Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 11.01.2023, RV/4100702/2022

Vorsteuerberichtigung

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Ri in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch STB, Adr1, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des A vom betreffend Umsatzsteuer 2012, Steuernummer ***BF1StNr1***, zu Recht erkannt:

I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben.
Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.
Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgaben sind dem Ende der Entscheidungsgründe zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

1.) Strittig ist die im Umsatzsteuerbescheid für das (Wirtschafts-) Jahr 2012 vorgenommene Kürzung der Vorsteuern um einen Betrag iHv EUR 22.275,00 sowie die Nichtvornahme der begehrten (positiven) Vorsteuerberichtigung gem. § 12 Abs. 10 UStG 1994 im Ausmaß von EUR 118.400,00 (8/10 von EUR 148.000,00 = Vorsteuer aus den Anschaffungskosten 2010).

2.) Die Beschwerdeführerin (im Folgenden kurz Bf.), eine Gesellschaft m.b.H., erwarb mit Kaufvertrag vom eine unfertige Penthouse -Wohnungseigentumseinheit (im Folgenden "Seewohnung") um Anschaffungskosten von EUR 888.000,00 brutto (= EUR 740.000,00 netto plus 20% Umstzsteuer iHv EUR 148.000,00).
Im Zeitraum 10/2010 bis 07/2011 wurden im Auftrag der Bf. Adaptierungs- bzw. Fertigstellungsarbeiten vorgenommen, welche sich auf EUR 111.377,00 netto plus 20% Umsatzsteuer iHv EUR 22.275,47 (laut TZ 3 des Berichtes der Außenprüfung) beliefen.

3.) Die ausgewiesene Umsatzsteuer machte die Bf. in den Wirtschaftsjahren 2010 und 2012 als Vorsteuer geltend.
Basierend auf den Feststellungen einer Außenprüfung ergingen vorläufige Umsatzsteuerbescheide 2010 und 2012, in denen die begehrte Vorsteuer nicht anerkannt wurde.

4.) Die Berücksichtigung der aus dem Erwerb (im Wirtschaftsjahr 2010) und aus den Adaptierungsarbeiten resultierenden Vorsteuerbeträge war sodann Gegenstand eines mit einem abweisenden Erkenntnis endenden Verfahrens vor dem Bundesfinanzgericht (Erkenntnis vom , RV/4100074/2013) sowie eines anschließenden Verfahrens vor dem Verwaltungsgerichtshof betreffend die Umsatzsteuerbescheide 2010 und 2012 gewesen, welches mit Zurückweisung der außerordentlichen Revision mittels Beschluss vom , Ra 2018/15/0118, endete, weil von der Revisionswerberin keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung aufgezeigt worden war.

5.) Nach Ergehen des Zurückweisungsbeschlusses vom erließ das Finanzamt den endgültigen Umsatzsteuerbescheid 2012 vom . Dem vor Ergehen gestellten Antrag auf Vorsteuerberichtigung gemäß § 12 Abs. 10 UStG 1994 gab das Finanzamt keine Folge und nahm zudem eine Kürzung der beantragten Vorsteuern um EUR 22.275,00 vor.

6.) Dagegen erhob die Bf. fristgerecht die (nunmehr wieder zu entscheidende) Beschwerde vom . Sowohl dem Begehren auf Nichtvornahme der Kürzung der Vorsteuer um EUR 22.275,00 als auch dem Begehren auf Vornahme einer positiven Vorsteuerberichtigung gemäß § 12 Abs. 10 UStG 1994 wurde mit stattgebendem Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes vom , RV/4100191/2020, entsprochen.

7.) Mit Erkenntnis vom , Ro 2021/15/0017, hob der Verwaltungsgerichtshof diese Entscheidung wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes auf.
Damit gilt die Beschwerde wiederum als unerledigt und befindet sich das Verfahren in der vor Ergehen des Erkenntnisses vom gegebenen Verfahrenslage.

8.) Im Zuge des am abgehaltenen Erörterungstermins zog die steuerliche Vertreterin den Antrag auf Durchführung einer mündliche Verhandlung vor dem Senat zurück.
Es folgen weitere Ergänzungen dazu, dass die Seewohnung zweifellos für das Unternehmen zum Zwecke einer fremdüblichen Vermietung erworben wurde (unter Ausweis der UID- Nummer und der Umsatzsteuer). Die Bezug habende Rechnung war dem Finanzamt im Zuge der Umsatzsteuervoranmeldung für September 2010 mitübermittelt worden.
Nach den Ausführungen im Erkenntnis des habe nicht festgestellt werden können, dass es im Wirtschaftsjahr 2011 ein aufrechtes Mietverhältnis gegeben bzw. dass ein ernst gemeintes Mietverhältnis nicht vor dem existiert habe. Daraus erschließe sich aber, dass ab diesem Zeitpunkt von einem aufrechten, buchhalterisch erfassten und steuerpflichtig behandelten Mietverhältnis auszugehen ist.
Dass es hier nicht um die einzige von der Bf. erworbene, vermietete und wieder weiterveräußerte Wohnung handelt, ist daraus zu ersehen, dass eine ebenfalls zu Anlagezwecken erworbene, vermietet gewesene Wohnung im Jahr 2019 veräußert wurde, was sich aus der dem Prüfer auf dessen diesbezügliche Nachfrage zugekommenen Beantwortung ergebe (vgl. dazu vorgelegten Auszug aus der Beantwortung an den Prüfer).
Jedenfalls habe von vornherein die Möglichkeit bestanden, die in Rede stehende Wohnung für Vermietungszwecke zu verwenden.
Weiters werde die Wohnung seit 2019 auf dem Immobilienmarkt zum Verkauf angeboten.

Die Vertreterin des Finanzamtes replizierte im Wesentlichen, dass es nach den Feststellungen im Erkenntnis des Vorverfahrens im Wirtschaftsjahr 2011 kein aufrechtes bzw. kein ernst gemeintes Mietverhältnis gegeben habe. In diesem sei zum Ausdruck gebracht worden, dass von Anbeginn die Absicht bestanden habe, dem Sohn der Lebensgefährtin die Wohnung unentgeltlich zur Verfügung zu stellen. Im Zeitpunkt der Anschaffung und Adaptierung habe es keinen schriftlichen Mietvertrag, keine Mietzahlungen, keine schriftlichen Zahlungsaufforderungen und keine gebuchten Mietforderungen gegeben.
Es läge eine bloße Gebrauchsüberlassung und somit keine unternehmerische Tätigkeit vor.
Sei im Zeitpunkt der Anschaffung kein Vorsteuerabzug zugestanden, könne auch später keine Vorsteuerberichtigung nach § 12 Abs. 10 UStG zustehen.
Es werde nicht bestritten, dass zu einem späteren Zeitpunkt ein aufrechtes Mietverhältnis bestand.

9.) Das anschließende umfangreiche Beweisaufnahmeverfahren erbrachte zur im Streitjahr 2012 vorgenommenen Kürzung der Vorsteuern um EUR 22.275,47 auf Basis diverser übermittelter Buchhaltungsunterlagen, dass die buchhalterische Erfassung und steuerliche Inanspruchnahme der aus den Fertigstellungs- bzw. Adaptierungsarbeiten resultierenden Vorsteuern von der Bf. im Wirtschaftsjahr 2011 erfolgt war (Anlagenkonto 118 "Eigentumswohnung aaa", Vorsteuerkonto 2603, Journal und Berechnung der umsatzsteuerlichen Grunddaten jeweils für die Wirtschaftsjahre 2011 und 2012).

10.) Die Bf. übermittelte Nachweise für den beabsichtigten gewinnbringenden Verkauf der Seewohnung (Inserate von (vier) Immobilienbüros, ein bis befristetes Kaufangebot vom ), sowie dafür, dass die Bf. immer wieder Mietverträge zuerst mündlich abschloss und später schriftlich fixierte.

11.) Das Finanzamt replizierte unter Verweis auf die im BFG-Erkenntnis vom zur angezogenen Fremdunüblichkeit angeführten Feststellungen und ergänzte, dass jeder Betrieb eines Unternehmers und jedes Mietverhältnis zwingend einer eigenständigen Betrachtung im Hinblick auf die vorzunehmende Prüfung der Fremdüblichkeit bedürften, weil jedes Mietverhältnis individuell ausgestaltet sein könne.
Bezüglich der Kürzung der im Wirtschaftsjahr 2012 beantragten Vorsteuern um EUR 22.275,00 konzedierte das Finanzamt auf Grundlage der nachgereichten Unterlagen, dass die aus den im Wirtschaftsjahr 2011 erfolgten Fertigstellungs- und Adaptierungsarbeiten resultierenden Vorsteuerbeträge von der Bf. nicht im Wirtschaftsjahr 2012 begehrt wurden, also im gekürzten Vorsteuerbetrag nicht enthalten sind.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

1.) Der Unternehmenszweck der beschwerdeführenden Gesellschaft m.b.H, eingetragen im Firmenbuch zu xxxxxx, liegt in der Vermietung von Hallen, Büro- und Wohnräumlichkeiten. Die Bf. ermittelt ihre steuerlichen Bemessungsgrundlagen für ein abweichendes Wirtschaftsjahr jeweils vom 01.10. eines Jahres bis zum 30.09. des Folgejahres.

2.) Mit Kaufvertrag vom erwarb die Bf. die "Seewohnung" als eine unfertige Penthouse -Wohnungseigentumseinheit um Anschaffungskosten von EUR 740.000,00 netto plus 20% Umsatzsteuer iHv EUR 148.000,00.
Die hierzu vom Verkäufer ausgestellte Rechnung vom betreffend den Erwerb der "Seewohnung" enthält die für einen Vorsteuerabzug gemäß § 11 Abs. 1 Z 3 UStG 1994 maßgeblichen Rechnungsmerkmale (insbesondere Leistungsempfänger, -beschreibung, Entgelt, Ausweis der UID- Nummer und der 20%igen Umsatzsteuer). Diese Rechnung wurde im Zuge der Überprüfung der Umsatzsteuervoranmeldung für September 2010 dem Finanzamt übermittelt und damit zu Kenntnis gebracht.
Laut (im Arbeitsbogen) einliegender Mail der steuerlichen Vertreterin vom teilte diese dem die Daten der UVA prüfenden Sachbearbeiter des Finanzamtes mit, dass die "Seewohnung" ab Frühjahr 2011 um eine Monatsmiete von EUR 1.500,00 netto zuzüglich BK dauervermietet werde, weil dies erst nach Fertigstellung der Innenbereichsarbeiten möglich sei.
In einer weiteren Mail vom an den Sachbearbeiter erfolgte die Mitteilung, dass die Wohnung an den namentlich genannten Stiefsohn vermietet werden wird.

3.) Die im Namen und im Auftrag der Bf. an die Bf. erbrachten Leistungen anlässlich der Adaptierungs- bzw. Fertigstellungsarbeiten fanden im Wirtschaftsjahr 2011 statt und beliefen sich auf EUR 111.377,00 netto plus 20% Umsatzsteuer iHv EUR 22.275,47 (siehe Tz 3 des Bp-Berichtes, sowie die im Vorakt zu RV/4100074/2013 bzw. im Arbeitsbogen einliegenden Rechnungen).
Aus den im Zuge dieses Verfahrens vorgelegten Buchhaltungsunterlagen (Anlagenkonto 118 "Eigentumswohnung aaa", Vorsteuerkonto 2603, Journal und Berechnung der umsatzsteuerlichen Grunddaten jeweils für die Wirtschaftsjahre 2011 und 2012) ist die steuerliche Aktivierung der in Rede stehenden Wohnung auf dem Anlagenkonto 118 mit der Bezeichnung "Eigentumswohnung aaa" zu ersehen, ebenso die Erfassung und der Ausweis der aus den Fertigstellungs- bzw. Adaptierungsarbeiten resultierenden Vorsteuerbeträge im Wirtschaftsjahr 2011.
Die Inanspruchnahme der aus den Fertigstellungs- bzw. Adaptierungsarbeiten resultierenden Vorsteuern durch die Bf. erfolgte im Wirtschaftsjahr 2011.

4.) Der Prüfer nahm die Kürzung der Vorsteuern um EUR 22.275,00 für die Monate 11/2011 und 12/2011, also für das Wirtschaftsjahr 2012, vor (siehe oben TZ 3 des Berichtes der Außenprüfung).

5.) Die im Wirtschaftsjahr 2010 im unfertigen Zustand (Edelrohausführung) erworbene "Seewohnung" wurde im Namen und im Auftrag der Bf. bis spätestens Juni 2011 uneingeschränkt benutzbar gemacht (siehe TZ 3, Bp-Bericht).
Der Sohn der (seinerzeitigen) Lebensgefährtin und der nunmehrigen Ehefrau des Gesellschafter- Geschäftsführers (in Folge Stiefsohn) benutzte die noch unfertige Wohnung ab zunächst als Nebenwohnsitz und ab ständig als Hauptwohnsitz auf Basis eines mündlich geschlossenen Mietvertrages um eine monatliche Miete von netto EUR 1.500,00 zuzüglich Umsatzsteuer.

6.) Im Laufe des Betriebsprüfungsverfahrens legte die Bf. einen mit datierten, mit dem Stiefsohn auf unbestimmte Zeit abgeschlossenen schriftlichen Mietvertrag vor, in welchem monatliche Mietzahlungen durch Überweisung auf das angeführte Konto iHv EUR 1,500,00 beginnend ab und eine dreimonatige Kündigungsfrist schriftlich festgehalten waren. Eine Indexvereinbarung ist in einem Nachtrag zu diesem enthalten.

7.) Seitens des Finanzamtes wird das mit schriftlichem Mietvertrag vom fixierte Mietverhältnis der Bf. mit dem Stiefsohn des Geschäftsführers zu den in diesem vereinbarten Bedingungen (monatliche Miete EUR 1.500,00 netto, …) ab diesem Zeitpunkt als solches nicht in Frage gestellt (siehe Aussage der Vertreterin des Finanzamtes im Zuge des Erörterungstermins).
Diese Mieteinnahmen wurden ab März 2012 (umsatz)steuerpflichtig behandelt und Vorsteuern aus den Betriebskosten in Anspruch genommen (vgl. Mail der steuerlichen Vertreterin vom , seitens des Finanzamtes unwidersprochen geblieben).
Im streitgegenständlichen Umsatzsteuerbescheid für 2012 erfolgten, außer der Kürzung der begehrten Vorsteuern um EUR 22.745,00 (mit der [grundsätzlich zutreffenden] Begründung, dass diese dem Wirtschaftsjahr 2011 zuzuordnen sind), seitens des Finanzamtes keine weiteren Änderungen.

8.) Die "Seewohnung" wird seit Mitte des Jahres 2019 von diversen Immobilienmaklerbüros zum Verkauf angeboten, ein bis befristetes Kaufanbot um eine Kaufsumme von EUR 1,900.000,00 wurde vorgelegt. Basierend auf in den Akten einliegenden bzw. nachgereichten Urkunden erwarb und veräußerte bzw. vermietete die Bf. - ihrem Unternehmenszweck entsprechend - immer wieder Immobilien (Eigentumswohnungen) auch zu Wohnzwecken.

9.) Im streitgegenständlichen Beschwerdeverfahren wird die Feststellung getroffen, dass die Bf. die - sowohl für Zwecke des Unternehmens als auch für außerhalb ihres Unternehmens verwendbare - "Seewohnung" mit der - von ihr von Anbeginn bekundeten - Absicht, diese für das Unternehmen zur Erzielung von Einkünften zu verwenden, erworben hat.
Auch hat das Finanzamt das Mietverhältnis ab März 2012 als fremdüblich anerkannt (Vorbringen der Bf. im Beschwerdeverfahren).

2.) Beweiswürdigung

1.) Die getroffenen Feststellungen fußen auf den vorgelegten Akten des Finanzamtes, auf den im Arbeitsbogen einliegenden Schriftstücken (Kaufverträge), auf der Einsichtnahme in den elektronischen Steuerakt der Bf. durch das Bundesfinanzgericht und Abfragen im Firmenbuch sowie auf von der Bf. nachgereichten Unterlagen und Urkunden (Kaufverträge).
Die inhaltliche Richtigkeit der vorliegenden Kaufverträge wird nicht in Zweifel gezogen.
Aufgrund der Aktenlage steht außer Frage, dass die Bf. ihre Umsätze bzw. steuerlichen Gewinne/Verluste für ein abweichendes Wirtschaftsjahr vom 01.10. eines Jahres bis zum 30.09. des Folgejahres ermittelt und den Jahreserklärungen zugrunde legt.

2.) Zur Kürzung der Vorsteuer um EUR 22.275,00 im streitgegenständlich bekämpften Umsatzsteuerbescheid für das Jahr 2012 ist festzuhalten:
Dass die aus den aus den im Wirtschaftsjahr 2011 erfolgten Fertigstellungs- und Adaptierungsarbeiten resultierenden Vorsteuerbeträge eindeutig und unstrittig dem Wirtschaftsjahr 2011 zuzuordnen sind, ist zwischen den Parteien unstrittig.
Dass der in Rede stehende Vorsteuerbetrag von EUR 22.275,00 von der Bf. im Wirtschaftsjahr 2011 geltend gemacht wurde und dieser aus den im Wirtschaftsjahr 2011 erfolgten Fertigstellungs- und Adaptierungsarbeiten resultierenden Vorsteuerbeträge von der Bf. im Wirtschaftsjahr 2012 n i c h t begehrt wurde, ergibt sich durch Einsichtnahme in die unter Punkt A) 8.)a angeführten nachgereichten Unterlagen, welchen Umstand das Finanzamt mit Mail vom konzedierte.
Abrundend wird darauf hingewiesen, dass, soweit das FA in der Stellungnahme vom zum Ausdruck brachte, dass im vorläufigen Umsatzsteuerbescheid vom eine Abgabengutschrift (= Vorsoll für Umsatzsteuerbescheid vom ) ausgewiesen ist, welches betragsmäßig in etwa den strittigen in Rede stehenden Vorsteuern entspricht, dieser Umstand darauf zurückzuführen ist, dass sich durch die vom Prüfer in den UVAs für 11/2011 und 12/2011 (und somit unzutreffend für das Wirtschaftsjahr 2012) vorgenommene Kürzung der Vorsteuern ein in etwa um diesen Betrag "höheres Vorsoll" im vorläufig erlassenen, jedoch
e r k l ä r u n g s g e m ä ß (also ohne Kürzung der Vorsteuern) veranlagten Umsatzsteuerbescheid vom ergeben musste.

3.) Dass die Bf. ihrem Unternehmenszweck entsprechend neben der "Seewohnung" auch andere Immobilien erwarb, zu Wohnzwecken vermietete und wieder veräußerte, ist den (fast ausschließlich notariell verfassten) Kaufverträgen bezüglich der unter Punkt B) II. 9.)a aufgelisteten Immobilien (samt Anführung des Erwerbs- bzw. Verkaufsdatums und deren Lage) zu entnehmen. Dasselbe gilt auch für das Vorbringen der Bf. Mietverhältnisse zuerst mündlich vereinbart und später schriftlich fixiert zu haben.

4.) Wenn im Erkenntnis vom , RV/4100074/2013, "mangels feststellbarer von in der Außenwelt erkennbaren nachvollziehbaren Spuren" der Schluss gezogen wurde, es sei unglaubwürdig, dass das ab April 2012 dokumentierte Mietverhältnis schon zuvor auf Grund einer entsprechenden mündlichen Vereinbarung bestanden habe, sodass die Bf. die Seewohnung bereits mit der Absicht erworben haben musste, diese dem Stiefsohn - durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst - rechtsgrundlos und unentgeltlich zu überlassen, weshalb eine Einkommensverwendung iSd § 8 Abs. 2 KStG 1988 (verdeckte Ausschüttung) vorliege und die Vorsteuern nicht abzugsfähig seien, ist dazu festzuhalten, dass im genannten Vorverfahren nicht jene bzw. weitere (auch infolge ergänzender Vorbringen der Bf.) zusätzliche Feststellungen getroffen wurden wie im streitgegenständlichen Beschwerdeverfahren.

5.) Aus Nachfolgendem erachtet das Bundesfinanzgericht, dass beschwerdegegenständlich die Absicht der Bf., die "Seewohnung" für ihr Unternehmen zu erwerben und (umsatzsteuerpflichtige) Einkünfte zu erzielen, nicht verneint werden kann:
- die Ausstellung einer zum Vorsteuerabzug berechtigende Rechnung neben dem abgeschlossenen Kaufvertrag;
- die unstrittige Übermittlung der Rechnung vom an das Finanzamt im Zuge der Überprüfung der in der Umsatzsteuervoranmeldung für 09/2010 begehrten Vorsteuerbeträge (siehe den im Arbeitsbogen befindlichen E-Mailverkehr zwischen der steuerlichen Vertreterin und dem zuständigen Sachbearbeiter im Zuge der Überprüfung der mit der Umsatzsteuervoranmeldung für 09/2010 begehrten Vorsteuer aus dem Erwerb der "Seewohnung");
- Bekundung der beabsichtigten Vermietung im E-Mailverkehr vom Dezember 2010 zwischen der steuerlichen Vertreterin und dem zuständigen Sachbearbeiter, dass die "Seewohnung" ab Frühjahr 2011 um EUR 1.500,00 per Monat vermietet werden soll (unter namentlicher Nennung des zukünftigen Mieters).

6.) Bei der anzustellenden Gesamtbetrachtung ist auch festzuhalten, dass im Mietvertrag vom eine monatliche Mietzahlung in Höhe von EUR 1.500,00 netto schriftlich vereinbart wird, welche betragsmäßig dem bereits mit Mail von Dezember 2010 bekanntgegebenen monatlichen Mietentgelt entspricht. Das Bestehen des im Mietvertrag vom festgehaltenen Mietverhältnisses zu den angeführten Konditionen, nämlich der unverändert gebliebenen monatlichen Mietzahlung, wird seitens des Finanzamtes weder dem Grunde als der Höhe nach nicht mehr in Frage gestellt (vgl. Aussage der Vertreterin des Finanzamtes beim Erörterungstermin). Dieser Umstand findet seine Bestätigung darin, dass im streitgegenständlichen Umsatzsteuerbescheid für 2012 zwar eine intendierte Vorsteuerkürzung hinsichtlich der dem Wirtschaftsjahr 2011 zuzuordnenden Vorsteuerbeträge erfolgte, jedoch weitere Änderungen wie die Herausnahme der Mietentgelte für die in Rede stehende "Seewohnung" oder die Kürzung um die Vorsteuern aus den Betriebskosten betreffend die "Seewohnung" unterblieben.

3. Rechtliche Beurteilung

Beschwerdepunkte sind
a) die Kürzung der begehrten Vorsteuern um einen Betrag iHv EUR 22.275,00 sowie
b) die Vornahme der beantragten positiven Vorsteuerberichtigung gem. § 12 Abs. 10 UStG 1994 im Ausmaß von EUR 118.400,00 (8/10 von EUR 148.000,00 = Vorsteuer aus den Anschaffungskosten 2010) im Jahr 2012.

1.1. Zu Spruchpunkt I. (teilweise Stattgabe)


Nach § 12 Abs. 1 Z 1 UStG 1994 kann sich der Unternehmer die von anderen Unternehmern in einer Rechnung (§ 11) an ihn gesondert ausgewiesene Steuer für Lieferungen oder sonstige Leistungen, die im Inland für sein Unternehmen ausgeführt wurden, als Vorsteuerbetrag abziehen.

Ad a) Kürzung der Vorsteuer:
Betreffend die Kürzung des begehrten Vorsteuerbetrages um EUR 22.275,00 im streitgegenständlich bekämpften Umsatzsteuerbescheid für das Jahr 2012 wurde festgestellt, dass dieser unstrittig dem Wirtschaftsjahr 2011 zuzuordnen und in diesem Jahr begehrt wurde und dass eine Geltendmachung des aus den im Wirtschaftsjahr 2011 erfolgten Fertigstellungs- und Adaptierungsarbeiten resultierenden Vorsteuerbetrages seitens der Bf. im Wirtschaftsjahr 2012 n i c h t erfolgte.
Da die Kürzung der von der Bf. nur im Wirtschaftsjahr 2011 begehrten Vorsteuerbeträge im streitgegenständlichen Umsatzsteuerbescheid für das Jahr 2012 somit zu Unrecht erfolgte, ist diesem Beschwerdepunkt stattzugeben und der im bekämpften Bescheid ausgewiesene Vorsteuerbetrag um EUR 22.275,00 zu erhöhen.

Ad b) Begehrte Vorsteuerberichtigung:

"§ 12 Abs. 10 und Abs. 11 UStG 1994 (idF BGBl I 2012/22) lauten:
"(10) Ändern sich bei einem Gegenstand, den der Unternehmer in seinem Unternehmen als Anlagevermögen verwendet oder nutzt, in den auf das Jahr der erstmaligen Verwendung folgenden vier Kalenderjahren die Verhältnisse, die im Kalenderjahr der erstmaligen Verwendung für den Vorsteuerabzug maßgebend waren (Abs. 3), so ist für jedes Jahr der Änderung ein Ausgleich durch eine Berichtigung des Vorsteuerabzuges durchzuführen.

Dies gilt sinngemäß für Vorsteuerbeträge, die auf nachträgliche Anschaffungs- oder Herstellungskosten, aktivierungspflichtige Aufwendungen oder bei Gebäuden auch auf Kosten von Großreparaturen entfallen, wobei der Berichtigungszeitraum vom Beginn des Kalenderjahres an zu laufen beginnt, das dem Jahr folgt, in dem die diesen Kosten und Aufwendungen zugrundeliegenden Leistungen im Zusammenhang mit dem Anlagevermögen erstmals in Verwendung genommen worden sind.

Bei Grundstücken im Sinne des § 2 Grunderwerbsteuergesetzes 1987 (einschließlich der aktivierungspflichtigen Aufwendungen und der Kosten von Großreparaturen) tritt an die Stelle des Zeitraumes von vier Kalenderjahren ein solcher von neunzehn Kalenderjahren.

Bei der Berichtigung, die jeweils für das Jahr der Änderung zu erfolgen hat, ist für jedes Jahr der Änderung von einem Fünftel, bei Grundstücken (einschließlich der aktivierungspflichtigen Aufwendungen und der Kosten von Großreparaturen) von einem Zwanzigstel der gesamten auf den Gegenstand, die Aufwendungen oder die Kosten entfallenden Vorsteuer auszugehen; im Falle der Lieferung ist die Berichtigung für den restlichen Berichtigungszeitraum spätestens in der letzten Voranmeldung des Veranlagungszeitraumes vorzunehmen, in dem die Lieferung erfolgte.

(11) Ändern sich bei einem Gegenstand, den der Unternehmer für sein Unternehmen hergestellt oder erworben hat oder bei sonstigen Leistungen, die für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, die Voraussetzungen, die für den Vorsteuerabzug maßgebend waren (Abs. 3), so ist, sofern nicht Abs. 10 zur Anwendung gelangt, eine Berichtigung des Vorsteuerabzuges für den Veranlagungszeitraum vorzunehmen, in dem die Änderung eingetreten ist."

Bezüglich des Beschwerdepunktes "Vorsteuerberichtigung" wird auf die diesbezüglichen Ausführungen im aufhebenden Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Ro 2021/15/0017, verwiesen.

Unter anderen wird in diesem Erkenntnis explizit angeführt:
"30Die Zuführung von Gegenständen aus dem nichtunternehmerischen Bereich (Einlage aus dem Privatvermögen oder Überführung eines Gegenstandes vom nichtunternehmerischen Bereich einer Körperschaft in deren unternehmerischen Bereich) führt weder zu einem nachträglichen Vorsteuerabzug noch zu einer positiven Vorsteuerberichtigung (vgl. …… )… .

35 Eine Vorsteuerberichtigung nach § 12 Abs. 10 und 11 UStG 1994 setzt eine Änderung der tatsächlichen Verhältnisse voraus.

36 Die geänderte rechtliche Beurteilung eines unveränderten Sachverhaltes stellt keine Änderung der Verhältnisse dar, die zu einer Vorsteuerberichtigung nach § 12 Abs. 10 und 11 UStG 1994 führt. Dass das Bundesfinanzgericht im hier angefochtenen Erkenntnis den Sachverhalt rechtlich anders würdigt, stellt keine Änderung im hier maßgeblichen Sin dar. Eine solche Änderung liegt auch nicht in der ab März 2012 vorgenommenen umsatzsteuerpflichtigen Behandlung der Mieteinnahmen durch das Finanzamt. Vielmehr hat - beurteilt auf der Grundlage des im angefochtenen Erkenntnis festgestellten Sachverhaltes - der Vorsteuerabzug (nach Maßgabe der Rechnungslegung) bereits im Zeitpunkt der Anschaffung der Wohnung bzw. der Durchführung der Sanierungsarbeiten bestanden.

37Im gegenständlichen Fall sind die für den Vorsteuerabzug grundsätzlich maßgebliche Verhältnisse seit dem Zeitpunkt des Leistungsbezuges durch die Mitbeteiligte sowohl in tatsächlicher als auch rechtlicher Hinsicht gerade unverändert geblieben, weshalb nach der bestehenden Gesetzeslage kein Raum für eine Vorsteuerberichtigung bleibt (wiederum ).

38 Die Vorsteuerberichtigung nach § 12 Abs. 10 und 11 UStG 1994 dient nämlich nicht der Korrektur fehlerhafter Entscheidungen betreffend die ursprüngliche Vorsteuerabzugsberechtigung, die aufgrund rechtskräftiger Veranlagung verfahrensrechtlich unabänderlich geworden sind und hinsichtlich derer gerade keine Änderung der für den Vorsteuerabzug maßgeblichen Verhältnisse eingetreten ist (vgl. nochmals )."

Auf Basis dieser Ausführungen führte das Vorbringen der Bf., dass die Seewohnung mit der Absicht für das Unternehmen zur Erzielung von Vermietungseinkünften angeschafft und dass das Mietverhältnis seitens des Finanzamtes ab März 2012 als fremdüblich beurteilt wurde, worin ein eine Vorsteuerberichtigung bewirkender Umstand zu erblicken sei, nicht zum Erfolg.
Wie im Erkenntnis vom ausführlich dargestellt, ist in einer geänderten rechtlichen Beurteilung nicht die erforderliche Änderung der tatsächlichen Verhältnisse iSd § 12 Abs. 10 und 11 UStG 1994 zu erblicken.

Sohin war spruchgemäß zu entscheiden.

Die Bemessungsgrundlagen für die Umsatzsteuer des Jahres 2012 ermitteln sich wie folgt:

Gesamtbetrag der Vorsteuern (ohne nachstehende Vorsteuern): - 167.921,56

Vorsteuern aus dem ig Erwerb - 11.277,89
Vorsteuern betr. Steuerschuld gem. § 19 Abs. 1 d - 142,24

Festgesetzte Umsatzsteuer Euro 63.246,61
bisher war vorgeschrieben: Euro 85.521,61

1.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die ordentliche Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Gegenständlich Rechtsfrage war bereits Gegenstand eines Revisionsverfahrens vor dem Verwaltungsgerichtshof zur Frage der Vornahme eine positiven Vorsteuerberichtigung (Erkenntnis vom , Ro 2021/15/0017).

1.

Klagenfurt am Wörthersee, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Schlagworte
Vorsteuerberichtigung
Zitiert/besprochen in
ECLI
ECLI:AT:BFG:2023:RV.4100702.2022

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at