Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 16.12.2022, RV/7103240/2022

Heranziehung des Kindesvaters betr. Rückzahlung des Zuschusses zum Kinderbetreuungsgeld nach Billigkeit nur zu 26%

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Mag. Regina Vogt in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Pelzmann Gall Größ Rechtsanwälte GmbH, Wagramer Straße 19 Tür 33, 1220 Wien, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Rückzahlung ausbezahlter Zuschüsse zum Kinderbetreuungsgeld 2014 Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:

I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.

Der Zuschuss zum Kinderbetreuungsgeld ist i.H. von 685,39 € zurückzuzahlen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Der Beschwerdeführer (Bf.) ist Vater des Kindes ***1***, geb. am ***3***.

Zu diesem Zeitpunkt waren sowohl er als auch die Kindesmutter und das Kind an der gleichen Wohnadresse mit Hauptwohnsitz gemeldet. Seine Meldung war bis inkl. aufrecht.

Er war mit der Kindesmutter nicht verheiratet.

Am wurde an den Bf. eine Erklärung betr. Einkommen für das 2014 gem. § 23 KBGG versendet und darin folgende Daten bereits vorausgefüllt zur Überprüfung durch den Bf. mitgeteilt:

Ausbezahlter Zuschuss zum Kinderbetreuungsgeld: 2.636,10 €,

Einkünfte des Bf.: 10.424,73 €,

Einkünfte der Kindesmutter: 29.716,54.

Der Bf. retournierte die Erklärung am mit dem Hinweis, dass lt. Auskunft der NÖGKK der Zuschuss von der Kindesmutter bereits vollständig zurückgezahlt worden und keine Forderung mehr offen sei.

Mit Bescheid über die Rückzahlung ausbezahlter Zuschüsse zum Kinderbetreuungsgeld für das Jahr 2014 vom wurde dem Bf. ein Rückzahlungsbetrag von 2.636,10 € vorgeschrieben.

Die Abgabe wurde wie folgt berechnet:

Bf.:

Einkommen (§ 2 Abs 2 EStG 1988)....................................... 10.424,73 €

+ Steuerfreie Einkünfte (§ 3 Abs 1 Z 5 lit. a,c,d EStG 1988)..., 0,00 €

+ Übertragungsrücklage.................................................... 0,00 €

+ 40 % des EW des land- u. forstwirtschaftlichen Vermögens0,00 €

+ 10 % des Gewinnes aus Gewerbebetrieb.......................... 0,00 €

10.424,73 €

***2***

Einkommen (§ 2 Abs 2 EStG 1988)....................................... 29.716,54 €

+ Steuerfreie Einkünfte (§ 3 Abs 1 Z 5 lit. a,c,d EStG 1988)..., 0,00 €

+ Übertragungsrücklage.................................................... 0,00 €

+ 40 % des EW des land- u. forstwirtschaftlichen Vermögens 0,00 €

+ 10 % des Gewinnes aus Gewerbebetrieb.......................... 0,00 €

29.716,54 €

Gesamteinkommen im Sinne des § 19 KBGG 40.141,27 €

Abgabe gem. § 19 Abs. 1 KBGG 7% von € 40.141,27

Abgabe................................................................. 2.809,89 €

Abgabe……………………………………………………………. 2.636,10 €

Als Begründung wurde folgendes ausgeführt:

Für Ihr Kind ***1*** wurden Zuschüsse zum Kinderbetreuungsgeld ausbezahlt.

"Gemäß § 18 Abs 1 Z 2 KBGG sind im Rahmen des Gesamtschuldverhältnisses beide (Ehe)Partner zur Rückzahlung des Zuschusses verpflichtet. Bei einer Gesamtschuld lieqt es im Ermessen der Behörde, wemund in welchem Ausmaß die Abgabe vorgeschrieben wird.

Im Jahr 2014 wurden die für die Rückzahlung des Zuschusses maßgeblichen Einkommensgrenzengemäß § 19 Abs 1 Z 2 KBGG überschritten. Die Behörde hat nach Billigkeit und Zweckmäßigkeitunter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände Sie auf Grund Ihrer Einkommensverhältnisse und der Tragung der mit der Haushaltszugehörigkeit des Kindes verbundenen Lasten durchden anderen Elternteil zur Rückzahlung herangezogen. "

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde vom , in der der Bf nochmals darauf verwies, dass lt. Auskunft der NÖGKK der Zuschuss zur Gänze zurückgezahlt worden sei.

Die Beschwerde wurde mit Beschwerdevorentscheidung vom als unbegründet abgewiesen. Die Begründung lautete:

"Für Ihren Sohn ***1***, geboren am ***3***, wurden im Zeitraum 24.0ktober 2007 bis

Kinderbetreuungsgeld sowie Zuschüsse zum Kinderbetreuungsgeld von der

Wiener Gebietskrankenkasse (nunmehr Österreichische Gesundheitskasse) ausbezahlt.

Für den Zuschuss zum Kinderbetreuungsgeld für den Zeitraum 1.Jänner bis 31.Dezember 2009

erfolgte die Rückforderung von der WGKK (nunmehr ÖGK).

Der offene Differenzbetrag von €2.636,10 verblieb zur Rückzahlung an das Finanzamt, sobald dieEinkommensgrenze des §19 KBGG überschritten wird.

Dieser Betrag wurde wie folgt ausbezahlt: €418,14 im Zeitraum 24.0ktober bis 31.Dezember

2007 und €2.217,96 im Zeitraum 1.Jänner bis 31.Dezember 2008.

Im Jahr 2014 wurden die für die Rückzahlung des Zuschusses maßgeblichen Einkommensgrenzengemäß §19 Abs 1 Z2 KBGG überschritten.

Auf Basis eines Gesamteinkommens im Sinne des §19 KGBB in Höhe von € 40.141,27 wurde eineAbgabe in Höhe von € 2.636,10 errechnet.

Gemäß §18 Abs 1 Z 2 KBGG sind im Rahmen des Gesamtschuldverhältnisses beide (Ehe)Partnerzur Rückzahlung des Zuschusses verpflichtet.

Da laut Mitteilung der zuständigen Krankenkasse in Ihrem Fall der Rückzahlungsgrund des §18

Abs 1 Z 2 KGBB vorliegt, erfolgte die Aufforderung zur Rückzahlung des Betrages von € 2.636,10zu Recht.

Das Kompetenzzentrum der ÖKG meldet ausschließlich jene Zuschussbeträge zum

Kinderbetreuungsgeld an die Finanzbehörde, welche NICHT bereits durch eine

Gebietskrankenkasse zurückgefordert wurden. Somit sind Doppelrückzahlungen ausgeschlossen."

Am stellte der nunmehr vertretene Bf. einen Vorlageantrag an das Bundesfinanzgericht, der wie folgt begründet wurde:

Der Bf. und die Kindesmutter seien damals nicht und auch dzt. nicht verheiratet (gewesen).

Der Bescheid ist aus mehreren Gründen zu Unrecht ergangen:

1. Laut der beiliegenden Bestätigung der ÖGK war die ausbezahlte Leistung von der

ÖGK nicht zurückzufordern (Beilage ,/l).

2. Mangels Übergangsvorschriften sind die bereits außer Kraft getretenen Normen über

die Rückzahlung von Zuschüssen - §§ 18 f KBGG - nicht auf den gegenständlichen

Sachverhalt anwendbar und bilden daher keine taugliche Rechtsgrundlage für eine

Rückforderung.

3. Zudem sind nach § 49 Abs 23 KBGG "Abgaben im Sinne des § 18 in der Fassung vor

dem Bundesgesetz BGBL I Nr. 116/2009, für die der Abgabenanspruch gemäß § 21

in der Fassung vor dem Bundesgesetz BGBl. INr. 116/2009 mit Ablauf des Kalenderjahres 2015 oder 2016 entstanden ist, [...] nicht festzusetzen; im Fall der bereits erfolgten Festsetzung ist von Amts wegen der Festsetzungsbescheid aufzuheben und

der festgesetzte Betrag zurückzuzahlen."

§ 49 Abs 23 KBGG idgF steht der Auferlegung einer Rückzahlungsverpflichtung im

konkreten Fall daher jedenfalls entgegen.

4. Schließlich wäre ein allfälliger Rückforderungsanspruch auch verjährt, zumal der allfällige Anspruch spätestens mit Ablauf des Jahres 2014 entstanden ist (§ 21 KBGG

idFd Jahre 2007 und 2008) und bis zur Festsetzung mehr als fünf Jahre verstrichensind.

Über Ersuchen des Bundesfinanzgerichtes legte der Bf. Auszüge aus FinanzOnline vor, wonach er sowohl 2014 als auch 2020 ausschließlich Arbeitslosengeld bezogen habe, und zwar 2014 10.424,73 € und 2020 12.265,27 €.

Lt. Mitteilung der ÖGK erging an die Kindesmutter folgende Mitteilung:

Wir bestätigen, dass für das Kalenderjahr 2007, Zeitraum bis (69 Tage) derZuschuss zum Kinderbetreuungsgeld in der Höhe von EUR 418,14 bezogen wurde und die ausbezahlte Leistung von der ÖGK bescheidmäßig nicht zurückzufordern war.

Wir bestätigen, dass für das Kalenderjahr 2008, Zeitraum bis (366 Tage)erZuschuss zum Kinderbetreuungsgeld in der Höhe von EUR 2.217,96 bezogen wurde und die ausbezahlte Leistung von der ÖGK bescheidmäßig nicht zurückzufordern war.

Wir bestätigen, dass für das Kalenderjahr 2009, Zeitraum bis (365 Tage),der ausbezahlte Zuschuss zum Kinderbetreuungsgeld in der Höhe von EUR 2.211,90 bezogenwurde. Die zu Unrecht bezogene Leistung (rechtskräftiger Bescheid/rechtskräftiges Urteil) wurde von der ÖGK zurückgefordert.

Die Rückforderung wurde zur Gänze beglichen."

Lt. Ermittlungen des Bundesfinanzgerichtes erzielte die Kindesmutter im Jahr 2020 steuerpflichtige Einkünfte i.H. von 36.427,91 €.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhalt

Der Bf. ist Vater des am ***3*** geborenen Kindes ***1***. Zu diesem Zeitpunkt waren alle drei Familienmitglieder an der gleichen Adresse mit Hauptwohnsitz gemeldet.

Der Bf. war dort bis gemeldet.

Der Bf. und die Kindesmutter waren und sind nicht verheiratet.

Im Jahr 2014 lebten sie bereits getrennt.

Die Kindesmutter bezog folgende Zuschüsse zum Kinderbetreuungsgeld:

bis (69 Tage): 418,14 €

bis (366 Tage): 2.217,96 €

bis (365 Tage): 2.211,90 €. Diese Leistung wurde als "zu Unrecht bezogene Leistung" von der ÖGK zurückgefordert und beglichen.

Der Bf. erhielt im Jahr 2014 Arbeitslosengeld i.H. von 10.424,73 € und im Jahr 2020 Arbeitslosengeld i.H. von 12.265,27 €.

Die Kindesmutter erzielte im Jahr 2014 ein Einkommen gem. § 19 KBGG i.H. von 29.716,54 € und 2020 steuerpflichtige Einkünfte i.H. von € 36.427,91.

Im Jahr 2014 erzielten der Bf. und die Kindesmutter ein Gesamteinkommen im Sinne des § 19 KBGG von insges. 40.141,27 €.

Am wurde an den Bf. eine Erklärung betr. Einkommen für das 2014 gem. § 23 KBGG versendet.

Beweiswürdigung

Beweis wurde aufgenommen durch Einsicht in den von der belangten Behörde vorgelegten Verwaltungsakt und weitere Ermittlungen durch das Bundesfinanzgericht, wie in den Entscheidungsgründen dargelegt.

Rechtliche Beurteilung

Zu Spruchpunkt I.

§ 9 Kinderbetreuungsgeldgesetz (KBGG) idF BGBl. I Nr. 76/2007 lautet:

(1) Anspruch auf Zuschuss zum Kinderbetreuungsgeld haben

1. alleinstehende Elternteile (§ 11),

2. verheiratete Mütter oder verheiratete Väter nach Maßgabe des § 12,

3. nicht alleinstehende Mütter oder Väter nach Maßgabe des § 13 und

4. Frauen oder Männer, die allein oder gemeinsam mit dem anderen Elternteil ein Kind, welches das dritte Lebensjahr noch nicht vollendet hat, an Kindes statt angenommen oder in Pflege genommen haben, nach Maßgabe der §§ 11, 12 oder 13.

(2) Voraussetzung für den Anspruch auf Zuschuss zum Kinderbetreuungsgeld ist, dass ein Anspruch auf Auszahlung des Kinderbetreuungsgeldes besteht. § 4 Abs. 2 gilt sinngemäß auch für den Zuschuss.

(3) Ausgeschlossen vom Zuschuss sind Personen, deren maßgeblicher Gesamtbetrag der Einkünfte (§ 8) einen Grenzbetrag von 16.200 Euro übersteigt.

(4) Auf den Anspruch auf Zuschuss zum Kinderbetreuungsgeld kann verzichtet werden, wodurch sich der Anspruchszeitraum (§ 8) um den Zeitraum des Verzichtes verkürzt. Die §§ 2 Abs. 5 und 5 Abs. 6 gelten sinngemäß.

§ 18 KBGG idF VOR BGBl. I Nr. 116/2009 lautet:

(1) Eine Rückzahlung ausbezahlter Zuschüsse zum Kinderbetreuungsgeld haben zu leisten:

………………..

2. Die Eltern des Kindes, wenn an einen der beiden Elternteile ein Zuschuss gemäß § 9 Abs. 1 Z 2, 3 oder 4 ausbezahlt wurde.

……………………..

(2) Leben die Eltern in den Fällen des Abs. 1 Z 2 im Zeitpunkt der Entstehung des Abgabenanspruchs (§ 21) dauernd getrennt, so ist die Rückzahlung bei den Elternteilen insoweit zu erheben, als dies bei dem jeweiligen Elternteil billig ist. Dabei ist insbesondere auf die jeweiligen Einkommensverhältnisse der Elternteile sowie auf die Tragung der mit der Haushaltszugehörigkeit des Kindes verbundenen Lasten Bedacht zu nehmen.

(3) Die Rückzahlung ist eine Abgabe im Sinne des § 1 der Bundesabgabenordnung (BAO), BGBl. Nr. 194/1961.

§ 19 KBGG lautet:

(1) Die Abgabe beträgt jährlich

………………………

2. in den Fällen des § 18 Abs. 1 Z 2 bei einem Gesamteinkommen der beiden Elternteile von

mehr als 35 000 € ...................................... 5%

mehr als 40 000 € ...................................... 7%

mehr als 45 000 € ...................................... 9%

des Einkommens.

(2) Als Einkommen für Zwecke der Rückzahlung ausbezahlter Zuschüsse zum Kinderbetreuungsgeld gilt das Einkommen gemäß § 2 Abs. 2 EStG 1988 zuzüglich steuerfreier Einkünfte im Sinne des § 3 Abs. 1 Z 5 lit. a bis d EStG 1988 und Beträge nach den §§ 10 und 12 EStG 1988, soweit sie bei der Ermittlung des Einkommens abgezogen wurden……….

Gemäß § 20 KBGG ist die Abgabe im Ausmaß des Zuschusses, der für den jeweiligen Anspruchsfall ausbezahlt wurde, zu erheben.

Nach § 21 KBGG entsteht der Abgabenanspruch mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Einkommensgrenze gemäß § 19 erreicht wird, frühestens mit Ablauf des Kalenderjahres der Geburt des Kindes, letztmals mit Ablauf des auf die Geburt des Kindes folgenden 7. Kalenderjahres.

Gemäß § 22 KBGG obliegt die Erhebung der Abgabe in den Fällen des § 18 Abs. 1 Z 1 und 3 dem für die Erhebung der Abgaben vom Einkommen zuständigen Finanzamt des Elternteiles, in den Fällen des § 18 Abs. 1 Z 2 dem für die Erhebung der Abgaben vom Einkommen des Vaters des Kindes, nach dem Tod des Vaters dem für die Erhebung der Abgaben vom Einkommen der Mutter des Kindes zuständigen Finanzamt.

Nach § 30 Abs. 2 KBGG ist die Zuerkennung zu widerrufen oder die Bemessung rückwirkend zu berichtigen, wenn sich die Zuerkennung oder die Bemessung einer Leistung nach diesem Bundesgesetz nachträglich als gesetzlich nicht begründet herausstellt.

§ 31 Abs. 1 und Abs. 2 KBGG lauten:

(1) Bei Einstellung, Herabsetzung, Widerruf oder Berichtigung einer Leistung ist der Leistungsbezieher zum Ersatz des unberechtigt Empfangenen zu verpflichten, wenn er den Bezug durch unwahre Angaben oder durch Verschweigung maßgebender Tatsachen herbeigeführt hat oder wenn er erkennen musste, dass die Leistung nicht oder nicht in dieser Höhe gebührte.

(2) Die Verpflichtung zum Ersatz der empfangenen Leistung besteht auch dann, wenn rückwirkend eine Tatsache festgestellt wurde, bei deren Vorliegen kein Anspruch besteht oder die zur Ermittlung des maßgeblichen Gesamtbetrages der Einkünfte (§ 8) erforderliche Mitwirkung trotz Aufforderung innerhalb angemessener Frist verweigert wird. Der Empfänger einer Leistung nach diesem Bundesgesetz ist auch dann zum Ersatz des unberechtigt Empfangenen zu verpflichten, wenn sich ohne dessen Verschulden auf Grund des von der Abgabenbehörde an die Niederösterreichische Gebietskrankenkasse übermittelten Gesamtbetrages der Einkünfte ergibt, dass die Leistung nicht oder nicht in diesem Umfang gebührt hat.

§ 49 Abs. 22 und Abs. 23 KBGG lauten:

(22) § 1, die Überschrift des Abschnitts 2, §§ 3a Abs. 3, §§ 5 Abs. 4a und b, 5c, 7 Abs. 3 und 4, Abschnitt 5 samt Überschrift, die Überschrift des Abschnitts 5a, §§ 25 und 25a, § 26a und 33 Abs. 5 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBI. I Nr. 116/2009 treten mit in Kraft und sind auf Geburten nach dem anzuwenden, sofern 2009 kein Antrag auf Kinderbetreuungsgeld für Zelträume nach dem und vor dem gestellt worden ist; wird 2010 rückwirkend Kinderbetreuungsgeld für Zeiträume zwischen und beantragt, so besteht kein Anspruch auf Auszahlung von Kinderbetreuungsgeld für diese Zeiträume.

(23) Die §§ 1, 8 Abs. 2, 8a, Abschnitt 3. und 4, §§ 24 und 25 jeweils in der Fassung BGBI. I Nr. 24/2009 treten mit Ablauf des außer Kraft, sind jedoch auf Geburten bis weiter anzuwenden. Letzteres gilt nur, sofern kein Anwendungsfall des Abs. 22 vorliegt.

In § 49 Abs. 23 KBGG wurde mit BGBl. I Nr. 111/2020 (Inkrafttreten ) folgender Satz angefügt:

"Abgaben im Sinne des § 18 in der Fassung vor dem Bundesgesetz BGBl. I Nr. 116/2009, für die der Abgabenanspruch gemäß § 21 in der Fassung vor dem Bundesgesetz BGBl. I Nr. 116/2009 mit Ablauf des Kalenderjahres 2015 oder 2016 entstanden ist, sind nicht festzusetzen; im Fall der bereits erfolgten Festsetzung ist von Amts wegen der Festsetzungsbescheid aufzuheben und der festgesetzte Betrag zurückzuzahlen."

Nach § 6 Abs. 1 BAO sind Personen, die nach Abgabenvorschriften dieselbe abgabenrechtliche Leistung schulden, Gesamtschuldner (Mitschuldner zur ungeteilten Hand, § 891 ABGB). Nach Abs. 2 sind Personen, die gemeinsam zu einer Abgabe heranzuziehen sind, ebenfalls Gesamtschuldner.

Gemäß § 20 BAO müssen Entscheidungen, die die Abgabenbehörden nach ihrem Ermessen zu treffen haben (Ermessensentscheidungen), sich in den Grenzen halten, die das Gesetz dem Ermessen zieht. Innerhalb dieser Grenzen sind Ermessensentscheidungen nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände zu treffen.

Das Recht, eine Abgabe festzusetzen, unterliegt nach § 207 Abs. 1 BAO der Verjährung. Die Verjährungsfrist in Bezug auf den Zuschuss zum Kinderbetreuungsgeld beträgt nach § 207 Abs. 2 BAO fünf Jahre, wobei sich die Verjährungsfrist um ein Jahr verlängert, wenn innerhalb der Verjährungsfrist nach außen erkennbare Amtshandlungen zur Geltendmachung des Abgabenanspruches oder zur Feststellung des Abgabepflichtigen von der Abgabenbehörde unternommen werden (§ 209 Abs. 1 BAO).

Die gesetzgeberische Intention hinter dem Kinderbetreuungsgeldgesetz ist die Schaffung eines Ausgleichs für entgehende Verdienstmöglichkeiten des betreuenden Elternteils ( und zum unterhaltsrechtlichen Aspekt auch G 9/09 u.a.).

Wenn der Bf. vermeint, die §§ 18 und folgende KBGG seien auf den gegenständlichen Sachverhalt nicht anwendbar, da sie nicht mehr im Rechtsbestand seien so ist auf die ausdrückliche gesetzliche Bestimmung des § 49 Abs. 23 zu verweisen, wonach §§ 1, 8 Abs. 2, 8a, Abschnitt 3. und 4, §§ 24 und 25 jeweils in der Fassung BGBI. I Nr. 24/2009 mit Ablauf des außer Kraft getreten sind, jedoch auf Geburten bis weiter anzuwenden sind. Da der Sohn des Bf. am ***3*** geboren ist, ist der angefochtenen Bescheid zu Recht auf Grund der weiterhin anzuwendenden Rechtsvorschriften ergangen.

Der Zuschuss zum Kinderbetreuungsgeld ist seinem Wesen nach einem Kredit vergleichbar, der bei Überschreiten der im Gesetz definierten Einkommensgrenzen zurückzuzahlen ist (auf diesen Umstand wird bereits im Antrag hingewiesen). Endgültig wird die Bewilligung des Zuschusses erst dann, wenn innerhalb des in § 21 KBGG bestimmten Zeitraumes das maßgebliche Einkommen iSd § 19 Abs. 2 KBGG unter der jeweiligen niedrigsten Einkommensgrenze des § 19 Abs. 1 Z 1 und 2 KBGG liegt ().

Dass der Bf. weder im Zeitpunkt der Gewährung des Zuschusses noch im Zeitpunkt der Entstehung des Abgabenanspruches bzw. Bescheiderlassung mit der Kindesmutter verheiratet war, ist nicht von Bedeutung (§ 9 Abs. 1 Zif. 3 und § 18 Abs. 2 KBGG).

Auch führt der Bf. weder in der Beschwerde noch im Vorlageantrag näher aus, welche rechtliche Konsequenz dieser Umstand seiner Meinung nach auf die Bescheiderlassung haben soll.

Als zum Zeitpunkt des Bezuges des Zuschusses nicht alleinstehend ist ein Elternteil des Kindes anzusehen, der mit dem anderen Elternteil des Kindes nach den Vorschriften des Meldegesetzes an derselben Adresse angemeldet ist oder anzumelden wäre.

Laut Abfrage aus dem Zentralen Melderegister waren der Bf. und die Kindesmutter bis an der gleichen Adresse gemeldet, somit im Zeitpunkt der Gewährung der Zuschüsse nicht alleinstehend.

Der Abgabenanspruch entsteht gem. § 21 KBGG mit Ablauf des Jahres, in dem die Einkommensgrenze des § 19 erstmals überschritten wird.

Die Höhe der relevanten Einkünfte im Jahr 2014, 10.424,73 € von seiner Seite und 29.716,54 € von seiten der Kindesmutter, wurde dem Bf. mitgeteilt und keine Einwendungen dagegen erhoben. Mit einem Gesamteinkommen von 40.141,27 € im Jahr 2014 wurde somit die lt. § 19 KBGG maßgebliche Einkommensgrenze überschritten und ist daher der Abgabenanspruch im Jahr 2014 entstanden.

Der Bf. wendet weiters Verjährung ein. Dazu ist folgendes auszuführen:

Lt. § 18 Abs. 3 KBGG handelt es sich bei der Rückzahlung um eine Abgabe im Sinne des § 1 der Bundesabgabenordnung (BAO), BGBl. Nr. 194/1961.

Darauf sind die Verjährungsbestimmungen der §§ 207 bis 209 BAO anzuwenden.

Der Verwaltungsgerichtshof hat im Erkenntnis vom , Ra 2017/13/0065, ausgesprochen: "Die Aufforderung des Finanzamtes an einen Elternteil, eine vorausgefüllte Erklärung des Einkommens gemäß § 23 Kinderbetreuungsgeldgesetz für ein bestimmtes Jahr genau zu prüfen, allenfalls zu berichtigen oder zu ergänzen und unterschrieben an das Finanzamt zurückzuschicken, verlängert nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die Verjährungsfrist hinsichtlich jener Abgaben, auf die das Schreiben Bezug nimmt (vgl. Ritz, BAO6, § 209 Tz 22 f, mwN)."

Die Erklärung gem. § 23 KBGG wurde am an den Bf. versendet und am an die belangte Behörde retourniert.

Durch den Erklärungsversand vor Ablauf der Verjährungsfrist am verlängerte sich das Recht, die Abgabe festzusetzen gem. § 207 Abs. 2 BAO um ein Jahr, somit bis . Der Bescheid vom ist daher innerhalb der gesetzlichen Verjährungsfrist ergangen.

Der Bf. verweist darüber hinaus auf den § 49 Abs. 23 KBGG mit Geltung ab angefügten letzten Satz, der folgendermaßen lautet:

"Abgaben im Sinne des § 18 in der Fassung vor dem Bundesgesetz BGBl. I Nr. 116/2009, für die der Abgabenanspruch gemäß § 21 in der Fassung vor dem Bundesgesetz BGBl. I Nr. 116/2009 mit Ablauf des Kalenderjahres 2015 oder 2016 entstanden ist, sind nicht festzusetzen; im Fall der bereits erfolgten Festsetzung ist von Amts wegen der Festsetzungsbescheid aufzuheben und der festgesetzte Betrag zurückzuzahlen."

Dabei übersieht der Bf. allerdings, dass sich diese gesetzliche Bestimmung ausdrücklich nur auf Abgabenansprüche bezieht, die im Jahr 2015 oder 2016 entstanden sind. Der gegenständliche Abgabenanspruch ist jedoch, wie bereits ausgeführt, im Jahr 2014 entstanden. Auch den Gesetzesmaterialien (vgl. z.B. den Auschussbericht Nr..368 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen der XXVII GP) ist nicht zu entnehmen, dass der Gesetzgeber entgegen dem ausdrücklichen Gesetzeswortlaut den Anwendungsbereich dieser Bestimmung auch auf das Jahr 2014 ausdehnen wollte.

Der Bf. vermeint darüber hinaus, dass der Bescheid auch deswegen rechtswidrig sei, weil der Zuschuss bereits bei der Kindesmutter zurückgefordert worden sei.

Dazu ist folgendes auszuführen:

Im Anwendungsbereich des KBGG ist zwischen den Legalbegriffen der "Rückforderung" (§ 31 KBGG; §§ 60 bis 62 BHG) und der "Rückzahlung" (4. Abschnitt KBGG) zu differenzieren. Die RÜCKFORDERUNG von Kinderbetreuungsgeld kommt zur Anwendung, wenn die Anspruchsvoraussetzungen im Bewilligungsverfahren nicht erfüllt wurden und ist von den Sozialversicherungsbehörden zu vollziehen. Die RÜCKZAHLUNG nach dem 4. Abschnitt des KBGG ist einerseits auf die Zuschüsse beschränkt und hat andererseits den Kreditcharakter zu Recht bezogener Zuschüsse im Blickpunkt. Der Rückzahlungsbetrag für das Jahr der Einkommensüberschreitung bildet die bundesrechtliche Abgabe, die von den Abgabenbehörden festzusetzen ist. Aus diesem Grund hat die Rückforderung der Zuschüsse des Jahres 2009 durch die ÖGK bei der Kindesmutter grundsätzlich keine Auswirkung auf die Frage, ob die gewährten Zuschüsse in Form einer Abgabe bei Überschreiten der Einkommensgrenzen gem. § 19 KBGG zurückzuzahlen sind. Die tatsächlich erfolgte Rückforderung bzw. die Tilgung durch die Kindesmutter hatte aber auf die Berechnung der Abgabe insoweit Auswirkung als nur die nicht rückgeforderten und damit letztendlich gewährten Zuschüsse der Berechnung zu Grunde gelegt wurden, d.h. Zuschüsse des Jahres 2007 i.H. von 418,14 € und Zuschüsse des Jahres 2008 i.H. von 2.217,96 €, somit insges. 2.636,10 €.

Dennoch gelangte das Bundesfinanzgericht zur Auffassung, dass der Beschwerde teilweise stattzugeben und der gegenständliche Bescheid abzuändern ist. Dies mit folgender Begründung:

§ 18 Abs. 2 KBGG lautet:

……….Leben die Eltern in den Fällen des Abs. 1 Z 2 im Zeitpunkt der Entstehung des Abgabenanspruchs (§ 21) dauernd getrennt, so ist die Rückzahlung bei den Elternteilen insoweit zu erheben, als dies bei dem jeweiligen Elternteil billig ist. Dabei ist insbesondere auf die jeweiligen Einkommensverhältnisse der Elternteile sowie auf die Tragung der mit der Haushaltszugehörigkeit des Kindes verbundenen Lasten Bedacht zu nehmen………..

Da der Bf. im Jahr des Entstehens des Abgabenanspruches, 2014, nicht mehr an der gleichen Adresse wie die Kindesmutter und das Kind gemeldet war, geht das Bundesfinanzgericht in freier Beweiswürdigung davon aus, dass der Bf. von der Kindesmutter zu diesem Zeitpunkt getrennt lebte. Die Frage welchem der beiden Elternteile letztlich die Abgabe vorgeschrieben wird ist eine Ermessensentscheidung i.S. des § 20 BAO, wobei lt. ausdrücklicher gesetzlicher Anordnung des § 18 Abs. 2 KBGG das Ermessen dahingehend zu üben ist, dass auf die jeweiligen Einkommensverhältnisse der Elternteile sowie auf die Tragung der mit der Haushaltszugehörigkeit des Kindes verbundenen Lasten Bedacht zu nehmen ist.

Die Begründung den Bf. zur Zahlung der Abgabe zu verpflichten lautet im bekämpften Bescheid:

"Die Behörde hat nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände Sie auf Grund Ihrer Einkommensverhältnisse und der Tragung der mit der Haushaltszugehörigkeit des Kindes verbundenen Lasten durch den anderen Elternteil zur Rückzahlung herangezogen."

Unbestritten ist, dass das Kind im gemeinsamen Haushalt mit der Mutter lebt und dieser daher in erster Linie die Aufgaben der Haushaltsführung und Kindererziehung zukommen und sie damit auch nach den Erfahrungen des täglichen Lebens die damit verbundenen finanziellen Lasten treffen.

Bei der Ermessensübung sind jedoch auch die Einkommensverhältnisse der Elternteile, somit auch jene des Bf., zu berücksichtigen und zwar in gleicher Weise wie die mit der Haushaltszugehörigkeit des Kindes zu tragenden Lasten. Dass den "mit der Haushaltszugehörigkeit des Kindes zu tragenden Lasten" bei der Ermessensübung größeres Gewicht zukäme als den Einkommensverhältnissen, ist dem Gesetz nicht zu entnehmen. Würde man dies unterstellen, so erübrigte sich jede Ermessensübung und von der Festsetzung der Abgabe wäre jedenfalls derjenige Elternteil befreit, in dessen Haushalt das Kind lebt.

Der Begründung der belangten Behörde ist nicht zu entnehmen, dass bzw. inwiefern die Einkommensverhältnisse der Eltern bei der Ermessensübung berücksichtigt worden wären, sondern vielmehr scheint quasi mit einer Standardbegründung die Abgabe "automatisch" dem Kindesvater vorgeschrieben worden zu sein.

Tatsache ist, dass der Bf. bereits im Jahr 2014 und weiterhin durchgehend bis zum Jahr der Festsetzung der Abgabe 2020 Arbeitslosengeld bezog, zuletzt 12.265,27 €.

In dem Jahr, für das die Rückforderung erfolgte, bezog der Bf. Arbeitslosengeld i.H. von 10.424,73 €, die Kindesmutter bezog ein Einkommen i.H. von 29.716,54 € , gesamt somit 40.141,27 €. Dies entspricht einem Anteil der Einkünfte des Bf. an den Gesamteinkünften von rund 26 %, jenem der Kindesmutter von rund 74 %.

Da im Zeitpunkt des Bezuges des Zuschusses beide Elternteile davon profitiert haben, erscheint es dem Bundesfinanzgericht billig, beide Elternteile als Gesamtschuldner zur Rückzahlung heranzuziehen, jedoch den Bf. nur in jenem Ausmaß, das seinem Anteil am Gesamteinkommen im Jahr der Entstehung des Abgabenanspruches (2014) gem. § 19 KBGG entspricht.

Dem Beschwerdeführer ist daher die Abgabe i.H. von 26% vom Gesamtrückforderungsbetrag von 2.636,10 € , somit gerundet 685,39 € vorzuschreiben.

Auf die Kindesmutter entfällt damit ein Anteil von 74% bzw. gerundet 1.950,71 €.

Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung lag im gegenständlichen Fall nicht vor, da das Erkenntnis einerseits der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichthofes folgte und es sich andererseits um eine Ermessensentscheidung handelte.

Wien, am

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 18 Abs. 1 Z 2 KBGG, Kinderbetreuungsgeldgesetz, BGBl. I Nr. 103/2001
§ 20 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
ECLI
ECLI:AT:BFG:2022:RV.7103240.2022

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at