Bescheidbeschwerde – Einzel – Beschluss, BFG vom 22.12.2022, RV/7103563/2022

Bezeichnung des Bescheidadressaten;

Entscheidungstext

BESCHLUSS

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Dr. Edith Stefan in der Beschwerdesache ***1***, in den Beschwerden geführt als ***7***, Firmenbuchnummer ***13***, (lt. Firmenbuch ***24*** Einzelhandel mit Textilwaren ***16***), ***8***, vertreten durch ***5***, per Adresse ***8***, betreffend Beschwerden vom und vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Wien 4/5/10 vom und vom hinsichtlich Feststellung der Einkünfte gemäß § 188 Bundesabgabenordnung (BAO) und Umsatzsteuer für die Jahre 2009 bis 2012 und 2014 (Pkt. I) sowie Vorlageantrag hinsichtlich Bescheid betreffend Umsatzsteuer 2013 (Pkt. II), alle Bescheide an ***3***., Steuernummer ***BF1StNr1***, beschlossen:

  1. Die Beschwerden werden gemäß § 260 Abs. 1 lit. a BAO als nicht zulässig zurückgewiesen.

  2. Der Vorlageantrag wird gemäß § 264 Abs. 4 lit e BAO iVm 260 Abs. 1 lit. a BAO als nicht zulässig zurückgewiesen.

  3. Gegen diesen Beschluss ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Begründung

Verfahrensgang:

I. Nach Durchführung einer abgabenbehördlichen Betriebsprüfung betreffend den Zeitraum 2009 bis einschließlich 2012 wurden im wiederaufgenommenen Verfahren betreffend die Jahre 2009 bis 2012 und nach Umsatzsteuernachschau betreffend das Jahr 2013 die folgenden Bescheide vom an die ***9***, zHd ***5*** als zustellungsbevollmächtigter Gemeinschafter, StNr. ***10***, adressiert:

Feststellung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung gemäß § 188 BAO für das Jahr 2009 mit € 2.887,46 (je zur Hälfte mit € 1.443,72 an ***11*** und ***12***);

Feststellung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung gemäß § 188 BAO für das Jahr 2010 mit € 16.853,74 (€ 8.426,88 und 8.426,86 an ***11*** und ***12***);

Feststellung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung gemäß § 188 BAO für das Jahr 2011 mit - € 12.636,23 (- 6.318,12 und - 6.318,11 an ***11*** und ***12***);

Feststellung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung gemäß § 188 BAO für das Jahr 2012 mit € 21.169,87 (€ 10.584,94 und € 10.584,93 an ***11*** und ***12***);

Umsatzsteuer 2009 € 103,53 Umsatzsteuer 2010 - 2.263,27

Umsatzsteuer 2011 € 2.491,97 Umsatzsteuer 2012 € 2.694,78

Umsatzsteuer 2013 vorläufig - € 141,93

Die ***16*** OHG, Handelsgesellschaft FB ***13***, StNr. ***10***, erhob mit Schriftsätzen vom 23., 24 und , eingelangt am , sowie vom , eingelangt am , Beschwerde gegen die hier angeführten Bescheide.

Am ergingen an die ***9***, zHd ***11*** als zustellungsbevollmächtigter Gemeinschafter, jeweils erklärungsgemäß die vorläufigen Bescheide betreffend Feststellung der Einkünfte gemäß § 188 BAO für das Jahr 2014 mit - € 7.842,87 (€ - 7.842,87 und € 0,00 an ***11*** und ***12***) und Umsatzsteuer 2014 mit € 78,30.

Die von der ***1***, Handelsgesellschaft FB ***13***, StNr. ***10*** erhobene Beschwerde vom gegen die Bescheide betreffend Feststellung der Einkünfte gemäß § 188 BAO 2014 und Umsatzsteuer 2014 richtet sich gegen die jeweils vorläufigen Festsetzungen (Feststellung mit -7.842,87 an ***11***; Umsatzsteuer für 2014 € 78,30).

Mit Beschwerdevorentscheidung vom 05. und , adressiert an die ***9***, zHd ***11*** als zustellungsbevollmächtigter Gemeinschafter, wurden die Beschwerden betreffend Feststellung der Einkünfte gemäß § 188 BAO für die Jahre 2009 bis 2013 und Umsatzsteuer für die Jahre 2009 bis 2012 als unbegründet abgewiesen.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom (adressiert wie oben) wurden der Bescheid betreffend Feststellung der Einkünfte gemäß § 188 BAO für 2014 und der Umsatzsteuerbescheid 2014 jeweils abgeändert und für endgültig erklärt (Einkünfte gemäß § 188 BAO € 27.704,23 (€ 13.852,11 und € 13.852,12 an ***11*** und ***12***; Umsatzsteuer € 4.617,37).

Mit Schriftsätzen vom (eingelangt am ) und vom (eingelangt am ) wurden von der Fa. ***1*** Vorlageanträge betreffend die Feststellungsbescheide (§ 188 BAO) und Bescheide betreffend Umsatzsteuer für die Jahre 2009 bis 2012 sowie 2014 eingebracht.

II. Die vorläufige Festsetzung der Umsatzsteuer 2013 wurde mit Bescheid vom , gerichtet an die ***9***, zHd ***11*** als zustellungsbevollmächtigter Gemeinschafter, für endgültig erklärt.

Gegen die Endgültigerklärung des Umsatzsteuerbescheides für das Jahr 2013 vom wurde mit Schriftsatz der Fa. ***16*** OHG vom (eingelangt am ) Beschwerde und Vorlageantrag erhoben.

Die Abgabenbehörde legte die im Spruch dieses Beschlusses angeführten Beschwerden und den Vorlageantrag einlangend mit an das Bundesfinanzgericht vor.

Rechtsgrundlagen:

§ 93 Bundesabgabenordnung (BAO):

Abs. 1: Für schriftliche Bescheide gelten außer den ihren Inhalt betreffenden besonderen Vorschriften die Bestimmungen der Abs. 2 bis 6, wenn nicht nach gesetzlicher Anordnung die öffentliche Bekanntmachung oder die Auflegung von Listen genügt.

Abs. 2: Jeder Bescheid ist ausdrücklich als solcher zu bezeichnen, er hat den Spruch zu enthalten und in diesem die Person (Personenvereinigung, Personengemeinschaft) zu nennen, an die er ergeht.

§ 97 BAO:

Abs. 1: Erledigungen werden dadurch wirksam, dass sie demjenigen bekannt gegeben werden, für den sie inhaltlich bestimmt sind. Die Bekanntgabe erfolgt

a) bei schriftlichen Erledigungen, wenn nicht in besonderen Vorschriften die öffentliche Bekanntmachung oder Auflegung von Listen vorgesehen ist, durch Zustellung;

b) bei mündlichen Erledigungen durch deren Verkündung.

Gemäß § 260 Abs. 1 BAO ist die Bescheidbeschwerde mit Beschluss zurückzuweisen, wenn sie

a) nicht zulässig ist oder

b) nicht fristgerecht eingebracht wurde.

Gemäß § 264 Abs. 4 lit. e BAO ist für Vorlageanträge § 260 Abs. 1 (Unzulässigkeit, nicht fristgerechte Einbringung) sinngemäß anzuwenden.

Festgestellter Sachverhalt:

Die vorliegenden Bescheide und Beschwerdevorentscheidungen waren jeweils an die "***3***" zH ***11***, ***25***, als zustellungsbevollmächtigter Gemeinschafter, adressiert.

Die ***1***, vertreten durch Gesellschafter ***5*** für die Mitbesitzer FBN ***13***, StNr. ***10***, hat gegen diese Bescheide Beschwerden und Vorlageanträge erhoben.

Unter der in den eingebrachten Schriftsätzen angeführten Firmenbuchnummer ***14*** war seit (Ersterfassung) die "***15*** ***16***, seit als Offene Gesellschaft, seit unter der Geschäftsadresse ***2***, im Firmenbuch eingetragen.

Als unbeschränkt haftende Gesellschafter fungierten seit ***11*** und ***12***, beide in ***2*** (vgl. FB-Datenauszug).

Erwägungen und rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 93 Abs. 2 BAO ist jeder Bescheid ausdrücklich als solcher zu bezeichnen, hat den Spruch zu enthalten und in diesem die Person (Personenvereinigung, Personengemeinschaft) zu nennen, an die er ergeht.

Bei einer natürlichen Person etwa ist zur Bezeichnung des Bescheidadressaten die Anführung ihres Vor- und Zunamens erforderlich (vgl. ua ).

Bei einer im Firmenbuch eingetragenen Kapitalgesellschaft ist der Bescheidadressat durch die Firma anzugeben (vgl. ua ).

Das hier Angeführte gilt sinngemäß auch für im Firmenbuch eingetragene Offene Handelsgesellschaften und Offene Gesellschaften. Wie im Vorlagebericht ausgeführt, wären im Firmenbuch eingetragene Rechtsträger mit ihrem Firmenbuchnamen (Gesellschaftsnamen) zu bezeichnen gewesen.

Der Adressat, nämlich die im Firmenbuch unter der FBNr. ***13*** eingetragene Gesellschaft ***17*** ***18***, war daher in den im Spruch dieses Beschlusses angeführten Bescheiden nicht bezeichnet, sondern wurden die Bescheide an die "***20***" adressiert.

Aus der Begründung der Bescheide geht kein Hinweis auf die ***1*** (vorliegend einschreitende Bf) oder die wie oben eingetragene Offene Gesellschaft hervor. Dass die Bescheide jeweils zu Handen des für die "***3***" vertretungsbefugten Gemeinschafters, der als geschäftsführender Gesellschafter der wie oben in das Firmenbuch eingetragenen Gesellschaft fungierte, adressiert wurden, reicht als Ersatz für die korrekte und vollständige Bezeichnung des Adressaten nicht aus.

Nach ständiger Rechtsprechung ist die Personenumschreibung notwendiger Bestandteil eines Bescheidspruches mit der Wirkung, dass ohne gesetzmäßige Bezeichnung des Adressaten im Bescheidspruch, zu dem auch das Adressfeld zählt, kein individueller Verwaltungsakt gesetzt wird (vgl. ).

Die im Spruch angeführten Bescheide sind daher weder gegenüber der Bf (***21***), noch gegenüber der im Firmenbuch wie oben eingetragenen Offenen Gesellschaft wirksam geworden und gehen die von der "***16*** OHG" dagegen unter der angeführten FBNr. ***13***, unter der die "***23*** mit Textilwaren ***16*** eingetragen war und ist, erhobenen Rechtsmittel mangels tauglicher Anfechtungsobjekte ins Leere (vgl. auch der Judikaturverweis im Vorlagebericht).

Daran ändert auch der Hinweis auf die "***4***" als geprüfte Gesellschaft in der Begründung der Beschwerdevorentscheidung vom betreffend die vorliegend angefochtenen Bescheide für die Jahre 2009 bis 2012 nichts (vgl. im Übrigen die Vorlageanträge der ***1***).

Ein "Deuten" des wie oben gesetzwidrig bezeichneten Adressaten in den im Spruch dieses Beschlusses angeführten Bescheiden, über die das Bundesfinanzgericht abzusprechen hat, war ohne Zweifel nicht zulässig oder geboten.

Allein anhand der Steuernummer oder etwa aus den in den Beschwerden (Vorlageanträgen) der Fa. ***1*** (Bf), vertreten durch den Gesellschafter ***5***, enthaltenen Angaben über die Firmenbuchnummer ***13*** - diese betrifft aber, wie oben angeführt, die Fa. "***26***" Einzelhandel mit Textilwaren ***16*** - war ein Rückschluss auf das Steuersubjekt und eine eindeutige Identifizierung des Adressaten nicht möglich, wenn dieser ua von der Miteigentumsgemeinschaft "***6***" nicht von vornherein und eindeutig hat unterschieden werden können.

Zusammenfassung:

I. Weder gegenüber dem in den Bescheiden angeführten Adressaten ("***22***"), noch gegenüber der Bf oder der im Firmenbuch eingetragenen Offenen Gesellschaft haben die Bescheide Wirkung entfalten können, weil mangels gesetzmäßiger Bezeichnung des Adressaten im Spruch der Bescheide, zu dem auch das Adressfeld zählt, kein individueller Verwaltungsakt gesetzt worden ist (vgl , vom , 97/13/0127 sowie vom , 2004/13/0151 und die dort zitierte Judikatur).

Die in Teil I. und II. des Spruches dieses Beschlusses angeführten Beschwerden der ***7*** waren aus den hier angeführten Gründen mangels Aktivlegitimation als unzulässig zurückzuweisen (vgl. der Firmenwortlaut lt Firmenbuch seit ).

II. In der Beschwerdevorentscheidung vom war über die vorläufig festgesetzte Umsatzsteuer für das Jahr 2013 nicht abgesprochen worden, weshalb der diesbezüglich am wie oben eingebrachte Vorlageantrag vom auch aus diesem Grunde unzulässig war.

Die Beschwerde (Vorlageantrag) vom (eingelangt am ) gegen die Endgültigerklärung vom des vorläufigen Umsatzsteuerbescheides 2013 vom war dabei als ergänzender Schriftsatz zur gegen den vorläufigen Bescheid gerichteten Beschwerde vom und der wie oben gleichzeitig gestellte Vorlageantrag als ergänzender Schriftsatz zum Vorlageantrag vom zu behandeln.

Aus den angeführten Gründen war spruchgemäß zu entscheiden.

Zur Unzulässigkeit einer Revision

Gegen einen Beschluss des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Gründe für eine Revision im hier angeführten Sinn liegen nicht vor.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 97 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 260 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 264 Abs. 4 lit. e BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 93 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
ECLI
ECLI:AT:BFG:2022:RV.7103563.2022

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at