Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 02.01.2023, RV/7500425/2022

gekürzte Ausfertigung Parkometerabgabe; die Beanstandung erfolgte am gleichen Tag, an dem der Abstellort durch Verordnung zur gebührenpflichtigen Kurzparkzone wurde

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Gekürzte Ausfertigung des Erkenntnisses gemäß § 29 Abs. 5 VwGVG

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Mag. Andrea Ebner in der Verwaltungsstrafsache gegen ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, wegen der Verwaltungsübertretung gemäß § 5 Abs. 2 Wiener Parkometerabgabeverordnung iVm § 4 Abs. 1 Wiener Parkometergesetz 2006, über die Beschwerde des Beschuldigten vom gegen das Erkenntnis des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 67, vom , GZ. MA67/226700720899/2022, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am in Anwesenheit des Beschuldigten und der Schriftführerin zu Recht erkannt:

I. Gemäß § 50 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.

II. Gemäß § 52 Abs. 1 und 2 VwGVG hat die beschwerdeführende Partei einen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens in Höhe von € 12,00 zu leisten.

III. Gemäß § 25 Abs. 2 BFGG wird der Magistrat der Stadt Wien als Vollstreckungsbehörde bestimmt.

IV. Eine Revision durch die beschwerdeführende Partei wegen Verletzung in Rechten nach Art. 133 Abs. 6 Z 1 B-VG ist gemäß § 25a Abs. 4 VwGG kraft Gesetzes nicht zulässig.

Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine ordentliche Revision durch die belangte Behörde nach Art. 133 Abs. 6 Z 2 B-VG nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Mit Erkenntnis des Magistrates der Stadt Wien vom , GZ. MA67/226700720899/2022 wurde ***Bf1*** wegen Verletzung der Rechtsvorschriften des § 5 Abs. 2 Wiener Parkometerabgabeverordnung iVm § 4 Abs. 1 Wiener Parkometergesetz 2006, er habe das mehrspurige Kraftfahrzeug mit dem behördlichen Kenn-zeichen ***1*** (A) in der gebührenpflichtigen Kurzparkzone in Wien, ohne einen zum Beanstandungszeitpunkt gültigen Parkschein abgestellt und demnach die Parkometerabgabe fahrlässig verkürzt zu haben, zu einer Geldstrafe von € 60,00 und bei Uneinbringlichkeit zu einer Ersatzfreiheitsstrafe von 14 Stunden verurteilt. Zudem wurde der beschwerdeführenden Partei gemäß § 64 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG 1991) ein Betrag von € 10,00 als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens auferlegt.

Der Beschwerdeführer erhob gegen das Straferkenntnis binnen der Rechtsmittelfrist Beschwerde (E-Mail vom ) und brachte vor, dass für ihn keine Kurzparkzone erkennbar gewesen sei.

Die MA 67 legte die Beschwerde samt Verwaltungsakt dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor (Datum des Einlangens: ).

Über Auskunftsersuchen des Bundesfinanzgerichtes vom betreffend das Vorliegen einer Kurzparkzone in der Aspernallee wurde von der MA 46 am mitgeteilt, dass die Einbeziehung dieser Straße in die flächendeckende Kurzparkzone für den 2. Bezirk mit der Verordnung des Magistrates der Stadt Wien betreffend KURZPARKZONEN im 02. Wiener Gemeindebezirk vom , MA 46 - DEF/573255/2022/HAN/SUS, erfolgt sei, welche durch die Anbringung der entsprechenden Straßenverkehrszeichen am kundgemacht und damit in Kraft getreten sei. Davor sei in der ***Adresse*** keine Kurzparkzone bestanden, sondern allgemeine Halte- und Parkverbote. Die Verordnung wurde dem Bundesfinanzgericht übermittelt.

Am fand vor dem Bundesfinanzgericht eine mündliche Verhandlung in der Beschwerdesache statt.

Nach Verkündung des Erkenntnisses im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesfinanzgericht wurden die Parteien gemäß § 29 Abs. 2a VwGVG

1. über das Recht belehrt, binnen zwei Wochen nach Ausfolgung bzw. Zustellung der Niederschrift eine schriftliche Ausfertigung des Erkenntnisses gemäß § 29 Abs. 4 VwGVG verlangen zu können;

2. darüber belehrt, dass ein Antrag auf Ausfertigung des Erkenntnisses gemäß § 29 Abs. 4 VwGVG eine Voraussetzung für die Zulässigkeit der Revision beim Verwaltungsgerichtshof und der Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof darstellt.

Binnen zwei Wochen nach Ausfolgung bzw. Zustellung der Niederschrift über die mündliche Verhandlung wurde von keiner Partei ein Antrag auf schriftliche Ausfertigung des Erkenntnisses gemäß § 29 Abs. 4 VwGVG gestellt.

Wird auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof von den Parteien verzichtet oder nicht binnen zwei Wochen nach Ausfolgung bzw. Zustellung der Niederschrift gemäß § 29 Abs. 2a VwGVG eine Ausfertigung des Erkenntnisses gemäß § 29 Abs. 4 VwGVG von mindestens einem der hiezu Berechtigten beantragt, so kann gemäß § 29 Abs. 5 VwGVG das Erkenntnis in gekürzter Form ausgefertigt werden. Die gekürzte Ausfertigung hat den Spruch sowie einen Hinweis auf den Verzicht oder darauf, dass eine Ausfertigung des Erkenntnisses gemäß § 29 Abs. 4 VwGVG nicht beantragt wurde, zu enthalten.

Der Beschwerdeführer hat unter Zugrundelegung der Anzeigedaten des Kontrollorgans 494 der Parkraumüberwachung der Landespolizeidirektion unstrittig das mehrspurige Kraftfahrzeug mit dem behördlichen Kennzeichen ***1*** am in der gebührenpflichtigen Kurzparkzone in 1020 Wien, ***Adresse***, ohne einen für die Beanstandungszeit 13:13 Uhr gültigen Parkschein abgestellt.

Die Abstellung des Fahrzeuges ist am erfolgt; danach wurde das Fahrzeug nicht mehr bewegt. Es handelt sich um ein Carsharing-Fahrzeug.

Der Beschwerdeführer verfügt seit ***Datum*** über eine Berechtigung für die "Vermietung von beweglichen Sachen ausgenommen Waffen, Medizinprodukten und Luftfahrzeugen" mit dem Berufszweig "Vermietung von KFZ ohne Beistellung eines Lenkers" (Bestätigung Beschwerdeführer in der mündlichen Verhandlung; Unternehmensinformation der Wirtschaftskammer Österreich).

Die letztmalige Überprüfung der Kurzparkzone auf der Website der Stadt Wien erfolgte durch den Beschwerdeführer am .

Seit in ganz Wien grundsätzlich die flächendeckende Kurzparkzone. Das Parken ist in jedem Wiener Gemeindebezirk kostenpflichtig. Die Ausdehnung der Kurzparkzone auf sämtliche Wiener Gemeindebezirke wurde entsprechend medial kommuniziert.

Die Einbeziehung der im Sachverhaltsteil angeführten Straßen in die flächendeckende Kurzparkzone für den 2. Bezirk ist mit der Verordnung des Magistrates der Stadt Wien betreffend Kurzparkzonen im 2. Wiener Gemeindebezirk vom , GZ. MA 46 - DEF/573255/2022/HAN/SUS, erfolgt.

Die Verordnung wurde durch die Anbringung der entsprechenden Straßenverkehrszeichen am kundgemacht und ist damit in Kraft getreten.

Nach § 1 Wiener Parkometerabgabeverordnung ist für das Abstellen von mehrspurigen Kraftfahrzeugen in Kurzparkzonen (§ 25 StVO) eine Abgabe zu entrichten.

Gemäß § 5 Abs. 1 Wiener Parkometerabgabeverordnung gilt die Abgabe mit der ordnungsgemäßen Entwertung des Parkscheins (der Parkscheine) oder mit der Bestätigung der Abstellan-meldung als entrichtet.

Nach § 5 Abs. 2 Wiener Parkometerabgabeverordnung hat jeder Lenker, der ein mehrspuriges Kraftfahrzeug in einem Gebiet abstellt, für das eine Abgabepflicht besteht, die Parkometerabgabe bei Beginn des Abstellens des Fahrzeuges zu entrichten.

Gemäß § 4 Abs. 1 Wiener Parkometergesetz 2006 sind Handlungen oder Unterlassungen, durch die die Abgabe hinterzogen oder fahrlässig verkürzt wird, als Verwaltungsübertretungen mit Geldstrafen bis zu 365 € zu bestrafen.

Nach dem unstrittig festgestellten Sachverhalt erfolgte nach dem Abstellen des Kraftfahr-zeuges die Kundmachung der Kurzparkzone auch für den Abstellort des Kraftfahrzeuges. Damit entstand für den Zeitraum nach der Kundmachung der Kurzparkzone die Verpflichtung zur Entrichtung der Parkometerabgabe, weil bei Belassen des Fahrzeuges in der Kurzparkzone mit Beginn des folgenden Abgabenzeitraumes und Nichtentrichtung der Parkometerabgabe hinsichtlich dieses Abgabenzeitraumes eine Abgabenpflicht entsteht (vgl und ).

Der Beschwerdeführer verwirklichte somit den objektiven Tatbestand der Verkürzung der Parkometerabgabe, weil für den Beanstandungszeitpunkt kein gültiger Parkschein vorgelegen ist.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kann die Unkenntnis eines Gesetzes nur dann als unverschuldet angesehen werden, wenn jemandem die Verwaltungsvorschrift trotz Anwendung der nach seinen Verhältnissen erforderlichen Sorgfalt unbekannt geblieben ist (vgl und ).

Der Beschwerdeführer hat im Rahmen der mündlichen Verhandlung vom zu Protokoll gegeben, im Bereich "carsharing" beruflich tätig zu sein. Im Rahmen des Carsharings ist das Fahrzeug am am Tatort abgestellt worden und in der Folge bis zur Beanstandung nicht mehr beweg worden. Die Überprüfung der Kurzparkzonenregelung erfolgte zuletzt am , somit jedenfalls vor dem Zeitpunkt der Abstellung.

Im Rahmen der mündlichen Verhandlung vom bringt er vor, dass es ihm nicht zuzumuten sei, jeden Tag alle Gesetze zu lesen. Bei Erweiterung der Kurzparkzone ab März 2022 seien Zettel mit Hinweisen ausgeteilt worden; solche habe es im Zuge der Erweiterung nicht gegeben.

Der bloße Hinweis, dass zum "Zeitpunkt der Abstellung […] keine Kurzparkzone erkennbar [war]", die nach Angaben des Beschuldigten Tage vor der Kundmachung der Verordnung aufgrund des "carsharing" erfolgte, ist nicht geeignet die Unkenntnis zu entschuldigen. Dies insbesondere vor dem Hintergrund als über die Erweiterung der flächendeckenden Kurzparkzone im gesamten Stadtgebiet mit medial ausführlich berichterstattet wurde. Der Beschwerdeführer selbst führt dabei das Anbringen von Informationsschreiben durch die Behörde ins Treffen. Das betreffende Fahrzeug wurde im Rahmen von "carsharing" am Tatort abgestellt. Der Beschwerdeführer selbst gibt an, zuletzt am auf der Webseite der Stadt Wien die Kurzparkzone überprüft zu haben. Gerade einem Unternehmer mit dem Unternehmensgegenstand "carsharing" kann zugemutet werden, sich über die entsprechenden gesetzlichen Regelungen dahingehend zu informieren. Eine allgemeine Abfrage auf der Website der Stadt Wien zur Kurzparkzone am , somit ca 1,5 Wochen vor dem Beanstandungszeitpunkt, ist jedenfalls nicht geeignet die Unkenntnis zu entschuldigen.

Somit sind auch die subjektiven Voraussetzungen der Strafbarkeit als erwiesen anzusehen.

Im vorliegenden Fall war von durchschnittlichen Einkommens- und Vermögensverhältnissen auszugehen, weil der Beschuldigte hiezu keine Angaben gemacht hat (vgl ). Zudem wurde auf die aktenkundigen verwaltungsstrafrechtlichen Vormerkungen Bedacht genommen.

Unter Bedachtnahme auf die angeführten Strafbemessungsgründe sowie aus general- und spezialpräventiven Erwägungen ist die verhängte Geldstrafe in Höhe von € 60,00 angesichts des bis zu € 365,00 reichenden Strafrahmens als angemessen zu betrachten.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 52 Abs. 2 VwGVG. Die Kosten des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens waren demnach in der Höhe von 20% der verhängten bzw bestätigten Strafe (EUR 60,00) zu bemessen. Dies ergibt einen Betrag von € 12,00.

Die ordentliche Revision ist nicht zulässig, weil keine Rechtsfrage im Sinne des Art 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt.

Die Niederschrift wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 14 Abs. 3 AVG zur Durchsicht vorgelegt. Einwendungen wurden nicht erhoben. Eine Ausfertigung der Niederschrift samt Belehrung gemäß § 29 VwGG wurde dem Beschwerdeführer unmittelbar ausgefolgt.

Kostenentscheidung

Da die Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens gemäß § 64 VStG in Höhe von 10% der Strafen festzusetzen sind, wurden sie somit in Höhe von € 10,00 korrekt festgesetzt.

Gemäß § 52 Abs. 1 VwGVG ist in jedem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes, mit dem ein Straferkenntnis bestätigt wird, auszusprechen, dass der Bestrafte einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens zu leisten hat.

Gemäß § 52 Abs. 2 VwGVG ist dieser Betrag für das Beschwerdeverfahren mit 20% der verhängten Strafe, mindestens jedoch mit zehn Euro zu bemessen.

Die beschwerdeführende Partei hat daher gemäß § 52 Abs. 2 VwGVG weitere € 12,00 als Kostenbeitrag zum verwaltungsgerichtlichen Verfahren zu leisten.

Gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG sind dem Beschwerdeführer die Kosten des Beschwerdeverfahrens nicht aufzuerlegen, wenn der Beschwerde auch nur teilweise Folge gegeben worden ist.

Gemäß § 52 Abs. 6 VwGVG sind die §§ 14 und 54b Abs. 1 und 1a VStG sinngemäß anzuwenden. Gemäß § 54b Abs. 1 VStG idF BGBl l 2013/33 sind rechtskräftig verhängte Geldstrafen oder sonstige in Geld bemessene Unrechtsfolgen binnen zwei Wochen nach Eintritt der Rechtskraft zu bezahlen. Erfolgt binnen dieser Frist keine Zahlung, kann sie unter Setzung einer angemessenen Frist von höchstens zwei Wochen eingemahnt werden. Nach Ablauf dieser Frist ist die Unrechtsfolge zu vollstrecken. Ist mit Grund anzunehmen, dass der Bestrafte zur Zahlung nicht bereit ist oder die Unrechtsfolge uneinbringlich ist, hat keine Mahnung zu erfolgen und ist sofort zu vollstrecken oder nach Abs. 2 vorzugehen.

Gemäß § 25 Abs. 2 BFGG hat das Bundesfinanzgericht, soweit dies nicht in der BAO, im ZollR-DG oder im FinStrG geregelt ist, in seiner Entscheidung zu bestimmen, welche Abgabenbehörde oder Finanzstrafbehörde die Entscheidung zu vollstrecken hat.

Hier erweist sich das Magistrat der Stadt Wien als Vollstreckungsbehörde zweckmäßig, da dem Magistrat der Stadt Wien bereits gemäß § 1 Abs. 1 Z 3 VVG die Vollstreckung der von den (anderen) Verwaltungsgerichten erlassenen Erkenntnisse und Beschlüsse obliegt (vgl. für viele ausführlich sowie Wanke/Unger, BFGG § 25 BFGG Anm. 6).

Zur Unzulässigkeit der Revision und Hinweis

Da von den Parteien auf die Revision an den Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof verzichtet wurde bzw. nicht binnen zwei Wochen nach Ausfolgung bzw. Zustellung der Niederschrift gemäß § 29 Abs. 2a VwGVG eine Ausfertigung des Erkenntnisses gemäß § 29 Abs. 4 VwGVG beantragt wurde, ist gemäß § 29 Abs. 5 VwGVG die Erhebung einer Revision beim Verwaltungsgerichtshof oder einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof nicht zulässig.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Verwaltungsstrafsachen Wien
betroffene Normen
§ 5 Abs. 1 Wiener Parkometerabgabeverordnung, ABl. Nr. 51/2005
§ 5 Abs. 2 Wiener Parkometerabgabeverordnung, ABl. Nr. 51/2005
§ 4 Abs. 1 Wiener Parkometergesetz 2006, LGBl. Nr. 09/2006
§ 1 Wiener Kontrolleinrichtungenverordnung, ABl. Nr. 33/2008
§ 1 Wiener Parkometerabgabeverordnung, ABl. Nr. 51/2005
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2023:RV.7500425.2022

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at