Reithalle und Pferdekoppel als wirtschaftliche Einheit des Grundvermögens, Bindungswirkung des rechtskräftigen Fortschreibungsbescheides
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin ***RI*** in der Beschwerdesache ***BF***, ***BF-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Grunderwerbsteuer Steuernummer ***BF-StNr***, Erfassungsnummer ***ErfNr***, zu Recht erkannt:
Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
I. Sachverhalt, Verfahrensgang und Parteienvorbringen
Die Eigentümer der Liegenschaft ***EZ,KG*** "***Name***" haben beabsichtigt, einen Teil davon ihrer Tochter zu schenken. Zu diesem Zweck wurden aufgrund Vermessungsurkunde vom mehrere Grundstücke neu gebildet, welche Gegenstand der Schenkung sein sollten. Unter anderem wurde aus dem Grundstück ***B*** (50.617 m²) das Grundstück ***D*** im Ausmaß von 8.106 m² herausgemessen. Auf diesem war das Einfamilienhaus ***Adr*** und eine Reithalle erbaut.
Vor Errichtung des gegenständlichen Schenkungsvertrages mit der Tochter hat das zuständige Lagefinanzamt über Anfrage des Notars am folgende Hilfs Einheitswerte (EW) für die zu schenkenden Grundstücke bekannt gegeben:
Grundstücke ***A*** (73 m²), ***B*** (37.150 m²) und ***C*** (1.156 m²) sind landwirtschaftliches Vermögen, Hilfs EW gesamt 4.000 €.
Das Grundstück ***D*** Fläche 8.106 m² (ehemals Teil von ***B***) ist bebaut und umfasst derzeit zwei EW Aktenzeichen
***Haus*** (800 m²) Einfamilienhaus Grundvermögen
Bodenwert 2,9069 €/m², EW 45.000 €
***Halle*** (2.074 m²) Geschäftsgrundstück/Reithalle Grundvermögen
Bodenwert 2,9069 €/m², EW 63.400 €.
Verbleibende 5.232 m² sind dem Grundvermögen zuzurechnen
Bodenwert € 2,9069 pro m², Hilfs EW € 20.500,-
Mit Notariatsakt vom haben die Ehegatten ***Geschenkgeber*** sodann ihrer Tochter ***BF***, nunmehrige Beschwerdeführerin, =Bf., diese vier Grundstücke geschenkt.
Schenkungsvertrag vom
Punkt I. des Schenkungsvertrages lautet im Wesentlichen:
Die Geschenkgeber sind je zur Hälfte Eigentümer der Liegenschaft ***EZ,KG***.
Mit Vermessungsurkunde vom wurden unter anderem die Grundstücke ***A***, ***B***, ***C*** und ***D*** der Liegenschaft ***EZ,KG*** neu vermessen. Diese Grundstücke bilden nunmehr das Schenkungsobjekt.
Festgehalten wird, dass die Geschenkgeber ihre restlichen Grundstücke ihrem Sohn ***Sohn*** schenken werden.
"Diesbezüglich wird seitens der Vertragsparteien erklärt, dass der landwirtschaftliche Betrieb, welcher faktisch aus zwei Teilbetrieben (Landwirtschaft und Pferdehaltung/Pferdehof) besteht, bis dato zur Gänze an den beitretenden ***Sohn*** verpachtet war und dieser Pachtvertrag mit der heutigen Übergabe gänzlich einvernehmlich aufgelöst wird. Auch die Verpachtung des Teilbetriebes bezüglich des Pferdehofs, welcher Teilbetrieb der Geschenknehmerin ***BF*** hiermit mitübergeben wird, gilt somit mit heutigem Tag als aufgelöst."
Neben den landwirtschaftlichen Grundstücken ***A***, ***B*** und ***C*** war somit Schenkungsgegenstand insbesondere das neu gebildete Grundstück ***D*** im Gesamtausmaß von 8.106 m² samt den darauf befindlichen Gebäuden (Einfamilienhaus ***Adr*** und Reithalle).
In Punkt XI. des Schenkungsvertrages wird für Zwecke der Berechnung der anfallenden Grunderwerbsteuer (GrESt) festgehalten:
"Der Hilfs EW für die Grundstücke ***A***, ***B*** und ***C*** beträgt 4.000 €.
Der Hilfs EW für das Grundstück ***D*** (8.106 m²) beträgt insgesamt 128.900 € laut Mitteilung vom Lagefinanzamt, wobei dieser Hilfs EW aus drei Hilfs EW besteht: 45.000 € für eine Fläche von 800 m² (Einfamilienhaus/Grundvermögen), 63.400 € für eine Fläche von 2.074 m² (Geschäftsgrundstück/Reithalle Grundvermögen) und 20.500 € für eine Fläche von 5.232 m² (Grundvermögen). Der Bodenwert für das Grundstück ***D*** beträgt laut Finanzonlineabfrage 2,9069 €, der hinsichtlich der Lage des Grundstücks anzusetzende Faktor lautet 4.
Beim Schenkungsobjekt handelt es sich um ein Wohnhaus sowie eine Reitsportanlage samt dazugehörigen Weiden.
Die Widmung der Grundstücke lautet Grünland (teils Land- und Forstwirtschaft, =L+F, Ödland, teils Reitsportanlage)".
Der Notar hat die Urkunde zu der Erfassungsnummer (ErfNr.) ***ErfNr*** am zur Gebührenbemessung beim Finanzamt (FA) angezeigt.
GrESt Bescheid vom
Über Aufforderung des FA hat der Notar am den Grundstückswert für das Grundstück ***D*** zunächst ohne Berücksichtigung der Reithalle wie folgt errechnet:
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Grundwert | 8.106 m² | Bodenwert 2,9069 €/m² | 282.759,98 € |
Gebäudewert/Wohngebäude | 366.699 € | ||
Grundstückswert | 649.458,97 € |
Am hat der Notar sodann auch den Gebäudewert für die Reithalle als einfachstes Gebäude in Höhe von 359.830,50 € bekannt gegeben.
Daraufhin hat das FA für den gegenständlichen Schenkungsvertrag mit Bescheid vom 2 % GrESt in Höhe von 25.655,13 € festgesetzt.
Die Bemessungsgrundlage hat sich aus dem EW der l+f Grundstücke in Höhe vom 4.000 € und dem Grundstückswert der übrigen Grundstücke in Höhe von 1,009.289,40 € ergeben, wobei das FA dem bekanntgegebenen Grundstückswert für ***D*** (Grundwert + Gebäudewert/Wohnhaus) den Gebäudewert der Reithalle in Höhe von 359.830,50 € hinzugerechnet hat.
Beschwerde vom
In der Folge vermeint der Notar in einem Mail an das FA vom , bei Berechnung des Grundstückswertes sei insoweit ein Fehler gemacht worden, als für die gesamte Grundfläche von 8.106 m² ein Bodenwert von 2,9069 €/m² angesetzt worden sei, welcher jedoch nur für die bebauten Flächen im Ausmaß von 2.874 m² heranzuziehen gewesen wäre, nicht jedoch für die restliche Fläche. Es sei nicht üblich, dass man bei Grünlandwidmungen eine so große Fläche von rd. 8.100 m² als "Bauland" versteuern müsse. Als Beilage dienten zwei EW Bescheide vom für das Einfamilienhaus und die Reithalle.
Aus diesem Grund hat die Bf. Beschwerde gegen den GrESt-Bescheid vom erhoben. Die Parzelle ***D*** sei als landwirtschaftliche Fläche (Grünland) ausgewiesen. Der im GrESt-Bescheid angegebene Bodenwert von 2,9069 €/m² wäre nur für Bauland heranzuziehen, welches lt. EW Bescheide für das Einfamilienhaus und die Reithalle eine Fläche von zusammen 2.874 m² ausmache.
"Der Ansatz des hochgerechneten dreifachen Bodenwertfür die gesamte Fläche im Ausmaß von 8.106 m², die zum Großteil als Weide genutzt wird, und definitiv kein Bauland darstellt, führt zu einem unrealistischen Grundstückswert."
Beschwerdevorentscheidung (BVE) vom
Über Rückfrage des FA hat sodann am die für die Bewertungsfrage zuständige Mitarbeiterin des Lagefinanzamtes mitgeteilt, für das Grundstück ***D*** liege eine Sonderwidmung RSP (Reitsportanlage) vor. Teile des Grundstückes (bebaut mit Einfamilienhaus und anschließendem Stall) sowie eine Reithalle seien bereits zum Stichtag als Grundvermögen bewertet worden. Aufgrund dieser Tatsache sei das gesamte Grundstück inklusive Gebäude als Grundvermögen bewertet worden. Es lägen keine Gründe für eine Änderung vor.
Daraufhin hat das FA mit BVE vom die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
"Bereits zum wurden Teilflächen des Grdst. ***B*** als Grundvermögen bewertet und zwar: EW-AZ ***Haus***, Einfamilienhaus ***Adr***, mit Grundanteil von 800 m² und EW-AZ ***Halle***, Geschäftsgrundstück Reithalle, mit Grundanteil von 2.074 m². Im März 2019 wurde die Liegenschaft vermessen und ua. aus dem Grundstück ***B*** das Grundstück ***D*** im Ausmaß von 8.106 m² gebildet. Das Grundstück ***D*** besteht aus den wirtschaftlichen Einheiten Einfamilienhaus und Geschäftsgrundstück - insgesamt 2.874 m² - und der nach der Vermessung hinzugekommenen Fläche von 5.232 m². Für die Bewertung einer Liegenschaft sind die Verhältnisse im Zeitpunkt der Entstehung der Steuerschuld maßgebend. Das Lagefinanzamt hat bestätigt, dass sich die Verhältnisse zwischen dem vorausgegangenen Feststellungszeitpunkt und dem Entstehen der Steuerschuld dergestalt geändert haben, dass die Voraussetzungen für eine Nachfeststellung gegeben sind und diese Fläche bereits zum Stichtag des Entstehens der Steuerschuld als Grundvermögen zu bewerten ist. Das gesamte Grundstück ***D*** war daher im Sinne des § 6 Abs. 3 GrEStG als Grundvermögen einzustufen und dem entsprechend der Grundstückswert zu ermitteln."
Am hat die Bf. einen Vorlageantrag mit folgender ergänzenden Begründung gestellt.
"Die in der BVE vom angeführte Begründung baut auf der reinen Vermutung auf, dass die neu hinzugekommene Fläche im Ausmaß von 5.232 m² nicht landwirtschaftlich genutzt wird und daher bewertungsrechtlich als Geschäftsgrundstück einzustufen sei. Tatsächlich betreibt Frau ***BF*** auf dem gesamten Anwesen einen landwirtschaftlichen Betrieb mit Pferdepensionstierhaltung. Bei den beschwerdegegenständlichen Flächen handelt es sich um die Pferdekoppeln (Grünland)."
Mit Bescheid vom , EW-AZ ***Halle***, hat das für die Bewertung zuständige FA betreffend das Grundstück ***D*** zum eine Wert- und Zurechnungsfortschreibung vorgenommen. Diese war aufgrund der Neuvermessung und Schenkung erforderlich, weil eine Änderung der Eigentumsverhältnisse und im Flächenausmaß (Reithalle 2.074 m² + Restfläche 5.232 m² = 7.306 m²) eingetreten ist; Bodenwert und Gebäudewert sind unverändert geblieben. Der EW beträgt nunmehr 75.000 €.
In der Begründung wird ausgeführt: "Da es sich bei der Flächenwidmung der Parzelle ***D*** um Erholungsfläche - Reitsportanlage handelt, war die gesamte Fläche im Grundvermögen zu bewerten."
Dieser EW Bescheid ist in Rechtskraft erwachsen.
Am hat das FA die Beschwerde dem BFG zur Entscheidung vorgelegt.
Das BFG hat daraufhin Einsicht in den Flächenwidmungsplan genommen, woraus die Widmung des Grundstückes ***D*** als Reitsportanlage mit dem Zusatztext "nichtherkömmliche landwirtschaftliche Pferdehaltung mit Reithalle, Einstellboxen, 1 Wohnung" hervorgeht. Eine Internet Recherche in Google Maps zeigt auf dem Grundstück ***D*** zurzeit das Einfamilienhaus samt Pool, einen angebauten Stalltrakt für ca. 10 Pferde samt einem Freilager, die Reithalle und südlich angrenzend die Koppel vermutlich mit aufgebauten Hindernissen.
[...]
II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
1. Rechtsgrundlagen
Die hier maßgeblichen Bestimmungen des Grunderwerbsteuergesetzes, GrEStG 1987 in der Fassung des AbgÄG 2015, BGBl. I 163/2015, lauten:
§ 2 (1) Unter Grundstücken im Sinne dieses Gesetzes sind Grundstücke im Sinne des bürgerlichen Rechtes zu verstehen. …
(3) Bezieht sich ein Rechtsvorgang auf mehrere Grundstücke, die zu einer wirtschaftlichen Einheit gehören, so werden diese Grundstücke als ein Grundstück behandelt. …
§ 4 (1) Die Steuer ist zu berechnen, vom Wert der Gegenleistung (§ 5), mindestens vom Grundstückswert. Bei … Erwerben gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 lit. b und c [hier lit. c =unentgeltlicher Erwerb innerhalb des begünstigten Personenkreises (§ 26a GGG)] ist die Steuer immer vom Grundstückswert zu berechnen. Der Grundstückswert ist entweder
-- als Summe des hochgerechneten (anteiligen) dreifachen Bodenwertes gemäß § 53 Abs. 2 des Bewertungsgesetzes 1955 in der jeweils geltenden Fassung, und des (anteiligen) Wertes des Gebäudes oder
-- in Höhe eines von einem geeigneten Immobilienpreisspiegel abgeleiteten Wertes
zu berechnen.
Der Bundesminister für Finanzen hat … durch Verordnung sowohl die näheren Umstände und Modalitäten für die Hochrechnung des Bodenwert und die Ermittlung des Gebäudewertes als auch den anzuwendenden Immobilienpreisspiegel samt Höhe eines Abschlages festzulegen.
Weist ein Steuerschuldner nach, dass der gemeine Wert des Grundstückes im Zeitpunkt des Entstehens der Steuerschuld geringer ist als der nach der Verordnung ermittelte Grundstückswert, gilt der geringere gemeine Wert als Grundstückswert.
(2) Abweichend von Abs. 1 ist bei den nachstehend angeführten Erwerbsvorgängen [hier Z 1 =innerhalb des begünstigten Personenkreises] betreffend l+f Grundstücke ist die Steuer vom EW (§ 6) zu berechnen.
Die Grundstückswertverordnung (GrWV), BGBl. II 2015/442, bestimmt im Sinne des § 4 Abs. 1 GrEStG 1987 für das hier maßgebliche Pauschalwertmodell:
§ 2 GrWV
(1) Je nach Beschaffenheit der wirtschaftlichen Einheit, für die der Grundstückswert zu ermitteln ist, ist entweder nur der Grundwert (Abs. 2), nur der Gebäudewert (Abs. 3) oder beides zu berechnen.
(2) Berechnung des Grundwertes:
1. Für den (anteiligen) dreifachen Bodenwert ist die Grundfläche mit dem dreifachen Bodenwert pro Quadratmeter zu multiplizieren. Für den Bodenwert pro Quadratmeter ist jener Wert maßgebend, der auf den dem Erwerbsvorgang unmittelbar vorausgegangenen Feststellungszeitpunkt festgestellt wurde; § 6 Abs. 3 GrEStG 1987 ist anzuwenden. …
2. Der (anteilige) dreifache Bodenwert ist mit den Faktoren hochzurechnen, die in der Anlage je Gemeinde, in Gemeinden über 100.000 Einwohnern (Stichtag ) für einen oder mehrere Bezirke bzw. Stadtteile festgelegt werden.
Das Bewertungsgesetz (BewG) 1955 bestimmt:
§ 21 BewG 1955 Fortschreibung
(1) Der EW wird neu festgestellt,
1. Wenn der gemäß § 25 abgerundete Wert, der sich für den Beginn des Kalenderjahres ergibt, a) bei wirtschaftlichen Einheiten des l+f Vermögens …
b) bei den übrigen wirtschaftlichen Einheiten und Untereinheiten des Grundbesitzes entweder um mehr als ein Zehntel … von dem zum letzten Feststellungszeitpunkt festgestellten EW abweicht (Wertfortschreibung) oder …
(4) Allen Fortschreibungen einschließlich der Fortschreibung auf Grund einer Änderung der steuerlichen Zurechnung des Bewertungsgegenstandes (Zurechnungsfortschreibung) sind die Verhältnisse bei Beginn des Kalenderjahres zugrundezulegen, das auf die Änderung folgt.
Gemäß § 53 Abs. 2 Satz 1 BewG 1955 ist als Bodenwert der Wert maßgebend, mit dem der Grund und Boden allein als unbebautes Grundstück gemäß § 55 zu bewerten wäre (=gemeiner Wert). Dabei sind insbesondere die Lage und die Form des Grundstückes sowie alle anderen den gemeinen Wert von unbebauten Grundstücken beeinflussenden Umstände zu berücksichtigen. Der Wert jener Fläche, die das Zehnfache der bebauten Fläche nicht übersteigt, ist um 25 % zu kürzen.
Gemäß dem Oö. Raumordnungsgesetz, § 30 Abs. 1 Oö. ROG 1994, sind alle nicht als Bauland oder Verkehrsflächen gewidmete Flächen als Grünland zu widmen.
Nach Abs. 2 dieser Bestimmung sind Flächen des Grünlandes, die nicht für die L+F bestimmt sind und nicht zum Ödland gehören, im Flächenwidmungsplan gesondert zu widmen.
Nach Abs. 3 sind im Grünland - je nach Erfordernis - insbesondere folgende Widmungen auszuweisen:
1. größere Erholungsflächen für Erholungs- oder Sportanlagen wie Parkanlagen, Spiel- und Liegewiesen, Sport- und Spielflächen, Freibäder, Campingplätze Tennishallen, Golfplätze, Reitsportanlagen, Wintersportanlagen einschließlich der Schipisten sowie Gaststätten und Schutzhütten; …
Nach § 186 Bundesabgabenordnung (BAO) sind unbeschadet anderer gesetzlicher Anordnungen die EW für wirtschaftliche Einheiten oder Untereinheiten im Sinn des BewG gesondert festzustellen, wenn und soweit diese Feststellung für die Geltendmachung von Abgabenansprüchen von Bedeutung ist (Abs. 1).
Mit der Feststellung des EW sind Feststellungen über die Art des Gegenstandes der Feststellung zu verbinden (Abs. 3).
In einem Feststellungsbescheid enthaltene Feststellungen, die für … Abgabenbescheide von Bedeutung sind, werden gemäß § 192 BAO diesen Bescheiden zugrunde gelegt, auch wenn der Feststellungsbescheid noch nicht rechtskräftig ist.
Gemäß § 193 Abs. 1 BAO ist … in den Fällen einer amtswegigen Fortschreibung auf den 1. Jänner des Jahres, an dem die Voraussetzungen für eine Fortschreibung erstmals vorliegen, ein Fortschreibungsbescheid zu erlassen. Dadurch tritt der dem Fortschreibungsbescheid zugrundeliegende Bescheid über den EW einer wirtschaftlichen Einheit (Untereinheit) mit Wirkung ab dem Fortschreibungszeitpunkt insoweit außer Kraft, als der Fortschreibungsbescheid von dem zugrundeliegenden Bescheid in seiner zuletzt maßgeblichen Fassung abweicht.
2. Beweiswürdigung
Der Sachverhalt ergibt sich unbedenklich aus den vom FA elektronisch vorgelegten Aktenteilen, ErfNr. ***ErfNr***, und insbesondere auch aus dem nachgereichten EW Bescheid vom , EW-AZ ***Halle***.
3. Rechtliche Beurteilung
Bei unentgeltlichen Erwerben innerhalb des begünstigten Personenkreises ist die Steuer grundsätzlich vom Grundstückswert zu berechnen; betreffend l+f Grundstücke jedoch vom EW.
Einziger Streitpunkt ist gegenständlich die Frage, ob sich die GrESt auch für die als Grünland gewidmete und als Pferdekoppel genutzte Fläche im Ausmaß von 5.232 m² vom Grundstückswert bemisst.
Bei der Ermittlung des Grundstückswerts stellt immer die wirtschaftliche Einheit die kleinstmögliche Bewertungseinheit dar. Nach der ständigen Rechtsprechung des VwGH ist für das Vorliegen einer wirtschaftlichen Einheit im Sinne des § 2 Abs. 1 BewG die gemeinsame wirtschaftliche Zweckbestimmung maßgebend. Diese ist nach der Verkehrsanschauung zu beurteilen. Bei bebauten und unbebauten Grundstücken wird in der Regel jedes Grundstück eine wirtschaftliche Einheit bilden.
Allerdings haben die Lagefinanzämter über die wirtschaftlichen Einheiten in einer auch für GrESt Zwecke bindenden Weise nach den Vorschriften des BewG abzusprechen. (vgl. 1599, 1600/70). Die Bindungswirkung eines EW Bescheides schließt alle Elemente des Spruches ein. Die abzuleitenden Bescheide haben demnach nicht nur von den verbindlich festgestellten Wertgrößen, sondern auch von den weiteren Feststellungen, insbesondere von denen über die Art des Gegenstandes, also über die Vermögensart, die Art der wirtschaftlichen Einheit, die Qualifizierung als Untereinheit und über die Zurechnungsträger auszugehen (vgl. Fellner, Gebühren und Verkehrsteuern II, GrESt, § 6 Rz 4 unter Hinweis auf ).
Was als wirtschaftliche Einheit anzusehen ist und welche Vermögensart vorliegt, ist somit nach den Vorschriften des BewG zu beurteilen. Hierbei ist die Abgabenbehörde an die im Bewertungsverfahren getroffenen Feststellungen des Lagefinanzamtes gebunden.
Das Lagefinanzamt hat unter dem EW-AZ ***Halle*** mit Bescheid vom für das Geschäftsgrundstück Reithalle im Ausmaß von 2.074 m² erstmals einen EW in Höhe von 63.400 € festgestellt (Nachfeststellung zum ), da durch die Fertigstellung der Reithalle eine neue wirtschaftliche Einheit gegründet wurde.
Durch die Vermessung (neu gebildetes GSt-Nr. ***D***) und Schenkung vom sind für diese wirtschaftliche Einheit die Voraussetzungen für eine Wert- und Zurechnungsfortschreibung nach bewertungsrechtlichen Vorschriften (§ 21 BewG) eingetreten. In diesem Fall ist gemäß § 193 Abs. 1 BAO auf den 1. Jänner des Jahres, an dem die Voraussetzungen für die Fortschreibung erstmals vorliegen, ein Fortschreibungsbescheid zu erlassen.
Folglich hat das Lagefinanzamt unter der EW-AZ ***Halle*** mit Bescheid vom eine Wert- und Zurechnungsfortschreibung zum vorgenommen. Dabei hat das Lagefinanzamt die auf dem neu gebildeten Grundstück ***D*** befindliche Koppel im Ausmaß von 5.232 m² der wirtschaftlichen Einheit Reithalle zugeschlagen und die gesamte Fläche im Ausmaß von 7.306 m² im Grundvermögen mit einem Bodenwert von 2,9069 €/m² bewertet, "da es sich lt. Flächenwidmung bei dem Grundstück ***D*** um eine Reitsportanlage handelt". Der EW beträgt nunmehr 75.000 €. Dieser Fortschreibungsbescheid im Sinne des § 193 Abs. 1 BAO ist nach Auskunft der zuständigen Sachbearbeiterin in Rechtskraft erwachsen; nach § 192 BAO wäre aber auch schon ein noch nicht rechtskräftiger Feststellungsbescheid bindend.
Im Bewertungsverfahren hat das Lagefinanzamt somit zweifelsfrei die wirtschaftliche Einheit Reithalle plus Koppel gebildet und insgesamt dem Grundvermögen zugerechnet und entfaltet diese Feststellung jedenfalls Bindungswirkung für GrESt Zwecke (vgl. nochmals ). Auch das BFG hat bei einem in der Sache ergehenden Erkenntnis im Sinne des § 192 BAO die Feststellungen zugrunde zu legen, die zum Zeitpunkt der Erlassung des Erkenntnisses dem Rechtsbestand angehören ().
Dies bedeutet, dass im Rahmen des Pauschalwertmodells der Grundwert auch für die strittige Fläche der Koppel vom hochgerechneten dreifachen Bodenwert gemäß § 53 BewG zu errechnen war; einen geringeren gemeinen Wert für die wirtschaftliche Einheit hat die Bf. nicht nachgewiesen. Das FA hat somit die GrESt für den Schenkungsvertrag vom richtig bemessen.
Das Vorbringen der Bf., die Koppel werde landwirtschaftlich genutzt, ist somit einerseits unbeachtlich, da die Frage, ob ein Grundstück ein l+f ist, ausschließlich davon abhängt, ob es im Bewertungsverfahren seiner Art nach als l+f Grundstück zu qualifizieren ist (siehe oben) und andererseits rechnet das Oö. ROG Reitsportanlagen ausdrücklich zu den Flächen des Grünlandes, "die nicht für die L+F bestimmt sind" und geht der Flächenwidmungsplan von einer "nichtherkömmlichen" landwirtschaftlichen Pferdehaltung aus.
Nicht zuletzt erscheint es in Anbetracht von einschlägigen Bestimmungen, welche für Pferde eine ausreichende Bewegungsmöglichkeit wie freien Auslauf, sportliches Training oder eine vergleichbare Bewegungsmöglichkeit vorsehen, auch nach der Verkehrsanschauung nicht abwegig, dass auf einem Reiterhof eine Reithalle und die angrenzende Koppel eine gemeinsame wirtschaftliche Zweckbestimmung haben.
Die Beschwerde war daher als unbegründet abzuweisen.
4. Revision
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Da im gegenständlichen Fall die Rechtslage nach den in Betracht kommenden Normen klar und eindeutig ist, liegt keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vor.
Linz, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 4 Abs. 1 GrEStG 1987, Grunderwerbsteuergesetz 1987, BGBl. Nr. 309/1987 § 2 GrWV, Grundstückswertverordnung, BGBl. II Nr. 442/2015 § 21 BewG 1955, Bewertungsgesetz 1955, BGBl. Nr. 148/1955 § 53 Abs. 2 Satz 1 BewG 1955, Bewertungsgesetz 1955, BGBl. Nr. 148/1955 § 193 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 192 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 186 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 30 Abs. 1 Oö. ROG 1994, Oö. Raumordnungsgesetz 1994, LGBl. Nr. 114/1993 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2022:RV.5100500.2022 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at