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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 02.01.2023, RV/7103355/2022

Säumniszuschlag

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Mag. Markus Knechtl LL.M. in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Steuerberatung Ko GmbH, Im Kurpark 1, 2734 Puchberg am Schneeberg, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Säumniszuschlag 2014 zur Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Bei der Beschwerdeführerin fand im Jahr 2019 eine Außenprüfung statt. Im Anschluss daran wurde vom Finanzamt Neunkirchen Wr. Neustadt (belangte Behörde; Vorgänger des Finanzamtes Österreich) am ein Umsatzsteuerbescheid 2013 erlassen, der zu einer Nachforderung in Höhe von € 33.128,70 führte.

Bescheid

Mit Bescheid vom setzte die belangte Behörde einen ersten Säumniszuschlag in Höhe von € 662,57 fest und verwies in der Begründung darauf, dass die Abgabenschuld in Höhe von € 33.128,70 nicht bis entrichtet wurde.

Beschwerde

Mit Schreiben vom 25.9.219 wurde folgende Beschwerde erhoben:
"BESCHEIDBESCHWERDE

Gegen den Bescheid über die Wiederaufnahme des Verfahrens hinsichtlich Umsatzsteuer 2013 vom ;
Gegen den Bescheid über die Umsatzsteuer 2013 vom
Gegen den Bescheid über die Festsetzung eines Säumniszuschlages vom

Gegen die o.a. Bescheide erheben wir innerhalb offenen Beschwerdefrist im Namen und im Auftrag unser o.a. Klientin das Rechtsmittel der Bescheidbeschwerde.

Die Beschwerde richtet sich gegen die von der Betriebsprüfung festgestellte nicht Abzugsfähigkeit der Vorsteuer (Tz 2 des BP Berichtes) i.H.v. € 33.128,70 die wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts entstanden sind.

Wir stellen daher den

Beschwerdeantrag

Der angefochtene Bescheid ist ersatzlos aufzuheben.

Weiters stellen wir an das Finanzamt den

Antrag

Auf Aussetzung der Einhebung gem. § 212a BAO für den Gesamtbetrag (Umsatzsteueru. Säumniszuschlag) des mit den angefochtenen Bescheiden geltend gemachtenZahlungsanspruchs bis zu Entscheidung über die Beschwerde.

Begründung:

• Die Belangte Behörde hat der Firma ***Bf1_alterName*** das Recht aufVorsteuerabzug unter Hinweis auf § 12 Abs 1 Z 1 UStG 1994 bzw. gem. § 12 Abs.14verweigert. Demnach hätte der damalige Geschäftsführer Herr ***AB*** wissenmüssen, dass der betreffende Umsatz in Zusammenhang mit einem Finanzvergehensteht.

Dies wäre aber für den Geschäftsführer der ***Bf1_alterName*** aufgrund der kriminellenVorgehensweise des Geschäftsführers der erwerbenden GesmbH unmöglichgewesen.

Sachverhalt
Anfang 2013 wurde in der
***CD*** (jetzt ***CD_neuerName*** i.Liqu), zusätzlich zurReifenentsorgung, probeweise ein Alpakaprojekt gestartet um zu testen, ob sich eineMarktnische erschließen lässt. Dadurch fielen diverse Anlaufkosten des Projekts sowieKosten für Muster, bzw. Handelsware an.

Herr ***CD_a***, als Käufer der ***CD***, hatte aber ausschließlich Interessefür die Reifenentsorgung und wollte das Alpaka Projekt nicht weiterverfolgen. Es wurdensomit am die Muster,- bzw. Handelswaren und mit dem Projektzusammenhängende Kosten an die ***Bf1_alterName*** verkauft und der Betrag auf dasKonto der ***CD*** überwiesen und somit das Verrechnungskontoausgeglichen.

Im Zuge dessen wurde bereits am die gesamte Buchhaltung übergeben undsomit auch der Betrieb übergeben. Zur formellen Übergabe kam es erst bei Notartermin am

Von der ***Steuerberatung*** wurde die Buchhaltung bis August 2013 gebucht. Auf eine weitere Zusammenarbeit wurde seitens der neuen Geschäftsführung verzichtet. Im Notariatsakt wurden alle Vereinbarungen festgehalten. Herr ***CD_a*** erklärt unter Beisein des Notares Mag. ***EF***, den Notariatsangestellten ***GH***, ***IJ***, sowie der vom Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien beeideten Dolmetscherin Dr. ***KL***, dass er den Gesellschaftsvertrag in der endgültigen Fassung kennt und er sich allen getroffenen Vereinbarungen unterwirft und ferner die abtretenden Gesellschafter hinsichtlich aller von ihnen übernommenen Verpflichtungen und Verbindlichkeiten, die sich aus dem Gesellschaftsverhältnis ergeben, klag- und schadlos zu halten.

Er erklärt weiters, die Buchhaltungsunterlagen bereits übernommen zu haben und die wirtschaftliche Situation des Unternehmens zu kennen.

Er nimmt auch das Risiko einer Steuerforderung und ein anhängiges Verfahren über eine Reifenzwangsentsorung zur Kenntnis. (Punkt I, 4. Des Notariatsaktes)

Er gibt auch zu Protokoll das Unternehmen gewinnbringend fort zusetzen.

In diesem Zusammenhang konnte Herr ***AB*** nicht wissen, dass die Umsatzsteuer für September 2013, welche erst am fällig gewesen wäre (Notartermin ), nicht abgeführt wird, bzw. hatte er nach Übergabe der Buchhaltung keine Einsicht mehr in die Belege.

Weiters konnte Herr ***AB*** auch nicht wissen, dass Herr ***CD_a*** gar nicht Herr ***CD_a*** ist, sondern alle, inkl. Notar und beeidete Dolmetscherin getäuscht hat und sich mit einem gestohlenen Reisepass ausgewiesen hat.

Aus unternehmerischer Sicht hat Herr ***AB*** alles getan um einen reibungslosen Firmenübergang zu gewährleisten. Es wurde die Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmannes nicht nur beachtet, sondern unter Beiziehung des Notars und der beeideten Dolmetscherin im erhöhten Maße durchgeführt.

Zusammenfassung
Es wurde seitens Herr
***AB*** die Sorgfaltspflichten eines ordentlichen Kaufmannes im erhöhten Maße beachtet. Er hat alle Maßnahmen getroffen, die vernünftigerweise von ihm verlangt werden können.

Es gibt eine ordnungsgemäße Rechnung, eine Überweisung, und einen ordnungsgemäßen Notariatsakt über den Betriebsübergang.

Seitens der Abgabenbehörde gibt es keine objektiven Umstände, die den Schluss zulassen, dass Herr ***AB*** als Geschäftsführer der ***Bf1_alterName*** wusste oder hätte wissen müssen, das der zur Begründung des Vorsteuerabzuges ausgeführte Umsatz von Herrn "***CD_a***" in eine Steuerhinterziehung einbezogen wird.

Auch in Hinblick auf die unglaubliche kriminelle Energie die der sogenannte Herr "***CD_a***" an den Tag legte (Täuschung sämtlicher Beteiligten), ist es dem Geschäftsführer der ***Bf1_alterName*** nicht zumutbar gewesen, dieses Vorgehen hätte Wissen zu müssen.

Der Umsatzsteuerbescheid und der Bescheid über den Säumniszuschlag sind ersatzlos aufzuheben."

Beschwerdevorentscheidung

Mit Beschwerdevorentscheidung vom hat die belangte Behörde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen. Die Begründung lautet wie folgt:
"Wird eine Abgabe nicht spätestens am Fälligkeitstag entrichtet, so tritt mit Ablauf dieses Tages die Verpflichtung zur Entrichtung eines Säumniszuschlages ein, soweit der Eintritt dieser Verpflichtung nicht gemäß § 212 oder § 217 Bundesabgabenordnung hinausgeschoben wird.

Gemäß § 217 Abs. 8 Bundesabgabenordnung hat im Fall der nachträglichen Herabsetzung der Abgabenschuld die Berechnung der Säumniszuschläge unter rückwirkender Berücksichtigung des Herabsetzungsbetrages zu erfolgen. Im gegenständlichen Fall wurde gegen die dem beschwerdegegenständlichen Säumniszuschlag zugrundeliegenden Abgabenfestsetzung (Umsatzsteuer 2013) eine Beschwerde eingebracht. Die Beschwerde gegen den Grundlagenbescheid wurde mit Beschwerdevorentscheidung vom abweisend erledigt.

Da sich durch die Beschwerdevorentscheidung vom keine Herabsetzung der Abgabenschuld ergeben hat, besteht der vorgeschriebene Säumniszuschlag zu Recht. Der Umstand, dass gegen die Beschwerdevorentscheidung vom zwischenzeitig ein Vorlageantrag einbracht wurde, ist ohne Bedeutung, da die Frage der Rechtskraft und Rechtmäßigkeit der maßgeblichen Abgabenvorschreibung für den Säumniszuschlag solange unerheblich ist, als nicht eine abändernde Abgabenfestsetzung erfolgt. Sollte sich durch die Entscheidung des Bundesfinanzgerichtes nachträglich eine Herabsetzung der Abgabenschuld ergeben, ist eine entsprechende Anpassung des Säumniszuschlages im Sinne des § 217 Abs. 8 Bundesabgabenordnung vorzunehmen.

Die Beschwerde musste aus Rechtsgründen abgewiesen werden."

Vorlageantrag

Mit Schreiben vom (datiert) beantragte der Beschwerdeführer die Vorlage seiner Beschwerde wie folgt:
"Sehr geehrte Damen und Herren!

Im Namen und Auftrag unseres oben angeführten Klienten stellen wir den

Antrag gem. § 264 BAO

unsere Beschwerde betr. untenstehenden Bescheides dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorzulegen:
• Bescheid über die Festsetzung eines Säumniszuschlages vom
[…]

Begründung

Mit Beschwerdevorentscheidung vom , zugestellt am , wurde die Beschwerde gegen den oben angeführten Bescheid als unbegründet abgewiesen. Innerhalb offener Frist wird nun gem. § 264 BAO die Vorlage an das Bundesfinanzgericht beantragt. Betreffend die Beschwerdegründe wird auf die Ausführungen in der Beschwerde verwiesen.

Da die, im gleichen Schreiben, eingebrachte Beschwerde gegen den Umsatzsteuerbescheid 2013 und dem Säumniszuschlag mittels zwei erlassenen Beschwerdevorentscheidungen, zu verschiedenen Zeitpunkten erledigt wurden, muss dieser Antrag gesondert gestellt werden.

Aus verwaltungsökonomischer Sicht wäre eine Zusammenziehung der Anträge und gleichzeitige Erledigung von Vorteil."

Vorlagebericht

Mit Vorlagebericht vom legte die belangte Behörde die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor und verwies unter anderem darauf, dass bei Vorliegen der objektiven Tatbestandsvoraussetzungen die Abgabenbehörde verpflichtend einen Säumniszuschlag vorschreiben muss. Schließlich wies die belangte Behörde wie folgt auf § 217 Abs 8 BAO hin:
"Gemäß § 217 Abs. 8 BAO hat im Fall der nachträglichen Herabsetzung der Abgabenschuld die Berechnung der Säumniszuschläge unter rückwirkender Berücksichtigung des Herabsetzungsbetrages zu erfolgen.

Eine abändernde Abgabenfestsetzung liegt bisher nicht vor, weshalb aus derzeitiger Sicht der mit Bescheid vom vorgeschriebene Säumniszuschlag zur Recht besteht. Sollte sich durch die Entscheidung des Bundesfinanzgerichtes eine Abänderung der Umsatzsteuer 2013 ergeben, ist der beschwerdegegenständliche Säumniszuschlag im Sinne der Bestimmung des § 217 Abs. 8 BAO entsprechend anzupassen.

Es wird daher (vorerst, abhängig vom Ausgang des Beschwerdeverfahrens hinsichtlich der Umsatzsteuer) die Abweisung der Beschwerde beantragt."

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhalt

Mit Bescheid vom wurde aufgrund der Feststellungen einer Betriebsprüfung Umsatzsteuer für das Jahr 2013 in Höhe von € 33.128,70 festgesetzt. In weiterer Folge wurde mit Bescheid vom ein erster Säumniszuschlag in Höhe von € 662,57 vorgeschrieben.

Mit Eingabe vom wurde sowohl gegen den Stammabgabenbescheid (Umsatzsteuer 2013) als auch gegen den Bescheid über die Festsetzung eines ersten Säumniszuschlages vom das Rechtsmittel der Beschwerde erhoben. Die Beschwerde gegen den Stammabgabenbescheid(Umsatzsteuer 2013) wurde mit Beschwerdevorentscheidung vom abgewiesen.

Mit Bericht vom wurde die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorgelegt (Verfahrenszahl: RV/7102636/2022). Eine diesbezügliche Entscheidung liegt noch nicht vor.

Die Beschwerde gegen den Säumniszuschlagsbescheid wurde mit Beschwerdevorentscheidung vom abgewiesen. Dagegen richtet sich der Vorlageantrag vom .

Beweiswürdigung

Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus dem Akteninhalt und ist unstrittig. Die Beschwerde vom richtet sich sowohl gegen den Säumniszuschlagsbescheid vom als auch vor allem gegen den Umsatzsteuerbescheid und den Bescheid über die Wiederaufnahme vom . Schließlich wird noch im Vorlageantrag (der zwar mit datiert ist und demnach vor der Beschwerdevorentscheidung gestellt worden wäre, aber mit Eingangsstempel von der belangten Behörde versehen wurde) darauf hingewiesen, dass die Beschwerden gegen den Umsatzsteuerbescheid (und Wiederaufnahmebescheid) sowie gegen den Säumniszuschlagsbescheid mit zwei Beschwerdevorentscheidungen durch die belangte Behörde erledigt wurden. Beide Erledigungen wurden dem Bundesfinanzgericht vorgelegt und in es wurde in beide Erledigungen Einsicht genommen; genauso wurde in den Vorlagebericht zur GZ. RV/7102636/2022, welche der gegenständlichen Vorlage beigefügt war, Einsicht genommen.

Rechtslage

§ 217 BAO lautet:

2. Säumniszuschläge

§ 217. (1) Wird eine Abgabe, ausgenommen Nebengebühren (§ 3 Abs. 2 lit. d), nicht spätestens am Fälligkeitstag entrichtet, so sind nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen Säumniszuschläge zu entrichten.

(2) Der erste Säumniszuschlag beträgt 2% des nicht zeitgerecht entrichteten Abgabenbetrages.

(3) Ein zweiter Säumniszuschlag ist für eine Abgabe zu entrichten, soweit sie nicht spätestens drei Monate nach dem Eintritt ihrer Vollstreckbarkeit (§ 226) entrichtet ist. Ein dritter Säumniszuschlag ist für eine Abgabe zu entrichten, soweit sie nicht spätestens drei Monate nach dem Eintritt der Verpflichtung zur Entrichtung des zweiten Säumniszuschlages entrichtet ist. Der Säumniszuschlag beträgt jeweils 1% des zum maßgebenden Stichtag nicht entrichteten Abgabenbetrages. Die Dreimonatsfristen werden insoweit unterbrochen, als nach Abs. 4 Anbringen oder Amtshandlungen der Verpflichtung zur Entrichtung von Säumniszuschlägen entgegenstehen. Diese Fristen beginnen mit Ablauf der sich aus Abs. 4 ergebenden Zeiträume neu zu laufen.

(4) Säumniszuschläge sind für Abgabenschuldigkeiten insoweit nicht zu entrichten, als
a) ihre Einhebung gemäß § 212a ausgesetzt ist,
b) ihre Einbringung gemäß § 230 Abs. 2, 3, 5 oder 6 gehemmt ist,
c) ein Zahlungsaufschub im Sinn des § 212 Abs. 2 zweiter Satz nicht durch Ausstellung eines Rückstandsausweises (§ 229) als beendet gilt,
d) ihre Einbringung gemäß § 231 ausgesetzt ist.

(5) Die Verpflichtung zur Entrichtung eines Säumniszuschlages gemäß Abs. 2 entsteht nicht, soweit die Säumnis nicht mehr als fünf Tage beträgt und der Abgabepflichtige innerhalb der letzten sechs Monate vor dem Eintritt der Säumnis alle Abgabenschuldigkeiten, hinsichtlich derer die Gebarung (§ 213) mit jener der nicht zeitgerecht entrichteten Abgabenschuldigkeit zusammengefasst verbucht wird, zeitgerecht entrichtet hat. In den Lauf der fünftägigen Frist sind Samstage, Sonntage, gesetzliche Feiertage, der Karfreitag und der 24. Dezember nicht einzurechnen; sie beginnt in den Fällen des § 211 Abs. 2 erst mit dem Ablauf der dort genannten Frist.

(6) Wird vor dem Ende einer für die Entrichtung einer Abgabe zustehenden Frist ein Vollstreckungsbescheid (§ 230 Abs. 7) erlassen, so tritt die Verpflichtung zur Entrichtung des Säumniszuschlages gemäß Abs. 2 erst mit dem ungenützten Ablauf dieser Frist, spätestens jedoch einen Monat nach Erlassung des Vollstreckungsbescheides ein und beginnt erst ab diesem Zeitpunkt die Dreimonatsfrist des Abs. 3 erster Satz zu laufen.

(7) Auf Antrag des Abgabepflichtigen sind Säumniszuschläge insoweit herabzusetzen bzw. nicht festzusetzen, als ihn an der Säumnis kein grobes Verschulden trifft, insbesondere insoweit bei nach Abgabenvorschriften selbst zu berechnenden Abgaben kein grobes Verschulden an der Unrichtigkeit der Selbstberechnung vorliegt.

(8) Im Fall der nachträglichen Herabsetzung der Abgabenschuld hat die Berechnung der Säumniszuschläge unter rückwirkender Berücksichtigung des Herabsetzungsbetrages zu erfolgen; dies gilt sinngemäß
a) für bei Veranlagung durch Anrechnung von Vorauszahlungen entstehende Gutschriften und
b) für Nachforderungszinsen (§ 205), soweit nachträglich dieselbe Abgabe betreffende Gutschriftszinsen festgesetzt werden.

(9) Im Fall der nachträglichen rückwirkenden Zuerkennung oder Verlängerung von Zahlungsfristen hat auf Antrag des Abgabepflichtigen die Berechnung der Säumniszuschläge unter rückwirkender Berücksichtigung der zuerkannten oder verlängerten Zahlungsfrist zu erfolgen.

(10) Säumniszuschläge, die den Betrag von 50 Euro nicht erreichen, sind nicht festzusetzen. Dies gilt für Abgaben, deren Selbstberechnung nach Abgabenvorschriften angeordnet oder gestattet ist, mit der Maßgabe, dass die Summe der Säumniszuschläge für Nachforderungen gleichartiger, jeweils mit einem Abgabenbescheid oder Haftungsbescheid geltend gemachter Abgaben maßgebend ist.

Rechtliche Beurteilung

Gemäß § 21 Abs 1 UStG 1994 hat der Unternehmer spätestens am 15. Tag (Fälligkeitstag) des auf einen Kalendermonat (Voranmeldungszeitraum) zweitfolgenden Kalendermonates eine Voranmeldung bei dem für die Einhebung der Umsatzsteuer zuständigen Finanzamt einzureichen, in der er die für den Voranmeldungszeitraum zu entrichtende Steuer (Vorauszahlung) selbst zu berechnen hat. Der Unternehmer hat eine sich ergebende Vorauszahlung spätestens am Fälligkeitstag zu entrichten. Die Übermittlung der Voranmeldungen hat elektronisch zu erfolgen. Gemäß § 21 Abs 3 UStG 1994 hat eine festgesetzte Vorauszahlung den im Abs. 1 genannten Fälligkeitstag.

Zwar standen der Beschwerdeführerin zur Entrichtung der nachgeforderten Umsatzsteuer eine einmonatige Nachfrist ab Bekanntgabe der Umsatzsteuerbescheide zu, weil die Umsatzsteuer später als einen Monat vor ihrer Fälligkeit festgesetzt wurde (§ 210 Abs. 4 BAO), doch berührte diese Nachfrist die Fälligkeit der Umsatzsteuer nicht (vgl. Ritz/Koran, BAO7, § 210, Tz 9). Diesbezüglich verweist der Umsatzsteuerbescheid darauf, dass der Betrag bereits fällig war. Im angefochtenen Säumniszuschlagsbescheid ist zudem angeführt, dass die Umsatzsteuer 2013 bis spätestens zu entrichten gewesen wäre. Zu diesem Zeitpunkt wurden die Abgaben nicht entrichtet.

Im Zusammenhang mit der Verhängung des Säumniszuschlages nach § 217 Abs 1 BAO kommt es auf den Zeitpunkt der Entrichtung der Umsatzsteuer an ().

Der Säumniszuschlag im Sinne des § 217 BAO ist eine objektive Rechtsfolge der verspäteten Entrichtung einer Abgabe. Die Gründe, die zum Zahlungsverzug geführt haben, sind (grundsätzlich) unbeachtlich. Bemessungsgrundlage des Säumniszuschlages ist die nicht rechtzeitig entrichtete Steuer, unabhängig davon, ob die Festsetzung der Stammabgabe rechtskräftig oder mit Beschwerde angefochten ist (). Die Ausführungen der Beschwerde, welche sich gegen die dem Säumniszuschlag zu Grunde gelegten Abgaben richten, gehen ins Leere, weil die belangte Behörde insofern nicht auf die monierten Abgabenrückstände einzugehen hatte, zumal der Säumniszuschlagsbescheid lediglich den Bestand einer formellen Zahlungsverpflichtung voraussetzt ().

Der erste Säumniszuschlag knüpft somit an die Fälligkeit an. Bei Selbstbemessungsabgaben (zB Umsatzsteuer, Lohnsteuer) tritt die Fälligkeit unabhängig davon ein, ob dem Abgabepflichtigen und der Abgabenbehörde zu diesem Zeitpunkt die Höhe der Abgabenschuld bekannt ist.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes setzt die Säumniszuschlagspflicht das Bestehen eines formellen Abgabenzahlungsanspruchs (bzw. eine formelle Abgabenzahlungsschuld) voraus, nicht jedoch den Bestand einer sachlich richtigen Abgabenschuld (). Der Abgabenzahlungsanspruch ist die Verpflichtung, einen Abgabenbetrag bestimmter Höhe bis zu einem bestimmten Zeitpunkt zu entrichten.

Wird die Höhe des Säumniszuschlages für eine festgesetzte Umsatzsteuervorauszahlung damit bekämpft, dass die festgesetzte Umsatzsteuer zu hoch war und wird gleichzeitig auch Beschwerde gegen die Umsatzsteuerfestsetzung erhoben, so hat eine Herabsetzung des Säumniszuschlages gemäß § 217 Abs. 8 BAO zu erfolgen, wenn es zur Herabsetzung kommt. Darauf hat auch schon die belangte Behörde im Vorlagebericht hingewiesen. Es ist daher auch zulässig, über die Beschwerde gegen den Säumniszuschlagsbescheid zu entscheiden, obwohl noch nicht über die Beschwerde gegen den Stammabgabenbescheid abgesprochen wurde ().

Die Beschwerde war daher abzuweisen.

Revisionszulassung

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Das Bundesfinanzgericht folgt der dargestellten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, es liegt daher kein Grund für eine Revisionszulassung vor.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 217 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise

ECLI
ECLI:AT:BFG:2023:RV.7103355.2022

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at