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Bescheidbeschwerde – Senat – Erkenntnis, BFG vom 16.12.2022, RV/7103064/2018

Zwangsstrafe wegen Nichtabgabe der Einkommensteuererklärung

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Senatsvorsitzende Mag. Manuela Fischer, die Richterin Dr. Angela Paulus sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Wolfgang Baumann und Ing. Robert Winkelmayer in der Beschwerdesache Bf., Adr1 über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Waldviertel vom über die Verhängung einer Zwangsstrafe nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Bf. (idF.: Bf.) bezog im Beschwerdezeitraum Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit als Angestellter des Theaterx und der Theatery sowie Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung (Feststellungsverfahren zu St.Nr. 23/216/4913).

Strittig ist, ob wegen Nichtabgabe der Einkommensteuererklärung 2016 zu Recht eine Zwangsstrafe verhängt wurde.

Vom Bf. wurden bereits die Einkommensteuererklärungen der Vorjahre 2014 und 2015 verspätet abgegeben:

Der Bf. war zunächst nicht steuerlich vertreten; die (gesetzliche) Frist zur Abgabe der Einkommensteuerklärung 2014 endete somit am 30.04. bzw. bei elektronischer Übermittlung am .

Mit Bescheid vom (automatische Erinnerung) wurde er zur Abgabe der Einkommensteuererklärung 2014 aufgefordert. Erst nach weiterer Erinnerung (Bescheid vom unter Androhung einer Zwangsstrafe von € 250,00) erteilte er am der Steuerberatungxy steuerliche Vollmacht und reichte, vertreten durch diese, die Einkommensteuererklärung 2014 am gleichen Tag ein.

Für den Veranlagungszeitraum 2015 wurde beim steuerlichen Vertreter am eine Quote abberufen; der Bf. war unter den abberufenen Fällen. Der Bf. fiel somit aus der erlassmäßigen Fristverlängerung für die Einreichung der Abgabenerklärungen 2015 iSd. der sogenannten "Quotenregelung" (31.03. bzw. ) heraus.

Mit Bescheid vom (händischer Bescheid) wurde der Bf. zur Abgabe der Einkommensteuererklärung 2015 aufgefordert; mit Bescheid vom erfolgte eine weitere Aufforderung unter Androhung einer Zwangsstrafe von € 250,00. Die Einkommensteuererklärung 2015 wurde erst am eingereicht.

Die Einkommensteuererklärung 2016 wurde vom Bf. ebenfalls nicht fristgerecht - das wäre bis zum 30.04. bzw. - abgegeben. Mit Bescheid vom (automatische Erinnerung) wurde er daher ersucht, die Einreichung der Einkommensteuererklärung 2016 bis nachzuholen. Der Bf. kam dieser Aufforderung nicht nach.

Mit weiterem Bescheid vom wurde der Bf. nochmals ersucht, die Einreichung der Einkommensteuererklärung 2016, und zwar bis , nachzuholen, widrigenfalls gemäß § 111 Abs. 2 BAO die Verhängung einer Zwangsstrafe von 500,00 Euro angedroht wurde. Der Bf. kam auch letzterer Aufforderung ohne Angabe von Gründen nicht nach.

Mit Bescheid vom wurde die Zwangsstrafe gemäß § 111 BAO mit 500,00 Euro festgesetzt. Diese Zwangsstrafe war bis zu entrichten. Gleichzeitig wurde der Bf. aufgefordert, die bisher nicht abgegebene Einkommensteuererklärung 2016 bis einzureichen. Begründend wurde ausgeführt, dass die Festsetzung der Zwangsstrafe erforderlich gewesen sei, weil der Bf. die Abgabenerklärung nicht bis eingereicht hat.

Mit Schriftsatz vom erhob der Bf. gegen den verfahrensgegenständlichen Bescheid vom Beschwerde und beantragte mit nachstehender Begründung, den Bescheid ersatzlos aufzuheben:

Die bloße Bezugnahme auf § 111 BAO in der Bescheidbegründung reiche nicht aus. Die Festsetzung der Zwangsstrafe liege dem Grunde und der Höhe nach im Ermessen der Abgabenbehörde. Die Abgabenbehörde habe das Ermessen nach den Grundsätzen des § 20 BAO zu üben und die Ermessensübung nachvollziehbar zu begründen. Aufgrund mangelhafter Begründung sei der gegenständliche Bescheid rechtswidrig.

Für den Fall der Nichtstattgabe und Vorlage der Beschwerde an das Verwaltungsgericht wurde die Entscheidung durch den Senat und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragt.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies die belangte Behörde die Beschwerde als unbegründet ab und führte begründend aus:

Unstrittig ist, dass der Bf. seiner Verpflichtung zur fristgerechten Abgabe der Einkommensteuererklärung für 2016 nicht nachgekommen ist und eine Erinnerung vom , sowie eine bescheidmäßige Erinnerung unter Zwangsstrafenandrohung vom erfolglos blieben.

Zweck der Zwangsstrafe ist es, die Abgabenbehörde bei der Erreichung ihrer Verfahrensziele zu unterstützen und die Partei zur Erfüllung ihrer abgabenrechtlichen Pflichten zu verhalten (vgl. ). Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes stellt die Einreichung von Abgabenerklärungen eine mittels Zwangsstrafe nach § 111 BAO erzwingbare Leistung dar (vgl. , und ).

Da die gesetzliche Frist für die Einreichung der Steuererklärungen 2016 gemäß § 134 BAO mit Ende April 2017 bzw. Ende Juni 2017 endete, war die mit der Androhung der Zwangsstrafe mit Bescheid vom gesetzte Nachfrist zur Erklärungsabgabe bis (drei Wochen) nicht unangemessen kurz. In diesem Bescheid war das Leistungsgebot - die Abgabe einer Einkommensteuererklärung für 2016 - auch entgegen den Behauptungen der Bf. eindeutig determiniert.

Für einen Fortgang der Veranlagung und eine zeitgerechte Abgabenfestsetzung ist die fristgerechte Abgabe von Steuerklärungen unerlässlich. Der Verwaltungsökonomie steht es entgegen, wenn die Finanzverwaltung die Abgabe der Steuererklärungen erst jeweils - teilweise mehrfach - urgieren muss. Der Umstand, dass die Abgabenbehörde die für eine Abgabenfestsetzung erforderlichen Informationen allenfalls auch von Dritten beschaffen kann, rechtfertigt jedenfalls keineswegs die Nichtabgabe von Steuerklärungen, wenn eine Verpflichtung zur Abgabe dieser Steuererklärungen besteht.

Dass der Bf. oder sein steuerlicher Vertreter infolge eines unvorhersehbaren und unabwendbaren Ereignisses gehindert waren, sowohl die Erklärungen zeitgerecht abzugeben als auch rechtzeitig einen Fristverlängerungsantrag zu stellen, hat der Bf. nicht behauptet. Es kann also davon ausgegangen werden, dass den Bf. an der nicht fristgerechten Einreichung der Abgabenerklärung ein Verschulden trifft, wobei ein allfälliges Verschulden des Vertreters dem Verschulden der Vertretenen gleichzuhalten ist (, , 2002/08/0259). Im gegenständlichen Fall hatte der Bf. fast 21 Monate bis zur erfolgten Festsetzung der Zwangsstrafe Zeit, die Abgabenerklärung einzubringen.

Bemerkt wird, dass (gemeint: weder) der Bf. noch sein steuerlicher Vertreter die Steuererklärungen für das Jahr 2016 bis zum heutigen Tage abgegeben hat.

Auch wurden für die Jahre 2014 und 2015 die Abgabenerklärungen erst nach Erinnerung und Androhung einer Zwangsstrafe eingebracht.

Die Beschwerde war daher als unbegründet abzuweisen.

Mit Schreiben vom beantragte der Bf. die Vorlage der Beschwerde an die Abgabenbehörde zweiter Instanz und stellte in Aussicht, im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesfinanzgericht würden sodann entsprechende Beweisanträge zur Darlegung der Gründe, warum im konkreten Fall die Verhängung einer Zwangsstrafe rechtswidrig sei, gestellt werden.

Die belangte Behörde verwies im Vorlagebericht vom ergänzend auf das oa. Verhalten des Bf. betreffend die Vorjahre. Demnach seien auch die Einkommensteuererklärungen 2014 und 2015 erst nach Androhung von Zwangsstrafen in Höhe von je € 250,00 eingereicht worden (siehe oben).

Der Bf. wurde im Schätzungsweg mit Bescheid vom zur Einkommensteuer 2016 veranlagt. Eine Beschwerde legte der Bf. nicht ein. Erst mit Schreiben vom beantragte er die Aufhebung des oa. Bescheides und legte die Einkommensteuererklärung 2016 vor.

Laut Bescheid vom ergab sich aus den - vom Bf. bisher nicht erklärten - anteiligen Einkünften aus Vermietung und Verpachtung eine festgesetzte Einkommensteuer und Abgabennachforderung in Höhe von € 3.052,00. Aus der erklärungsgemäßen Veranlagung mit Bescheid vom folgte zwar gegenüber dem Erstbescheid eine Abgabengutschrift in Höhe von € 859,00, jedoch betrug die festgesetzte Einkommensteuer 2016 € 2.193,00.

Die steuerliche Vertretungsvollmacht der Steuerberatungxy für den Bf. endete am .

Der Bf. ist zur mündlichen Verhandlung am nicht erschienen.

Der Vertreter der belangten Behörde wies in der mündlichen Verhandlung darauf hin, dass die Zwangsstrafe bereits entrichtet wurde, und beantragte die Abweisung der Beschwerde.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Gemäß § 111 Abs. 1 BAO sind die Abgabenbehörden berechtigt, die Befolgung ihrer auf Grund gesetzlicher Befugnisse getroffenen Anordnungen zur Erbringung von Leistungen, die sich wegen ihrer besonderen Beschaffenheit durch einen Dritten nicht bewerkstelligen lassen, durch Verhängung einer Zwangsstrafe zu erzwingen. Zu solchen Leistungen gehört auch die elektronische Übermittlung von Anbringen und Unterlagen, wenn eine diesbezügliche Verpflichtung besteht.

Gemäß § 111 Abs. 2 BAO muss der Verpflichtete, bevor eine Zwangsstrafe festgesetzt wird, unter Androhung der Zwangsstrafe mit Setzung einer angemessenen Frist zur Erbringung der von ihm abverlangten Leistung aufgefordert werden. Die Aufforderung und die Androhung müssen schriftlich erfolgen, außer wenn Gefahr im Verzug ist.

Gemäß § 111 Abs. 3 BAO darf die einzelne Zwangsstrafe den Betrag von € 5.000,00 nicht übersteigen.

Gemäß § 134 BAO sind die Abgabenerklärungen bis zum Ende des Monates April bzw. bei elektronischer Übermittlung bis zum Ende des Monates Juni jeden Folgejahres einzureichen, wobei der Bundesminister für Finanzen diese Fristen allgemein erstrecken kann. Gemäß § 134 Abs. 2 leg. cit. kann die Abgabenbehörde im Einzelfall auf begründeten Antrag die Frist zur Einreichung einer Abgabenerklärung verlängern.

Die gegenständlichen Aufforderungen an den Bf. vom und vom zur Einreichung der Einkommensteuererklärung 2016 stellen Anordnungen auf Grund gesetzlicher Befugnisse dar, deren Befolgung mittels Zwangsstrafe durchgesetzt werden kann. Der Festsetzung der Zwangsstrafe ging eine Aufforderung bzw. Androhung im Sinne des § 111 Abs. 2 BAO vom voran. Die gesetzlichen Voraussetzungen für die Festsetzung der Zwangsstrafe sind daher dem Grunde nach erfüllt.

Zum Ermessen wird festgestellt:

Die Festsetzung einer Zwangsstrafe liegt dem Grunde und der Höhe nach im Ermessen (§ 20 BAO) der Abgabenbehörde (Ritz BAO, 6. Aufl., § 111 Tz 10; ). Ermessensentscheidungen sind nach Billigkeit - unter Angemessenheit in Bezug auf berechtigte Interessen der Partei - und nach Zweckmäßigkeit - unter Berücksichtigung des öffentlichen Interesses an der Einbringung von Abgaben - zu treffen. Dabei sind alle Umstände zu berücksichtigen, die der Behörde im Zeitpunkt der Entscheidung bekannt sind. Dazu zählen zB. das steuerliche Verhalten des Abgabepflichtigen (Neigung zur Verschleppung und zur Verzögerung, wiederholte Verletzung abgabenrechtlicher Verpflichtungen, begründeter Verdacht der Fortführung des pflichtwidrigen Verhaltens, erwiesener hoher Grad beharrlicher Passivität oder Renitenz), der Umfang und die Vordringlichkeit des Verfahrens sowie die Höhe der allfälligen Steuernachforderung oder auch die Aussichtschancen auf den Erfolg des Zwangsmittels unter Berücksichtigung der bisherigen Aktenlage.

Weiters kann auch der Grad des Verschuldens (erkennbare Nachlässigkeit oder Bewusstheit und Absicht des Nichterfüllens behördlicher Aufträge) berücksichtigt werden.

Der Bf. kam der Aufforderung, die Einkommensteuererklärung 2016 nachzureichen, weder nach Erinnerung vom , nach Aufforderung unter Androhung einer Zwangsstrafe vom , nach Verhängung der strittigen Zwangsstrafe (), nach Einbringung der Beschwerde (), noch nach Einbringung des Vorlageantrages () nach. Dabei wurden weder Fristverlängerungsansuchen gestellt noch Gründe für das Nichterfüllen der behördlichen Aufforderungen bekannt gegeben.

Der im Schätzungsweg erlassene Einkommensteuerbescheid 2016 vom wurde nicht mit Beschwerde bekämpft. Erst mit Schreiben vom (Antrag auf Aufhebung des Einkommensteuerbescheides 2016 vom ) wurde die Einkommensteuererklärung 2016 nachgereicht.

Zum bisherigen steuerlichen Verhalten des Bf. war festzustellen, dass bereits die Abgabe der Einkommensteuererklärungen 2014 und 2015 jeweils erst nach Erinnerung sowie Androhung der Verhängung einer Zwangsstrafe seitens des Finanzamtes erfolgte.

Auf Grund dieser Umstände und da trotz wiederholter Aufforderung der Behörde die Erfüllung der Pflicht zur Abgabe der Einkommensteuererklärung 2016 unterblieben ist, war von einem schuldhaften Verhalten des Bf. auszugehen.

Ein etwaiges Verschulden des steuerlichen Vertreters ist nach ständiger Rechtsprechung dem Bf. anzulasten. Die Beauftragung eines Steuerberaters mit der Wahrnehmung der Abgabenangelegenheiten enthebt den Vertretenen nicht von seinen abgabenrechtlichen Pflichten.

Der belangten Behörde erwuchs durch das dem Bf. zuzurechnende Verhalten seines steuerlichen Vertreters ein erheblicher Verwaltungsaufwand.

Die Bedeutung der Erfüllung der abgabenrechtlichen Verpflichtung zur Abgabe der Einkommensteuerklärung 2016 ergibt sich auch daraus, dass sich aus der - nach Schätzung und verspätet abgegebener Erklärung - mit Bescheid vom erfolgten erklärungsgemäßen Veranlagung eine festgesetzte Einkommensteuer in Höhe von € 2.193,00 ergab.

Die Zwangsstrafe liegt der Höhe nach mit € 500,00 im unteren Rahmen; die wirtschaftlichen Verhältnisse des Bf. stehen bei einem steuerpflichtigen Einkommen 2016 von € 30.676,84 der Vorschreibung einer Zwangsstrafe in dieser Höhe nicht entgegen.

Die Verhängung der Zwangsstrafe erfolgte aus den oa. Gründen zu Recht. Die Beschwerde war daher abzuweisen.

Ergänzend wird darauf hingewiesen, dass laut Ausführungen des Vertreters der belangten Behörde in der mündlichen Verhandlung die Zwangsstrafe bereits entrichtet wurde.

Zulässigkeit der Revision:

Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine Revision nicht zulässig, da das Erkenntnis nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 134 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 20 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 111 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2022:RV.7103064.2018

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at