Bescheidbeschwerde – Einzel – Beschluss, BFG vom 05.01.2023, RV/7102872/2022

Zurückweisung einer Beschwerde gegen einen Nichtbescheid, der nach einer Löschung einer GmbH gem. § 40 FBG ergangen ist

Rechtssätze


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Stammrechtssätze
RV/7102872/2022-RS1
Anders als bei jenen Fällen, bei denen eine Löschung einer Gesellschaft gem. § 40 FBG erst nach Ergehen der bekämpften Bescheide und nach Einbringung der Beschwerde durch eine dazu legitimierte Person erfolgt und das Beschwerdeverfahren daher nach der im Beschluss zitierten Judikatur einzustellen wäre, ist, wenn schon das bekämpfte Schreiben des Finanzamtes nach der Löschung gem. § 40 FBG nicht wirksam ergangen ist, aufgrund der Bekämpfung von Nichtbescheiden mit einer Zurückweisung vorzugehen.

Entscheidungstext

BESCHLUSS

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Dr. Ansgar Unterberger in der Beschwerdesache Bf, ***Bf1-Adr*** betreffend Beschwerde vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Österreich vom betreffend Nachholung der Abgabe von Steuererklärungen für 2019 und vom betreffend Nachholung der Abgabe von Steuererklärungen für 2019 unter Androhung einer Zwangsstrafe beschlossen:

Die Beschwerde wird gemäß § 260 Abs. 1 lit. a BAO als nicht zulässig zurückgewiesen.

Gegen diesen Beschluss ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Begründung

Vorbemerkung

Die Beschwerde wurde vom Finanzamt Österreich -wie darzustellen sein wird - irrtümlich als Beschwerde der im Firmenbuch wegen Vermögenslosigkeit gem. § 40 FBG am gelöschten BfGmbH (in der Folge: BfGmbH) vorgelegt. Tatsächlich wurde die Beschwerde vom früheren Geschäftsführer Bf (in der Folge: Beschwerdeführer: Bf), dem eine Vertretungsbefugnis nicht mehr zukommt, gegen nicht wirksam ergangene Bescheide eingebracht.

Der mit Beschluss des Handelsgerichtes Wien vom eröffnete Konkurs wurde durch Beschluss des Gerichts vom nach erfolgter Schlussverteilung aufgehoben. Die amtswegige Löschung der BfGmbH wegen Vermögenslosigkeit gemäß § 40 FBG erfolgte am (Angaben laut Firmenbuch zu FN Nr).

Verwaltungsbehördliches Verfahren

Am und am ergingen die bekämpften und im Spruch angeführten Bescheide an die BfGmbH z. Hd des Bf. Der Bf brachte am im eigenen Namen ein u.a. offensichtlich diesen Bescheiden widersprechendes Schreiben ein, welches vom Finanzamt als Beschwerde der BfGmbH, vertreten durch den Bf, gewertet wurde.

Diese Beschwerde wies das Finanzamt gemäß § 260 BAO mit einer Beschwerdevorentscheidung (BVE) vom als unzulässig zurück, weil es sich jeweils um verfahrensleitende Verfügungen handle, gegen die gemäß § 244 BAO ein abgesondertes Rechtsmittel nicht zulässig sei.

Am wurde durch den Bf ein als Antrag auf Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht gewertetes Schreiben eingebracht.

In weiterer Folge legte das Finanzamt mit einem Vorlagebericht vom die gegenständliche Beschwerde vor. Als Beschwerdeführer wurde die BfGmbH, vertreten durch den Bf, angemerkt.

Verwaltungsgerichtliches Verfahren

Mit Mail vom wurde der zuständige Amtsvertreter ersucht, bekanntzugeben, ob es in diesem Fall einen Notgeschäftsführer nach § 15a GmbHG oder einen anderen Grund gäbe, warum der BfGmbH zu Handen deren früheren Geschäftsführers nach deren Löschung gem. § 40 FBG weiterhin Bescheide zugestellt wurden, obwohl nach ständiger Judikatur einer nach § 40 FBG gelöschten GmbH nicht mehr wirksam zugestellt werden könne.

Der Amtsvertreter teilt noch am selben Tag mit, dass die Löschung offenbar übersehen worden sei und sich die Beschwerde des nicht mehr vertretungsbefugten ehemaligen Geschäftsführers somit gegen Nichtbescheide richte.

Festgestellter Sachverhaltund Beweiswürdigung

Unstrittig ergibt sich aus der Aktenlage, dass die bekämpften Schriftsätze des Finanzamtes Österreich vom bzw. vom nach der Löschung der BfGmbH gem. § 40 FBG vom an die BfGmbH zu Handen des Bf ergangen sind.

Rechtliche Beurteilung

Nach einer Vielzahl von Beschlüssen des BFG (zB ; oder ) kann einer wegen Vermögenslosigkeit nach § 40 FBG gelöschten GmbH nicht mehr wirksam zugestellt werden. Als Bescheide bezeichnete Schreiben des Finanzamtes, die nach diesem Zeitpunkt zugestellt werden, sind aus folgenden rechtlichen Gründen nicht wirksam ergangen und stellen Nichtbescheide dar.

Die Auflösung und Löschung einer im Firmenbuch eingetragenen juristischen Person hat bloß deklaratorischen Charakter (vgl. 2003/17/0134) und beendet die Rechtsfähigkeit nicht, solange Vermögen vorhanden ist (vgl. 8 ObA 46/06g) und Rechtsverhältnisse zu Dritten nicht vollständig abgewickelt - also zB Abgaben noch festzusetzen - sind (vgl. Ritz, BAO6, § 79, Tz 11; 2001/13/0059; 2006/13/0187).

Die Rechts- und Parteifähigkeit einer GmbH bleibt daher auch nach ihrer Löschung im Firmenbuch solange erhalten, als noch Abwicklungsbedarf besteht, was dann der Fall ist, wenn Abgabenverbindlichkeiten einer solchen Gesellschaft bescheidmäßig festzusetzen sind. An eine im Firmenbuch bereits gelöschte GmbH gerichtete Bescheide ergehen daher grundsätzlich rechtswirksam (vgl. 2006/16/0220).

Bis zur Vollbeendigung braucht die aufgelöste Gesellschaft - so wie bisher - einen gesetzlichen oder gewillkürten Vertreter.

In der Zeit zwischen Auflösung und Vollbeendigung (vollständige Abwicklung aller Rechtsverhältnisse) fungiert grundsätzlich der vormalige Geschäftsführer als "geborener Liquidator"(vgl. 91/15/0157; 92/15/0121; RV/0527-K/06; RV/0292-K/07). An ihn können an die Gesellschaft adressierte Erledigungen bis zur Bestellung eines Liquidators noch zugestellt werden.

Der Auflösung folgt i.d.R. die Liquidation oder Abwicklung (§ 89 GmbHG). Während dieser Zeit wird eine Kapitalgesellschaft durch die im Firmenbuch eingetragenen Liquidatoren oder Abwickler (§ 93 GmbHG) vertreten.

Nach Beendigung der Liquidation und Entlastung der Liquidatoren erfolgt die Löschung im Firmenbuch (§ 157 UGB, § 93 GmbHG). Mit ihr endet auch das Liquidatorenamt. Sollten in weiterer Folge noch Bescheide an die im Firmenbuch gelöschte Gesellschaft erlassen werden, regelt § 80 Abs. 3 BAO, dass Zustellungsvertreter einer gelöschten GmbH nach Beendigung der Liquidation ist, wer gemäß § 93 Abs. 3 GmbHG auf die Dauer von sieben Jahren zur Aufbewahrung der Bücher und Schriften der aufgelösten Gesellschaft verpflichtet ist oder zuletzt verpflichtet war. Bei diesem "Verwahrer", der in Ermangelung einer Bestimmung des Gesellschaftsvertrages oder eines Gesellschafterbeschlusses durch das Gericht bestimmt wird, kann es sich um einen Gesellschafter oder um eine dritte Person handeln.

Keine Liquidation findet im Falle des Konkurses einer Gesellschaft statt (vgl. Haberer/Zehetner in Straube (Hrsg), GmbHG § 89 Rz 11).

Die Vertretungsregelung des § 80 Abs. 3 BAO erfasst allerdings nur jene Fälle, in denen eine Liquidation (§ 89 GmbHG) stattgefunden hat. Nicht erfasst sind Fälle, in denen eine Kapitalgesellschaft gemäß § 40 Abs. 1 FBG wegen Vermögenslosigkeit durch das Gericht gelöscht wird oder eine Gesellschaft gemäß § 39 Abs. 1 FBG bei Konkursabweisung mangels eines zur Deckung der Verfahrenskosten ausreichenden Vermögens (§ 71b IO) als aufgelöst gilt und daher mangels Vermögens von Amts wegen zu löschen ist.

Der Löschung im Firmenbuch kann durch das für die Abgabenerhebung zuständige Finanzamt gemäß § 160 Abs. 3 BAO die Zustimmung versagt werden (Löschungssperre). Das Finanzamt kann sich auch gegen eine vom Firmenbuchgericht beabsichtigte amtswegige Löschung aussprechen (§ 40 Abs. 2 FBG).

[...]

Eine Erledigung kann durch das Gericht im gegenständlichen Verfahren der beschwerdeführenden Partei daher derzeit nicht mehr zugestellt werden.

Anders als bei jenen Fällen, bei denen eine Löschung einer Gesellschaft gem. § 40 FBG erst nach Ergehen der bekämpften Bescheide und nach Einbringung der Beschwerde durch eine dazu legitimierte Person erfolgt und das Beschwerdeverfahren daher nach der oben zitierten Judikatur einzustellen wäre, ist, wenn schon das bekämpfte Schreiben des Finanzamtes nach der Löschung gem. § 40 FBG nicht wirksam ergangen ist, aufgrund der Bekämpfung von Nichtbescheiden mit einer Zurückweisung vorzugehen.

Ob es noch weitere Unzulässigkeitsgrüne (Verspätung, mangelnde Legitimation des Bf) gäbe, muss nicht mehr untersucht bzw. dargestellt werden.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen einen Beschluss des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im gegenständlichen Fall sind die zu klärenden Rechtsfragen durch die zitierte ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes entschieden, sodass eine Revision nicht zulässig ist.

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 80 Abs. 3 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 40 FBG, Firmenbuchgesetz, BGBl. Nr. 10/1991
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2023:RV.7102872.2022

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at