem Tod des E2 habe Chaos geherrscht, der Bf. habe keinen Zugang zu den Computern bzw. zur Databox der GmbH gehabt. Er habe auf seine Databox Mitteilungen über die Zustellung von Bescheiden an die GmbH erhalten. Sämtliche Bescheide habe er sofort an den steuerlichen Vertreter weitergeleitet. Er habe nicht gedacht, dass es weitere Zustellungen an die GmbH gebe, die er nicht einsehen könne. Er beantrage die Aufhebung des Erkenntnisses und die Einstellung des Strafverfahrens, weil er sich keiner Schuld bewusst sei.
Von der Amtsbeauftragten wurde eine Anfrage an die Verfahrensbetreuung mit dem Inhalt vorgelegt, warum die Abgabenbescheide der Gesellschaft in die persönliche Databox des Bf. zugestellt wurden, während die das WiEReG betreffenden Schriftstücke in die Databox der Gesellschaft zugestellt wurden.
Nach der Antwort der Verfahrensbetreuung ist dies darauf zurückzuführen, dass die Zustellservices der einzelnen Verfahren nicht ident sind. WiEReG verwendet das GDV Zustellservice; in diesem System ist festgelegt, dass elektronische Zustellungen an eine juristische Person immer an die juristische Person selbst erfolgen. Die Applikation Abgabenfestsetzung verwendet hingegen aus technischen Gründen ein anderes System und stellt, wenn ein Geschäftsführer angemerkt ist, bei elektronischer Zustellung eines Bescheides an die Databox des Geschäftsführers und nicht der juristischen Person selbst zu.
Im Übrigen verwies die Amtsbeauftragte auf die ausführliche Begründung im angefochtenen Erkenntnis.
Über die Beschwerde wurde erwogen:
Gemäß § 15 Abs. 1 Wirtschaftliche Eigentümer Registergesetz (WiEReG) macht sich eines Finanzvergehens schuldig, wer
1. eine unrichtige oder unvollständige Meldung (§ 5) abgibt und dadurch wirtschaftliche Eigentümer nicht offenlegt,
2. seiner Meldepflicht (§ 5) trotz zweimaliger Aufforderung nicht nachkommt,
3.bei Wegfall einer Meldebefreiung nach § 6 oder in den Fällen des § 3 Abs. 8 vor der Beurkundung oder Aufnahme einer Notariatsurkunde zum Zwecke des Erwerbs eines im Inland gelegenen Grundstücks keine, eine unrichtige oder eine unvollständige Meldung abgibt und dadurch wirtschaftliche Eigentümer nicht offenlegt,
4. Änderungen der Angaben über die wirtschaftlichen Eigentümer nicht binnen vier Wochen nach Kenntnis der Änderung übermittelt (§ 5 Abs. 1),
…..
und ist bei vorsätzlicher Begehung mit einer Geldstrafe bis zu 200 000 Euro zu bestrafen. Wer die Tat grob fahrlässig begeht, ist mit einer Geldstrafe bis zu 100 000 Euro zu bestrafen.
Gemäß § 1 Abs. 1in Verbindung mit Abs. 2 Z 4 WiEReG ist dieses Bundesgesetz auf Gesellschaften mit beschränkter Haftung anzuwenden.
Gemäß § 2 Z 1 WiEReG sind wirtschaftlicher Eigentümer alle natürlichen Personen, in deren Eigentum oder unter deren Kontrolle ein Rechtsträger letztlich steht, hierzu gehört zumindest folgender Personenkreis:
1. bei Gesellschaften, insbesondere bei Rechtsträgern gemäß § 1 Abs. 2 Z 1 bis 11, 13 und 14:
a) alle natürlichen Personen, die direkt oder indirekt einen ausreichenden Anteil von Aktien oder Stimmrechten (einschließlich in Form von Inhaberaktien) halten, ausreichend an der Gesellschaft beteiligt sind (einschließlich in Form eines Geschäfts- oder Kapitalanteils) oder die Kontrolle auf die Gesellschaft ausüben:
aa) Direkter wirtschaftlicher Eigentümer: wenn eine natürliche Person einen Anteil von Aktien oder Stimmrechten von mehr als 25 vH oder eine Beteiligung von mehr als 25 vH an der Gesellschaft hält oder eine natürliche Person oder mehrere natürliche Personen gemeinsam direkt Kontrolle auf die Gesellschaft ausüben, so ist diese natürliche Person oder sind diese natürliche Personen direkte wirtschaftliche Eigentümer.
…..
Gemäß § 5 Abs. 1 WiEReG haben die Rechtsträger die folgenden Daten über ihre wirtschaftlichen Eigentümer an die Bundesanstalt Statistik Österreich als Auftragsverarbeiterin der Registerbehörde zu melden:
1. bei direkten wirtschaftlichen Eigentümern:
a) Vor- und Zuname;
b) sofern diese über keinen Wohnsitz im Inland verfügen, die Nummer und die Art des amtlichen Lichtbildausweises;
c) Geburtsdatum und Geburtsort;
d) Staatsangehörigkeit;
e)Wohnsitz;
Wenn ein wirtschaftlicher Eigentümer verstorben ist, ist dies anzugeben; Diesfalls entfallen die Angaben gemäß lit. b bis e. …..
…..
Der Rechtsträger hat die Daten binnen vier Wochen nach der erstmaligen Eintragung in das jeweilige Stammregister oder bei Trusts und trustähnlichen Vereinbarungen nach der Begründung der Verwaltung im Inland zu übermitteln. Änderungen der Angaben sind binnen vier Wochen nach Kenntnis der Änderung zu übermitteln. Bei Daten des Rechtsträgers selbst, die im jeweiligen Stammregister eingetragen sind, ist jedenfalls Kenntnis ab deren Eintragung im jeweiligen Stammregister anzunehmen. Entfalten Umstände bereits vor Eintragung in das Stammregister eine Wirkung auf die wirtschaftlichen Eigentümer eines Rechtsträgers, so ist für den Beginn der Meldefrist auf den Beginn der Wirksamkeit abzustellen. Bei Vorliegen einer Meldebefreiung gemäß § 6 entfällt die Verpflichtung zur Meldung der Änderungen, wenn die Eintragung im jeweiligen Stammregister binnen vier Wochen beantragt wird. Rechtsträger, die nicht gemäß § 6 von der Meldepflicht befreit sind, haben binnen vier Wochen nach der Fälligkeit der jährlichen Überprüfung gemäß § 3 Abs. 3, die bei der Überprüfung festgestellten Änderungen zu melden oder die gemeldeten Daten zu bestätigen.
Das Bundesgesetz über die Einrichtung eines Registers der wirtschaftlichen Eigentümer von Gesellschaften, anderen juristischen Personen und Trusts (Wirtschaftliche Eigentümer Registergesetz - WiEReG) aus dem Jahr 2017 setzt im Wesentlichen die EU-Richtlinie zur Verhinderung der Nutzung des Finanzsystems zum Zwecke der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung, EU 2015/849 in der Fassung EU 2018/843 (5. Geldwäscherichtlinie) um.
Die X.GmbH wurde im Jahr 2014 errichtet; Gesellschafter der GmbH waren E1 und E2 zu je 50%.
Gemäß § 6 Abs. 2 WiEReG sind Gesellschaften mit beschränkter Haftung gemäß § 1 Abs. 2 Z 4 von der Meldung gemäß § 5 befreit, wenn alle Gesellschafter natürliche Personen sind. Diesfalls sind die im Firmenbuch eingetragenen Gesellschafter von der Bundesanstalt Statistik Österreich als wirtschaftliche Eigentümer zu übernehmen, wenn diese eine Beteiligung von mehr als 25 vH halten. …..
Eine Meldung der Daten durch den Rechtsträger X.GmbH war daher bis zum Ableben des Gesellschafter-Geschäftsführer E2 nicht erforderlich, die Daten wurden von der Bundesanstalt Statistik Österreich aus dem Firmenbuch übernommen.
Am verstarb E2. Gemäß § 5 Abs. 1 Z 1 WiEReG ist anzugeben, wenn ein wirtschaftlicher Eigentümer verstorben ist. Da Änderungen der Angaben binnen vier Wochen nach Kenntnis der Änderung zu übermitteln sind (§ 5 Abs. 1 WiEReG), hätte die Meldung über das Ableben des E2 (bzw. der neuen Gesellschafterin "Verlass nach E2") an die Bundesanstalt Statistik Österreich bis erfolgen müssen.
Der Bf. vertrat die Gesellschaft seit als alleiniger Geschäftsführer und war daher auch verantwortlich für die Einhaltung der Meldepflicht nach § 5 WiEReG. Er kommt daher als unmittelbarer Täter des Finanzvergehens nach § 15 WiEReG in Frage.
Wird die Meldung gemäß § 5 nicht erstattet, kann das Finanzamt Österreich deren Vornahme durch Verhängung einer Zwangsstrafe gemäß § 111 BAO erzwingen. Die Androhung der Zwangsstrafe ist mit Setzung einer Frist von sechs Wochen vorzunehmen (§ 16 Abs. 1 WiEReG).
Da eine Meldung der Daten durch den Rechtsträger nicht erfolgte, wurde die Gesellschaft mit dem Schreiben des Finanzamtes vom erstmals aufgefordert, ihrer Meldepflicht nach den Bestimmungen des § 5 WiEReG nachzukommen und ihr die Festsetzung einer Zwangsstrafe in der Höhe von 1.000 € angedroht, sollte die fehlende Meldung nicht bis zur eingeräumten Frist am nachgeholt werden. Laut dem vom Bf. vorgelegten FinanzOnline-Auszug der X.GmbH trägt die am in der Data-Box eingelangte Mitteilung den Status "ungelesen".
Mit dem Bescheid vom setzte das Finanzamt Österreich die angedrohte Zwangsstrafe von 1.000 € fest und forderte die GmbH neuerlich auf, die bisher unterlassene Handlung nachzuholen, andernfalls eine Zwangsstrafe in der Höhe von 4.000 € verhängt werde. Laut dem vom Bf. vorgelegten FinanzOnline-Auszug der X.GmbH trägt der am in der Data-Box zugestellte Bescheid den Status "ungelesen".
Gemäß § 5b Abs. 1 FinanzOnline-Verordnung 2006 haben die Abgabenbehörden nach Maßgabe ihrer technischen Möglichkeiten Zustellungen an Empfänger, die Teilnehmer von FinanzOnline sind, elektronisch vorzunehmen.
Jeder Teilnehmer kann in FinanzOnline eine elektronische Adresse angeben, an welche er über eine elektronische Zustellung zu informieren ist. Die Wirksamkeit der Zustellung der Erledigung selbst wird durch die Nichtangabe, durch die Angabe einer nicht dem Teilnehmer zuzurechnenden oder durch die Angabe einer unrichtigen oder ungültigen elektronischen Adresse nicht gehindert (§ 5b Abs. 2 FinanzOnline-Verordnung 2006).
Elektronisch zugestellte Dokumente gelten gemäß § 98 Abs. 2 BAO als zugestellt, sobald sie in den elektronischen Verfügungsbereich des Empfängers gelangt sind. ….
Der Zeitpunkt, an dem die Daten in den elektronischen Verfügungsbereich des Empfängers gelangt sind, ist bei FinanzOnline der Zeitpunkt der Einbringung der Daten in die Databox, zu der der Empfänger Zugang hat. Auf das tatsächliche Einsehen der Databox durch den FinanzOnline-Teilnehmer kommt es nicht an.
Die in die Databox der X.GmbH elektronisch übermittelten Aufforderungen vom sowie vom wurden daher rechtswirksam an die Gesellschaft zugestellt, auch wenn die Information über die Zustellung nicht an den Bf., sondern an die nicht geänderte E-Mail Adresse des verstorbenen Gesellschafter-Geschäftsführers E2 (***@***) gesendet wurde.
Zur subjektiven Tatseite ist auszuführen:
Eine Bestrafung nach § 15 Abs. 1 Z 2 WiEReG setzt vorsätzliche oder grob fahrlässige Begehungsweise voraus.
Gemäß § 8 Abs. 3 FinStrG handelt grob fahrlässig, wer ungewöhnlich und auffallend sorgfaltswidrig handelt, sodass der Eintritt eines dem gesetzlichen Tatbild entsprechenden Sachverhaltes als geradezu wahrscheinlich vorhersehbar war.
Dem Täter fällt bei schwerem Verschulden eine ungewöhnliche, auffallende Sorglosigkeit zur Last; der Eintritt des tatbildmäßigen Erfolges muss ihm als wahrscheinlich und nicht bloß als entfernt möglich vorhersehbar sein, wobei immer die Lage des konkreten Falles, insbesondere der in der Tat verwirklichte Handlungswert und Gesinnungswert in Betracht zu ziehen ist. Die mit schwerem Verschulden gleichzusetzende grobe Fahrlässigkeit erfordert, dass ein objektiv besonders schwerer Sorgfaltsverstoß auch subjektiv schwerstens vorzuwerfen ist. Selbst die Missachtung einer grundlegenden Norm muss noch kein schweres Verschulden begründen. Schweres Verschulden liegt demnach nicht vor, wenn bloß das durchschnittliche Maß einer Fahrlässigkeit überschritten wird; das Verhalten des Täters muss vielmehr eine das durchschnittliche Maß einer Fahrlässigkeit beträchtlich übersteigende Sorglosigkeit erkennen lassen ().
Im Erkenntnis argumentiert die Finanzstrafbehörde, das Unterlassen der gelegentlichen Kontrolle der Data-Box der Gesellschaft stelle grobe Fahrlässigkeit dar, weil ein gewissenhafter und sorgfältiger Geschäftsführer die Data-Box des Unternehmens auf Neuigkeiten kontrolliert oder einen steuerlichen Vertreter mit dieser Aufgabe betraut hätte.
Der Bf. wendet in diesem Zusammenhang zu Recht ein, dass er vom Finanzamt an die Gesellschaft erlassene Abgabenbescheide und Buchungsmitteilungen erhalten hat und daher im Glauben war, alle für die Gesellschaft relevanten Schriftstücke der Abgabenbehörde würden ihm zur Kenntnis gebracht. Für den Bf. war durch die Nichtüberprüfung der Databox der Gesellschaft nicht als wahrscheinlich vorhersehbar, dass der Gesellschaft Schriftstücke zugestellt werden, von deren Zustellung er nicht informiert wird.
Angesichts der bis dahin aufrechten Befreiung der Gesellschaft von der Meldepflicht nach § 5 WiEReG kann der Verstoß der Nichtmeldung des Ablebens des Gesellschafters (Gesellschafter der GmbH zu 50% statt E2 nunmehr der Verlass nach E2) nicht als objektiv besonders schwer angesehen werden. Auch dem Bf. selbst ist als nicht rechtskundigen Geschäftsführer und angesichts der Information über die Zustellung von Abgabenbescheiden und Buchungsmitteilungen auch subjektiv keine besonders schwere Nachlässigkeit vorzuwerfen, wenn ihm nicht bekannt war, dass Bescheide, die vom Finanzamt im Zusammenhang mit dem WiEReG erlassen werden, nicht in die Databox des Geschäftsführers weitergeleitet werden, sondern ausschließlich in die Databox der Gesellschaft selbst gelangen.
Wer am auf die Databox der Gesellschaft zugegriffen hat, konnte nicht festgestellt werden. Es ist jedoch davon auszugehen, dass der Zugriff nicht durch den Bf. erfolgte, weil er zu diesem Zeitpunkt keinen Zugriff auf die Computer bzw. die Databox der Gesellschaft hatte.
Da somit das Vorliegen grober Fahrlässigkeit beim Bf. nicht nachgewiesen werden konnte, war das angefochtene Erkenntnis antragsgemäß aufzuheben und das Finanzstrafverfahren nach § 15 Abs. 1 Z WiEReG einzustellen.
Zur Unzulässigkeit der Revision
Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine Revision nicht zulässig, da das Erkenntnis nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Beilage für die Parteien: NS über die mündliche Verhandlung vom
Graz, am
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Materie | Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen | § 15 Abs. 1 WiEReG, Wirtschaftliche Eigentümer Registergesetz, BGBl. I Nr. 136/2017 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2023:RV.2300005.2022 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at