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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 21.06.2022, RV/6100088/2021

Nachsicht von Lohnsteuer

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Helmut Hummel in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Adresse1***, vertreten durch die Caroline Toifl Steuerberater GmbH, Geusaugasse 17, 1030 Wien, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des damaligen Finanzamtes St. Johann Tamsweg Zell am See vom betreffend Nachsicht gemäß § 236 BAO, Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Mit Eingabe vom brachte der nunmehrige Beschwerdeführer (in der Folge kurz Bf. genannt) durch seine steuerliche Vertretung einen Antrag auf Nachsicht gemäß § 236 BAO ein, der wie folgt lautet:

"Der ehemalige Arbeitgeber des Einschreiters hat für die Jahre 2011 - 2017 Lohnsteuer von Prämien eingehoben, die nachträglich als zu hoch festgestellt wurden und nun vom Einschreiter zurückgezahlt werden.

Der Einschreiter stellt hiermit einen

ANTRAG

auf Nachsicht der auf die Rückzahlung enfallenden Lohnsteuer gemäß § 236 BAO und begründet dies wie folgt:

1. Sachverhalt

Der Einschreiter war als Geschäftsführer bei ***S*** GmbH (nunmehr ***O*** GmbH) in ***Firmensitz*** tätig. Während dieser Zeit erhielt er erfolgsbasierte Prämien, die im Zuflusszeitpunkt der Lohnsteuer unterworfen wurden. Einen Teil dieser Prämien (EUR 75.000,00) hat der Einschreiter bereits dieses Jahr, sohin 2020, an seinen ehemaligen Arbeitgeber zurückgezahlt, einen weiteren Teil (EUR 90.000,00) muss er noch bis zum Jahr 2022 an diesen refundieren. Das gegenständliche Nachsichtsersuchen bezieht sich auf die Lohnsteuer, die auf ebendiese Rückzahlungen entfällt.

Der Sachverhalt stellt sich im Detail wie folgt dar:

Der Einschreiter ist deutscher Staatsbürger, wurde aber in Österreich geboren und lebte bis 2020 in Österreich. Nach Abbruch seines Studiums der Publizistik- und Kommunikationswissenschaften sowie der Sportwissenschaften war er unter anderem bei ***1***, ***2*** und ***3*** tätig. Von ***3*** wechselte er zur ***S*** GmbH (nunmehr ***O*** GmbH), wo erin den Jahren 2009 - 2017 als Geschäftsführer angestellt war.

Ein Teil des Gehaltes des Einschreiters war - erfolgsbasiert - als Prämie ausgestaltet. Die Prämienwurden unterjährig akontiert ausgezahlt und unterlagen (so wie das Fix-Gehalt) imZuflusszeitpunkt der Lohnbesteuerung. Zu Beginn jedes Folgejahres erfolgte sodann eineBerechnung der Jahresprämie mit entsprechender Nachzahlung an den Einschreiter oderRückforderung vom Einschreiter. Die Information über die Höhe der Prämie (sowohl denAkontierungs- als auch den Endbetrag) erhielt der Einschreiter per E-Mail vom CEO der ***S***-Gruppe.

Im Jahr 2017 schied der Einschreiter aus dem Unternehmen aus. Nach seinem Ausscheidenbestritt die ***O*** GmbH für die Jahre 2011 -2017 insgesamt EUR 200.000,00 derPrämienansprüche des Einschreiters. Der Einschreiter behauptete, dass die Ansprüche zu Rechtbestanden, entschied sich jedoch, um ein langwieriges Zivilverfahren zu vermeiden, einengerichtlichen Vergleich mit dem früheren Arbeitgeber abzuschließen. Konkret einigte man sichauf Rückzahlung nachfolgender Prämien (zzgl in nachfolgender Auflistung nicht angeführterLohnnebenabgaben):


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Rückforderung
Prämien
2011
17.000
2012
8.000
2013
8.600
2014
23.000
2015
48.800
2016
40.000
2017
15.300
Summe
160.700

Die Vereinbarung vom zwischen dem Einschreiter und der ***O*** GmbHsieht nun folgende Zahlungen des Einschreiters an die ***O*** GmbH vor:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Vergleichszahlungen
55.000
10.000
10.000
10.000
10.000
10.000
10.000
10.000
10.000
10.000
10.000
10.000
Summe
165.000

Die Zahlung von in Summe EUR 100.000,00 (=Gesamtbetrag der oben angeführten Zahlungen ab ) sind im beiliegenden gerichtlichen Vergleich zwischen dem Einschreiter und der ***O*** GmbH von genannt, die Zahlungen vom und wurden zusätzlich zum gerichtlichen Vergleich zwischen dem Einschreiter und der ***O*** GmbH vereinbart.

Bis zum heutigen Tag hat der Einschreiter entsprechend der Vereinbarung bereits EUR 75.000,00 an die ***O*** GmbH gezahlt. Die restlichen EUR 90.000,00 werden in Teilbeträgen bis zum bezahlt.

Beweis: gerichtlicher Vergleich vom , Beilage./1

Zahlungsbestätigung des Einschreiters für die Zahlung von EUR 55.000,00
am an die ***O*** GmbH, Beilage./2

Zahlungsbestätigung des Einschreiters für die Zahlung von EUR 10.000,00
am an die
***O*** GmbH, Beilage./3

Zahlungsbestätigung des Einschreiters für die Zahlung von EUR 10.000,00
am an die
***O*** GmbH, Beilage./4

Der Einschreiter zog im Jahr 2020 mit seiner Frau nach Deutschland. Er ist als Managing Director bei der ***W*** GmbH (Teil der ***Z*** - Gruppe) angestellt. In Österreich hat er noch einen Zweitwohnsitz, jedoch keine Einkünfte.

2. Zwischenergebnis

Die genannten Prämien unterlagen wie oben ausgeführt im Zuflusszeitpunkt dem Lohnsteuerabzug. Für die betroffenen Jahre 2011 und 2012 unterblieb eine nachträgliche Veranlagung. Für die Jahre 2013 - 2017 liegen Einkommensteuerbescheide vor.

Durch die Rückzahlung an die ***O*** GmbH führt der Einschreiter nun Teile seiner Prämien zurück, die in den Jahren 2011 bis 2017 bereits versteuert wurden.

Die Zusammenfassung des Sachverhaltes macht deutlich, dass der Geschehensablauf atypisch war und dass es weiters für den Einschreiter nicht möglich gewesen ist, diesen atypischen Geschehensablauf zu beeinflussen. Aus rechtlicher Sicht ergibt sich aus diesem atypischen, vom Einschreiter nicht beeinflussbaren Sachverhalt Folgendes:

Die rückzuführenden bzw bereits zurückgeführten Prämienteile unterlagen in den Jahren 2013 - 2017 der Lohnsteuer.

Der Gesetzgeber hat in § 295a BAO normiert, dass rückwirkende Ereignisse zu einer Abänderung von Bescheiden führen können. Mittels Antrages nach § 295a BAO kann demnach eine Änderung von Bescheiden erwirkt werden, wenn ein Ereignis mit abgabenrechtlicher Wirkung für die Vergangenheit eintritt. Die Rückzahlung von Arbeitslohn gilt allerdings nicht als rückwirkendes Ereignis iSd § 295a BAO. Die Finanzverwaltung sieht in § 16 Abs. 2 EStG vielmehr eine materiellrechtliche Spezialnorm, die dem Verfahrensrecht "vorgeht".

Gemäß § 16 Abs. 2 EStG zählt zu den Werbungskosten auch die Rückzahlung von Einnahmen, sofern weder der Zeitpunkt des Zufließens der Einnahmen noch der Zeitpunkt der Erstattung willkürlich festgesetzt wurde. Die vorliegenden Rückzahlungen wären damit grundsätzlich im Rückzahlungszeitpunkt als Werbungskosten zu berücksichtigen.

Aufgrund des tatsächlich erfolgten Zuflusses der (später bestrittenen) Prämien kommt eine Korrektur der Lohnsteuerabfuhr 2013 - 2017 im Wege eines Gutschriftenbescheides gemäß § 202 BAO bzw. im Wege eines Erstattungsantrages gemäß § 240 Abs. 3 BAO nicht in Betracht.

Der Lebensmittelpunkt des Einschreiters liegt im (Rück-)Zahlungszeitpunkt nicht mehr inÖsterreich. Die Einkünfte, die der Einschreiter aktuell als Managing Director der deutschen ***W*** GmbH erzielt, unterliegen damit in Deutschland der unbeschränkten Steuerpflicht. Der Einschreiter hat im (Rück-)Zahlungszeitpunkt auch keine weiteren, in Österreich (beschränkt) steuerpflichtigen Einkünfte, mit welchen er die Beträge verrechnen könnte. Würde der Einschreiter im Vergleich dazu in Österreich leben und arbeiten, könnte er seine Einkünfte aus selbständiger Arbeit nun mit den Rückzahlungen der Prämien verrechnen.

Der Einschreiter hat auch nicht die Möglichkeit, eine Wiederaufnahme der Bescheide 2013-2018 gemäß § 303 BAO zu erwirken. Für eine Wiederaufnahme wäre es erforderlich, dass Tatsachen "neu hervorgekommen" sind, deren Kenntnis einen anderslautenden Bescheid zur Folge gehabt hätte. Die Rückzahlung ist jedoch keine "neue" Tatsache, und die Tatsache, dass zu hohe Prämien ausgezahlt wurden, hätte zu keinem anderen Bescheid geführt. Dies deshalb, weil auch allenfalls zu Unrecht bezogene Entgeltbestandteile steuerpflichtig sind.

3. Rechtliche Würdigung

Wie oben angeführt hat der Einschreiter keine materiellrechtliche bzw. verfahrensrechtliche Möglichkeit, die Lohnsteuer, die auf die rückbezahlten Prämien entfällt, zurückzuerhalten. Damit bleibt ausschließlich ein Ersuchen auf Nachsicht.

Fällige Abgabenschuldigkeiten können gemäß § 236 Abs. 1 BAO auf Antrag des Abgabepflichtigen ganz oder zum Teil durch Abschreibung nachgesehen werden, wenn ihre Einhebung nach der Lage des Falles unbillig wäre. Abs. 1 leg. cit. findet auf bereits entrichtete Abgabenschuldigkeiten sinngemäß Anwendung.

Die Unbilligkeit kann persönlicher oder sachlicher Natur sein.

Eine sachliche Unbilligkeit liegt ua vor, wenn im Einzelfall bei Anwendung des Gesetzes ein vom Gesetzgeber offenbar nicht beabsichtigtes Ergebnis eintritt (vgl Tanzer/Unger, BAO 2018/2019, S 231). Jedenfalls muss es zu einer anormalen Belastungswirkung und, verglichen mit ähnlichen Fällen, zu einem atypischen Vermögenseingriff kommen. Laut VwGH muss der im atypischen Vermögenseingriff gelegene offenbare Widerspruch der Rechtsanwendung zu den vom Gesetzgeber beabsichtigten Ergebnissen seine Wurzel in einem außergewöhnlichen Geschehensablauf haben, der auf eine vom Steuerpflichtigen nicht beeinflussbare Weise eine nach dem gewöhnlichen Lauf nicht zu erwartende Abgabenschuld ausgelöst hat, die zudem auch ihrer Höhe nach unproportional zum auslösenden Sachverhalt ist (vgl 2013/15/0213; , 2006/15/0337).

Nach der ständigen Rechtsprechung des VwGH dient die Nachsicht nicht dazu, Unrichtigkeiten von Abgabenfestsetzungen zu beseitigen oder unterlassene Rechtsbehelfe nachzuholen (vgl. 96/15/0067; ; 2002/14/0138).

Dies liegt im vorliegenden Fall jedoch nicht vor. Die ursprüngliche Abgabenfestsetzung war nicht unrichtig, und es gibt auf Basis der vorliegenden Umstände schlichtweg keine Rechtsbehelfe - sohin ist es denkunmöglich, dass durch das vorliegende Nachsichtsersuchen Rechtsbehelfe nachgeholt werden.

Im Ergebnis wird damit aber Einkommen endgültig der Steuerpflicht unterworfen, das der Steuerpflichtige nicht (dauerhaft) erhalten hat. Ohne Nachsicht kommt es damit zu einer anormalen Belastungswirkung bzw - verglichen mit ähnlichen Fällen - zu einem atypischen Vermögenseingriff. Wird die vormals entrichtete Lohnsteuer nicht refundiert, stellt dies eine Verletzung des Leistungsfähigkeitsprinzips dar und ist sachlich unbillig. Der Staat Österreich hätte damit (endgültig) Lohnsteuer und Lohnnebenabgaben für Prämienbezüge erhalten, die der Einschreiter zurückzahlen musste bzw. muss, d.h. zum finanziellen Schaden des Einschreiters.

Die Nachsicht liegt im Ermessen der Behörde. Über die Nachsichtsgewährung ist nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit zu entscheiden. Im Folgenden wird dargelegt, warum im Rahmen des Ermessens die Nachsicht zu gewähren ist:

Die ständige Rechtsprechung hat den Begriff der "Zweckmäßigkeit" als öffentliches Interesse, insbesondere an der Erbringung der Abgabenleistung, erklärt. Das öffentliche Interesse an der Abgabeneinhebung besteht nicht nur aus spezialpräventiver, sondern auch aus generalpräventiver Sicht. Dabei ist wesentlich, dass sich das öffentliche Interesse auf die objektiv richtige Abgabeneinhebung bezieht. Behält sich der Staat nämlich Steuer, die ihm objektiv nicht zusteht, sinkt die Steuermoral. Aus Zweckmäßigkeitsgründen ist daher im vorliegenden Fall für die Nachsicht zu entscheiden.

Auch aus Billigkeitsgründen ist für die Nachsicht zu entscheiden. Der Einschreiter hat stets seine abgabenrechtlichen Pflichten erfüllt.

4. Anträge

Aus diesen Gründen stellt der Einschreiter den

ANTRAG

auf Rückerstattung der Lohnsteuer, die auf die rückzuzahlenden Prämien für die Jahre 2011 - 2017 entfällt, sohin auf die einmalige Rückzahlung von Lohnsteuer iHv EUR 82.500 (= 50% von EUR165.000,00) gemäß § 236 BAO.

In eventu stellt der Einschreiter den Antrag auf sukzessive Rückerstattung der Lohnsteuer gegenVorlage des jeweiligen Zahlungsbeleges für die Prämienrückzahlung an seinen ehemaligenArbeitgeber, sohin per heute auf Rückzahlung von EUR 37.500 (= 50% von EUR 75.000,00), undbis zum auf die weitere (sukzessive) Rückzahlung der restlichen EUR 45.000,00 (= 50%von 90.000,00)."

*****

Im Schriftsatz vom wurde vorgebracht:

"Ergänzende Ausführungen zu
Antrag auf Nachsicht gemäß
§ 236 BAO vom

1. Hintergrundinformationen zum Strafverfahren

Im Jahr 2017 schied der Einschreiter aus dem Unternehmen ***O*** GmbH (frühere ***S*** GmbH) aus. Nach seinem Ausscheiden erstattete der ehemalige Arbeitgeber Anzeige gegen den Einschreiter und erwirkte damit eine Anklage (unter anderem) wegen schweren Betruges. Die Anklage erfolgte mit der Begründung, dass sich der Einschreiter in den Jahren 2011 - 2015 Prämien erschlichen hätte - obwohl jährlich Gesellschafterversammlungen stattgefunden hatten, auf welchen der CFO der ***S***-Gruppe, der CEO der ***S***-Gruppe, der für die Auszahlungen zuständige Prokurist der ***O*** GmbH sowie der Eigentümer der ***S***-Gruppe zugegen waren und die jährlich ausgezahlte Prämie desEinschreiters offengelegt und nie beeinsprucht wurde. Derselbe Vorwurf bezog sich auch auf dieJahre 2016 und 2017, die zum Zeitpunkt der Anzeige allerdings noch nicht final abgerechnetwaren und daher nicht Gegenstand des daran anschließenden Gerichtsverfahrens waren.

Der vom ehemaligen Arbeitgeber erhobene Vorwurf ist nicht korrekt. Da der Einschreiter zum Zeitpunkt der Anzeige allerdings weder Zugang zu seinen früheren E-Mails noch zu sonstigen Unterlagen des Unternehmens hatte, konnte er seine Rechtfertigung vor Gericht nicht untermauern. Der Einschreiter, der bis dahin unbescholten war, wurde schlussendlich verurteilt und das Gericht setzte eine bedingte Freiheitsstrafe fest. Aus Sorge vor hohen Verfahrenskosten, die er sich nicht leisten hätte können, und um dieses Thema endlich zu einem Ende zu bringen und wieder nach vorne schauen zu können, beschloss der Einschreiter, das Urteil zu akzeptieren und sich mit der ***O*** GmbH zu vergleichen.

2. Vereinbarung bezüglich Rückzahlung von EUR 165.000,00

Die Zahlung von in Summe EUR 100.000,00 (=Gesamtbetrag der oben angeführten Zahlungen ab ) sind im Vergleichsprotokoll zwischen dem Einschreiter und der ***O*** GmbH von genannt, die darüberhinausgehenden Zahlungen wurden aus Gebührengründen außerhalb des Protokolls vereinbart:

Siehe dazu das beiliegende Schreiben von ***Ra1***, Rechtsanwalt der ***O*** GmbH, an ***Ra2***, Rechtsanwalt des Einschreiters, vom mit dem auf EUR 165.000,00 lautenden Vergleichsvorschlag, sowie das beiliegende E-Mail von ***Ra1*** mit der Bestätigung des Zahlungseingangs vom .

3. Genannte Beträge

Die von der ***O*** GmbH rückgeforderten Brutto-Prämien inklusive Lohnnebenkosten beliefen sich auf EUR 200.000,00 (Seite 2 des Nachsichtsersuchens).

Bei dem auf Seite 3 des Nachsichtersuchens genannten Rückforderungsbetrag von in Summe EUR 160.700,00 handelt es sich um die Brutto-Prämien ohne Lohnnebenkosten."

Der geschlossene Vergleich mit der vereinbarten Vergleichszahlung von in Summe EUR 165.000,00 enthält keine Angaben zur konkreten Zusammensetzung dieses Betrages hinsichtlich Netto-Prämie, Lohnsteuer oder Lohnnebenkosten.

*****

Mit Bescheid vom wies das Finanzamt das Nachsichtsansuchen betreffend Lohnsteuer 2011-2017 in Höhe von € 82.500,00 ab und führte aus:

Sachverhalt:

Lt. Ihrer Eingabe vom , vertreten durch die Caroline Toifl Steuerberater GmbH, waren Sie von 2009 bis 2017 als Geschäftsführer der ***O*** GmbH (vormals ***S*** GmbH) tätig. Ihr Gehalt habe aus einem Fix-Gehalt und einer erfolgsbasierten Prämie, die unterjährig akontiert ausbezahlt wurde, bestanden. Die endgültige Prämienabrechnung sei immer im Folgejahr erfolgt. Sie seien darüber mittels E-Mail vom CEO der ***S***-Gruppe verständigt worden. Sowohl das Fix-Gehalt als auch die erfolgsbasierte Prämie wären der Lohnsteuer unterlegen gewesen. Nach dem Ausscheiden aus dem Unternehmen im Jahr 2017 bestritt die ***O*** GmbH für die Jahre von 2011 bis 2017 die Rechtmäßigkeit von insgesamt € 200.000 (brutto inkl. Lohnnebenkosten, wie in einer weiteren Eingabe vom ergänzt) an Prämienansprüchen.

Mit Eingabe vom führten Sie, vertreten durch die Caroline Toifl Steuerberater GmbH, aus, dass die ***O*** GmbH beim Landesgericht ***X*** für die Jahre 2011 bis 2015 dazu Klage (unter anderem) wegen schweren Betrugs gegen Sie erhoben habe. Für die Jahre 2016 bis 2017 sei die Prämienabrechnung noch nicht abgeschlossen gewesen, weshalb diese nicht Gegenstand des Gerichtsverfahrens gewesen sei.

Mit Urteil des Landesgerichts ***X*** vom , Zahl ***xxxx***, wurden Sie wegen gewerbsmäßigen schweren Betruges und des Vergehens der Veruntreuung schuldig gesprochen, für die Jahre 2011 bis 2015 insgesamt einen Schaden von € 105.400 durch, aufgrund verfälschter E-Mails, zu Unrecht bezogener Prämien verursacht zu haben. Für die Jahre 2016 und 2017 seien lt. Eingabe vom insgesamt noch zusätzlich € 55.300 an zu Unrecht bezogenen Prämien angefallen, sodass sich insgesamt ein Betrag von € 160.700 ergäbe. Es handle sich dabei lt. Eingabe vom um Bruttoprämien ohne Lohnnebenkosten. Lt. dieser Eingabe angefügtem Schreiben vom der ***Ra3*** Rechtsanwälte OG, als Vertreter der ***O*** GmbH, an die ***Ra4*** GmbH, als Ihren Vertreter, wurde seitens der ***O*** GmbH für die geforderten € 200.000 eine Vergleichssumme von € 165.000 akzeptiert. Lt. Beilage 2 und 3 Ihrer Eingabe vom wurden von Ihnen € 55.000 am und € 10.000 am bezahlt. Über den Restbetrag von € 100.000 - zahlbar bis , beginnend mit , in vierteljährlichen Teilbeträgen von € 10.000 - wurde beim Bezirksgericht ***X*** am unter der Zahl ***xx*** ein prätorischer Vergleich geschlossen.

Lt. Aktenlage haben Sie in Österreich bis Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit bezogen. Wie in Ihrer Eingabe vom ausgeführt ist, seien Sie derzeit als Managing Director bei der ***W*** GmbH in Deutschland angestellt. Des Weiteren wird darauf hingewiesen, dass Sie im Jahr 2020 mit Ihrer Gattin nach Deutschland gezogen seien und sich der Mittelpunkt Ihrer Lebensinteressen seither dort befinde. In Österreich besteht lt. Aktenlage seit nur mehr ein Nebenwohnsitz an der bisherigen Hauptwohnsitz-Adresse ***Adresse2***. Hinsichtlich der Einkünfte aus der ***W*** GmbH unterlägen Sie daher, Ihren Angaben zufolge, in Deutschland der unbeschränkten Steuerpflicht, in Österreich hätten Sie keine Einkünfte mehr.

Die Prämienrückzahlung betrifft Einkommensteile, die bei der Auszahlung der Lohnsteuer unterworfen waren. In Ihrer Eingabe vom erläutern Sie, dass verfahrensrechtlich jedoch weder die Möglichkeit der Korrektur der Lohnsteuerabfuhr im Rahmen eines Gutschriftbescheides gem. § 202 BAO bzw. im Rahmen einer Erstattung gem. § 240 Abs. 3 BAO bestehe. Ebenso wenig handle es sich um neu hervorgekommene Tatsachen, die eine Wiederaufnahme nach § 303 BAO ermöglichen.

Es bleibe alleine die materiellrechtliche Bestimmung des § 16 Abs. 2 Einkommensteuergesetz 1988 (EStG 1988), wonach die Berücksichtigung der Rückzahlung von Einnahmen, sofern weder der Zeitpunkt des Zufließens der Einnahmen noch der Zeitpunkt der Erstattung willkürlich festgesetzt sind, als Werbungskosten zu qualifizieren sind. Diese materiellrechtliche Spezialnorm gehe auch dem Verfahrensrecht vor, weshalb § 295a BAO ebenfalls nicht zur Anwendung komme (die Rückzahlung von Arbeitslohn stelle kein rückwirkendes Ereignis dar). Den Werbungskosten iSd § 16 Abs. 2 EStG 1988 stünden keine Einkünfte in Österreich gegenüber, mit denen diese verrechnet werden können. Es käme daher zu keiner Erstattung der bezahlten Lohnsteuer. Damit verbliebe aufgrund sachlicher Unbilligkeit nur mehr ein Antrag auf Nachsicht nach § 236 BAO.

Beantragt wurde die Rückerstattung von € 82.500. Dies entspricht 50% von € 165.000 Prämienanspruch. In eventu solle die Rückzahlung sukzessive, analog der geleisteten Prämienrückzahlungen, erfolgen.

Rechtliche Würdigung:

Das Finanzamt folgt Ihrer Argumentation, dass die Rückzahlung der zu Unrecht bezogenen Prämienanteile Werbungskosten iSd § 16 Abs. 2 EStG 1988 darstellen. Lt. Erkenntnis des Ra 20018/15/0014, Rz 17 liegen Werbungskosten nach § 16 Abs. 2 EStG 1988 und damit gegebenenfalls negative Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit vor, wenn es zu Rückzahlungen von Beträgen kommt, die als Einnahmen im Rahmen der Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit zu erfassen waren.

Gemäß § 25 Abs. 1 Z 1 lit. a EStG 1988 zählen Bezüge und Vorteile aus einem bestehenden oder früheren Dienstverhältnis zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit. Zur Herstellung des Veranlassungszusammenhanges mit nichtselbständigen Einkünften genügt es, wenn die Einnahmen ihre Wurzel im Dienstverhältnis haben (vgl. und die dort beispielsweise zitierten Erkenntnisse des VwGH). Der VwGH führt in seinem Erkenntnis vom , 2009/13/0194 weiterhin aus: "Wenn ein Dienstnehmer eine ihm durch dasDienstverhältnis gebotene Gelegenheit nutzt, um sich zu bereichern, und solcherart Vorteile erzielt, liegen Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit vor (vgl. z.B. die hg. Erkenntnisse vom, 94/14/0001, VwSig. 7348/F, und vom , 99/15/0154, VwSIg. 7766/F). Zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit zählen nicht nur die im Dienstvertrag vereinbarten Entgelte, sondern auch alle anderen Vorteile, zu denen auch solche gehören, auf die kein Rechtsanspruch besteht und die sich der Arbeitnehmer gegen den Willen des Arbeitgebers - etwa durch Veruntreuung oder Untreue - verschafft."

Im vorliegenden Fall lag, Ihren Angaben zufolge, der Prämienauszahlung ein aufrechtes Dienstverhältnis zugrunde und die Prämien waren Bestandteil des vereinbarten Entgeltes. Die Wurzel der Einnahmen lag daher im Dienstverhältnis und sind daher nichtselbständige Einkünfte.

Die Höhe der Prämien wurde nach unternehmensinternen Vorgaben jedes Jahr neu bemessen.

Während des Jahres erfolgte die Auszahlung monatlich als Akonto mit Ihrem Gehalt und die endgültige Abrechnung erfolgte dann im darauffolgendem Jahr. Der Zufluss der Einnahmen war daher nicht willkürlich festgesetzt (vgl. dazu das Urteil des Landesgerichts ***X*** vom ). Des Weiteren wurde in diesem Urteil festgehalten, dass Sie sich entgegen des Willens des Dienstgebers Vorteile in Form von überhöhten Prämien verschafft haben. Diese zählen ebenfalls zu Einkünften aus selbständiger Arbeit. Die Rückzahlung der Einkünfte wurde nicht willkürlich festgesetzt - es liegt das genannte Urteil des Landesgerichts ***X*** vor sowie haben Sie sich mit ihrem ehemaligen Arbeitgeber verglichen - weshalb die Voraussetzungen des § 16 Abs. 2 EStG 1988 gegeben sind. Die Rückzahlung von Einnahmen ist gem. § 19 Abs. 2 EStG 1988 für das Kalenderjahr abzusetzen, im dem sie geleistet worden sind. Der erste Teil der Rückzahlung wurde im Jahr 2020 geleistet, weshalb dieser Teil als Werbungskosten auch im Jahr 2020 anzusetzen wäre (unabhängig von der Höhe der Einkünfte in Österreich im Jahr 2020). Für die Folgejahre gilt dies sinngemäß, solange die Rückzahlungen geleistet werden.

Gemäß § 236 Abs.1 BAO können fällige Abgabenschuldigkeiten auf Antrag des Abgabepflichtigen ganz oder zum Teil durch Abschreibung nachgesehen werden, wenn Ihre Einhebung nach der Lage des Falles unbillig wäre. Nach Abs. 2 leg. cit. findet diese Bestimmung auch für bereits entrichtete Abgabenschuldigkeiten sinngemäß Anwendung. Die Unbilligkeit im Sinn des § 236 BAO kann persönlicher oder sachlicher Natur sein (§ 1 der zu § 236 BAO ergangenen Verordnung BGBl. II Nr. 435/2005).

Sachliche Unbilligkeit setzt unter anderem voraus, dass das vom Gesetzgeber offenbar nicht beabsichtigte Ereignis vom Abgabepflichtigen nicht beeinflussbar ist (). Detaillierter ausgeführt, ist eine sachliche Unbilligkeit - unbeschadet der in § 3 der genannten Verordnung beispielsweise aufgezählten und hier nicht in Betracht kommenden Fälle - nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. sowie den dort in Rz 16 angeführten Erkenntnissen des VwGH) anzunehmen, "...wenn im Einzelfall bei Anwendung des Gesetzes aus anderen als aus persönlichen Gründen ein vom Gesetzgeber offenbar nicht beabsichtigtes Ergebnis eintritt, sodass es zu einer anormalen Belastungswirkung und verglichen mit anderen Fällen zu einem atypischen Vermögenseingriff kommt. Der im atypischen Vermögenseingriff gelegene offenbare Widerspruch der Rechtsanwendung zu den vom Gesetzgeber beabsichtigten Ergebnissen muss seine Wurzel in einem außergewöhnlichen Geschehensablauf haben, der auf eine vom Steuerpflichtigen nicht beeinflussbare Weise eine nach dem gewöhnlichen Lauf nicht zu erwartende Abgabenschuld ausgelöst hat, die zudem auch ihrer Höhe nach unproportional zum auslösenden Sachverhalt ist."

Der VwGH führt in seinem Erkenntnis vom , Ra 2018/15/0014 in Rz 18 dazu aus: "Die zeitliche Erfassung von Einnahmen und von Werbungskosten entsprechend dem Zeitpunkt des Zu- und Abfließens ist eine vom Gesetzgeber in § 19 EStG 1988 für die Allgemeinheit getroffene Entscheidung, die als solche keine sachliche Unbilligkeit iSd § 236 BAO darstellt." Wie bereits ausgeführt, sieht § 16 Abs. 2 EStG 1988 nicht vor, dass den Werbungskosten entsprechende Einnahmen gegenüberstehen müssen. Es ist auch nicht normiert, dass durch die Rückerstattung von Einnahmen Lohnsteuer in selber Höhe wie beim Zufluss anzusetzen ist. In Ihrem Fall stehen im Jahr 2020 den Werbungskosten keine Einkünfte gegenüber. Dadurch ergibt sich, dass keine Rückerstattung der Lohnsteuer erfolgt (Wie die Situation in den Folgejahren ist, kann aus heutiger Sicht noch nicht beurteilt werden). Ihrer Ansicht nach liegt damit eine sachliche Unbilligkeit iSd § 236 BAO vor.

Entsprechend der oben angeführten Judikatur des VwGH ist jedoch auf den Punkt: "...anderen als persönlichen Gründen..." näher einzugehen. Die Entscheidung, ihren Mittelpunkt der Lebensinteressen 2020 nach Deutschland zu verlegen und dort auch beruflich tätig zu werden, ist eine persönliche Entscheidung. Diese verhindert, dass im Jahr 2020 die Prämienrückzahlung in Österreich steuerwirksam wird. Auch wenn ein atypischer Vermögenseingriff vorliegt, muss dieser It. der zitierten Judikatur des VwGH "..seine Wurzel in einem außergewöhnlichen Geschehensablauf haben, der auf eine vom Steuerpflichtigen nicht beeinflussbare Weise eine nach dem gewöhnlichen Lauf nicht zu erwartende Abgabenschuld ausgelöst hat... "Erst wenn diese Voraussetzung gegeben ist, ist It. dem Erkenntnis des VwGH die Höhe der Abgabenschuld zu beachten.

Auch hier liegt bei Ihnen wiederum ein Geschehen vor, dass von Ihnen verursacht worden ist. Wie das Landesgericht ***X*** mit Urteil vom festgehalten hat, wurden die zu Unrecht bezogenen Prämien aufgrund Ihrer Veranlassung und ohne Wissen des Verantwortlichen ausbezahlt.

Aufgrund dieser Ausführungen liegt keine sachliche Unbilligkeit vor und Ihr Antrag war daher abzuweisen. Das Ermessen ist nach dem Wortlaut des § 236 Abs. 1 BAO erst dann zu prüfen, wenn die Bedingung eintritt, dass die Einhebung der Abgabenschuldigkeiten unbillig ist (vgl. Ritz BAO6, Tz 15 und die dort angeführte Judikatur des VwGH).

Abschließend sei anzumerken, dass, wie bereits erläutert, durch die Qualifizierung der Prämienrückzahlung als Werbungskosten iSd § 16 EStG 1988 aufgrund des § 19 EStG 1988 eine Erstattung der Lohnsteuer erst im Abflusszeitpunkt möglich ist. Eine Rückerstattung pro futuro ist daher bereits aus diesem Gesichtspunkt denkunmöglich. Vor allem kann sich Ihre steuerliche Situation bis zum Ende der Zahlungsverpflichtung mit wieder ändern."

*****

Mit der dagegen fristgerecht eingebrachten Bescheidbeschwerde vom beantragte die steuerliche Vertretung namens des Bf. den Bescheid vom aufzuheben, die Nachsicht unter sukzessiver Rückerstattung der Lohnsteuer 2011-2017 zu gewähren sowie von einer Beschwerdevorentscheidung abzusehen und über die Beschwerde eine mündliche Verhandlung durchzuführen.

Zur der Beschwerde wird ausgeführt:

"1. Beschwerdeerklärung

Die Beschwerde richtet sich gegen die Abweisung der Nachsicht der Lohnsteuer 2011 - 2017 und gründet sich auf die fehlerhafte Beurteilung des Vorliegens der sachlichen Unbilligkeit.

Gestellt wird der Antrag auf Rückzahlung von Lohnsteuer für die Jahre 2011 - 2017 iHv in Summe EUR 82.500 (= 50% von EUR 165.000,00) gemäß § 236 BAO, wobei der Beschwerdeführer die sukzessive Rückerstattung der Lohnsteuer beantragt, und zwar nach Maßgabe des Abflusses der an den ehemaligen Arbeitgeber rückgezahlten Prämien.

Im abgelaufenen Kalenderjahr 2020 hat der Beschwerdeführer bereits EUR 85.000,00 an seinen ehemaligen Arbeitgeber zurückgezahlt und beantragt sohin per heute die Rückzahlung von EUR 42.500 (= 50% von EUR 85.000,00).

In den Jahren 2021 und 2022 wird der Beschwerdeführer noch EUR 80.000,00 an seinen ehemaligen Arbeitgeber zurückzahlen. Die darauf entfallende Lohnsteuer iHv EUR 40.000,00 (= 50% von 80.000,00), soll in den Jahren 2021 und 2022 - und zwar nach Maßgabe des Abflusses der Prämienrückzahlungen - ebenfalls rückerstattet werden.

2. Sachverhalt

Hinsichtlich des Sachverhaltes verweist der Beschwerdeführer auf die Darstellung im Antrag auf Nachsicht gemäß § 236 BAO vom sowie in den Ergänzenden Ausführungen zum Antrag auf Nachsicht vom .

"Antrag auf Nachsicht gemäß § 236 BAO" vom sowie "Ergänzende Ausführungen zum Antrag auf Nachsicht" vom , beide im Steuerakt einliegend

3. Gründe für die Rechtswidrigkeit

3.1. Rechtswidrigkeit infolge unrichtiger rechtlicher Beurteilung

3.1.1.Rechtsansicht der belangten Behörde

3.1.1.1. Übereinstimmungen mit dem Beschwerdeführer

Die belangte Behörde stimmt mit dem Beschwerdeführer darüber überein, dass die Rückzahlungder Prämienanteile Werbungskosten iSd § 16 Abs. 2 EStG darstellen und damit steuerlich in demJahr abzusetzen sind, in dem sie geleistet worden sind bzw. werden. Die zeitliche Zuordnung erfolgtdabei unabhängig von der Höhe der Einkünfte in diesem Jahr.

Werbungskosten liegen sohin im vorliegenden Fall - für den ersten Teil der Rückzahlung -unbestritten im Jahr 2020 vor.

Die belangte Behörde führt weiters aus, dass die zeitliche Erfassung von Einnahmen undWerbungskosten entsprechend dem Zeitpunkt des Zu- und Abfließens eine vom Gesetzgeber in§ 19 EStG für die Allgemeinheit getroffene Entscheidung ist, die als solche keine sachlicheUnbilligkeit iSd § 236 BAO darstellt.

Auch dies ist grundsätzlich unbestritten.

Die belangte Behörde scheint sodann mit dem Beschwerdeführer darüber übereinzustimmen, dass in Sachverhaltskonstellationen wie der vorliegenden (dh bei Unmöglichkeit der Geltendmachung von Werbungskosten im Zahlungszeitpunkt mangels Vorliegens positiver Einkünfte) ein - laut Judikatur des VwGH ( Ra 2018/15/0014) - "vom Gesetzgeber bei Anwendung des Gesetzes nicht beabsichtigtes Ergebnis" eintritt, "sodass es zu einer anormalen Belastungswirkung und verglichen mit anderen Fällen zu einem atypischen Vermögenseingriff kommt".

Ebenso scheint übereinstimmend mit dem Beschwerdeführer in der vorliegenden Sachverhaltskonstellation - entsprechend der Judikatur des VwGH ( Ra 2018/15/0014)-ein "atypischer Vermögenseingriff''gesehen zu werden, "dessen Wurzel in einem außergewöhnlichen Geschehensablauf liegt, der eine nach dem gewöhnlichen Lauf nicht zu erwartende Abgabenschuld ausgelöst hat, die zudem auch ihrer Höhe nach unproportional zum auslösenden Sachverhalt ist."

3.1.1.2. Strittige Punkte

Die belangte Behörde sieht in der Auszahlung der nachträglich bestrittenen Prämienteile, die - laut Urteil des Landesgerichts ***X*** - auf Veranlassung des Beschwerdeführers und ohne Wissen des Verantwortlichen erfolgte, eine "Beeinflussung des außergewöhnlichen Geschehensablaufs durch den Steuerpflichtigen", "die eine nach dem gewöhnlichen Lauf nicht zu erwartende Abgabenschuld ausgelöst hat" (im Folgenden "Argument 1").

Die belangte Behörde sieht weiters die "Entscheidung des Beschwerdeführers, seinen Mittelpunkt der Lebensinteressen 2020 nach Deutschland zu verlegen und dort auch beruflich tätig zu werden", als "persönlichen Grund" für "das vom Gesetzgeber bei Anwendung des Gesetzes nicht beabsichtigte Ergebnis", der - entsprechend der oben zitierten Judikatur des VwGH - das Vorliegen von sachlicher Unbilligkeit ausschließen würde (im Folgenden "Argument 2").

Auf die einer Ermessensentscheidung zugrundeliegenden Elemente der Zweckmäßigkeit und Billigkeit wurde von der belangten Behörde - aufgrund der Verneinung des Vorliegens von sachlicher Unbilligkeit - nicht mehr eingegangen.

Eine einmalige Rückerstattung des beschwerdegegenständlichen Lohnsteuerbetrages wurde als "denkunmöglich" abgelehnt. Auf den Antrag des Beschwerdeführers auf sukzessive Rückerstattung der Lohnsteuer wurde nicht eingegangen.

3.1.2.Rechtsansicht des Beschwerdeführers

3.1.2.1. Argument 1

Vorab sei angemerkt, dass ganz grundsätzlich jede Festsetzung von Einkommensteuer auf eine "Beeinflussung des Geschehensablaufs" durch den Steuerpflichtigen zurückzuführen ist. Wenn die belangte Behörde dem Beschwerdeführer sohin vorwirft, dass ein "Geschehen vorliegt, dass von Ihnen verursacht worden ist", kann dies nur in dem Sinne zu verstehen sein, dass darin eine Beeinflussung eines "außergewöhnlichen" Geschehensablaufs gesehen wird. Die belangte Behörde stützt sich dabei auf die Verurteilung durch das LG ***X*** vom und es ist selbstverständlich unbestritten, dass der Beschwerdeführer wegen schweren Betrugs verurteilt worden ist. Dennoch sollte in die Würdigung des Sachverhaltes mit einfließen, dass der Beschwerdeführer, der bis zu seiner Verurteilung unbescholten war, den Betrugsvorwurf, der seiner gerichtlichen Verurteilung zugrunde lag, vehement bestreitet. Lediglich aufgrund der zu erwartenden hohen Verfahrenskosten, die er sich nicht leisten hätte können, und der Verfahrensdauer, sohin um dieses Thema endlich zu einem Ende zu bringen und wieder nach vorne schauen zu können, beschloss er, das Urteil zu akzeptieren und sich mit seinem ehemaligen Arbeitgeber, der ***O*** GmbH, zu vergleichen. Aus Sicht des Beschwerdeführers wurden sohin die Prämien in korrekter Höhe ausgezahlt und hat keine "Beeinflussung" des außergewöhnlichen Geschehensablaufs durch ihn stattgefunden.

Selbst wenn man diesen Aspekt nicht miteinfließen lässt und dem Beschwerdeführer somit ein "Verschulden am konkreten (außergewöhnlichen) Geschehensablauf" anlastet, würde dies das Vorliegen von sachlicher Unbilligkeit nicht per se ausschließen. So schloss etwa der VwGH (zum damals - gleichlautenden - § 182 WAO) aufgrund des Vorliegens eines Verschuldens des Steuerpflichtigen an der zu hohen Festsetzung einer (Selbstbemessungs-)Abgabe eine sachliche Unbilligkeit der Einhebung nicht aus. Der Steuerpflichtige unterlag im entscheidungsgegenständlichen Fall einem verschuldeten Rechtsirrtum, der zu einer zu hohen Selbstbemessung einer Abgabe (im vorliegenden Fall von Getränkesteuer) führte und der erst nach Fristablauf für die Berichtigung der Abgabe aufgeklärt wurde (vgl 1411/70).

Abschließend ist Folgendes zu berücksichtigen: Lastet die belangte Behörde dem Beschwerdeführer die Auszahlung der nachträglich als überhöht festgestellten Prämienteile als "Beeinflussung" an, würde dies einer zusätzlichen Strafe des Beschwerdeführers gleichkommen.

Der Beschwerdeführer wurde aber bereits bestraft.

3.1.2.2. Argument 2

Es mutet fast schon zynisch an, wenn die belangte Behörde dem Beschwerdeführer vorwirft, eswäre seine eigene persönliche Entscheidung gewesen, "den Mittelpunkt ihres Lebensinteresses2020 nach Deutschland zu verlegen und dort auch beruflich tätig zu werden" und damit"verhindert" zu haben, dass "im Jahr 2020 die Prämienrückzahlung in Österreich steuerwirksamwird". Fakt ist, dass der Ruf des Beschwerdeführers in der Branche aufgrund der erhobenenVorwürfe ruiniert und er sohin gezwungen war, Österreich zu verlassen, um Arbeit zu finden. ImErgebnis käme die Argumentation der Abgabenbehörde somit einer Bestrafung dafür gleich, nichtin Österreich geblieben zu sein und sich hier arbeitslos gemeldet zu haben. Wenn man demArgument des Finanzamts folgt, müsste in diesem Fall die Nachsicht nämlich gewährt werden.

Die Argumentationslinie der belangten Behörde würde auch einen Verstoß gegen dieArbeitnehmerfreizügigkeit bedeuten, da auch steuerliche Nachteile eine Beschränkung derFreizügigkeit darstellen."

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Mit Eingabe vom wurde der Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung zurückgezogen.

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Im ergänzenden Schriftsatz vom wurde ausgeführt:

"1. Noch nicht vorgelegte Überweisungsbestätigungen

Zusätzlich zu den bereits vorgelegten Zahlungen des Einschreiters an die ***O*** GmbH hat der Einschreiter seither weitere EUR 60.000,00 an seinen ehemaligen Arbeitgeber überwiesen.

Beweis: Zahlungsbestätigung des Einschreiters für die Zahlung von EUR 10.000,00 am an die ***O*** GmbH, Beilage ./1

Zahlungsbestätigung des Einschreiters für die Zahlung von jeweils EUR 10.000,00 am , , sowie an die ***O*** GmbH, Beilage./2

Zahlungsbestätigung des Einschreiters für die Zahlung von EUR 10.000,00 am an die ***O*** GmbH, Beilage./3

2. Nachzusehender Betrag

Der Einschreiter hat eine Nachsicht iHv gesamt EUR 82.500,00 beantragt. Dabei handelt es sich um die Lohnsteuer (5o%) bezogen auf EUR 165.000,00. Bei diesen EUR 165.000,00 handelt es sich um vormals bezogene Prämien, die der Einschreiter nun sukzessive an seinen ehemaligen Arbeitgeber zu rückzahlt.

Der Rückzahlungsbetrag von EUR 165.000,00 basiert auf einem Pauschalvergleich des Einschreiters mit seinem ehemaligen Arbeitgeber. Dem Wesen eines solchen Vergleichs ist immanent, dass die vereinbarte Vergleichssumme ,,pauschal" genannt wird und nicht in einzelne Beträge aufgeteilt wird. Eine exakte Zuordnung des Vergleichsbetrages auf die einzelnen betroffenen Jahre ist sohin nicht möglich."

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Gemäß § 236 Abs. 1 Bundesabgabenordnung (BAO) können fällige Abgabenschuldigkeiten auf Antrag des Abgabepflichtigen ganz oder zum Teil durch Abschreibung nachgesehen werden, wenn ihre Einhebung nach der Lage des Falles unbillig wäre.

Die Unbilligkeit der Abgabeneinhebung nach der Lage des Falles ist tatbestandsmäßige Voraussetzung für die in § 236 BAO vorgesehene Ermessensentscheidung. Ist die Unbilligkeit der Abgabeneinhebung zu verneinen, so ist für eine Ermessensentscheidung kein Raum ().

Die Unbilligkeit im Sinn des § 236 BAO kann persönlicher oder sachlicher Natur sein (§ 1 der zu § 236 BAO ergangenen Verordnung BGBl. II Nr. 435/2005).

Vor dem Bundesfinanzgericht steht ausschließlich das Vorliegen sachlicher Unbilligkeit in Streit.

Im Erkenntnis vom , 2013/15/0213 führt der VwGH aus:

"Eine sachliche Unbilligkeit ist - unbeschadet der in § 3 der genannten Verordnung beispielsweise aufgezählten und hier nicht in Betracht kommenden Fälle - nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. etwa 2006/15/0337) anzunehmen, wenn im Einzelfall bei Anwendung des Gesetzes aus anderen als aus persönlichen Gründen ein vom Gesetzgeber offenbar nicht beabsichtigtes Ergebnis eintritt, sodass es zu einer anormalen Belastungswirkung und verglichen mit anderen Fällen zu einem atypischen Vermögenseingriff kommt. Der im atypischen Vermögenseingriff gelegene offenbare Widerspruch der Rechtsanwendung zu den vom Gesetzgeber beabsichtigten Ergebnissen muss seine Wurzel in einem außergewöhnlichen Geschehensablauf haben, der auf eine vom Steuerpflichtigen nicht beeinflussbare Weise eine nach dem gewöhnlichen Lauf nicht zu erwartende Abgabenschuld ausgelöst hat, die zudem auch ihrer Höhe nach unproportional zum auslösenden Sachverhalt ist.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kann eine abgabenrechtliche Auswirkung, die ausschließlich Folge eines als generelle Norm mit umfassendem persönlichen Geltungsbereich erlassenen Gesetzes ist, nicht im Einzelfall als Unbilligkeit gewertet und durch Nachsicht behoben werden.

§ 236 BAO soll die Unbilligkeit des Einzelfalles beseitigen. Eine tatbestandsmäßige Unbilligkeit des Einhebungseinzelfalles ist dann nicht gegeben, wenn lediglich eine Auswirkung der allgemeinen Rechtslage vorliegt, durch die alle von dem betreffenden Gesetz erfassten Abgabepflichtigen in gleicher Weise berührt werden (vgl. 96/15/0154)."

Dem bereits im Bescheid vom über die Abweisung des Nachsichtsansuchens angeführten Beschlusses des Verwaltungsgerichtshofes vom , Ra 2018/15/0014, liegt ein vergleichbarer Sachverhalt mit dem hier gegenständlichen zu Grunde, mit folgenden Erwägungen:

"1 Der Revisionswerber war in den Jahren 1999 bis 2006 nichtselbständig tätig und hat in seiner Funktion als Dienstnehmer der X GmbH Gelder veruntreut, die vom Finanzamt nach Hervorkommen der Malversationen - entsprechend ihrem Zufluss - als Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, die nicht dem Lohnsteuerabzug unterliegen, sondern im Wege der Veranlagung zu erfassen sind, der Einkommensteuer unterzogen wurden.

2 Vom Revisionswerber wurde gegen die Einkommensteuerbescheide Berufung erhoben und im Rahmen des Berufungsverfahrens u.a. vorgebracht, er habe zwischenzeitig die veruntreuten Gelder zurückbezahlt. Die Rückzahlung bereits versteuerter Beträge stelle ein Ereignis dar, das Wirkung für den Umfang des in der Vergangenheit entstandenen Abgabenanspruches habe, weshalb § 295a BAO in Anwendung zu bringen sei.

3 Mit Bescheid vom gab der unabhängige Finanzsenat der Berufung gegen die Einkommensteuerbescheide mit der Begründung, ein Anwendungsfall des § 295a BAO liege nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht vor, keine Folge.

4 Bereits während des Berufungsverfahrens (Antrag vom ) stellte der Revisionswerber den Antrag, ihm die aus den in Rede stehenden Einnahmen resultierende Einkommensteuer gemäß § 236 BAO nachzusehen. Es sei unbillig, bei einer gänzlichen Rückzahlung von veruntreuten Geldern diese der Einkommensteuer zu unterziehen.

5 Das Finanzamt wies den Antrag auf Bewilligung einer Nachsicht mit Bescheid vom ab, wogegen der Revisionswerber Beschwerde erhob.

[…]

7. Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesfinanzgericht die Beschwerde als unbegründet ab […]

13. Der Revisionswerber führt in der Zulässigkeitsbegründung aus: "In den Jahren, als ich die Beträge zurückbezahlt habe, war ich in Österreich nicht steuerpflichtig". Daher habe der - entsprechend dem Abflussprinzip anzusetzende - Aufwand steuerlich nicht geltend gemacht werden können. Die Revision sei gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, weil Rechtsprechung zur Frage fehle, ob bei einer vollen Schadensgutmachung eines "erschlichenen Betrages", der im Rahmen der Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit der Einkommensteuer unterzogen worden sei, in Bezug auf diese Steuer von einer sachlichen Unbilligkeit iSd § 236 BAO auszugehen sei.

14 Mit diesem Vorbringen wird die Zulässigkeit der Revision nicht aufgezeigt.

15 Die Abschreibung von Abgabenschuldigkeiten durch Nachsicht setzt einen hierauf gerichteten Antrag voraus, wobei den Antragsteller eine erhöhte Mitwirkungspflicht trifft. Er hat einwandfrei und unter Ausschluss jeglichen Zweifels das Vorliegen jener Umstände darzutun, auf die die Nachsicht gestützt werden kann (vgl. die bei Ritz, BAO6, § 236 Tz 4, angeführte Rechtsprechung).

16 Eine sachliche Unbilligkeit ist - unbeschadet der in § 3 der Verordnung des Bundesministers für Finanzen betreffend Unbilligkeit der Einhebung im Sinn des § 236 BAO, BGBl. II Nr. 435/2005, beispielsweise aufgezählten und hier nicht in Betracht kommenden Fälle - nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes anzunehmen, wenn im Einzelfall bei Anwendung des Gesetzes aus anderen als aus persönlichen Gründen ein vom Gesetzgeber offenbar nicht beabsichtigtes Ergebnis eintritt, sodass es zu einer anormalen Belastungswirkung und verglichen mit anderen Fällen zu einem atypischen Vermögenseingriff kommt. Der im atypischen Vermögenseingriff gelegene offenbare Widerspruch der Rechtsanwendung zu den vom Gesetzgeber beabsichtigten Ergebnissen muss seine Wurzel in einem außergewöhnlichen Geschehensablauf haben, der auf eine vom Steuerpflichtigen nicht beeinflussbare Weise eine nach dem gewöhnlichen Lauf nicht zu erwartende Abgabenschuld ausgelöst hat, die zudem auch ihrer Höhe nach unproportional zum auslösenden Sachverhalt ist (vgl. z.B. 2013/15/0213; , 2006/15/0337, mwN).

17 Die zeitliche Erfassung von Einnahmen und von Werbungskosten entsprechend dem Zeitpunkt des Zu- und Abfließens ist eine vom Gesetzgeber in § 19 EStG 1988 für die Allgemeinheit getroffene Entscheidung, die als solche keine sachliche Unbilligkeit iSd § 236 BAO darstellt.

18 Werbungskosten nach § 16 Abs. 2 EStG 1988 und damit gegebenenfalls negative Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit vor. Bei der Einkommensbesteuerung können auch (positive) Einkünfte aus der für eine ausländische Gesellschaft erbrachten Geschäftsführertätigkeit von Bedeutung sein (§ 1 EStG 1988).

19 Der Revisionswerber hat seine Einkommensverhältnisse zu keinem Zeitpunkt offengelegt, obwohl ihn im Falle einer Antragstellung nach § 236 BAO eine erhöhte Mitwirkungspflicht trifft und er einwandfrei und unter Ausschluss jeglichen Zweifels das Vorliegen jener Umstände darzutun hat, auf die die Nachsicht gestützt werden kann. In der Revision führt er lediglich aus: "In den Jahren, als ich die Beträge zurückbezahlt habe, war ich in Österreich nicht steuerpflichtig und konnte den Aufwand - nach dem Zu- und Abflussprinzip - steuerlich nicht als Werbungskosten geltend machen." Vorbringen zu der in der Beschwerdevorentscheidungund im angefochtenen Erkenntnis angesprochenen Geschäftsführertätigkeit in Dubai und zu den aus dieser Tätigkeit resultierenden Einkünfte enthält die Revision nicht. Mangels Darlegung der für die steuerliche Behandlung des "Welteinkommens" maßgeblichen Umstände und der tatsächlichen (auch ausländischen) Besteuerung ist es von vorneherein nicht möglich zu beurteilen, ob allenfalls ein außergewöhnlicher Geschehensablauf iSd angeführten Rechtsprechung zu § 236 BAO vorliegen könnte."

Die zeitliche Erfassung von Einnahmen und von Werbungskosten entsprechend dem Zeitpunkt des Zu- und Abfließens ist gemäß der zitierten Rechtsprechung des VwGH eine vom Gesetzgeber in § 19 EStG 1988 für die Allgemeinheit getroffene Entscheidung, die als solche keine sachliche Unbilligkeit iSd § 236 BAO darstellt.

In vorliegendem Fall liegt eine Auswirkung der allgemeinen Rechtslage vor, die alle Abgabenpflichtigen (in vergleichbarer Situation) in gleicher Weise trifft.

Nach Ansicht des Bundesfinanzgerichtes liegt aus folgendem Grund auch kein außergewöhnlicher Geschehensablauf vor:

Sachliche Unbilligkeit setzt unter anderem voraus, dass das vom Gesetzgeber offenbar nicht beabsichtigte Ergebnis vom Abgabepflichtigen nicht beeinflussbar ist.

Die Rückzahlungen beruhen auf dem Umstand, dass sich der Bf. Prämien erschlichen hat. Diesbezüglich wurde mit Urteil des Landesgerichtes ***X*** vom , ***xxxx*** für schuldig erkannt, sich durch die wiederkehrende Begehung von schwerem Betrug (§ 147 Abs. 1 Z 1 und Abs. 2 StGB) längere Zeit hindurch ein nicht bloß geringfügiges laufendes Einkommen verschafft zu haben.

Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung ausführt, entfaltet ein rechtskräftiges Strafurteil bindende Wirkung hinsichtlich der Tatsachenfeststellungen, auf denen sein Schuldspruch beruht, wozu auch jene Tatumstände gehören, aus denen sich die jeweilige strafbare Handlung nach ihren gesetzlichen Tatbestandselementen zusammensetzt. Die Bindungswirkung erstreckt sich auf die vom Gericht festgestellten und durch den Spruch gedeckten Tatsachen (vgl. etwa , mwN), weshalb das Vorbringen der steuerlichen Vertreterin, dass der vom ehemaligen Arbeitgeber erhobene Vorwurf nicht korrekt sei, unbeachtlich ist.

Der hier gegenständliche Sachverhalt hat somit den Ursprung im Fehlverhalten des Bf., somit kann nicht gesagt werden, der Sachverhalt wäre vom Bf. nicht beeinflussbar gewesen.

Soferne die steuerliche Vertreterin in der Beschwerde auf die Entscheidung des , verweist, ist dem entgegenzuhalten, dass der Sachverhalt mit dem hier vorliegenden nicht vergleichbar ist.

Wie in der Beschwerde zutreffend ausgeführt, unterlag der Steuerpflichtige im zitierten Fall einem verschuldeten Rechtsirrtum, der zu einer zu hohen Selbstbemessung einer Abgabe führte. Der Rechtssatz des VwGH dazu lautet:

"Bei Selbstbemessungsabgaben schließt eine Versäumung der Berichtigungsfrist (§ 149 Abs 2 LAO Wr) für sich allein noch nicht unbedingt die Annahme der Unbilligkeit der Abgabeneinhebung in der erklärten Höhe aus; dies gilt insbesondere dann, wenn der Irrtum, der zur unrichtigen Selbstbemessung führte, erst nach Fristablauf aufgedeckt wurde. Bei der Beurteilung der Rechtsfrage, ob eine Unbilligkeit vorliegt, ist es nicht ohne Bedeutung, ob nach der objektiven Rechtslage eine Abgabenschuld bestand; es kommt auf die Lage des Einzelfalles an. Auch ein verschuldeter Rechtsirrtum, der zu einer zu hohen Selbstbemessung einer Abgabe führte, schließt die Annahme einer Unbilligkeit der Einhebung der Abgabe in der erklärten Höhe nicht unbedingt aus. Mängel in der Buchführung und in der betrieblichen Organisation, bestehend in der Unterlassung der gesonderten Ausweisung nicht steuerpflichtiger Geschäftsvorgänge, können dann nicht als Argumente gegen das Vorliegen einer Unbilligkeit herangezogen werden, wenn sich der Abgabepflichtige über die Steuerpflicht in einem Rechtsirrtum befand; in solchen Fällen ist die Beurteilung vielmehr auf den Rechtsirrtum abzustellen (Hinweis E , 1411/70)."

Dem gegenständlichen Fall liegt jedoch keine fehlerhaft berechnete Lohnsteuer zugrunde. Im Nachsichtsansuchen hat der Bf. zugestanden, dass die Lohnsteuer für die Jahre 2011-2017 richtig bemessen wurde.

Das Einkommen wurde zwar nicht offengelegt, jedoch ist dies im Hinblick auf die bisherigen Ausführungen nicht entscheidungsrelevant.

Ob die Vergleichszahlungen in Deutschland als Werbungskosten geltend gemacht werden können und falls dies nicht möglich ist, ob aufgrund des vorliegenden Sachverhaltes dort (in Deutschland) ein Antrag auf Erlass von deutschen Einkommensteuerforderungen aus sachlichen Gründen (mit Erfolg) geltend gemacht werden könnte, war vom Bundesfinanzgericht aufgrund der Sach- und Rechtslage nicht zu prüfen.

Das Vorliegen einer sachlichen Unbilligkeit im Sinne des § 236 BAO wurde im gegenständlichen Verfahren nicht dargetan. Eine persönlichen Unbilligkeit wurde nicht behauptet bzw. geltend gemacht. Da es somit schon an den tatbestandsmäßigen Voraussetzungen für die Bewilligung einer Nachsicht fehlte, blieb für eine Ermessensentscheidung kein Raum und war spruchgemäß zu entscheiden.

1.1. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Da im gegenständlichen Verfahren die entscheidungsrelevanten Fragen bereits durch die zitierte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes geklärt sind und die Entscheidung von dieser Rechtsprechung nicht abweicht, ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nicht zulässig.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 236 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 3 Unbilligkeit der Einhebung im Sinn des § 236 BAO, BGBl. II Nr. 435/2005
§ 19 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 236 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise






ECLI
ECLI:AT:BFG:2022:RV.6100088.2021

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at