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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 30.11.2022, RV/7100560/2020

Steuerliche Berücksichtigung von Aufwendungen für doppelte Haushaltsführung und Familienheimfahrten

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht erkennt durch die Richterin Mag. Julia Carola Cermak-Kapl MA in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Wien 2/20/21/22 vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2018 Steuernummer ***BF-StNr*** zu Recht:

I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben. Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.

Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind dem Ende der Entscheidungsgründe dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Im Rahmen der Arbeitnehmerveranlagung 2018 machte der Beschwerdeführer neben dem Alleinverdienerabsetzbetrag und Kinderfreibetrag für seine beiden Kinder auch Kosten für doppelte Haushaltsführung iHv EUR 2.346,- sowie Kosten für Familienheimfahrten iHv EUR 1.836,- geltend.

Mittels Ergänzungsersuchen vom ersuchte das Finanzamt um Übermittlung einer Begründung betreffend die doppelte Haushaltsführung und Unzumutbarkeit der Wohnsitzverlegung des Familienwohnsitzes an den Beschäftigungsort, um Vorlage der Heiratsurkunde bzw. einer Bestätigung über den Familienstand, eines Einkommensnachweises der Partnerin/des Partners, der Meldezettel aller am Familienwohnsitz wohnhaften Personen, der Mietverträge der Wohnungen samt Nachweise über die Mietzinszahlungen und Nachweise der sonstigen beantragten Kosten in Zusammenhang mit der doppelten Haushaltsführung. Überdies wurde eine genaue Aufstellung der einzelnen Familienheimfahrten abverlangt.

Im Zuge der Vorhaltsbeantwortung vom brachte der Beschwerdeführer vor, er verfüge über Eigentum in Polen und auch seine Ehefrau sowie seine zwei minderjährigen schulpflichtigen Kinder würden in Polen leben. Überdies kümmere sich seine Ehefrau dort um seine Schwiegermutter, die im fortgeschrittenen Alter sei, keinen Führerschein besitze und einer ständigen Behandlung bedürfe.

Betreffend die beantragten Kosten für die doppelte Haushaltsführung übermittelte der Beschwerdeführer eine beglaubigte Übersetzung einer Meldebestätigung, wonach er mit seiner Ehefrau und seinen beiden Kindern an der ***Adr-Pol***, gemeldet war, eine Bescheinigung der ausländischen Steuerbehörde (Formular E9) vom , wonach die Ehefrau des Beschwerdeführers im Jahr 2018 Einkünfte iHv 25.134,96 PLN aus einem Arbeitsvertrag in Polen erzielte, eine Kopie einer Heiratsurkunde aus 2019 wonach der Beschwerdeführer seit 1997 mit seiner Ehefrau verheiratet sei, Nachweise der im Jahr 2018 entstandenen Kosten betreffend die ***Adr-Pol***, sowie einen zwischen ***G*** sowie Herrn ***K*** abgeschlossenen Mietvertrag vom betreffend die Adresse ***Adr-AT***. Weiters legte er Überweisungsbelege von Herrn ***K*** an ***G*** im Kalenderjahr 2018 vor.
Zu den beantragten Kosten für Familienheimfahrten übermittelte der Beschwerdeführer eine Bestätigung des polnischen Transportunternehmens ***T*** vom , wonach er im Jahr 2018 für eine Strecke von ***Ort-Pol*** nach Wien und zurück je EUR 60,- bezahlt habe sowie eine händisch geführte Liste an Familienheimfahrten im Jahr 2018.

Am erließ das Finanzamt den Einkommensteuerbescheid 2018, in welchem die beantragen Kinderfreibeträge sowie der Alleinverdienerabsetzbetrag Berücksichtigung fanden. Die Kosten für doppelte Haushaltsführung und Familienheimfahrten wurden nicht berücksichtigt, zumal nach Ansicht des Finanzamtes anhand der nachgereichten Unterlagen keine doppelte Haushaltsführung erkennbar sei.

Dagegen erhob der Beschwerdeführer am fristgerecht Beschwerde und brachte vor, seine Gattin arbeite als Buchhalterin bei einem Steuerberater in Polen. Seine Tochter sei nach wie vor in Polen schulpflichtig. Er habe Besitz in Polen und seine Gattin kümmere sich um seine Schwiegermutter, die in ständiger Behandlung sei. Zudem führte er an, er fahre zwei Mal pro Monat nach Polen und würde weitere Unterlagen per Post nachreichen. Zusammenfassend wurde beantragt, die Kosten an doppelter Haushaltsführung und Kosten für Familienheimfahrten zuzuerkennen.

Ebenfalls am langten die in der Beschwerde angekündigten Unterlagen zur Beschwerde per Post ein, wobei diese Unterlagen jener der Vorhaltsbeantwortung vom entsprachen. Ergänzend übermittelte der Beschwerdeführer eine Bestätigung seiner Ehefrau vom betreffend ihre Tätigkeit bei einem Buchhaltungsbüro in Polen.

Mittels Beschwerdevorentscheidung vom wies das Finanzamt die Beschwerde als unbegründet ab und führte aus, der Gesetzgeber sehe es als zumutbar an, dass der Arbeitnehmer seinen Familienwohnsitz binnen zwei Jahren an den Ort der Beschäftigung verlege. Eine Unzumutbarkeit wäre gegeben, wenn der (Ehe-)Partner am Familienwohnsitz über relevante Einkünfte verfüge oder pflegebedürftige Angehörige zu betreuen seien. Da der Beschwerdeführer länger als zwei Jahre in Österreich arbeite, die Einkünfte seiner Gattin unter der Verdienstgrenze für den Alleinverdienerabsetzbetrag lägen und zwar eine altersbedingte Betreuung, allerdings keine besondere Pflegebedürftigkeit der Mutter vorliege, sei die Wohnsitzverlegung zumutbar. Ebenso unmaßgeblich sei das Vorhandensein einer Immobilie sowie die Ausbildung der Tochter, da Österreich über ein exzellentes Bildungssystem verfüge. Da die Beibehaltung des Familienwohnsitzes in der Heimat aus privaten Gründen erfolge, seien die Voraussetzungen der Führung eines beruflich bedingten Doppelwohnsitzes nicht gegeben. Somit seien auch die Fahrten nach Polen nicht absetzbar.

Am stellte der Beschwerdeführer einen Vorlageantrag gem. § 264 BAO und ersuchte um nochmalige Überprüfung und Korrektur seines Bescheides.

Am erfolgte seitens des Finanzamts die Vorlage an das Bundesfinanzgericht. In der Stellungnahme brachte das Finanzamt vor, die Verlegung des Familienwohnsitzes von Polen nach Österreich sei auf Grund der Höhe des Einkommens der Ehefrau unzumutbar und Kosten für die doppelte Haushaltsführung seien dem Grunde nach als Werbungskosten anzuerkennen. Hinsichtlich der Höhe der Werbungskosten seien allerdings keine tauglichen Nachweise vorgelegt worden. So würden weder der Mietvertrag noch die Zahlungsanweisungen auf den Beschwerdeführer lauten. Fraglich sei somit, ob dem Beschwerdeführer selbst überhaupt ein Aufwand erwachsen sei. Hinsichtlich der Kosten der Familienheimfahrten seien überdies ebenfalls keine tauglichen Beweismittel über die konkret durchgeführte Anzahl an Fahrten vorgelegt worden. Da anzunehmen sei, dass der Beschwerdeführer einige Familienheimfahrten durchgeführt habe, sei eine Schätzung dieser Aufwendungen möglich. Wöchentliche Familienheimfahrten seien allerdings auf Grund der großen Entfernung zwischen dem Arbeitsort und dem Familienwohnsitz völlig unüblich, daher gehe das Finanzamt von einer Fahrt pro Monat aus. Diesbezüglich könne man monatliche Fahrten mit EUR 60,-, entsprechend der Bestätigung der Firma ***T*** vom annehmen und daher EUR 720,- als Werbungskosten ansetzen. Das Finanzamt beantragte der Beschwerde teilweise stattzugeben.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhalt

Der Beschwerdeführer war im streitgegenständlichen Jahr 2018 von 19. Februar bis einschließlich 23. Februar sowie von 05. März bis einschließlich 21. Dezember bei der ***GmbH*** in Österreich tätig und erzielte aus dieser Tätigkeit Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. In den Zeiträumen 02.Jänner bis 18. Februar, 24. Februar bis 04. März sowie 26. Dezember bis 31. Dezember bezog der Beschwerdeführer steuerfreies Arbeitslosengeld gem. § 3 Abs 5 lit a EStG 1988. Der Gesamtbetrag der Einkünfte des Beschwerdeführers betrug im Jahr 2018 ohne Berücksichtigung der strittigen Werbungskosten EUR 17.901,17.

Der Beschwerdeführer ist seit 1997 verheiratet und lebt gemeinsam mit seiner Ehefrau und seinen beiden Kindern (geb. 1997 und 2008) am Familienwohnsitz in ***Adr-Pol***. Die Ehegattin erzielte im Jahr 2018 Einkünfte in Höhe von 25.134,96 PLN aus der Tätigkeit in einem Buchhaltungsbüro in Polen. Die in Polen lebende Mutter der Ehegattin bedarf altersbedingt höherer Betreuung. Sie ist nicht pflegebedürftig.

Am Beschäftigungsort in Wien verfügt der Beschwerdeführer über einen Wohnsitz an der Adresse ***Bf1-Adr***, für den keine nachweislichen Kosten entstanden sind.

Während dem Bestehen eines aufrechten Beschäftigungsverhältnisses in Wien fährt der Beschwerdeführer im Durchschnitt zwei Mal pro Monat nach Polen, wobei eine Hin- und Retourfahrt EUR 60,- kostet. Im Jahr 2018 fuhr er 19 Mal zu seiner Familie an seinen Familienwohnsitz in Polen. Es entstanden ihm daher Kosten für Familienheimfahrten iHv EUR 1.140,-.

Beweiswürdigung

Der dargelegte Sachverhalt ergibt sich aus dem Vorbringen des Beschwerdeführers, den Stellungnahmen und Schriftstücken des Finanzamtes sowie dem dem Bundesfinanzgericht vorliegenden Akteninhalt.

Es ist anhand der vorliegenden Lohnzettel unstrittig und nachgewiesen, dass der Beschwerdeführer im Jahr 2018 einer Beschäftigung in Österreich nachging. Der bestehende Familienwohnsitz in Polen wurde durch die Vorlage von Rechnungen betreffend die dort bestehende Wohnung sowie die Meldebestätigungen seiner Ehefrau und der beiden Kinder nachgewiesen.

Anhand des Vorbringens des Beschwerdeführers wohnt dieser an der Adresse ***Bf1-Adr*** in Österreich, was sich auf Grund der laufenden Zustellungen im gegenständlichen Verfahren an diese Adresse und einer Abfrage des Bundesfinanzgerichts im Zentralen Melderegister bestätigen ließ. Allerdings wurde im Verfahren kein auf den Beschwerdeführer lautender Mietvertrag oder Bestätigungen bzw. Nachweise über die von ihm geleisteten Zahlungen vorgelegt. Dementsprechend wurde seitens des Beschwerdeführers weder nachgewiesen noch glaubhaft gemacht, dass ihm tatsächlich Aufwendungen für eine doppelte Haushaltsführung entstanden sind.

Betreffend die geltend gemachten Kosten für Familienheimfahrten erfolgte seitens des Beschwerdeführers zwar kein Einzelnachweis der konkret nach Polen zurückgelegten Fahrten, allerdings konnte die Höhe der Kosten anhand einer Bestätigung des Transportunternehmens ***T*** vom glaubhaft gemacht werden. Die Anzahl der zurückgelegten Hin- und Retourfahrten wurde mit 19 Mal pro Jahr geschätzt, zumal diese Anzahl im Hinblick auf die Kilometeranzahl und die seitens des Beschwerdeführers übermittelte Liste an Familienheimfahrten plausibel erschien.

Dass der Beschwerdeführer zeitweise Arbeitslosengeld bezog, war nachweislich aus den übermittelten Meldungen des Arbeitsmarkservice Österreich ersichtlich.

Rechtliche Beurteilung

Zu Spruchpunkt I. (Abänderung)

Gemäß § 16 Abs. 1 EStG 1988 sind Werbungskosten alle Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen.

Aufwendungen, die dem Steuerpflichtigen durch die beruflich veranlasste Begründung eines eigenen Haushalts an einem außerhalb des Familienwohnsitzes gelegenen Beschäftigungsort erwachsen, sind als Werbungskosten absetzbar. Die Begründung eines eigenen Haushalts am Beschäftigungsort ist dann beruflich veranlasst, wenn der Familienwohnsitz des Steuerpflichtigen von seinem Beschäftigungsort so weit entfernt ist, dass ihm eine tägliche Rückfahrt nicht zugemutet werden kann und entweder die Beibehaltung des Familienwohnsitzes außerhalb des Beschäftigungsortes nicht privat veranlasst ist oder die Verlegung des Familienwohnsitzes an den Beschäftigungsort nicht zugemutet werden kann.

Unbestritten ist, dass der Beschäftigungsort des Beschwerdeführers in Wien vom Familienwohnsitz in Polen rund 500 km entfernt ist und damit so weit, dass ihm eine tägliche Rückfahrt nicht zugemutet werden kann.

Die Berufstätigkeit des Ehepartners am Ort des Familienwohnsitzes hat der Verwaltungsgerichtshof bereits mehrfach als Grund für die Unzumutbarkeit einer Wohnsitzverlegung unter der Bedingung bejaht, dass der Ehepartner des Steuerpflichtigen aus seiner Berufstätigkeit nachhaltig Einkünfte nicht bloß untergeordneten Ausmaßes erzielt. Entscheidend ist demnach das Gewicht des Beitrags der vom Ehepartner am Ort des Familienwohnsitzes erzielten Einkünfte zum Familieneinkommen der Eheleute (). Ist dieser Beitrag im Verhältnis zum Einkommen des Steuerpflichtigen allerdings vernachlässigbar (unter einem Zehntel der Einkünfte des Beschwerdeführers), dann stellt die Berufstätigkeit des Ehepartners am Ort des Familienwohnsitzes - aus der Sicht des Steuerpflichtigen - keinen Grund für eine Unzumutbarkeit der Verlegung des Familienwohnsitzes an den Ort der Beschäftigung dar (vgl. , mwN).

Unter Zugrundelegung der höchstgerichtlichen Rechtsprechung war dem Beschwerdeführer gegenständlich eine Verlegung des Familienwohnsitzes aus wirtschaftlichen Gründen jedenfalls unzumutbar, da seine Ehefrau mit ihren in Polen erzielten Einkünften iHv 25.134,96 PLN - sohin rund EUR 5.800,- - im Jahr 2018 jedenfalls mehr als 10% zum Familieneinkommen der Eheleute beitrug.

Überdies ist die Unzumutbarkeit der Wohnsitzverlegung auch in dem Umstand gelegen, dass der Beschwerdeführer in Polen eine noch minderjährige Tochter hat und diese dort noch die Schule besucht (vgl. und ). Betreffend die volljährige, ältere Tochter liegt keine Unzumutbarkeit der Wohnsitzverlegung an den Beschäftigungsort vor, zumal bei volljährigen, wenn auch unterstützungsbedürftigen Kindern, von keiner Ortsgebundenheit des haushaltszugehörigen Elternteils auszugehen ist (vgl. , und ).

Grundsätzlich kann auch die Pflege naher Angehöriger nach ständiger Rechtsprechung ein Grund sein, die Kosten der doppelten Haushaltsführung samt Familienheimfahrten anzuerkennen, etwa dann, wenn nachweislich besondere Pflege erforderlich ist (vgl. ua. ; ). Ob die Schwiegermutter des Beschwerdeführers derartig pflegebedürftig war, dass auch aus diesem Grund eine Wohnsitzverlegung als unzumutbar anzusehen war, kann gegenständlich dahingestellt bleiben, zumal die Unzumutbarkeit der Wohnsitzverlegung bereits auf Grund der Berufstätigkeit der Ehegattin und dem Vorliegen eines betreuungspflichtigen minderjährigen Kindes am Familienwohnsitz gegeben ist.

Entsprechend der bisherigen Erwägungen sind die Voraussetzungen der doppelten Haushaltsführung im Jahr 2018 somit dem Grunde nach als gegeben anzusehen.

Als Werbungskosten im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung kommen unvermeidbare Mehraufwendungen in Betracht, die dem Abgabenpflichtigen dadurch erwachsen, dass er am Beschäftigungsort wohnen muss (). Es sind somit jene Kosten absetzbar, welche der Steuerpflichtige für eine zweckentsprechende Unterkunft () für sich allein aufwenden muss.

Als Werbungskosten geltend gemachte Aufwendungen sind über das Verlangen der Abgabenbehörde gemäß § 138 BAO nachzuweisen oder, wenn dies nicht möglich ist, wenigstens glaubhaft zu machen (). Die Glaubhaftmachung ist insbesondere dann als ausreichend anzusehen, wenn der Nachweis nach den Umständen des Einzelfalls nicht zumutbar ist.

Der Beschwerdeführer beantragte die Berücksichtigung von Aufwendungen für die doppelte Haushaltsführung in Höhe von EUR 2.346,- als Werbungskosten.

Der Beschwerdeführer wurde bereits mit Ergänzungsersuchen vom aufgefordert, die entstandenen Kosten für die doppelte Haushaltsführung, also die Kosten für die Wohnung am Beschäftigungsort nachzuweisen. Im Zuge der Beantwortung des Ergänzungsersuchens am übermittelte er diesbezüglich zwar einen Mietvertrag zur Adresse ***Bf1-Adr*** abgeschlossen zwischen ***G*** als Vermieter und Herrn ***K*** als Mieter sowie Überweisungsbelege von Herrn ***K*** an ***G***. Aus den vorliegenden Unterlagen ist allerdings nicht ersichtlich, dass dem Beschwerdeführer selbst aus dem gegenständlichen Mietverhältnis Mehraufwendungen entstanden sind. Weder scheint der Beschwerdeführer selbst als Mieter im vorliegenden Vertrag auf, noch ist er als Belasteter im Hinblick auf die vorgelegten Zahlungsbelege anzusehen.

Des Weiteren lässt sich auch dem Mietvertrag nicht entnehmen, dass die Wohnung dem Beschwerdeführer untervermietet wurde. Vielmehr ist gemäß Punkt 13 des Mietvertrags die gänzliche oder teilweise Untervermietung sowie jegliche sonstige entgeltliche oder unentgeltliche Weitergabe des Mietgegenstandes an Dritte sogar verboten. In Punkt 14 des Mietvertrages hätte die Möglichkeit bestanden, den Beschwerdeführer als zulässigen Mitbewohner anzuführen. Auch dort scheint er nicht auf.

Die Tatsache, dass Herr ***K*** im zentralen Melderegister als Unterkunftgeber des Beschwerdeführers auftritt und der Umstand, dass im gegenständlichen Verfahren laufend Zustellungen an den Beschwerdeführer an die Adresse ***Bf1-Adr*** erfolgten, sprechen zwar dafür, dass er an der genannten Adresse wohnhaft war, belegen aber nicht, dass ihm tatsächlich auch Mehraufwendungen entstanden sind.

Diese Mehraufwendungen betreffend den Wohnsitz am Beschäftigungsort wären nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vom Beschwerdeführer nachzuweisen bzw. zumindest glaubhaft zu machen gewesen, wenn dieser die Berücksichtigung höherer Werbungskosten anstelle der für ihn in Betracht kommenden Werbungskostenpauschbeträge erreichen will (). Das gilt insbesondere im Hinblick darauf, dass der Beschwerdeführer mehrfach aufgefordert wurde die entstandenen Kosten nachzuweisen (vgl. Ergänzungsersuchen vom und Vorlagebericht vom ). Diesbezüglich ist anzumerken, dass sowohl der Beschwerdevorentscheidung, als auch dem Vorlagebericht nach ständiger Rechtsprechung Vorhaltscharakter zukommen (vgl. mwN).

Die beantragten Kosten für den Wohnsitz in Wien sind daher auf Grund der fehlenden Nachweise für einen bestehenden Mehraufwand des Beschwerdeführers nicht zu berücksichtigen.

Da die Voraussetzungen einer beruflich veranlassten doppelten Haushaltsführung dem Grunde nach vorliegen, sind jedoch die Kosten der Familienheimfahrten als steuerlich absetzbar anzusehen.

Kosten für Familienheimfahrten stellen jene Fahrtkosten dar, die durch das tatsächlich benutzte Verkehrsmittel anfallen. Dabei sind diese Kosten vom Steuerpflichtigen nachzuweisen und können alleine aus der Tatsache, dass tatsächlich Familienheimfahrten stattgefunden haben, noch keine konkreten Werbungskosten abgeleitet werden (vgl. ).

Hinsichtlich der Höhe der anzuerkennenden Kosten hat der Beschwerdeführer eine Bestätigung des Transportunternehmens ***T*** vom betreffend die üblichen Kosten der Strecke von Wien nach ***Ort-Pol*** und zurück für das Jahr 2018 sowie eine händisch geführte Famlienheimfahrtenliste vorgelegt, aber keine Einzelbelege betreffend die tatsächlich durchgeführten Fahrten beigebracht.

Da der Beschwerdeführer keine konkreten Nachweise betreffend die tatsächlich durchgeführten Familienheimfahrten vorweisen konnte, die eine verlässliche Feststellung der tatsächlichen Fahrtkosten erlaubt hätten, waren die entstandenen Kosten in Hinblick darauf, dass von tatsächlich unternommenen Heimfahrten auszugehen ist und die Kosten einer einfachen Hin- und Retourfahrt bekannt sind, gem. § 184 BAO zu schätzen.

Betreffend die anzuerkennende Häufigkeit der Familienheimfahrten bestehen keine gesetzlichen Regelungen (), sodass im Einzelfall zu entscheiden ist, welche Anzahl an Familienheimfahrten angemessen erscheint. Bei der Schätzung sind insbesondere die Entfernung zwischen Berufsort und Ort des Familienwohnsitzes, aber auch die familiären Verhältnisse zu berücksichtigen. Es ist jedenfalls darauf Bedacht zu nehmen, dass mit Rücksicht auf die Entfernung, den Zeitaufwand und den entstehenden Kosten, die Anzahl der Reisen abnimmt, je größer die zurückzulegende Entfernung wird (, 0185).

Aufgrund der Tatsache, dass sich die Ehefrau des Beschwerdeführers in Polen alleine um die beiden Kinder sowie ihre Mutter kümmert und der Beschwerdeführer die Fahrtstrecken nicht selbst, sondern vielmehr unter Zuhilfenahme eines Transportunternehmens bewältigt, kann - entsprechend dem Vorbringen des Beschwerdeführers - im Schätzungswege von zwei Fahrten pro Monat ausgegangen werden.

Abweichend von der Entscheidung des , in welcher in Bezug auf eine Entfernung von 500 km je einfache Strecke Wien-Ort in Polen monatliche Familienheimfahrten angemessen erscheinen (vgl. Ebner in Jakom EStG15, § 16 Rz 56), sind im beschwerdegegenständlichen Fall nicht eine, sondern zwei Fahrten pro Monat als angemessen zu betrachten, da der Beschwerdeführer im Gegensatz zu oa Entscheidung Vater einer minderjährigen Tochter war und seine Ehefrau neben ihrer beruflichen Tätigkeit auch für die Betreuung ihrer Mutter zu sorgen hatte und sohin eher Unterstützung benötigte, als eine Ehefrau, die in der Lage ist, sämtliche Aufgaben im Zusammenhang mit der zu bewirtschaftenden Landwirtschaft, dem Haushalt und der Obsorge der volljährigen Tochter alleine und selbständig zu bewältigen.

Ergänzend ist anzuführen, dass Aufwendungen für Familienheimfahrten in Zeiträumen, in denen ein Steuerpflichtiger steuerfreie Einkünfte bezieht, gemäß § 20 Abs 2 EStG 1988 nicht abzugsfähig sind. Da der Beschwerdeführer in den Zeiträumen von 02. Jänner bis 18. Februar, 24. Februar bis 04. März sowie 26. bis 31. Dezember steuerfreies Arbeitslosengeld bezog, sind die in diesem Zeitraum geltend gemachten Familienheimfahrten nicht steuerlich zu berücksichtigen.

Demgemäß waren die ursprünglich im Schätzungswege angenommenen zwei Fahrten pro Monat im Jänner 2018 in Hinblick auf § 20 Abs 2 EStG 1988 nicht zu berücksichtigen, da der Beschwerdeführer in diesem Zeitraum nicht erwerbstätig war. In den Monaten Februar, März und Dezember 2018 war die Anzahl der Fahrten auf eine Fahrt zu kürzen, da der Beschwerdeführer in diesen Monaten wie aus den vorliegenden Lohnzetteln ersichtlich ebenfalls nicht durchgehend erwerbstätig tätig war.

Zusammenfassend waren die Kosten für Familienheimfahrten im Schätzungswege gem. § 184 BAO iHv EUR 1.140,- anzuerkennen.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im beschwerdegegenständlichen Fall waren im Wesentlichen Sachverhaltsfragen zu beurteilen. Dies erfolgte im Rahmen der Beweiswürdigung. Soweit Rechtsfragen zu beurteilen waren, erfolgte diese Beurteilung im Rahmen der angeführten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Rechtsfragen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG waren in diesem Zusammenhang nicht zu lösen, weswegen die Revision nicht zuzulassen war.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2022:RV.7100560.2020

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at