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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 29.12.2022, RV/7103324/2012

Forderungsverzicht (im Rahmen eines "stillen Vergleichs") als verdeckte Ausschüttung

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht erkennt durch die Richterin Mag. Corinna Engenhart in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch die GT-KMU Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungs GmbH, Auhofstraße 1, 1130 Wien, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des FA Wien 9/18/19 Klosterneuburg vom betreffend Körperschaftsteuer für das Jahr 2008, Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Die Beschwerdeführerin ist eine im Zeitungsverlagswesen tätige Gesellschaft mit beschränkter Haftung, an der im beschwerdegegenständlichen Zeitraum - neben einem weiteren Gesellschafter - die ***X Privatstiftung*** zu 26% beteiligt war.

Anlässlich einer bei der Beschwerdeführerin im Jahr 2012 durchgeführten Außenprüfung beurteilte der Prüfer die im Jahr 2008 geduldete Aussetzung der monatlichen Tilgungszahlen eines der ***Y GmbH*** im Jahr 2007 gewährten Darlehens als verdeckte Ausschüttung und führte im Bericht über das Ergebnis der Außenprüfung vom Folgendes aus:

"Im Dezember 2007 erfolgte die Veräußerung der Beteiligung [an der ***Y GmbH***] an den Gesellschafter ***X Privatstiftung*** zu einem Verkaufspreis iHv von € 1, --. Im Zuge der Veräußerung der Beteiligung […] erhielt die [***Y GmbH***] ein Darlehen iHv € 600.000, --. Die Konditionen für die Darlehensgewährung lt. Abtretungsvertrag stellen sich wie folgt dar:

Verzinsung: 4% per anno, Zinsabrechnung jährlich im Nachhinein

Tilgung: monatlich zum Monatsende € 17.000, --

Nachrangigkeit: Die [Beschwerdeführerin] ist im Falle der Insolvenz oder im Fall der Liquidation der [***Y GmbH***] nach allen Gläubigern (aber vor allfälligen Ansprüchen der Käuferin) zu befriedigen.

Die Bp stellte fest, dass weder die vereinbarte Tilgung noch die vereinbarte Verzinsung des Darlehens stattgefunden hat.

Im Herbst 2008 begannen die Verhandlungen zwischen der ***X Privatstiftung*** und der ***Z GmbH & Co KG*** über den Verkauf der Beteiligung [an der ***Y GmbH***]. Die ***Z GmbH & Co KG*** stellte einen Kauf nur unter der Bedingung in Aussicht, wenn ein negatives Eigenkapital iHv € 1,7 Mio übernommen wird. Aus diesem Grund sollten die [Beschwerdeführerin] und die ***X Privatstiftung*** abhängig von der Höhe ihrer gewährten Darlehen auf einen Teil ihrer Forderungen verzichten. Bezogen auf den Gesamtdarlehensbetrag von € 2.100.000, -- entfielen dabei auf die [Beschwerdeführerin] 28,6% (d.s. € 189.206,08) und auf die ***X Privatstiftung*** 71,4% (d.s. € 472.353,64). Mit Erklärung vom verzichtete die [Beschwerdeführerin] auf bestehende Forderungen iHv € 189.206,08 unter der Bedingung, dass der verbleibende Rest iHv € 410.793,92 bis beglichen wird. Mit Stichtag übernahm die ***Z GmbH & Co KG*** sämtliche Anteile an der FF GmbH."

Der Prüfer beurteilte dieses Darlehen als verdeckte Ausschüttung und führte hierzu begründend aus: "Die [ ***Y GmbH***]hat keine Tilgung des Darlehens gegenüber der [Beschwerdeführerin] wie vereinbart vorgenommen. Die behauptete vereinbarte zeitliche Harmonisierung des Zinsendienstes und der Tilgung wurde nicht dokumentiert und daher nicht nachgewiesen. Die reaktionslose Duldung der Nichttilgung stellt nach Ansicht der Betriebsprüfung eine nicht fremdübliche Vorgangsweise dar. Wegen dem Ausbleiben einer Reaktion auf das Nichteinlangen der ersten Tilgungsrate wird das gesamte Darlehen iHv € 600.000, -- als verdeckte Ausschüttung angesehen. Die Refundierung des Darlehensbetrags iHv € 410.793,92 stellt eine Rückgängigmachung einer verdeckten Ausschüttung dar. Als verdeckte Ausschüttung verbleibt somit einBetrag iHv € 189.206,08."

Die belangte Behörde folgte der Beurteilung des Prüfers und erließ nach Wiederaufnahme des Verfahrens einen Körperschaftsteuerbescheid für das Jahr 2008, in dem unter anderem das an die ***Y GmbH*** gewährte Darlehen in Höhe des nicht zurückgezahlten Betrags von € 189.206,08 als verdeckte Ausschüttung erfasste wurde.

Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin die vorliegende Berufung (nunmehr: Beschwerde) und wies darin zunächst darauf hin, dass es sich bei der von der Betriebsprüfung angenommenen verdeckten Ausschüttung allenfalls um eine alineare verdeckte Ausschüttung handeln könne. Die die verdeckte Ausschüttung auslösende Duldung der Nichttilgung sei gegenüber einem nur zu 26% beteiligten Gesellschafter erfolgt. Es seien deshalb bei Beurteilung der Frage, ob Fremdüblichkeit vorliege, andere Maßstäbe anzulegen bzw. müsse die Fremdüblichkeit deutlicher zum Ausdruck gelangen, da letztlich eine alineare verdeckte Ausschüttung gedanklich auch eine unentgeltliche Zuwendung des zu 74% beteiligten Gesellschafters an den zu 26% beteiligten Gesellschafter voraussetze und ein entsprechender Willensentschluss dokumentiert werden müsse.

Die - wenn auch nur mündliche - Vereinbarung, Tilgungen in Höhe von 17.000, -- € monatlich zu sistieren, könne alleine nicht dazu führen, eine verdeckte Ausschüttung des gesamten Darlehensbetrages von 600.000, -- € zu unterstellen. Einem fremden Dritten wäre eine solche Sistierung ebenfalls zugestanden worden, wenn - wie im gegenständlichen Fall - kaufmännische Gründe dafürgesprochen hätten. Ein solcher Vorgang sei in der wirtschaftlichen Realität durchaus geläufig. Die wirtschaftlich angespannte Situation - die sich in der drei Monate später notwendigen Rangrücktrittserklärung ja objektiv dokumentieren würde - belege ja nur die berechtigte Einschätzung und damit das Zugeständnis der Sistierung. Nach Ansicht der Beschwerdeführerin stelle der gesamte Finanzierungsvorgang und der Verzicht am Ende eine kaufmännisch konsistente, fremdübliche Vorgangsweise dar, weshalb kein Raum für eine verdeckte Ausschüttung bestehe.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Die Beschwerdeführerin ist eine im Zeitungsverlagswesen tätige Gesellschaft mit beschränkter Haftung, an der - neben einem weiteren Gesellschafter - die ***X Privatstiftung*** zu 26% beteiligt ist.

Gegen Ende des Jahres 2006 erwarb die Beschwerdeführerin 100% der Anteile an der ***Y GmbH*** mit dem Ziel, ein neues, wöchentlich erscheinendes Society-Zeitschriftenformat zu etablieren.

Im Jahr 2007 kam es bei der ***Y GmbH*** zu hohen Anlaufverlusten (Bilanz vom : negatives Eigenkapital in Höhe von rd. 1,3 Millionen €). Da das neue Format nach Auffassung des Mehrheitsgesellschafters der Beschwerdeführerin nicht rasch genug Fuß fasste, die ***X Privatstiftung*** dieses jedoch fortführen wollte, einigten sich die beiden Gesellschafter der Beschwerdeführerin Ende Dezember 2007 darauf, dass die Beschwerdeführerin die Anteile an der ***Y GmbH*** für 1, -- € an die ***X Privatstiftung*** abtrete und eine Finanzierung zur Verfügung stelle.

Laut der Beschwerdeführerin sei diese Lösung angestrebt worden, um vom Einsatz (mittelbaren) Eigenkapitals zur Position eines Fremdkapitalgebers zu wechseln und auf diese Weise das diesbezügliche "Exposure" einzugrenzen. Hingegen habe damit keine Zuwendung an die ***X Privatstiftung*** erfolgen sollen.

Im Abtretungsvertrag wird hierzu Folgendes ausgeführt:

"[Die Beschwerdeführerin] hat der ***Y GmbH*** in Aussicht gestellt, im Falle der Durchführung dieses Kaufvertrages ein nachrangiges Darlehen zu folgenden Konditionen auf Wunsch der ***Y GmbH*** zu gewähren:

Darlehenshöhe: € 600.000, --, zuzählbar in einem Betrag bis längstens ;

Konditionen: 4 % per anno, Zinsabrechnung jährlich im Nachhinein;

Tilgung: monatlich zum Monatsende € 17.000, --;

Nachrangigkeit: [Die Beschwerdeführerin] ist im Falle der Insolvenz oder im Falle der Liquidation der ***Y GmbH*** nach allen anderen Gläubigern (aber vor allfälligen Ansprüchen der [***X Privatstiftung***]) zu befriedigen."

Nach Ansicht des Bundesfinanzgerichts erfolgte diese Darlehensgewährung zu fremdüblichen Bedingungen.

Im gesamten Zeitraum der Darlehensgewährung wurden von der ***Y GmbH*** weder Zinsen noch Tilgungszahlungen an die Beschwerdeführerin geleistet. Hinsichtlich der Tilgungszahlungen, die laut ursprünglicher Darlehensvereinbarung monatlich in Höhe von 17.000, -- € zu zahlen gewesen wären, sei laut Angaben der Beschwerdeführerin mündlich vereinbart worden, diese zeitlich mit den Zinszahlungen zu harmonisieren (dies würde einer jährlich im Nachhinein zu leistenden Tilgungszahlung in Höhe von 204.000, -- € entsprechen). Nach Ansicht der belangten Behörde sei der Abschluss dieser Vereinbarung nicht nachweisbar dokumentiert worden und die reaktionslose Duldung der Nichttilgung stelle eine nicht fremdübliche Vorgangsweise dar. Selbst wenn das Ausbleiben der Tilgungszahlungen nicht durch eine entsprechende Vereinbarung zwischen der Beschwerdeführerin und der ***Y GmbH*** gedeckt sein sollte, kann nach Ansicht des Bundesfinanzgerichts allein daraus jedoch noch nicht darauf geschlossen werden, dass die Beschwerdeführerin auf die Rückzahlung des gesamten Darlehensbetrags verzichten würde.

Die Finanzierung der ***Y GmbH*** erfolgte - abgesehen von dem genannten Darlehen - über einen mit der ***A Bank*** abgeschlossenen Kreditrahmenvertrag. Nachdem die ***Y GmbH*** im Juli 2008 weiteres Kapital benötigte, wurde dieser Kreditrahmen von der ***A Bank*** nicht erhöht. Die ***A Bank*** schloss jedoch mit der ***X Privatstiftung*** einen - mit zwei Blankowechseln besicherten - Kreditrahmenvertrag über 1.500.000, -- € ab (Laufzeit bis , Sollzinsen in Höhe von 5,75 % p.a., Kreditprovision in Höhe von 0,125 % per Quartal), damit diese in der Folge der ***Y GmbH*** ein Darlehen in der gleichen Höhe gewährte.

Im Gegenzug gaben sowohl die Beschwerdeführerin als auch die ***X Privatstiftung*** zugunsten der ***A Bank*** eine "Rückstehungserklärung" (Rangrücktrittserklärung) ab. In dieser Erklärung vom verpflichtete sich die Beschwerdeführerin für "aus der Gewährung eines Gesellschafterdarlehens in Höhe von EUR 600.000,00 bereits bestehende Forderungen nicht eher Befriedigung zu verlangen, als bis [die ***A Bank***] wegen allfälliger gegenwärtiger Forderungen [ihrer] Geschäftsverbindung [mit der ***Y GmbH***]voll befriedigt [sei]." Für ihre nachrangig gestellte Forderung würden daher Kapital- und Zinszahlungen weder gefordert noch geleistet. Entgegen dieser Vereinbarung geleistete Zahlungen seien - bei sonstiger Ausfallshaftung durch sie gegenüber der ***A Bank*** bis zum Gegenwert der geleisteten Zahlungen - der ***Y GmbH*** unverzüglich zurückzuerstatten. Diese Vereinbarung erlösche erst durch die schriftliche Bestätigung der ***A Bank*** über die unwiderrufliche Volltilgung ihrer vorrangigen Forderungen. Für den Fall des Konkurses oder des Ausgleichsverfahrens der ***Y GmbH*** verpflichtete sie sich ihre Forderungen gegen den Schuldner anzumelden, die darauf entfallenden Beträge aber an die ***A Bank*** zur vollen Befriedigung ihrer Forderungen abzuführen.

Die ***X Privatstiftung*** gab eine gleichlautende Rückstehungserklärung hinsichtlich ihrer Darlehensforderung ab. Zusätzlich wurde auch im mit der ***Y GmbH*** abgeschlossenen Darlehensvertrag vereinbart, dass das Darlehen zins- und tilgungsfrei zur Verfügung gestellt werde, solange die Rückstehungserklärung gegenüber der ***A Bank*** aufrecht sei. Nach Wegfall der Rückstehungserklärung ermittle sich der rückzuführende und zu verzinsende Betrag aus den hingegebenen 1.500.000, -- €, zuzüglich 6,25% p.a. und Zinseszinsen, die während des zins- und tilgungsfreien Zeitraums angefallen seien, zuzüglich sämtlicher Spesen, Gebühren und Abgaben jeglicher Art, die aus dem Darlehensverhältnis erwachsen seien, sodass sich der ***X Privatstiftung*** aus der Finanzierung des Darlehens keine Belastung ergebe. Als Zinssatz für das Darlehen ab Wegfall der Rückstehungserklärung werde der von der ***A Bank*** an die ***X Privatstiftung*** verrechnete Zinssatz angesetzt. Sollte der Zinssatz von 6,25% seitens der ***A Bank*** abgeändert werden, sei diese Abänderung bei der Zinsberechnung entsprechend zu berücksichtigen. Sobald die Rückstehungserklärung wegfalle und es die wirtschaftliche Lage der Darlehensnehmerin zulasse, habe die Tilgung nach Tunlichkeit in Höhe von 100% des jährlichen Jahresüberschusses zu erfolgen.

Laut der Beschwerdeführerin sei aus der Zusammenschau des von der ***X Privatstiftung*** abgeschlossenen Kreditvertrags, des von dieser an die ***Y GmbH*** gewährten Darlehens sowie der abgegebenen Rückstehungserklärungen ersichtlich, dass die ***A Bank*** Kapital ausschließlich für den operativen Betrieb der ***Y GmbH*** gewährt habe und dieses nicht zur Rückführung anderer finanzieller Verbindlichkeiten (zB aus den Darlehen der Beschwerdeführerin und der ***X Privatstiftung***) verwendet habe werden dürfen.

Im November 2008 trat die ***Z GmbH & Co KG*** mit der Absicht, die Beteiligung an der ***Y GmbH*** - unter der Bedingung, dass negatives Eigenkapital nur in Höhe von bis zu 1.700.000, -- € übernommen werde - zu erwerben, an die ***X Privatstiftung*** heran. Laut der Beschwerdeführerin hätten sich die Beschwerdeführerin und die ***X Privatstiftung*** - um diese Vorgabe zu erfüllen - geeinigt, im Rahmen eines sogenannten "stillen Vergleichs" auf einen Teil ihrer Darlehensforderungen zu verzichten.

Mit Erklärung vom verzichtete die Beschwerdeführerin - unter der Bedingung, dass der verbleibende Rest in Höhe von € 410.793,92 bis gezahlt werde - in Höhe von € 189.206,08 auf ihre bestehenden Darlehensforderungen.

Gemäß Abtretungsvertrag vom übernahm die ***Z GmbH & Co KG*** gegen die Zahlung von 1,00 € die Anteile an der ***Y GmbH*** mit Stichtag vom . Hinsichtlich der Forderungsverzichte der Beschwerdeführerin und der ***X Privatstiftung*** wurde in diesem Abtretungsvertrag Folgendes ausgeführt:

"Weiters garantiert die ABTRETENDE, dass der [Differenzbetrag], welcher sich als Saldo zwischen den [Verbindlichkeiten] und Forderungen […] darstellt, den Maximalbetrag von EUR 1.700.000,- zum Abtretungsstichtag nicht übersteigt.

Wenn auf Basis der Saldenlisten zum (Zwischenbilanz) der Maximalbetrag von EUR 1.700.000,- überschritten wird (= Schuldenüberhang) verzichten die [Beschwerdeführerin] und die ABTRETENDE abhängig von der Höhe ihrer gewährten Darlehen auf einen Teil ihrer Forderungen. Bezogen auf den Gesamtdarlehensbetrag von EUR 2.100.000,- entfallen damit auf die [Beschwerdeführerin] 28,6 % und die ABTRETENDE 71,4%"

Seitens der ABTRETENDEN und der [Beschwerdeführerin] bestehen Rückstehungserklärungen betreffend die Darlehen zugunsten des von der [***A Bank***] der ***Y GmbH*** eingeräumten Kreditrahmens von EUR 1.000.000,-. Damit die ABTRETENDE und die [Beschwerdeführerin] aus den Rückstehungserklärungen entlassen werden, verpflichtet sich die ERWERBERIN spätestens bis zum die Haftung für den Kreditrahmen zu übernehmen oder den aushaftenden Kreditrahmen […] abzudecken und eine Umschuldung auf eine Bank ihrer Wahl vorzunehmen.

Bis verpflichtet sich die ERWERBERIN die nach Schulderlass verbleibenden Darlehen und Verrechnungsverbindlichkeiten gegenüber der [Beschwerdeführerin] und der ABTRETENDEN abzudecken. […]."

Nach Ansicht des Bundesfinanzgerichts ist der (teilweise) Forderungsverzicht der Beschwerdeführerin nicht fremdüblich, sondern sozietär veranlasst.

2. Beweiswürdigung

Der festgestellte Sachverhalt beruht auf den im Rahmen der Betriebsprüfung getroffenen Feststellungen, den vorgelegten Unterlagen (Darlehensverträge, Abtretungsverträge, Rangrücktrittserklärungen sowie Forderungsverzicht) sowie dem Vorbringen der Beschwerdeführerin.

Die Einräumung des Darlehens der Beschwerdeführerin kommt in dem zwischen ihr und der ***X Privatstiftung*** abgeschlossenen Abtretungsvertrag hinreichend nach außen zum Ausdruck und hat einen eindeutigen, klaren, jeden Zweifel ausschließenden Inhalt. Es bestehen keine Anzeichen, dass im Zeitpunkt der Darlehenseinräumung die Rückzahlung nicht gewollt gewesen oder nicht mit ihr gerechnet worden wäre. Die Anlaufverluste der ***Y GmbH*** im Jahr 2007 lassen für sich alleine jedenfalls nicht auf eine dermaßen schlechte wirtschaftliche Situation schließen, dass von vorneherein mit einem Ausfall der Forderung zu rechnen gewesen wäre. Die Verzinsung und die Rückzahlung sind (auch wenn keine Verzugsfolgen vereinbart wurden) hinreichend konkretisiert.

Selbst unter Berücksichtigung der für den Fall der Konkurseröffnung oder der Liquidation vereinbarten Nachrangigkeit entspricht auch die Höhe des vereinbarten Zinssatzes von 4% per anno- insbesondere im Vergleich zur Verzinsung des (idR höherverzinsten) Kontokorrentkreditvertrags zwischen der ***A Bank*** und der ***X Privatstiftung*** in Höhe von 5,75 % p.a. - fremdüblichen Konditionen.

In Hinblick auf die Sistierung der Tilgungszahlungen (im Zeitraum bis zur Abgabe der Rücktrittserklärung) ist zunächst darauf hinzuweisen, dass Vereinbarungen zwischen Gesellschafter und Gesellschaft - ebenso wie Vereinbarungen zwischen nahen Angehörigen -nur dann anzuerkennen sind, wenn sie nach außen hinreichend zum Ausdruck kommen und einen eindeutigen, klaren, jeden Zweifel ausschließenden Inhalt haben. Die von der Beschwerdeführerin vorgebrachte (nicht dokumentierte) mündliche Vereinbarung hinsichtlich der Harmonisierung der Zins- und Tilgungszahlungen entspricht diesen Kriterien nicht. Selbst wenn man davon ausgeht, dass diese Vereinbarung nicht vorgelegen habe bzw. nicht zu beachten sei, kann aus dem Ausbleiben der Tilgungszahlungen über mehrere Monate jedoch nicht darauf geschlossen werden, dass auf die Rückzahlung der gesamten Darlehenssumme verzichtet werde. Vielmehr ist aus der danach von der Beschwerdeführerin abgegebenen Rangrücktrittserklärung sowie schlussendlich ihrem Forderungsverzicht ersichtlich, dass sämtliche Beteiligte (sowohl die Beschwerdeführerin, die ***X Privatstiftung*** und die ***Y GmbH*** als auch die ***A Bank*** und die ***Z GmbH & Co KG***) davon ausgegangen sind, dass die Darlehensrückforderung bis zum Forderungsverzicht in voller Höhe bestanden habe.

Das Vorbringen der Beschwerdeführerin, dass eine Verweigerung der Rangrücktrittserklärung die für die Weiterführung des operativen Betriebes der ***Y GmbH*** notwendige weitere Finanzierung hätte scheitern lassen und zu einem kompletten Ausfall der Darlehensforderung geführt hätte, erscheint dem Bundesfinanzgericht nachvollziehbar. Zudem ist in diesem Zusammenhang zu berücksichtigen, dass bereits aufgrund der ursprünglichen Darlehensvereinbarung eine Nachrangigkeit der Beschwerdeführerin gegenüber der ***A Bank*** im Fall der Konkurseröffnung bzw. bei Liquidation der ***Y GmbH*** gegeben war. Die im Juli 2008 abgegebene Rangrücktrittserklärung verschlechterte die Gläubigerposition daher "lediglich" in Bezug auf die von der ***Y GmbH*** an sie zu leistenden laufenden Zins- und Tilgungszahlungen, die erklärungsgemäß nicht von der ***Y GmbH*** gefordert und geleistet werden durften, soweit die Forderungen der ***A Bank*** nicht befriedigt waren. Vor diesem Hintergrund kann die Abgabe der Rangrücktrittserklärung durch die Beschwerdeführerin nicht als fremdunüblich beurteilt werden.

Im Zeitpunkt des Forderungsverzichtes war die Einbringlichkeit der Darlehensforderung der Beschwerdeführerin - aufgrund der anhaltenden schlechten wirtschaftlichen Situation der ***Y GmbH*** und dem Rangrücktritt gegenüber der ***A Bank*** - stark eingeschränkt. Es ist angesichts dieser Gegebenheiten grundsätzlich nachzuvollziehen, dass die Beschwerdeführerin die sich ihr im Rahmen der Veräußerung der Beteiligung an die ***Z GmbH & Co KG*** bietende Gelegenheit genutzt hat, gegen sofortigen Erhalt des restlichen ausständigen Betrags auf einen Teil ihrer Darlehensforderung zu verzichten.

Vereinfacht gesagt, stellt die ***Z GmbH & Co KG*** einen bestimmten Betrag (begrenzt durch das von ihr maximal übernommene negative Eigenkapital in Höhe von € 1,7 Mio.) zur Tilgung der Darlehensforderungen der Beschwerdeführerin und der ***X Privatstiftung*** zur Verfügung. Soweit die Darlehensforderungen in diesem Betrag keine Deckung finden, verzichten die Beschwerdeführerin und die ***X Privatstiftung*** darauf.

Dabei entspricht der Verzicht der beiden Darlehensgläubiger zu gleichen Quoten (jeweils zu ca. 30%) jedoch nicht dem Umstand, dass die ***X Privatstiftung*** ein weitaus größeres Interesse am Abschluss dieser gesamten Vereinbarung (Abtretung der Beteiligung sowie teilweise Übernahme der Verbindlichkeiten der ***Y GmbH***) hat. Im Gegensatz zur Beschwerdeführerin kommt der ***X Privatstiftung*** in dieser Konstellation nämlich nicht nur die Position der Gläubigerin, sondern auch jene der Veräußererin der Beteiligung der ***Y GmbH*** zu. Somit bietet das Zustandekommen des Forderungsverzichts für sie nicht nur die Möglichkeit, zumindest einen Teil ihrer Darlehensforderungen zu befriedigen. Von der Einigung über einen den Vorgaben der ***Z GmbH & Co KG*** entsprechenden Forderungsverzicht hängt auch ab, ob die ***X Privatstiftung*** ihre Beteiligung an der ***Y GmbH*** abtreten kann.

Die ***X Privatstiftung*** hat jedoch auch hinsichtlich ihrer Position als Darlehensgläubigerin ein größeres Interesse am Zustandekommen des vereinbarten Forderungsverzichtes als die Beschwerdeführerin. Einerseits wurde bereits in der ursprünglichen Darlehensvereinbarung der Beschwerdeführerin im Jahr 2007 die Nachrangigkeit der Forderungen der ***X Privatstiftung*** gegenüber jenen der Beschwerdeführerin im Falle der Konkurseröffnung oder Liquidation festgehalten. Andererseits ist die ***X Privatstiftung*** auch hinsichtlich der laufenden Zins- und Tilgungszahlungen schlechter gestellt als die Beschwerdeführerin. Im Gegensatz zur Beschwerdeführerin, bei der die Geltendmachung laufender Zins- und Tilgungszahlungen davon abhängt, dass keine offenen Forderungen gegenüber der ***A Bank*** bestehen, ist das Darlehen der ***X Privatstiftung*** für den gesamten Zeitraum, in dem die Rangrücktrittserklärung besteht, generell zins- und tilgungsfrei gestellt.

Rechnerisch wäre es sich unter Berücksichtigung des zu Verfügung stehenden Tilgungsbetrages auch ausgegangen, dass die Darlehensforderung der Beschwerdeführerin zur Gänze befriedigt worden wäre und die ***X Privatstiftung*** zu 44% auf ihre Forderung verzichtet hätte. Dies entspricht wohl eher der im Zeitpunkt des Forderungsverzichts gegebenen Interessenslage und wäre mit einem Gläubiger, der keine gesellschaftliche Verbindung zur ***X Privatstiftung*** hat, wohl so vereinbart worden. In diesem Zusammenhang ist auch darauf hinzuweisen, dass die ***A Bank*** nicht im Rahmen des "stillen Vergleichs" auf einen Teil ihrer Forderungen verzichtete. Vielmehr verpflichtete sich die ***Z GmbH & Co KG*** im Abtretungsvertrag dazu, die Haftung für den Kreditrahmen zu übernehmen oder den aushaftenden Kreditrahmen abzudecken.

Der Umstand, dass die Beschwerdeführerin vor diesem Hintergrund auf fast ein Drittel ihrer Darlehensforderung verzichtet, entspricht nicht fremdüblichen Verhältnissen und ist daher als sozietär veranlasst zu beurteilen.

Wenn die Beschwerdeführerin vorbringt, dass die ***X Privatstiftung*** nur zu 26% an ihr beteiligt sei, ist zu entgegnen, dass ein sozietär veranlasster Sachverhalt dem Grunde nach auch gegenüber einem Anteilseigner, der eine geringe Beteiligung hält, verwirklicht werden kann. Es ergibt sich aus der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht zwingend, dass bei Gesellschaftern, denen keine beherrschende Stellung zukommt, ein weniger strenger Prüfungsmaßstab hinsichtlich des Vorliegens einer verdeckten Ausschüttung vorzunehmen wäre (vgl. Ressler/Rohm in Kofler/Lang/Rust/Schuch/Spies/Staringer (Hrsg), WU-KStG, 3. Aufl. (2022), § 8 Rz 11f unter Hinweis auf , 0122). Auch unter Berücksichtigung des Beteiligungsausmaßes der ***X Privatstiftung*** kann der gegenständliche Forderungsverzicht jedoch nicht anders als sozietär veranlasst beurteilt werden.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

Im gegenständlichen Fall ist strittig, ob in Zusammenhang mit dem an die ***Y GmbH*** gewährten Darlehen eine verdeckte Ausschüttung verwirklicht wurde.

Verdeckte Ausschüttungen sind Vorteile, die eine Gesellschaft ihren Gesellschaftern aus ihrem Vermögen in einer nicht als Gewinnausschüttung erkennbaren Form unter welcher Bezeichnung auch immer gewährt, die sie anderen Personen, die nicht ihre Gesellschafter sind, nicht oder nicht unter den gleichen günstigen Bedingungen zugestehen würde. Entscheidendes Merkmal einer verdeckten Ausschüttung iSd § 8 Abs. 2 KStG 1988 ist die Zuwendung von Vermögensvorteilen, die ihrer äußeren Erscheinungsform nach nicht unmittelbar als Einkommensverteilung erkennbar sind und ihre Ursache in den gesellschaftsrechtlichen Beziehungen haben. Diese Ursache wird an Hand eines Fremdvergleiches ermittelt (vgl. ).

Gemäß der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist eine verdeckte Ausschüttung auch dann anzunehmen, wenn Dritte auf Grund ihres Naheverhältnisses zum Anteilsinhaber eine in der Anteilsinhaberschaft wurzelnde Zuwendung erhalten. Auch beteiligungsmäßige Verflechtungen begründen ein " Nahestehen" (vgl. ).

Verzichtet eine Kapitalgesellschaft causa societatis zu Gunsten eines Gesellschafters auf eine ihm (oder einer ihm nahestehenden Person oder Gesellschaft) gegenüber bestehende Forderung, so liegt im Zeitpunkt des Verzichts eine verdeckte Ausschüttung vor (vgl. , und vom , 2008/15/0110).

Da die ***X Privatstiftung*** im beschwerdegegenständlichen Jahr bis zum Zeitpunkt des gegenständlichen Forderungsverzichtes zu 100% an der ***Y GmbH*** beteiligt war, ist diese somit für die Beurteilung des Vorliegens einer verdeckten Ausschüttung als eine einer Gesellschafterin der Beschwerdeführerin nahestehende Gesellschaft zu berücksichtigen. Aus den dargestellten Gründen erweist sich der gegenständliche Forderungsverzicht der Beschwerdeführerin ihr gegenüber als nicht fremdüblich, sondern sozietär veranlasst. Da die Beschwerdeführerin unter fremdüblichen Bedingungen nicht auf ihre Forderung verzichtet hätte, ist der gesamte Betrag, auf den verzichtet wurde (somit 189.206,08 €) als verdeckte Ausschüttung zu erfassen.

Das Bundesfinanzgericht weicht zwar insoweit von der Beurteilung der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid ab, als es den teilweisen Forderungsverzicht (und nicht das geduldete Ausbleiben der Tilgungszahlungen) als verdeckte Ausschüttung qualifiziert. Da jedoch im Zusammenhang mit dem an die ***Y GmbH*** gewährten Darlehen im beschwerdegegenständlichen Zeitraum ebenso eine verdeckte Ausschüttung in Höhe von 189.206,08 € vorliegt und daher diesbezüglich keine Änderung des Spruchs des angefochtenen Bescheides eintritt, war die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im gegenständlichen Fall ist die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängig, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Der Schwerpunkt des Verfahrens lag auf der Sachverhaltsebene (Beweiswürdigung), die einer Revision nicht zugänglich ist (vgl. ua sowie vom , Ra 2016/16/0006).

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2022:RV.7103324.2012

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at