Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 17.01.2023, RV/6100406/2022

Vorliegen einer Berufsausbildung

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin BE in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr*** vertreten durch ***RA***, ***RA-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes ***X*** (nunmehr Finanzamt Österreich) vom betreffend Rückforderung von Familienbeihilfeund Kinderabsetzbetrag für den Zeitraum Jänner 2013 bis Februar 2014 für das Kind ***1*** zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Mit Bescheid vom forderte das Finanzamt vom Beschwerdeführer (kurz Bf) Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag für seine Tochter ***1*** für den Zeitraum Jänner 2013 bis Februar 2014 zurück. In der Begründung wurde im Wesentlichen unter Hinweis auf die Bestimmung des § 2 Abs 1 lit b FLAG ausgeführt, dass Familienbeihilfenanspruch nur dann bestehe, wenn die Ausbildung ernsthaft und zielstrebig betrieben werde. Dies sei dann anzunehmen, wenn die Vorbereitung auf die Ablegung der Prüfungen die volle Zeit des Kindes in Anspruch nehme und das Kind zu den Prüfungsterminen innerhalb eines angemessenen Zeitraums antrete. Da es sich um keine Berufsausbildung im Sinne des FLAG handle, müsse die Familienbeihilfe zurückgefordert werden.

Dagegen brachte der Bf durch seinen Rechtsanwalt mit Schriftsatz vom Beschwerde ein und führte begründend aus, dass das Anstellungsverhältnis, welchem ein Anlernvertrag vom zugrunde liege, für die Ausbildung seiner Tochter zur zahnärztlichen Assistentin zwingend erforderlich gewesen sei. Dies gehe aus dem betreffenden Kollektivvertrag hervor, in dem es heiße, dass die Ausbildungszeit zur zahnärztlichen Assistentin drei Jahre betrage und eine praktische und theoretische Ausbildung beinhalte (Duales System). Die praktische Ausbildung erfolge durch die Beschäftigung als Auszubildende bei einem Zahnarzt, Facharzt für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde oder Dentisten. Zwar habe sich seine Tochter im Jahr 2014 entschlossen, die Ausbildung zur zahnärztlichen Assistentin nicht abzuschließen, sondern ein Zahnarztstudium zu beginnen, eine spätere tatsächliche Ausübung des Berufes werde aber vom FLAG nicht gefordert (; ). Es handle sich daher um eine Berufsausbildung im Sinne des § 2 FLAG.
Außerdem wurde in der Beschwerde der Antrag gestellt, dass das Bundesfinanzgericht als Beschwerdebehörde eine mündliche Beschwerdeverhandlung anberaumen möge, sofern den nachstehenden Anträgen nicht ohnehin aufgrund der bisherigen Verfahrensergebnisse stattgegeben werde.

Mit ergänzendem Schriftsatz vom legte der Bf ein Schreiben der ***X*** Fortbildungsakademie der Zahnärztekammer vor (Datum ). In dieser Urkunde werde festgehalten, dass eine Teilnahme am Ausbildungskurs nur dann sinnvoll sei, wenn sich der Zahnarzt einen Überblick verschafft habe, ob der Anlernling für diesen Beruf geeignet sei und ihn auch tatsächlich ergreifen wolle. Darüber hinaus sei es notwendig, dass der Anlernling mit dem Arbeitsablauf und dem Instrumentarium sehr gut vertraut sei, bevor er mit der theoretischen Ausbildung beginne. Es sei in diesem Zusammenhang sinnvoll, wenn mit der theoretischen Ausbildung erst im letzten Lehrjahr begonnen werde. Dies sei der Grund gewesen, weshalb die Tochter des Bf während der praktischen Ausbildungszeit noch keine theoretische Ausbildung und schon gar nicht die Abschlussprüfung gemacht habe.

Das Finanzamt legte die Beschwerde zunächst am dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor, ohne zuvor eine Beschwerdevorentscheidung erlassen zu haben.

In der Folge wies das Bundesfinanzgericht mittels Verständigung gemäß § 281a BAO vom das Finanzamt darauf hin, dass noch eine Beschwerdevorentscheidung zu erlassen sei.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies das Finanzamt schließlich die Beschwerde als unbegründet ab und führte darin im Wesentlichen aus, dass laut einer Recherche auf der Website der Zahnärztekammer ***X*** die Ausbildung zur zahnärztlichen Assistentin in einer Ausbildungszeit von drei Jahren im dualen System (Praxis und Theorie) aufgebaut sei. Dabei werde ein Ausbildungsverhältnis bei einem Facharzt für Zahn-, Mund und Kieferheilkunde, approbierten Zahnarzt oder Dentisten abgeschlossen (praktische Ausbildung). Die theoretische Ausbildung erhalte der/die angehende Assistent/in einem anerkannten Fachkurs an der Schule für ZahnarztassistentInnen der ***X*** Fortbildungsakademie der Zahnärztekammer.
In einer schriftlichen Auskunft der Zahnärztekammer (Fortbildungsakademie) vom sei in Bezug auf ein Ausbildungsverhältnis von ***1*** ausgeführt worden, dass der Zahnärztekammer weder ein Anlernvertrag noch eine Anmeldung zur Schule für zahnärztliche Assistenz vorliege. Laut dieser Auskunft hätte ***1*** mit der Schule im Februar 2013 beginnen müssen, um innerhalb der dreijährigen praktischen Ausbildung die theoretische Ausbildung abschließen zu können. Für die Abgabenbehörde erfülle die Anstellung in der Zahnarztpraxis des Vaters nicht die Voraussetzungen eines Ausbildungsverhältnisses (zur zahnärztlichen Assistentin) im Sinne des FLAG. Vielmehr werde dies als "Schnuppern" bzw. zwischenzeitliche Anstellung bis zum Beginn des Zahnmedizinstudiums an der Danube Private University interpretiert.

Daraufhin brachte der Bf durch seinen Rechtsanwalt mit Schreiben vom einen Vorlageantrag ein, in dem er sein bisheriges Vorbringen wiederholte. Die Ausführungen hinsichtlich der Beantragung der mündlichen Verhandlung wurden ebenfalls wörtlich wiederholt.

Das Finanzamt legte die Beschwerde mit Vorlagebericht vom dem Bundesfinanzgericht erneut zur Entscheidung vor.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Das Bundesfinanzgericht stellt auf Basis des oben geschilderten Verwaltungsgeschehens und der aktenkundigen Unterlagen folgenden entscheidungswesentlichen Sachverhalt fest:

Der Bf hat seinen Wohnsitz in Österreich. Die im ***3*** geborene und im gegenständlichen Zeitraum somit bereits volljährige Tochter des Bf, ***1***, schloss im Juni 2011 die Schulausbildung mit Ablegung der Reifeprüfung ab.

Im Rückforderungszeitraum war die Tochter des Bf bis zum auf Grundlage eines Anlernvertrags vom in der Zahnarztpraxis des Bf angestellt, im Februar 2014 bezog sie Arbeitslosengeld.

Die Ausbildungszeit zur zahnärztlichen Assistentin beträgt insgesamt drei Jahre und beinhaltet eine praktische und eine theoretische Ausbildung (Duales System). Die praktische Ausbildung erfolgt durch die Beschäftigung als Auszubildende bei einem Zahnarzt, Facharzt für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde oder Dentisten. Die theoretische Ausbildung erfolgt in einem anerkannten Fachkurs an der Schule für zahnärztliche Assistenten der ***X*** Fortbildungsakademie der Zahnärztekammer. Die theoretische Ausbildung dauerte im beschwerdegegenständlichen Zeitraum ein Jahr.

Die Tochter des Bf hat die theoretische Ausbildung zur Zahnarztassistentin nie begonnen. Sie war auch nie für einen Kurs an der Schule für zahnärztliche Assistenten der ***X*** Fortbildungsakademie der Zahnärztekammer angemeldet.

In einem Antwortschreiben der ***X*** Fortbildungsakademie der Zahnärztekammer im Zuge eines Vorhalteverfahrens beim Finanzamt vom bezüglich der Tochter des Bf wird Folgendes ausgeführt:

  1. Wenn es einen Anlernvertrag mit Abschluss gibt (uns liegt keiner vor), dann würde dieser nach 3 Jahren praktischer Ausbildung - in diesem Fall zum - enden.

  2. Mindestens 6 Monate Praxis vor Einstieg in die theoretische Ausbildung war beim 1-jährigen Lehrgang obligatorisch. Bezüglich des weiteren zeitlichen Ablaufs gab es keine Vorgabe - d.h. die theoretische Ausbildung konnte jeweils zu einem beliebigen Semesterstart begonnen werden (also durchaus nach 9, 15 oder 24 Monaten).

  3. Die praktische Ausbildung wird insofern dokumentiert, dass die Anmeldung zur Schule ausschließlich durch einen Dienstgeber erfolgen kann. In der Anmeldung ist anzugeben, seit wann die Assistentin in der Ordination im Dienst steht. Die nächste Erfolgskontrolle findet zum Abschluss der 3 Jahre Praxis statt. Wenn eine Assistentin (vorausgesetzt die erfolgreiche Teilnahme/positiv bestandene Prüfungen an der Assistentinnenschule) ihr Zeugnis beantragt, ist auf dem Antrag von dem oder den Dienstgebern die Dauer der Ausbildung zu dokumentieren, welche insgesamt 36 Monate umfassen muss.

  4. ***1*** wurde zu keinem Zeitpunkt an der Schule für zahnärztliche Assistenz angemeldet.

  5. Um innerhalb der 3-jährigen praktischen Ausbildung die theoretische Ausbildung abschließen zu können, hätte ***1*** im Februar 2013 mit der Schule beginnen müssen. Schuljahresbeginn war grundsätzlich zum Sommersemester. D.h. sie hätte von Anfang Februar 2013 bis Ende Jänner 2014 die Schule besucht und damit im November 2014 Theorie und Praxis erfüllt.

Die theoretische Ausbildung zur zahnärztliche Assistentin wurde ab dem Jahr 2015 von einem auf drei Jahre erweitert. In einem diesbezüglichen Schreiben vom der ***X*** Fortbildungsakademie der Zahnärztekammer an alle Zahnärzte in ***X*** wird angeführt: … ein halbes Jahr praktische Erfahrung bei einem Zahnarzt wird dabei vorausgesetzt und eine Teilnahme am Ausbildungskurs ist nur dann sinnvoll, wenn Sie sich einen Überblick verschafft haben, ob Ihr Anlernling für diesen Beruf geeignet ist und ihn auch tatsächlich ergreifen will. Darüber hinaus ist es notwendig, dass der Anlernling mit dem Arbeitsablauf und dem Instrumentarium sehr gut vertraut ist, bevor er mit der theoretischen Ausbildung beginntEine Empfehlung, dass mit der theoretischen Ausbildung erst im letzten Ausbildungsjahr begonnen werden soll, ist nicht enthalten.

Ab dem Sommersemester 2014 war die Tochter des Bf als ordentliche Studierende des Diplomstudiums Zahnmedizin an der Danube Private University inskribiert.

Der Rückforderungsbetrag wurde vom Finanzamt mit gewährter Familienbeihilfe gegengerechnet.

2. Beweiswürdigung

Weder aus dem Kollektivvertrag noch den Schreiben der ***X*** Fortbildungsakademie der Zahnärztekammer geht hervor, dass - wie der Bf ausführt - empfohlen wird, im letzten Ausbildungsjahr mit der theoretischen Ausbildung zur zahnärztliche Assistentin zu beginnen. Der Beginn wird lediglich nach einem Zeitraum von 6 Monaten empfohlen. Die Argumentation des Bf weshalb in den ersten beiden Jahren keine theoretische Ausbildung begonnen werden konnte, ist daher nicht nachvollziehbar.

Die Tochter des Bf begann aber auch im letzten Ausbildungsjahr nicht die theoretische Ausbildung. Aus dem Schreiben der Fortbildungsakademie vom geht hervor, dass sie aufgrund des Beginns des Ausbildungsverhältnisses am spätestens mit Februar 2013 mit der theoretischen Ausbildung beginnen hätte müssen, da der Ausbildungsbeginn jeweils nur im Sommersemester möglich war. Es wird in diesem Schreiben auch ausdrücklich festgehalten, dass die Tochter des Bf zu keinem Zeitpunkt für die theoretische Ausbildung zur zahnärztliche Assistentin angemeldet war. Es ist daher als erwiesen anzunehmen, dass sie die theoretische Ausbildung nie begonnen hat und auch nie für einen entsprechenden Kurs angemeldet war. Dies wird vom Bf auch nicht bestritten.

Im Schreiben vom ist der Anmeldeschluss für den dort genannten Kurs mit ca. zwei Monaten vor dessen Beginn angegeben. Es ist daher grundsätzlich von einem Anmeldschluss ca. zwei Monate vor Beginn des jeweiligen Kurses auszugehen. Eine Anmeldung der Tochter des Bf für die theoretische Ausbildung ab Februar 2013 hätte daher spätestens im Dezember 2012 erfolgen müssen, was jedoch nicht geschah. Im Gegenteil, in diesem Zeitraum bezog sie Arbeitslosengeld (laut im Akt aufliegendem Versicherungsdatenauszug der Österreichischen Sozialversicherung). Dies bedeutet, dass sie spätesten ab Dezember 2012 die Ausbildung zur zahnärztlichen Assistentin nicht fortsetzen wollte. Ob eine Ausbildung je begonnen wurde oder ob es sich von Anfang an um ein gewöhnliches Angestelltenverhältnis handelte, ist für den vorliegenden Beschwerdefall ohne Bedeutung, da im beschwerdegegenständlichen Zeitraum jedenfalls die vorgeschriebene theoretische Ausbildung nicht begonnen wurde.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

Mündliche Verhandlung:

Der Bf hat in der Beschwerde und wortgleich im Vorlageantrag beantragt, dass das Bundesfinanzgericht als Beschwerdebehörde eine mündliche Beschwerdeverhandlung anberaumen möge, sofern den nachstehenden Anträgen nicht ohnehin aufgrund der bisherigen Verfahrensergebnisse stattgegeben werde.

Der Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung wurde somit unter einer Bedingung gestellt.
Die Zulässigkeit einer Bedingung bei einer Prozesshandlung muss im Gesetz ausdrücklich vorgesehen sein; ist dies nicht der Fall, so ist eine unter einer Bedingung vorgenommene Prozesshandlung unwirksam (vgl. ; ). Die BAO sieht keine bedingten Verhandlungsanträge vor. Der Verhandlungsantrag ist daher unwirksam.
Das Bundesfinanzgericht hält eine mündliche Verhandlung außerdem nicht für erforderlich, da die Sachlage ausreichend geklärt ist.

Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag:

Gemäß § 2 Abs. 1 lit. b Familienlastenausgleichsgesetz 1967 (FLAG 1967) steht Familienbeihilfe für volljährige Kinder (die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben) u.a. zu, wenn sie für einen Beruf ausgebildet werden.

Gemäß § 26 Abs. 1 FLAG 1967 hat derjenige, welcher Familienbeihilfe zu Unrecht bezogen hat, die entsprechenden Beträge zurückzuzahlen.

Nach § 33 Abs. 3 EStG 1988 steht Steuerpflichtigen, denen auf Grund des FLAG 1967 Familienbeihilfe gewährt wird, im Wege der gemeinsamen Auszahlung mit der Familienbeihilfe ein Kinderabsetzbetrag in näher angeführter Höhe zu. Werden Kinderabsetzbeträge zu Unrecht bezogen, ist § 26 FLAG 1967 anzuwenden.

Der Familienbeihilfenanspruch für volljährige Kinder hat nach oa. Gesetzesbestimmung zur Voraussetzung, dass das volljährige Kind in Berufsausbildung steht.

Eine nähere Umschreibung des Begriffes "Berufsausbildung " enthält das Gesetz nicht. Unter diesem Begriff sind alle Arten schulischer oder kursmäßiger Ausbildung zu zählen, in deren Rahmen noch nicht berufstätigen Personen ohne Bezugnahme auf die spezifischen Tätigkeiten an einem konkreten Arbeitsplatz für das künftige Berufsleben erforderliches Wissen vermittelt wird. Ihren Abschluss findet eine Berufsausbildung jedenfalls mit dem Beginn der Ausübung eines bestimmten Berufes (vgl. Hebenstreit/Lenneis/Reinalter in Lenneis/Wanke, FLAG2 § 2, Tz 35; ).

Der einschlägige Kollektivvertrag der österreichischen Zahnärztekammer enthält in § 8 "Zahnärztliche Assistentinnen in Ausbildung" (in der damals geltenden Fassung) Folgendes:

Die Ausbildungszeit zur zahnärztlichen Assistentin beträgt 3 Jahre und beinhaltet eine praktische und theoretische Ausbildung (Duales System).

Die praktische Ausbildung erfolgt durch die Beschäftigung als Auszubildende bei einem Zahnarzt, Facharzt für Zehn-, Mund- und Kieferheilkunde oder Dentisten; sie kann auch an einer zahnärztlichen Universitätsklinik erfolgen.

Die theoretische Ausbildung erhält die auszubildende zahnärztliche Assistentin neben ihrer praktischen Ausbildung in einem im Anhang i angeführten Fachkurs, der mit einer positiven Prüfung abzuschließen ist

Wie bei der Lehrausbildung in einem gesetzlich anerkannten Lehrverhältnis, bei dem die praktische Ausbildung im Betrieb und die theoretische Ausbildung in der Berufsschule erfolgt, ist auch die Ausbildung zur zahnärztlichen Assistentin in eine theoretische und eine praktische Ausbildung gegliedert und stellt daher grundsätzlich eine Berufsausbildung iSd FLAG 1967 dar (siehe auch -K/10).

Nach der ständigen Rsp des VwGH ist darüber hinaus Ziel einer Berufsausbildung, die fachliche Qualifikation für die Ausübung des angestrebten Berufes zu erlangen. Es muss das ernstliche und zielstrebige, nach außen erkennbare Bemühen um den Ausbildungserfolg gegeben sein (vgl. zB. ; ).

Ob ein Kind eine Berufsausbildung absolviert, ist eine Tatfrage, welche die Behörde in freier Beweiswürdigung zu beantworten hat (vgl. ; ).

Die insgesamt dreijährige Ausbildung zur zahnärztliche Assistentin sieht neben der praktischen Ausbildung bei einem Zahnarzt, eine theoretische Ausbildung von (damals) einem Jahr vor. Die Tochter des Bf hätte mit der theoretischen Ausbildung spätestens im Februar 2013 beginnen müssen. Sie war jedoch nie zu einem entsprechenden Kurs bei der zuständigen Fortbildungsakademie angemeldet (siehe Beweiswürdigung). Im strittigen Zeitraum Jänner 2013 bis Februar 2014 (Anspruchszeitraum) kann daher von einem ernstlichen und zielstrebigen Bemühen um den Ausbildungserfolg nicht die Rede sein, zumal die Tochter des Bf zur vorgeschriebenen theoretischen Ausbildung nicht einmal angemeldet war. Im Februar 2014 stand sie überdies in keinem Anstellungsverhältnis mehr, sondern bezog Arbeitslosengeld. Es lag demnach keine Berufsausbildung vor.

Dem Finanzamt kann daher nicht entgegengetreten werden, wenn es im bekämpften Bescheid davon ausgegangen ist, dass im Rückforderungszeitraum kein Anspruch auf Familienbeihilfe bestanden hat.

Wird Familienbeihilfe trotz fehlender Anspruchsvoraussetzungen vereinnahmt, wurde diese zu Unrecht bezogen. Nach § 26 Abs. 1 FLAG 1967 hat, wer Familienbeihilfe zu Unrecht bezogen hat, die entsprechenden Beträge zurückzuzahlen (vgl. Wanke in Lenneis/Wanke (Hrsg), FLAG², § 26 Rz 20f).

Steuerpflichtigen, denen Familienbeihilfe für ein Kind nach dem Familienlastenausgleichsgesetz gewährt wird, steht auch ein Kinderabsetzbetrag von im Rückforderungszeitraum € 58,40 monatlich zu. Dieser wird gemeinsam mit der Familienbeihilfe ausbezahlt (vgl. Herzog in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG²², § 33 Rz 51).

Wurden, wie gegenständlich mangels Familienbeihilfenanspruch, auch Kinderabsetzbeträge zu Unrecht bezogen, ist § 26 FLAG 1967 anzuwenden. Die obigen Ausführungen zur Familienbeihilfe gelten somit auch für den Kinderabsetzbetrag (vgl. Herzog in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG²², § 33 Rz 55).

Es war daher wie im Spruch ausgeführt zu entscheiden.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die Frage, ob eine Berufsausbildung vorliegt, ist eine Sachverhaltsfrage, die einer Revision nicht zugänglich ist. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung liegt nicht vor, da sich die Rechtsfolgen unmittelbar aus dem Gesetz ergeben.

Salzburg, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
FLAG
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2023:RV.6100406.2022

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at