Ermessensübung bei der Festsetzung einer Zwangsstrafe iZm § 5 WiEReG
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Dr. W in der Beschwerdesache der Bf., F-Straße-xx, Gde X, vertreten durch die Rechtsanwälte XY, R-Straße-xy, GDe Y, über die am eingebrachte Beschwerde gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich, Postfach 126, 1000 Wien, vom betreffend Festsetzung einer Zwangsstrafe zu Recht erkannt:
Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben.
Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.
Die Zwangsstrafe wird mit 1.500,00 € festgesetzt.
Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) unzulässig.
Entscheidungsgründe
Mit Erkenntnis vom , RV/1100261/2021, hat das Bundesfinanzgericht über die Beschwerde abweisend entschieden. Auf den in diesem Erkenntnis dargestellten Gang des Verwaltungsverfahrens wird verwiesen.
Aufgrund der (außerordentlichen) Revision vom wurde dieses Erkenntnis vom Verwaltungsgerichtshof mit Entscheidung vom , Ra 2022/13/0023-6, wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben. Das Höchstgericht hat dabei in Erwiderung zum Revisionsvorbringen, wonach die Verhängung einer Zwangsstrafe in der Höhe von 4.000,00 € außer Verhältnis zum Verhalten der Revisionswerberin und zum Zweck der Zwangsstrafe stehe, ua. Nachstehendes erwogen:
""Die Verhängung einer Zwangsstrafe liegt dem Grunde und der Höhe nach im Ermessen der Abgabenbehörde (vgl. , mwN). Zweck der Zwangsstrafe ist es insbesondere, die Partei zur Erfüllung ihrer abgabenrechtlichen Pflichten zu verhalten (vgl. ).
Die "einzelne" Zwangsstrafe darf nach § 111 Abs. 3 BAO den Betrag von 5.000 € nicht übersteigen. Unter einer "einzelnen" Zwangsstrafe ist die Summe aller zur Erzwingung einer bestimmten Leistung festgesetzten Zwangsstrafen zu verstehen (vgl. Ritz/Koran, aaO, § 111 Tz 8, mwN). Im vorliegenden Fall wurde daher für die zu erzwingende Leistung (Meldung nach der jährlichen Überprüfung gemäß § 5 WiEReG) eine Zwangsstrafe von insgesamt 5.000 € festgesetzt. Mit dem WiEReG wurde u.a. Art. 30 der Richtlinie (EU) 2015/849 des Europäischen Parlaments und des Rates umgesetzt (Art. 1 BGBl. I Nr. 136/2017). Wenn demnach Sanktionen bei Verstößen (u.a.) gegen Meldepflichten "wirksam, verhältnismäßig und abschreckend" (Art. 30 Abs. 1 dieser Richtlinie) sein sollen, so geht aus den Erwägungen des Bundesfinanzgerichts aber nicht hervor, warum im vorliegenden Fall, in dem die Aufforderung der Revisionswerberin tatsächlich nicht bekannt war, die Zwangsstrafe insgesamt mit dem Höchstbetrag festzusetzen war (vgl. zu Kriterien etwa ; , 96/14/0079).""
Durch die Aufhebung des angefochtenen Erkenntnisses trat die Rechtssache in die Lage zurück, in der sie sich vor Erlassung des angefochtenen Erkenntnisses befunden hat (§ 42 Abs. 3 VwGG).
Die Verwaltungsgerichte sind im fortgesetzten Verfahren verpflichtet, in der betreffenden Rechtssache mit den ihnen zu Gebote stehenden rechtlichen Mitteln unverzüglich den der Rechtsanschauung des Verwaltungsgerichtshofes entsprechenden Rechtszustand herzustellen (§ 63 Abs. 1 VwGG). Bei seiner neuerlichen Entscheidung ist das Bundesfinanzgericht somit an die Rechtsanschauung des Höchstgerichtes gebunden. Die Bindungswirkung erstreckt sich dabei auf jene Fragen, zu denen sich der Verwaltungsgerichtshof geäußert hat, sowie auf solche Fragen, die notwendige Voraussetzung für den Inhalt des aufhebenden Erkenntnisses sind (vgl. zB ; , jeweils mwN).
Das Bundesfinanzgericht hat über die Beschwerde erwogen:
Im Hinblick auf den Sachverhalt und die rechtliche Beurteilung der in Rede stehenden Beschwerdesache im Hinblick auf die Frage, ob die Voraussetzungen des WiEReG wie auch des § 111 BAO für die mit dem angefochtenen Bescheid festgesetzte Zwangsstrafe erfüllt waren, wird auf die Beschwerdeentscheidung des Bundesfinanzgerichtes vom , RV/1100261/2021, im Vorverfahren wie auch auf die entsprechenden höchstgerichtlichen Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofes in seinem Erkenntnis vom , Ra 2022/13/0023-6, verwiesen. Die diesbezüglichen Feststellungen werden auch diesem (fortgesetzten) Verfahren zu Grunde gelegt.
Vollständigkeitshalber sei an dieser Stelle sachverhaltsbezogen noch erwähnt, dass die Kommanditistin der Bf. auch die beim Handelsgericht eingereichten Jahresabschlüsse als gesetzliche Vertreterin der Bf. und die entsprechend vorgelegten Lageberichte als Geschäftsführerin der Bf. unterfertigt hat.
Entsprechend den oben dargestellten Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofes im genannten Erkenntnis vom , Ra 2022/13/0023-6, erachtete das Höchstgericht die Revision unter Bezugnahme auf Art. 30 Abs. 1 der Richtlinie (EU) 2015/849 des Europäischen Parlaments und des Rates (Art. 1 BGBl. I Nr. 136/2017), wonach Sanktionen bei Verstößen (u.a.) gegen Meldepflichten "wirksam, verhältnismäßig und abschreckend" sein sollen, insofern als begründet, als das Bundesfinanzgericht im Hinblick auf die Höhe der festgesetzten Zwangsstrafe nicht erwogen habe, "warum im vorliegenden Fall, in dem die Aufforderung der Revisionswerberin tatsächlich nicht bekannt war, die Zwangsstrafe insgesamt mit dem Höchstbetrag festzusetzen war".
Dazu ist Folgendes zu sagen:
Die Verhängung einer Zwangsstrafe liegt, wenn die Voraussetzungen - wie im konkreten Fall - erfüllt sind, dem Grunde und der Höhe nach im Ermessen der Abgabenbehörde (vgl. , mwN). Dieses Ermessen wird vom Bundesfinanzgericht im Rahmen seiner umfassenden Kognitionsbefugnis im Sinne des § 279 Abs. 1 BAO unabhängig von der erstinstanzlichen Ermessensübung nochmals geübt.
Gemäß § 20 BAO müssen sich Entscheidungen, die die Abgabenbehörden nach ihrem Ermessen zu treffen haben (Ermessensentscheidungen), in den Grenzen halten, die das Gesetz dem Ermessen zieht. Innerhalb dieser Grenzen sind Ermessensentscheidungen nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände zu treffen. Die Ermessensübung hat sich vor allem am Zweck der Norm zu orientieren (vgl. ).
Gemäß §§ 2a und 269 Abs. 1 BAO gilt dies auch für Ermessensentscheidungen des Bundesfinanzgerichtes.
Gemäß § 111 Abs. 3 BAO darf die einzelne Zwangsstrafe den Betrag von 5.000,00 € nicht übersteigen. Unter einer "einzelnen" Zwangsstrafe ist die Summe aller zur Erzwingung einer bestimmten Leistung festgesetzten Zwangsstrafen zu verstehen (vgl. Ritz/Koran, BAO7, § 111 Tz 8, mwN). Zweck der Zwangsstrafe ist es insbesondere, die Partei zur Erfüllung ihrer abgabenrechtlichen Pflichten zu verhalten (vgl. ).
Betreffend die (im fortgesetzten Verfahren noch) strittige Höhe der Zwangsstrafe sieht das Gesetz abgesehen von dem in § 111 Abs. 3 BAO normierten Höchstbetrag für die Ermessensübung keine verbindlichen Vorgaben vor. Es ist daher im Einzelfall zu entscheiden, welche Höhe als angemessen erscheint.
Durch die in § 5 WiEReG normierte Meldepflicht sollen in Umsetzung der 4. EU-Geldwäscherichtlinie (EU) 2015/849 die hinter Unternehmen und Vermögensmassen stehenden Eigentümer transparent und überprüfbar gemacht werden und damit ein Beitrag zur Vermeidung von Geldwäscherei und Terrorismusfinanzierung geleistet werden. Das Register der wirtschaftlichen Eigentümer erfordert, dass es mit den notwendigen Daten befüllt wird, was ohne Meldepflichten wohl unmöglich wäre. Aus Gründen der Zweckmäßigkeit ist daher die zeitgerechte Einhaltung der Meldeverpflichtungen gemäß § 5 WiEReG durch die Androhung und gegebenenfalls die Festsetzung von Zwangsstrafen durchzusetzen. Die besondere Bedeutung der in Rede stehenden Bestimmung kommt im Übrigen auch in den sehr strengen Strafbestimmungen des § 15 WiEReG zum Ausdruck, wonach Meldepflichtverletzungen mit Geldstrafen bis zu 200.000,00 € zu ahnden sind.
Abgesehen davon, dass das Interesse der Bf., nicht durch eine Zwangsstrafe finanziell belastet zu sein, hinter dem Gewicht der Zweckmäßigkeit zurücksteht und damit jedenfalls eine Zwangsstrafe dem Grunde nach festzusetzen war, spricht diese Zweckmäßigkeit auch für eine deutlich spürbare Höhe der Zwangsstrafe.
Weiters ist zu berücksichtigen, dass die Bf. innerhalb der gesetzlich vorgegebenen Frist () keine Meldung abgegeben hat und sie nach Ablauf dieser gesetzlichen Frist bis zum Ergehen des angefochtenen Bescheides () noch vier Monate Zeit gehabt hätte, die Meldung nachzuholen. Auch ohne Erinnerungsschreiben, Fristsetzungen und Festsetzung einer ersten Zwangsstrafe wäre sohin die Meldung schon aufgrund der gesetzlichen Anordnung lange vor Wirksamkeit des angefochtenen Bescheides abzugeben gewesen. Tatsächlich hat die Bf. die notwendigen Schritte zur Meldung erst am vorgenommen. Dabei war auch zu berücksichtigen, dass der Bf. die Bestimmungen des Wirtschaftlichen Eigentümer Registergesetzes, welche klar und deutlich die Pflichten der Rechtsträger beschreiben, bereits bekannt gewesen sein mussten, hatte sie doch bereits am eine (erste) Meldung abgegeben.
Auch wenn im Sinne der Billigkeit zu berücksichtigen ist, dass - wie vom Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom , Ra 2022/13/0023-6, ausdrücklich darauf hingewiesen wird - der Bf. die abgabenbehördliche Aufforderung zur Meldung tatsächlich nicht bekannt war, ist in diesem Zusammenhang doch darauf zu verweisen, dass die Kommanditistin der Bf. als deren Vertreterin im Sinne des § 81 BAO und Zustellbevollmächtigte doch die notwendige, erforderliche Sorgfalt außer Acht gelassen hat, indem sie offensichtlich längerfristig nicht in ihre Databox eingesehen hat; es hätte ihr im Übrigen auch auffallen müssen, dass bereits am die Festsetzung der Zwangsstrafe von 1.000,00 € am Abgabenkonto der Bf. (Abgabenart "ZO") verbucht wurde. Ein diesbezügliches sorgloses Verhalten bzw. Verschulden der Vertreterin ist keine Entschuldigung für die Nichtbeachtung der in Rede stehenden rechtlichen Pflichten und ist jedenfalls der Bf. zuzurechnen.
Zur wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Bf. ist festzuhalten, dass sich bei ihr lt. den beim Handelsgericht für 2020 und 2021 eingereichten Lageberichten auf Grund der Corona-Krise und den dadurch verhängten Lockdowns keine befriedigende Geschäftstätigkeit entwickeln habe können und nur durch die staatlichen Unterstützungsmaßnahmen die Gewinnzone erreicht worden sei; mit Ende 2021 bzw. Anfang 2022 sei im Übrigen ein neuer Geschäftszweig begonnen worden, der sich mittlerweile in der Gewinnzone befinde. Mit Bescheiden über die Feststellung von Einkünften gemäß § 188 BAO wurden für die Jahre 2018 bis 2020 geringe, negative Einkünften aus Gewerbebetrieb festgestellt. Die letzte beim Handelsgericht eingereichte Bilanz der Bf. zum weist Aktiva iHv 19.048,25 € und ein Eigenkapital iHv 328,00 € aus. Die Vermögens- und Ertragslage der Bf. zeigt sohin eine geringe wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Bf. auf.
Bei der Bemessung der Zwangsstrafe ist auch zu berücksichtigen, dass die Bf. ihren steuerlichen Verpflichtungen, der Abgabe von Steuererklärungen, der Begleichung der Steuervorschreibungen, der Einhaltung von Fristen bisher korrekt nachgekommen war. Gegenteiliges ist weder aktenkundig noch wurde diesbezügliches von der Abgabenbehörde behauptet.
Nach Abwägung der vorgenannten Umstände erscheint dem erkennenden Richter im konkreten Fall die Festsetzung der Zwangsstrafe insgesamt mit der Hälfte des Höchstbetrages als angemessen. Die mit dem angefochtenen Bescheid festgesetzte Zwangsstrafe von 4.000,00 € war daher auf 1.500,00 € zu reduzieren und war sohin der Beschwerde teilweise statt zu gegeben.
Zulässigkeit der Revision:
Gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichts die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes uneinheitlich beantwortet wird.
Im gegenständlichen Beschwerdefall lag keine Rechtsfrage vor, der grundsätzliche Bedeutung zukam. Die im Beschwerdefall zu lösenden Rechtsfragen beschränkten sich auf Rechtsfragen, welche bereits in der bisherigen VwGH-Rechtsprechung (insbesondere durch -6) beantwortet wurden und solche, welche im Gesetz eindeutig gelöst sind. Im Übrigen hing der Beschwerdefall von der Lösung von nicht über den Einzelfall hinausgehenden Sachverhaltsfragen ab.
Gesamthaft war somit spruchgemäß zu entscheiden.
Feldkirch, am
Zusatzinformationen
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 5 WiEReG, Wirtschaftliche Eigentümer Registergesetz, BGBl. I Nr. 136/2017 § 15 WiEReG, Wirtschaftliche Eigentümer Registergesetz, BGBl. I Nr. 136/2017 § 16 WiEReG, Wirtschaftliche Eigentümer Registergesetz, BGBl. I Nr. 136/2017 § 20 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 111 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2023:RV.1100001.2023 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at