Bescheidbeschwerde – Einzel – Beschluss, BFG vom 23.12.2022, RV/7102640/2022

Vorlageantrag verspätet - Zurückweisung

Entscheidungstext

BESCHLUSS

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Mag. Manuela Fischer in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, betreffend Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Zurückweisung des Antrages auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand vom betreffend Beschwerdefrist zum Bescheid Festsetzung Zwangsstrafe vom , Steuernummer ***BF1StNr1*** beschlossen:

Der Vorlageantrag vom wird gemäß § 264 Abs. 5 BAO iVm 264 Abs. 4 lit. e BAO iVm § 260 Abs. 1 lit. b BAO als nicht fristgerecht eingebracht zurückgewiesen.

Gegen diesen Beschluss ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Begründung

Der in der Steuerberatung tätige Beschwerdeführer (idF Bf.) erhob die gegenständliche Beschwerde gegen den Bescheid über die Zurückweisung eines Antrages auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand.
Im Zusammenhang mit einer am festgesetzten Zwangsstrafe wegen Nichtabgabe der Steuererklärung E 2015 und dem dagegen als verspätet zurückgewiesenen Rechtsmittel, stellte der Bf. mit Schreiben vom einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gem. § 308 BAO.

Mit dem hier verfahrensgegenständlichen Bescheid vom wies die Abgabenbehörde diesen Antrag wegen nicht fristgerechter Eingabe als verspätet zurück.

Dagegen wurde mit Eingabe via FinanzOnline rechtzeitig am Beschwerde erhoben. In der Begründung wurde u.a. vorgebracht, dass keine Fristversäumnis hinsichtlich des Wiedereinsetzungsantrages vorgelegen sei. Nach Ansicht des Bf. könne ein Vorhalt mit einer widerlegbaren Behauptung über eine Fristversäumnis nicht fristauslösend für einen Wiedereinsetzungsantrag sein.

Die Abgabenbehörde entschied mit Beschwerdevorentscheidung (BVE) vom und wies die Beschwerde gegen den Zurückweisungsbescheid als unbegründet ab. In der Begründung wurde u.a. ausgeführt:
"Die Frist um einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand einzubringen beträgt gemäß § 308 Abs 3 BAO drei Monate ab Wegfall des Hindernisses. Fristrelevant ist der Zeitpunkt in dem die Fristversäumnis erstmals erkennbar war (; , 97/14/0106). Dies kann zB aus einem wegen Verspätung des Anbringens zurückweisenden Bescheid der Fall sein, außer der Fristablauf war bereits vorher erkennbar (, ZfVB 1991/2/778; auf Erkennbarkeit bei gehöriger Aufmerksamkeit abstellend , ZfVB 1997/5/1821 und , 96/21/0124, ZfVB 1998/4/1297). Der Wiedereinsetzungsantrag setzt nicht die Rechtskraft des Zurückweisungsbescheides bzw seine Unanfechtbarkeit vor Höchstgerichten voraus (vgl ). Wie der oben zitierten Rechtsprechung zu entnehmen ist, ist eine Fristversäumnis als fristauslösendes Ereignis iSd § 308 BAO spätestens mit Zurückweisung der Beschwerde erkennbar, außer die Fristversäumnis ist -wie im gegenständlichen Fall- bei gehöriger Aufmerksamkeit bereits vorher erstmals erkennbar. Im BFG Verfahren zu GZ. RV/7102600/2018 wurde dem Beschwerdeführer am vorgehalten, dass die Beschwerdefrist am endete und die Beschwerde erst am um 00:01:10 Uhr bei der Abgabenbehörde einlangte. Dabei handelt es sich nicht um eine rechtliche Würdigung oder um eine Behauptung durch die Richterin, sondern um den Vorhalt von Tatsachen. Der Beschwerdeführer wurde aufgefordert sich zu äußern und allfällige Beweismittel für eine dennoch rechtzeitig eingebrachte Beschwerde vorzulegen. Als fachkundiger Steuerpflichtiger war es dem Beschwerdeführer in diesem Zeitpunkt erstmals erkennbar, dass seine Beschwerde verspätet einlangte. Zumal hier keine rechtliche Zweifelsfrage vorlag, sondern der Zeitpunkt des Einlangens explizit und unzweifelhaft in § 5 FOnV 2006 idgF geregelt ist. Richtig ist, dass bei einem Vorhalt eine Reaktion des Beschwerdeführers zu einem anderen Ergebnis führen kann. Dem Beschwerdeführer muss jedoch bewusst gewesen sein, dass ihm keine tauglichen Beweismittel vorliegen, die zu einem anderen Ergebnis führen hätten können. Auch eine rechtliche Stellungnahme, die im Wiederspruch mit dem Wortlaut des § 5 FOnV 2006 idgF stehen müsste, ist grundsätzlich nicht geeignet, um den Fakt des verspäteten Einlangens und dem zwingenden rechtlichen Folgen entgegenzutreten. Allein die Möglichkeit, dass das Gericht eine rechtswidrige Fehlentscheidung treffen könnte, reicht nicht aus um das erstmalige Erkennen der fristrelevanten Verspätung durch den Vorhalt vom zu verneinen bzw erst mit Zurückweisungsbeschluss anzunehmen. Hinzu kommt, dass es sich beim Beschwerdeführer nicht um einen steuerlichen Laien, sondern um einen sachverständigen Steuerberater handelt. Insofern ist bei der Erkennbarkeit der Fristversäumnis und der Kenntnis der dafür relevanten rechtlichen Regelungen ein strengerer Maßstab anzulegen, als bei einem durchschnittlichen unvertretenen Abgabepflichtigen.
Das für die Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand gemäß § 308 BAO fristauslösende erstmalige Erkennen der Verspätung fand daher am statt, nämlich als der Beschwerdeführer vom verspäteten Einlagen der Beschwerde bei der Abgabenbehörde erfahren hat und nicht erst als der zurückweisende Beschluss des BFGs zugestellt wurde. Die Frist für die Wiedereinsetzung endete daher am . Der Antrag vom war daher als verspätet zurückzuweisen.
"

Die BVE wurde dem steuerlichen Vertreter des Bf. mittels RSb laut Übernahmebestätigung nachweislich am Freitag, den zugestellt.

Mit Schreiben vom wurde der gegenständliche Vorlageantrag gestellt. Das Schreiben wurde am gleichen Tag, lt. Eingangsstempel der Behörde, in den Briefkasten der Behörde eingeworfen.
Es wurde damit beantragt, die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht (BFG) vorzulegen sowie darüber durch den Senat in mündlicher Verhandlung zu entscheiden.

Über den an das Bundesfinanzgericht (BFG) übermittelten Vorlagebericht vom informierte die Behörde gleichzeitig den Bf. und legte dem Schreiben eine Ausfertigung des Vorlageberichts bei.
Die Behörde führte in der enthaltenen Stellungnahme an, dass der Vorlageantrag als verspätet zu beurteilen sei. Der Vorlageantrag sei nachweislich außerhalb der Monatsfrist eingebracht worden. Die Zurückweisung des Vorlageantrages wurde beantragt.

Am , zugestellt am , erging an den Bf. ein Beschluss des BFG.
Damit wurde, nach Verweis auf die rechtlichen Bestimmungen, dem Bf. zur Einbringung des Vorlageantrages am mitgeteilt, dass nach dem festgestellten Sachverhalt, der Vorlageantrag als verspätet eingebracht zu beurteilen sei. Es sei aufgrund der Übernahmebestätigung vom zur BVE davon auszugehen gewesen, dass die Einbringung des Vorlageantrages vom verspätet erfolgt sei. Die einmonatige Frist zur Einbringung des Antrages habe mit Ablauf des geendet und sei daher von einer Fristversäumnis auszugehen. Demzufolge wäre der Vorlageantrag zwingend zurückzuweisen.
Mit dem Beschluss wurde dem Bf. bis zum die Möglichkeit geboten eine Stellungnahme abzugeben und etwaige Unterlagen, die eine Fristversäumnis widerlegen könnten, beizubringen.

Der Bf. äußerte sich bis dato nicht.

Es wurde erwogen:

Bevor eine Entscheidung in der Sache erfolgen konnte, war zu prüfen, ob das Rechtsmittel form- und fristgerecht eingebracht wurde.

Gemäß § 264 Abs. 1 BAO kann gegen eine Beschwerdevorentscheidung innerhalb eines Monats ab Bekanntgabe (§ 97) der Antrag auf Entscheidung über die Bescheidbeschwerde durch das Verwaltungsgericht gestellt werden (Vorlageantrag). Der Vorlageantrag hat die Bezeichnung der Beschwerdevorentscheidung zu enthalten.
Gemäß Abs. 4 sind für Vorlageanträge sinngemäß anzuwenden:

e) § 260 Abs. 1 (Unzulässigkeit, nicht fristgerechte Einbringung),
f) § 274 Abs. 3 Z 1 und 2 sowie Abs. 5 (Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung).

Gemäß Abs. 5 obliegt die Zurückweisung nicht zulässiger oder nicht fristgerecht eingebrachter Vorlageanträge dem Verwaltungsgericht.

In sinngemäßer Anwendung des § 260 Abs. 1 lit b BAO ist somit der Vorlageantrag mit Beschluss zurückzuweisen, wenn er nicht fristgerecht eingebracht wurde.

Gemäß § 108 Abs. 2 BAO enden nach Wochen, Monaten oder Jahren bestimmte Fristen mit dem Ablauf desjenigen Tages der letzten Woche oder des letzten Monates, der durch seine Benennung oder Zahl dem für den Beginn der Frist maßgebenden Tag entspricht. Fehlt dieser Tag in dem letzten Monat, so endet die Frist mit Ablauf des letzten Tages dieses Monates.

Gemäß § 109 BAO ist, wenn der Lauf der Frist durch eine behördliche Erledigung ausgelöst wird, für den Beginn der Frist der Tag maßgebend, an dem die Erledigung bekanntgegeben worden ist. Bei schriftlichen Erledigungen, z.B. Bescheiden, erfolgt dies regelmäßig durch Zustellung (§ 97 Abs. 1 BAO).

Im gegenständlichen Verfahren war durch das BFG aufgrund des vorliegenden Rückscheines festzustellen, dass die Beschwerdevorentscheidung (BVE) vom am Freitag, dem durch die steuerliche Vertretung des Bf. übernommen worden war. Dadurch galt die BVE als zugestellt und bekanntgegeben. Durch deren Bekanntgabe wurde mit diesem Tag der Lauf der Frist von einem Monat für die Einbringung eines Vorlageantrages ausgelöst.
Nach der Bestimmung des § 108 Abs. 2 BAO endete die einmonatige Frist zur Einbringung eines Vorlageantrages daher mit Ablauf des (Montag).

Der Vorlageantrag, datiert mit , wurde durch Einwurf in den Briefkasten der Behörde eingebracht. Dies erfolgte, wie aus dem Eingangsstempel der Behörde zu ersehen war, am Freitag .
An diesem Tag, war jedoch die einmonatige Frist bereits um Tage überschritten und damit der Ablauf der Frist festzustellen. Infolge der gegebenen Fristversäumnis war der Vorlageantrag als verspätet eingebracht zu beurteilen.

Dieser Sachverhalt und dessen beabsichtigte Würdigung war dem Bf. iSd § 183 Abs. 4 BAO mit dem Grundsatz des Parteiengehörs folgend, zur Kenntnis gebracht und Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben worden. Der Bf. äußerte sich dazu weder bis zum Ende der Frist () noch bis dato.

Aufgrund der nach der Aktenlage eindeutig vorgelegenen Fristversäumnis war der Vorlageantrag gem. § 264 Abs. 4 lit e BAO iVm § 260 Abs. 1 lit b BAO als unzulässig zu beurteilen und wegen nicht fristgerechter Einbringung zurückzuweisen.
Eine inhaltliche Auseinandersetzung mit dem Begehren hatte zu unterbleiben und war die Beschwerde durch die Beschwerdevorentscheidung erledigt.

Hinsichtlich des Antrags auf Entscheidung in mündlicher Senatsverhandlung272 Abs. 2 Z 1 lit b iVm § 274 Abs. 1 Z 1 lit b BAO) war festzustellen:
Aufgrund des o.a. Antrages wäre die gegenständliche Entscheidung grundsätzlich durch den Senat zu treffen. Doch obliegen gem. § 272 Abs. 4 BAO Zurückweisungen (§ 260 BAO) infolge Fristversäumnis dem Berichterstatter.
Da der Berichterstatter somit in diesem Fall als Einzelrichter entscheidet, kommt § 274 Abs. 5 BAO zur Anwendung. Diese Bestimmung lautet: "Obliegt die Entscheidung über die Beschwerde dem Einzelrichter und hat nach Abs. 1 eine mündliche Verhandlung stattzufinden, so sind Abs. 3 und 4 sowie § 273 Abs. 1, § 275 und § 277 Abs. 4 sinngemäß anzuwenden; hierbei sind die Obliegenheiten und Befugnisse des Senatsvorsitzenden dem Einzelrichter auferlegt bzw. eingeräumt."

Gemäß § 264 Abs. 4 lit f BAO ist § 274 Abs. 3 Z 1 sowie Abs. 5 BAO (Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung) sinngemäß anzuwenden. Dieser bestimmt: "(3) Der Senat kann ungeachtet eines Antrages (Abs. 1 Z 1) von einer mündlichen Verhandlung absehen, wenn die Beschwerde als unzulässig oder nicht rechtzeitig eingebracht zurückzuweisen ist (§ 260)"

Daraus folgt, dass, ungeachtet des Antrages, von einer mündlichen Senatsverhandlung abzusehen war, da, wie schon ausgeführt, nach der Aktenlage eindeutig eine Fristversäumnis hinsichtlich der Einbringung des Vorlageantrages gegeben und somit Zurückweisungsgrund gegeben war. Dieser Sachverhalt war dem Bf. bereits mit dem Vorlagebericht der Behörde vom als auch dem Beschluss des BFG vorgehalten worden. Der Bf. nutzte die Möglichkeit zur Stellungnahme nicht.
Der Vorlageantrag war zwingend zurückzuweisen. Von der Abhaltung der beantragten mündlichen Verhandlung vor dem Senat war daher abzusehen. Auf die diesbezügliche ständige Rechtsprechung des VwGH wird verwiesen; s. mwN.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen einen Beschluss des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Da sich die Lösung des gegenständlichen Falles aus dem Gesetzestext ergibt und eine eindeutige Rechtsprechung des VwGH dazu vorliegt, ist eine Revision nicht zulässig.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 108 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 264 Abs. 4 lit. f BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 109 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 264 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 260 Abs. 1 lit. b BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2022:RV.7102640.2022

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at