Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 30.06.2022, RV/4100036/2015

Fahrtkosten zu Rhetorikkursen

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des ***Finanzamtes A*** (nunmehr Finanzamt Österreich) vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2010 zu Recht erkannt:

I.Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.

Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind der Beschwerdevorentscheidung vom zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Der Beschwerdeführer (in Folge Bf.) machte im Rahmen seines Antrages auf Arbeitnehmerveranlagung für das Jahr 2010 unter anderem Ausgaben für Aus- und Fortbildung geltend.

Mit Ersuchen um Ergänzung vom forderte das Finanzamt den Bf. auf, die beantragten Kosten für Aus- und Fortbildung aufzugliedern, eine Arbeitsplatzbeschreibung und diverse Unterlagen vorzulegen.

Der Bf. beantwortete das Ersuchen am insoweit, als dass er die Umschulungskosten seiner Frau zur Diplomkrankenschwester getragen habe. Darüber hinaus legte er eine Aufstellung seiner geltend gemachten Ausgaben bei, die unter anderem Fahrtkosten iHv € 930,24 und Parkgebühren iHv € 11,50 zu Kursen, die der Bf. selbst absolviert hatte, enthielt. Ebenso legte er Teilnahmebestätigungen diverser Kurse vor.

Mit Einkommensteuerbescheid vom wurden diese nicht anerkannt. Begründend wurde ausgeführt, dass Werbungskosten Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Erhaltung und Sicherung der Einnahmen seien. Die Berücksichtigung von Ausgaben und Aufwendungen für Angehörige (PartnerIn, Kinder) sei daher nicht möglich.

Gegen den Einkommensteuerbescheid erhob der Bf. mit Schriftsatz vom rechtzeitig Beschwerde und brachte im Wesentlichen vor, dass er akzeptiere, dass die Abschreibung der Kosten für die Berufsausbildung seiner Frau nicht möglich sei. Er müsse aber Beschwerde hinsichtlich der Nichtbeachtung seiner eigenen Werbungskosten einlegen und legte nochmals die Aufstellung der Werbungskosten bei.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom anerkannte das Finanzamt ua. die Fahrtkosten iHv € 414,96 zu den Kursen "Professionell Investitionsgüter und Projekte einkaufen" und "Rahmenverträge im Einkauf sicher gestalten", da diese berufsbezogen seien. Die Fahrt- und Parkkosten zu den Rhetorikkursen seien nicht anzuerkennen, da diese nicht ausreichend berufsbezogen seien.

Mit Schreiben vom brachte der Bf. bezüglich der Nichtanerkennung seiner Fahrtkosten zu den Rhetorikseminaren fristgerecht Vorlageantrag ein und führte im Wesentlichen aus, dass er im Dezember 2009 seine Anstellung nur mit der Zusage bekommen habe, dass er sich für berufliche Weiterbildung zur Verfügung stelle. Die Rhetorikkurse seien für seinen beruflichen Alltag sehr wichtig, da er tagtäglich mit Lieferanten seines Arbeitgebers über Preise und andere Konditionen verhandle. Umso besser seine rhetorische Vorgangsweise bei den Verhandlungen sei, desto hilfreicher sei er für seinen Arbeitgeber um Gewinne zu erwirtschaften. Mit diesem Rhetorikkurs sei sein Arbeitgeber auf ihn zugekommen und habe sogar die Kurskosten übernommen. Die Fahrtkosten habe er auf sich nehmen müssen. Die Fortbildung habe eindeutig der Verbesserung seiner Kenntnisse und Fähigkeiten für seine berufliche Tätigkeit gedient. Die Kurse seien daher auch berufsbezogen gewesen. Wenn die Ausbildung nicht ausreichend berufsbezogen wäre, hätte sein Arbeitgeber die Kurskosten sicher nicht übernommen.

Mit Vorlagebericht vom legte das Finanzamt die Beschwerde an das Bundesfinanzgericht vor und beantragte die Fahrtkosten und Parkgebühren im Zusammenhang mit den Rhetorikkursen nicht anzuerkennen.

Mit Beschluss vom forderte das Bundesfinanzgericht den Bf. auf, den beruflichen Aufgabenbereich im Jahr 2010 zu schildern, die berufliche Notwendigkeit der Rhetorikkurse auszuführen und die Kursbeschreibungen vorzulegen. Sollten die Kursbeschreibungen nicht vorgelegt werden (können), beabsichtige das Bundesfinanzgericht dem Beschluss beiliegende Kursbeschreibungen für Rhetorik-Seminare I-III und V, welche es zu anderen Kursterminen im Internet gefunden habe, zugrunde zu legen.

Der Bf. kam der Aufforderung nicht nach.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Der Bf. war im streitgegenständlichen Jahr als Einkäufer für seinen Arbeitgeber, die ***GmbH***, tätig.

Er besuchte im Jahr 2010 unter anderem folgende Rhetorikkurse mit folgenden Seminar-beschreibungen:
Rhetorik I - Nie mehr Lampenfieber
"Anhand von wirkungsvollen Übungen erarbeiten Sie die Grundlagen der Kommunikation sowie die Unterschiede in der Wirkung von gesprochener Sprache und Körpersprache. Sie lernen Haltung, Mimik und Gestik ganzheitlich einzusetzen und erfahren, wie Sie die Gedankenfülle des Unterbewußtseins richtig "anzapfen" und die Verstands- und Gefühlsebene Ihres Gegenübers ansprechen können. Weiters erarbeiten Sie den Aufbau einer Rede von Stichwortzettel zur "Überzeugungsformel" bis zur "Notformel" für Überraschungsreden."

Rhetorik II - Überzeugungsreden
"Der Schwerpunkt des Seminars liegt in der Dialektik. Es geht vor allem um praktische Anwendungen in den verschiedenen Bereichen der Kommunikation. Sie befassen sich verstärkt mit Ihrer "Selbstoffenbarung" gegenüber Ihrem Gesprächspartner oder Ihren Zuhörern. Dazu lernen Sie die "Überzeugungsformel" kennen, die sehr wirkungsvoll in ihrer Anwendung ist. Der Inhalt (Was), die im Seminar gelernten Werkzeuge (Wie), Ihre Persönlichkeit (Wer) und die Fähigkeit, zu überzeugen (Wozu).

Rhetorik III - Diskussion, Argumentation und Verhandlung
"Durch die richtige Anwendung von Gesprächs- und Fragetechniken überzeugen Sie in Gesprächen, bei Verhandlungen und im Verkauf und setzen sich bei Diskussionen durch. Anhand von Diskussions- und Verhandlungsübungen lernen Sie Ergebnisse zu erzielen, die von allen getragen werden und Sie erkennen "was überhaupt läuft". Zudem erfahren sie grundlegende induktive und deduktive Methoden in der Kommunikation und im Konfliktmanagement."

Rhetorik IV - Körpersprache

Rhetorik V - Sprechtraining
"In diesem Seminar geht es vor allem um professionelle Atemübungen, da der Klang Ihrer Stimme von der Atmung abhängt. Sie arbeiten an Vokalen, Konsonanten, Lautverbindungen und Nebensilben. Artikulations-Übungen, Lese- und Geläufigkeitsübungen verleihen Ihrer Stimme den richtigen Klang. Wenn Sie mit Begeisterung sprechen, können Sie Ihre Anliegen leichter transportieren. Mit ihrer geschulten Stimme und einer richtigen Pausentechnik wirken Sie kompetenter und sicherer. Dazu gehören noch richtiges Betonen, eine korrekte Aussprache sowie das Heben und Senken der Stimme"

Als Zielgruppe galten laut Seminarbeschreibung alle Personen, die ein berufliches oder privates Interesse an der Ausbildung haben.

Die Kurskosten zahlte der Arbeitgeber.

Zu den Seminaren fuhr der Bf. mit seinem privaten PKW und machte als Fahrtkosten das Kilometergeld für folgende Fahrten geltend:

bis ***A*** - ***B*** - ***A*** 396 km
bis ***A*** - ***C***- ***A*** 240 km
bis ***A*** - ***C*** - ***A*** 240 km
bis ***A*** - ***C*** - ***A*** 240 km
bis ***A*** - ***C*** - ***A*** 240 km

Für zwei Kurse in ***C*** machte der Bf. Kosten für Parkgebühren iHv € 11,50 geltend.

Die berufliche Notwendigkeit und Erforderlichkeit der Kurse konnte nicht festgestellt werden.

2. Beweiswürdigung

Der entscheidungswesentliche Sachverhalt ergibt sich aus dem dem Bundesfinanzgericht elektronisch vorgelegten Akt, insbesondere aus der vom Bf. vorgelegten Aufstellung der Werbungskosten, Seminarbestätigungen sowie den Beschwerden und Antwortschreiben des Bf.
Da der Bf. auf Aufforderung des Bundesfinanzgerichtes keine Seminarbeschreibungen vorlegte, werden die dem Bf. im Beschluss vom mitübersandten Seminarbeschreibung der Seminare Rhetorik I, Rhetorik II, Rhetorik III und Rhetorik V, welche zu anderen Terminen stattgefunden hatten, dem Erkenntnis zu Grunde gelegt, da davon auszugehen ist, dass sich an den Inhalten der gleichlautenden Seminare nichts Wesentliches geändert haben wird.

Der Bf. hat nicht dargelegt, welche konkreten Aufgaben er für seinen Arbeitgeber durchzuführen hatte, sondern allgemein ausgeführt, dass er als Einkäufer tagtäglich mit Lieferanten seines Arbeitgebers über Preise und andere Konditionen verhandle. Umso besser seine rhetorische Vorgangsweise bei den Verhandlungen sei, desto hilfreicher sei er für seinen Arbeitgeber um Gewinne zu erwirtschaften. Inwieweit die konkreten Kursinhalte notwendig waren, hat der Bf. nicht dargelegt.
Die Kurskosten wurden zwar vom Arbeitgeber getragen, jedoch sind die Kurse sowohl für berufliches als auch privates Interesse ausgelegt. Die Kursinhalte sind sehr allgemeiner Art und nicht spezifisch auf die Tätigkeit als Einkäufer zugeschnitten.
Die berufliche Notwendigkeit und die Erforderlichkeit der Rhetorikseminare für die berufliche Tätigkeit konnte daher nicht festgestellt werden.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

Gemäß § 16 Abs. 1 EStG 1988 sind Werbungskosten die Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen.

Gemäß § 16 Abs. 1 Z 10 EStG 1988 gehören Aufwendungen für Aus- und Fortbildungsmaßnahmen im Zusammenhang mit der vom Steuerpflichtigen ausgeübten oder einer damit verwandten beruflichen Tätigkeit oder Aufwendungen für umfassende Umschulungsmaßnahmen, die auf eine tatsächliche Ausübung eines anderen Berufes abzielen, zu den Werbungskosten.

Gemäß § 20 Abs. 1 lit. a EStG 1988 dürfen bei den einzelnen Einkünften Aufwendungen oder Ausgaben für die Lebensführung, selbst wenn sie die wirtschaftliche oder gesellschaftliche Stellung des Steuerpflichtigen mit sich bringen und sie zur Förderung des Berufes oder der Tätigkeit des Steuerpflichtigen erfolgen, nicht abgezogen werden.

Bildungsmaßnahmen sind nicht abzugsfähig, wenn sie der privaten Lebensführung dienen.

In Fällen von Aufwendungen für Bildungsmaßnahmen, die sowohl beruflichen als auch privaten Bedürfnissen dienen können, darf die Veranlassung durch die Einkünfteerzielung nur dann angenommen werden, wenn sich die Aufwendungen als für die betriebliche bzw. berufliche Tätigkeit notwendig erweisen; die berufliche Notwendigkeit des Aufwandes ist ein gewichtiges Indiz für die berufliche Veranlassung (vgl. mwN).

Indizien für die berufliche Notwendigkeit der Bildungsmaßnahmen sind beispielsweise, wenn der Arbeitgeber einen Teil der Kurskosten trägt oder den Arbeitnehmer für die Zeit der Schulungsmaßnahmen gegen Weiterbezug des Gehalts dienstfrei stellt (vgl. ).

Dienen Bildungsmaßnahmen sowohl beruflichen, als auch privaten Bedürfnissen, so reicht ein Nutzen für die Berufstätigkeit alleine noch nicht aus (vgl. ).

Eine begünstigte Bildungsmaßnahme liegt jedenfalls vor, wenn die Kenntnisse im Rahmen der ausgeübten Tätigkeit verwertet werden können. In Bezug auf Aufwendungen für die Persönlichkeitsentwicklung kann dies wegen der Nähe zum Bereich der privaten Lebensführung allerdings nur dann gelten, wenn im Rahmen der ausgeübten beruflichen Betätigung eine entsprechende Schulung erforderlich ist ( mwN).

Strittig sind im gegenständlichen Beschwerdefall Fahrtkosten (Kilometergeld) zu den Rhetorikseminaren und Parkgebühren.

Die Kurskosten wurden zwar vom Arbeitgeber getragen, jedoch sind die Kurse sowohl für berufliches als auch privates Interesse ausgelegt. Die Kursinhalte sind allgemeiner Art und nicht spezifisch auf die Tätigkeit als Einkäufer zugeschnitten.

Der Bf. hat nicht dargelegt, welche konkreten Aufgaben er für seinen Arbeitgeber durchzuführen hatte, sondern allgemein ausgeführt, dass er als Einkäufer tagtäglich mit Lieferanten seines Arbeitgebers über Preise und andere Konditionen verhandle. Umso besser seine rhetorische Vorgangsweise bei den Verhandlungen sei, desto hilfreicher sei er für seinen Arbeitgeber um Gewinne zu erwirtschaften. Inwieweit die konkreten Kursinhalte notwendig waren, hat der Bf. nicht dargelegt.

Da die berufliche Notwendigkeit und die Erforderlichkeit der Rhetorikkurse für die berufliche Tätigkeit nicht festgestellt werden konnten, waren die Fahrtkosten und Parkgebühren im Zusammenhang mit den Rhetorikkursen nicht anzuerkennen.

Das Finanzamt anerkannte die Fahrtkosten und Parkgebühren in der Beschwerdevor-entscheidung daher zu Recht nicht.

Es war spruchgemäß zu entscheiden.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Das Erkenntnis folgt der zitierten Rechtsprechung des VwGH und liegt daher keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung vor. Eine Revision ist nicht zulässig.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2022:RV.4100036.2015

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at