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Bescheidbeschwerde – Senat – Erkenntnis, BFG vom 15.12.2022, RV/7102676/2022

Krankenunterstützung des Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer Niederösterreich als dem Wochengeld vergleichbarer Bezug steuerfrei

Rechtssätze


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Stammrechtssätze
RV/7102676/2022-RS1
Die vom Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer Niederösterreich nach § 42 der Satzung gewährte Krankenunterstützung während des Mutterschutzes stellt einen dem Grunde und der Höhe nach dem Wochengeld vergleichbaren Bezug dar und ist daher gemäß § 3 Abs. 1 Z 4 lit. a EStG 1988 von der Einkommensteuer befreit.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Senatsvorsitzende Dr. Anna Radschek, die Richterin Mag. Anna Mechtler-Höger sowie die fachkundigen Laienrichter Mag Andrea Prozek und Gerald Cuny-Kreuzer in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch MMag. Viktoria Grassmann, Nußallee 4-6, 3430 Tulln an der Donau, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Einkommensteuer 2019, Steuernummer ***BF1StNr1***, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am in Anwesenheit der Schriftführerin FOI Andrea Newrkla zu Recht erkannt:

I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben.
Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.

Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

1. Angefochtener Bescheid

Die Beschwerdeführerin ist Ärztin und bezog während ihres Mutterschutzes u.a. auch Krankenunterstützung aus dem Wohlfahrtfonds der Ärztekammer NÖ, für die ein Lohnzettel ausgestellt und an die belangte Behörde übermittelt wurde. Die von der Beschwerdeführerin laut Lohnzettel bezogene Krankenunterstützung des Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer NÖ wurde im Einkommensteuerbescheid 2019 vom als steuerpflichtige Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit besteuert.

2. Beschwerde

In der fristgerecht eingebrachten Beschwerde wandte sich die Beschwerdeführerin gegen die Besteuerung der Krankenunterstützung als Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit und begründete dies folgendermaßen:

Sie sei angestellte Ärztin im ***Krankenhaus*** und zusätzlich auf Honorarnotenbasis als Notärztin tätig. Aufgrund ihrer Schwangerschaft habe sie sich ab auf Basis einer ärztlichen Bestätigung in Frühkarenz befunden.

Nach § 105 ÄrzteG seien aus dem Wohlfahrtsfonds neben den in § 98 Abs. 1 ÄrzteG angeführten Versorgungsleistungen (Altersversorgung, Invaliditätsversorgung, Kinderunterstützung udgl.) Krankenunterstützung und sonstige Unterstützungsleistungen zu gewähren. Kammerangehörigen, die durch Krankheit oder Unfall unfähig seien, den ärztlichen Beruf auszuüben, werde eine Krankenunterstützung gewährt, die sich nach der Dauer der Krankheit richte (vgl. § 106 Abs. 1 ÄrzteG). Die Höhe dieser Krankenunterstützung und die Anspruchsvoraussetzungen seien in der Satzung festzulegen (vgl. § 106 Abs. 2 ÄrzteG).

Die vom Wohlfahrtfonds erhaltene Krankenunterstützung sei nach § 3 Abs. 1 Z 4 lit. a EStG als eine dem Wochengeld gleichartige Zuwendung aus der Kammer der selbständigen Erwerbstätigen steuerfrei. Der Lohnzettel sei daher zu korrigieren.

Aufgrund der Frühkarenz habe die Beschwerdeführerin während des Mutterschutzes "Krankenunterstützung" aus dem Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer Niederösterreich für 286 Tage bezogen. Aufgrund ihrer unselbständigen Tätigkeit sei das Krankengeld als Ersatzleistung für Aktivbezug von der Ärztekammer Niederösterreich im Rahmen eines Lohnzettels (L3) gemäß § 69 Abs. 2 EStG an das Finanzamt gemeldet und sohin vom Finanzamt im Rahmen der Einkommensteuererklärung 2019 als Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit bzw. sonstige Bezüge veranlagt worden.

Gemäß § 3 Abs. 1 Z 4 lit. a EStG seien "das Wochengeld und vergleichbare Bezüge aus dergesetzlichen Sozialversicherung sowie dem Grunde und der Höhe nach gleichartigeZuwendungen aus Versorgungs- und Unterstützungseinrichtungen der Kammern derselbständig Erwerbstätigen" steuerfrei. Gemäß § 42 Abs. 1 der Satzung des Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer Niederösterreich idF vom hätten weibliche Wohlfahrtsfonds-Mitglieder in der Zeit des Beschäftigungsverbotes gemäß den §§ 3 und 5 Mutterschutzgesetz 1979 bis zur Höchstdauer von 16 Wochen Anspruch auf "Krankenunterstützung". Die Dauer des Bezuges könne für die Zeit des Beschäftigungsverbotes gemäß § 3 Abs. 3 Mutterschutzgesetz 1979 überschritten werden, sofern eine amtsärztliche Bestätigung über das Bestehen der Gefahr für Leben oder Gesundheit von Mutter oder Kind vorliege. Daraus sei abzuleiten, dass dem Anspruch auf Krankenunterstützung gemäß § 42 Satzung des Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer Niederösterreich und dem Wochengeldanspruch gemäß § 162 ASVG bzw. § 102a GSVG bzw. § 98 BSVG die gleiche Zweckrichtung innewohne, nämlich den durch die Mutterschaft erlittenen Entgeltverlust zu ersetzen und eine finanzielle Absicherung zu schaffen. Der Tagsatz der Krankenunterstützung betrage gemäß § 44 Satzung des Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer Niederösterreich 34,88 Euro brutto. Während das tägliche Wochengeld nach§ 102a Abs. 4 GSVG sogar 55,04 Euro betrage. Auch hinsichtlich der Dauer des Bezuges gebe es keine Abweichungen zu § 162 ASVG bzw. § 102a GSVG oder § 98 BSVG.Es könne daher bei der Krankenunterstützung während des Mutterschutzes gemäß § 42 Satzung des Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer Niederösterreich von einer gleichartigen Leistung verglichen zu § 162 ASVG bzw. § 102a GSVG oder § 98 BSVG ausgegangen werden.

Ergänzend werde darauf hingewiesen, dass das Kinderbetreuungsgeld gemäß § 6 Abs. 1 KBGG ruhe, sofern ein Anspruch auf eine dem Wochengeld gleichartige Leistungen nach österreichischen Rechtsvorschriften bestehe. In diesem Zusammenhang habe der OGH ( 10 Ob S 34/07h) das Krankengeld aus dem Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer Oberösterreich als gleichartige Leistung angesehen. Aufgrund der weitgehend gleichlautenden Regelungen in den jeweiligen Satzungen der Wohlfahrtskassen der übrigen Ärztekammern in Österreich komme dieser Entscheidung über den Wirkungsbereich der Oberösterreichischen Ärztekammer hinaus Bedeutung zu (vgl. ARD 5779/7/2007, ).

Dass das Wochengeld im Fall der Beschwerdeführerin unter dem Titel "Krankenunterstützung" ausbezahlt werde, vermöge an der rechtlichen Würdigung nichts ändern, dass es sich dem Grunde und der Höhe nach um gleichartige Zuwendungen aus der Kammer der selbständigen Erwerbstätigen (hier Ärztekammer Niederösterreich) handle. Die Einkünfte aus dem Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer in Höhe von EUR 9.975,68 stellten daher steuerfreie Einkünfte gemäß § 3 Abs. 1 Z 4 lit. a EStG dar und seien nicht als Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit zu versteuern. Der Lohnzettel L3 der Ärztekammer Niederösterreich sei daher wie folgt zu berichtigen:

Kz 210 EUR 9.975,68
Kz 220 EUR 0,00
Kz 243 EUR 9.975,68
Kz 245 EUR 0,00
Kz 260 EUR 348,92

Es werde daher beantragt, den Einkommensteuerbescheid 2019 aufzuheben und einen neuen Bescheid unter Berücksichtigung der genannten Beschwerdegründe zu erlassen.

Ergänzend werde beantragt:

  1. die Abhaltung einer mündlichen Verhandlung gemäß § 274 Abs. 1 Z t lit. a BAO

  2. die Entscheidung durch den gesamten Senat gemäß § 272 Abs. 2 Z 1 lit. a BAO

3. Beschwerdevorentscheidung

Die belangte Behörde wies die Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung vom als unbegründet ab und führt in der Begründung aus, die Bescheiderstellung sei durch Übernahme der eingereichten Lohnzettel erfolgt. Die Richtigkeit eines Lohnzettels sei durch den Arbeitgeber) bzw. die Dienststelle der Betriebsstätte des Arbeitgebers zu prüfen. Eine telefonische Rücksprache mit der Ärztekammer habe keine Änderung ergeben. Die Wohnsitzdienststelle des Finanzamtes sei an die eingereichten Lohnzettel gebunden.

4. Vorlageantrag

Im fristgerecht eingebrachten Vorlageantrag wies die Beschwerdeführerin ihre Beschwerde ergänzend darauf hin, die Abgabenbehörde treffe die Verpflichtung, den maßgebenden Sachverhalt von Amts wegen zu ermitteln (§ 115 BAO), wobei als Beweismittel alles in Betracht komme, was zur Feststellung des maßgebenden Sachverhaltes geeignet und nach Lage des einzelnen Falles zweckmäßig sei (§ 166 BAO). Die Abgabenbehörde habe unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Abgabenverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen sei oder nicht (§ 167 Abs. 2 BAO). Ein Lohnzettel sei eine Privaturkunde; eine gegenüber anderen Beweismitteln erhöhte Beweiskraft oder gar eine formelle Bindungswirkung von Lohnzetteln (§ 84 EStG) sei dem Abgabenverfahrensrecht fremd. Lohnzettel seien kein Anbringen im Sinne des § 85 BAO, sie stellten lediglich Beweismittel dar (vgl. Ritz/Koran, BAO7, § 85 Rz 11). Das Finanzamt sei somit nicht an die übermittelten Lohnzettel gebunden.

5. Beschwerdevorlage

Das Finanzamt lege die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor und führte in der Stellungnahme im Vorlagebericht vom aus, es sei ein Auskunftsersuchen an den Bereich Private ANV gestellt worden. Laut Auskunft seien, im Unterschied zum gesetzlichen Wochengeld, das vom "Nettoarbeitsverdienst" bemessen werde, die als Krankenunterstützung berechneten Tagsätze der Ärztekammer NÖ laut § 44 der Satzung Bruttobeträge und somit der Besteuerung zu unterziehen (Beweismittel "Auskunft des Bereiches Private ANV" und "BwFB Anfragenbeantwortung 2010/2011). Der Lohnzettel sei daher richtig und die Besteuerung sei zu Recht erfolgt. Das Finanzamt beantrage daher die Abweisung der Beschwerde.

6. Verfahren vor dem Bundesfinanzgericht

Das Bundesfinanzgericht ersuchte die Verantwortlichen für den Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer Niederösterreich mit Schreiben vom 14.29.2022 um Auskunft darüber, welche Leistungen aufgrund welcher gesetzlichen bzw. statutenmäßigen Regelung mit dem an das Finanzamt übermittelten Lohnzettel abgerechnet worden seien. Gleichzeitig wurde um Bekanntgabe ersucht, wie und aufgrund welcher Regelung eine Aufteilung in laufende und sonstige Bezüge gemäß § 67 EStG 1988 vorgenommen worden sei, und weshalb von der Einkommensteuerpflicht dieser Bezüge ausgegangen worden sei.

In Beantwortung dieses Schreibens teilte die Ärztekammer NÖ mit, die Auszahlung sei aufgrund der Satzung des Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Niederösterreich vorgenommen worden. Gemäß den §§ 40 und 44 der Satzung des Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Niederösterreich werde für den Krankheitsfall/Unfall, sofern der Beruf nicht ausgeübt werden könne, eine Krankenunterstützung gewährt.

Die Besteuerung sei nach den Bestimmungen des § 69 Abs.2 EStG erfolgt.

Die Beschwerdeführerin ergänzte ihr Vorbringen in ihrem Schriftsatz vom , indem sie darlegte, dass sie sich ab auf Basis einer ärztlichen Bestätigung in Frühkarenz befunden habe. Die ärztliche Bestätigung lege sie bei.

Die Geburt des Kindes sei am tt.mm.2019 erfolgt. Von bis habe sie aufgrund einer Berufsunfähigkeit Krankenunterstützung ab dem 4. Tag aus dem Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer Niederösterreich in Höhe von 1.185,92 Euro erhalten. Von bis habe sie Krankenunterstützung in Höhe von 8.789,76 Euro aus dem Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer Niederösterreich für die Dauer des Mutterschutzes bezogen. Die Bescheide der Ärztekammer Niederösterreich würden ebenfalls beigefügt.

Von bis habe die Beschwerdeführerin Krankenunterstützung gemäß § 40 der Satzung des Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Niederösterreich, sohin für 34 Tage bezogen.

Der Bezug der Krankenunterstützung gemäß § 42 der Satzung des Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Niederösterreich habe mit dem Beschäftigungsverbot gemäß § 3 Abs. 3 MSchG begonnen und bis 12 Wochen nach der Geburt des Kindes, gesamt somit 252 Tage gedauert. Hinsichtlich der Krankenunterstützung während des Mutterschutzes gemäß § 42 Satzung des Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer Niederösterreich in Höhe von 8.789,76 Euro handle es sich dem Wochengeld dem Grunde und der Höhe nach gleichartige Zuwendungen, welche gemäß § 3 Abs. 1 Z 4 lit. a EStG steuerfrei seien.

Die letzten drei Absätze der Beschwerde vom gegen den Einkommensteuerbescheid 2019 würden daher wie folgt geändert werden: Die Einkünfte aus dem Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer Niederösterreich in Höhe von EUR 8.789,76 würden steuerfreie Einkünfte gemäß § 3 Abs. 1 Z 4 lit. a EStG darstellen und seien nicht als Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit zu versteuern. Der Lohnzettel L3 der Ärztekammer Niederösterreich sei daher wie folgt zu berichtigen:

Kz210 EUR 9.975,68
Kz 220 EUR 169,42
Kz 243 EUR 8.789,76
Kz 245 EUR 1.016,50
Kz 260 EUR 348,92

Auch die Ärztekammer für Niederösterreich übermittelte auf Anfrage am die Bescheide vom , in denen einerseits Krankenunterstützung für den Zeitraum der Berufsunfähigkeit vom bis in Höhe von 1.185,92 Euro, sowie Krankenunterstützung für die Dauer des Mutterschutzes vom bis in Höhe von 8.789,76 Euro gewährt wurden.

Im Schriftsatz vom brachte die steuerliche Vertretung der Beschwerdeführerin ergänzend vor, der Verfassungsgerichtshof habe in seinem Erkenntnis vom , G 198/98 ausgesprochen, dass ungeachtet des einkommensteuerrechtlichen Grundsatzes, Einkommensersatz wie Erwerbseinkommen zu besteuern, die Ausnahme der Steuerpflicht für das Wochengeld (§ 3 Abs. 1 Z 4 lit. a EStG) im Hinblick darauf gerechtfertigt sei, dass es sich nach dem Nettoarbeitsverdienst bemesse (§ 162 Abs. 3 ASVG: "vermindert um die gesetzlichen Abzüge"). Lohnfortzahlungen durch den Arbeitgeber, wie etwa im Bereich des öffentlichen Dienstes, seien nach dem Einkommensteuergesetz auch für den Zeitraum der Beschäftigungsverbote wegen einer Schwangerschaft nicht steuerbefreit.

Der Verfassungsgerichtshof habe sich ausschließlich mit Wochengeldbezügen gemäß § 162 ASVG befasst, welche aus einem unselbständigen Beschäftigungsverhältnis resultierten. Während das Wochengeld gemäß ASVG betragsmäßig nicht begrenzt sei und im Wesentlichen in Höhe des durchschnittlichen Arbeitsverdienstes der letzten drei Monate oder 13 Wochen vor dem Eintritt des Versicherungsfalles der Mutterschaft zustehe (§ 162 Abs. 3 ASVG), habe die Beschwerdeführerin vom Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer Niederösterreich einen in der Satzung definierten Tagsatz für die Dauer des Mutterschutzes ausbezahlt bekommen. Eine Bemessung von einem Brutto- oder Nettoarbeitsverdienst habe nicht stattgefunden - es sei eben keine Berechnung der Auszahlungsgrundlage durch den Wohlfahrtsfonds auf Basis vergangener Bezüge erfolgt. Die Krankenunterstützung im Zuge der Mutterschaft aus dem Wohlfahrtsfonds sei auch nicht mit einer Geldleistung (Lohnfortzahlung) zu vergleichen, die eine Beamtin in Österreich für den Zeitraum des Beschäftigungsverbotes wegen einer Schwangerschaft erhalte, welche nach dem Einkommensteuergesetz nicht steuerbefreit sei (vgl. ).

Ein Vergleich der Krankenunterstützung gemäß § 42 iVm § 44 der Satzung des Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer Niederösterreich mit der Regelung nach § 162 ASVG sei aufgrund der Konzeption und des Berechnungserfordernisses des Wochengeldes nach dem ASVG daher nicht sachgerecht. Im gegenständlichen Fall sei ein Vergleich mit § 102a GSVG bzw. § 98 BSVG erforderlich, beide Bestimmungen würden ebenfalls gesetzlich definierte Tagessätze für das Wochengeld vorsehen.

Der Unabhängige Finanzsenat habe bereits in seiner Entscheidung vom , RV/0659-S/08 festgehalten, dass Beihilfen gemäß § 98 BSVG nach dem Gesetzestext zur Gänze als Leistungen der gesetzlichen Sozialversicherung im Sinne des § 3 Abs. 1 Z 4 lit. a EStG 1988 zu qualifizieren seien. Das tägliche Wochengeld gemäß § 98 Abs. 5 BSVG habe sich im Jahr 2019 auf EUR 55,04 (BGBLII Nr. 329/2018) belaufen. Auf einen Brutto- oder Nettowert werde im BSVG kein Bezug genommen.

Der eindeutige Gesetzeswortlaut des § 3 Abs. 1 Z 4 lit. a EStG 1988 beinhalte ebenfalls keinen Hinweis darauf, dass im Falle von pauschal ausbezahltem Wochengeld ausschließlich Nettowerte von der Einkommensteuer befreit sein sollen. Der Vergleich mit § 162 ASVG sei - wie bereits erwähnt - nicht zweckdienlich, da die Berechnungsgrundlage gemäß § 162 ASVG nicht mit § 98 BSVG und auch nicht mit § 42 iVm § 44 Satzung der Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer Niederösterreich vergleichbar sei. Angemerkt werde an dieser Stelle noch, dass die Satzung des Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer Niederösterreich keine Definition der Bezeichnung "brutto" enthalte.

Das Wochengeld solle einen Ersatz für den im Zusammenhang mit der Entbindung stehenden Verlust des Verdienstes darstellen. Setze man den Betriff Nettoarbeitsverdienst gemäß § 162 ASVG mit dem Begriff Nettoeinkommen (Einkommen gemäß Einkommensteuerbescheid abzüglich Einkommensteuer) gleich und vergleiche die Bezüge aus Anlass des Mutterschutzes mit dem Nettoeinkommen der Beschwerdeführerin aus dem Jahr 2018, gelange man zu folgendem Ergebnis:

Da der Einkommensverlust aus dem Anstellungsverhältnis zum ***Krankenhaus*** durch das Wochengeld gemäß § 162 ASVG bereits entsprechend abgegolten worden sei, würden die Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit in der Berechnung nicht weiter berücksichtigt. Auf Basis der Einkünfte aus Sonderklassegeldern, Notarzttätigkeit und Vertretungstätigkeit habe die Beschwerdeführerin im Jahr 2018 Einkünfte aus selbständiger Arbeit in Höhe von EUR 32.368,26 erzielt. Unter Berücksichtigung des Durchschnittsteuersatzes von 36,65% entspreche dies einem Nettoeinkommen aus der selbständigen Tätigkeit im Jahr 2018 in Höhe von 20.505,86 Euro. Umgerechnet auf einen Tagessatz würde dies einem Nettoeinkommen in Höhe von 56,18 Euro pro Tag entsprechen. Das durch den Wohlfahrtsfonds ausbezahlte "Wochengeld" in Höhe von 34,88 Euro brutto - dieser Betrag unterliege nicht der Sozialversicherungspflicht - decke den Verdienstentgang während des Mutterschutzes für die selbständige Tätigkeit nicht zur Gänze ab. Ein zusätzlicher Steuerabzug beim "Wochengeld" würde die Beschwerdeführerin verglichen mit § 102a GSVG oder § 98 BSVG gröblich benachteiligen.

Angemerkt werde noch, dass pauschale Tagessätze gemäß § 102a GSVG oder § 98 BSVG sogar dazu führen könnten, dass Wochengeldzahlungen höher ausfielen, als der erlittene Verdienstentgang ausmache. Dies würde auf Basis der Argumentation des Finanzamtes dann ebenfalls keinem "Nettoarbeitsverdienst" bzw. "Nettoverdienstentgang" entsprechen. Dennoch würden diese Zahlungen gemäß § 3 Abs. 1 Z 4 lit. a EStG zur Gänze von der Einkommensteuer befreit.

Daraus sei abzuleiten, dass dem Anspruch auf Krankenunterstützung gemäß § 42 Satzung des Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer Niederösterreich und dem Wochengeldanspruch gemäß § 162 ASVG bzw. § 102a GSVG bzw. § 98 BSVG die gleiche Zweckrichtung innewohne, nämlich den durch die Mutterschaft erlittenen Entgeltverlust zu ersetzen und eine finanzielle Absicherung zu schaffen. Es bestehe zwischen der in Rede stehenden Krankenunterstützung einerseits und dem Wochengeld andererseits Übereinstimmung im Anlass der Geldleistung im Zuge des Mutterschutzes.

Hinsichtlich des Zeitraums, für welchen die Zahlungen geleistet werden, bestehe ebenfalls Übereinstimmung.

Der Tagessatz der Krankenunterstützung betrage gemäß § 44 Satzung des Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer Niederösterreich 34,88 Euro brutto, während das tägliche Wochengeld nach § 102a GSVG und § 98 BSVG sogar 55,04 Euro betrage. Auf einen Brutto- oder Nettowert komme es bei der Steuerbefreiung für pauschale Wochengeldbezüge gemäß § 3 Abs. 1 Z 4 lit. a EStG nicht an.

Dass das Wochengeld im Fall der Beschwerdeführerin unter dem Titel "Krankenunterstützung" ausbezahlt werde, vermöge an der rechtlichen Würdigung nichts zu ändern, dass es sich dem Grunde und der Höhe nach um gleichartige Zuwendungen aus der Kammer der selbständigen Erwerbstätigen (hier Ärztekammer Niederösterreich) handle.

Es könne daher bei der Krankenunterstützung während des Mutterschutzes gemäß § 42 der Satzung des Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer Niederösterreich von einer gleichartigen Leistung verglichen mit § 102a GSVG oder § 98 BSVG ausgegangen werden. Da es sich bei der beschriebenen Leistung um ein Wochengeld bzw. einen vergleichbaren Bezug aus der Unterstützungseinrichtung der Kammer im Sinne des § 3 Abs. 1 Z 4 lit. a EStG 1988 handle, werde die steuerfreie Behandlung der Krankenunterstützung in Höhe von 8.789,76 Euro im Kalenderjahr 2019 beantragt.

In der mündlichen Verhandlung vor dem gesamten Senat wiederholte die steuerliche Vertreterin der Beschwerdeführerin ihr in den bisherigen Schriftsätzen dargelegtes Vorbringen.

Die Finanzamtsvertreterin führte aus, die Beschwerdeführerin habe bereits ein steuerfreies Wochengeld von der ÖGK erhalten, weshalb kein weiteres steuerfreies Wochengeld anerkannt werden könne. Außerdem verweise sie darauf, dass die Statuten des WFF der Ärztekammer Niederösterreich einen Bruttotagessatz vorsähen.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhalt

Die Beschwerdeführerin ist Ärztin und übt ihren Beruf nichtselbständig am ***Krankenhaus*** aus. Zusätzlich ist sie auf Honorarnotenbasis als Notärztin tätig und bezieht im geringfügigen Ausmaß Sonderklassegelder. Aufgrund ihrer Schwangerschaft wurde über sie ab ein Beschäftigungsverbot verhängt. Sie befand sich damit ab bis (252 Tage) in Mutterschutz, für dessen Dauer ihr neben dem von der ÖGK ausbezahlten Wochengeld in Höhe von 165,13 Euro täglich auch von der Ärztekammer Niederösterreich eine Krankenunterstützung in Höhe von 34,88 Euro brutto pro Tag, somit insgesamt 8.789,76 Euro gewährt wurde. In der Zeit vom bis wurde ihr von der Ärztekammer Niederösterreich wegen einer Erkrankung Krankengeld in Höhe von 1.185,92 Euro gewährt.

Beweiswürdigung

Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus den vorgelegten Unterlagen und ist unstrittig.

Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Stattgabe)

Gemäß § 3 Abs. 1 Z 4 lit. a EStG 1988 sind das Wochengeld und vergleichbare Bezüge aus der gesetzlichen Sozialversicherung sowie dem Grunde und der Höhe nach gleichartige Zuwendungen aus Versorgungs- und Unterstützungseinrichtungen der Kammern der selbständig Erwerbstätigen von der Einkommensteuer befreit.

§ 162 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG) normiert:

"(1) Weiblichen Versicherten gebührt für die letzten acht Wochen vor der voraussichtlichen Entbindung, für den Tag der Entbindung und für die ersten acht Wochen nach der Entbindung ein tägliches Wochengeld. Weibliche Versicherte nach Frühgeburten, Mehrlingsgeburten oder Kaiserschnittentbindungen erhalten das Wochengeld nach der Entbindung durch zwölf Wochen. Über die vorstehenden Fristen vor und nach der Entbindung hinaus gebührt das Wochengeld ferner für jenen Zeitraum, während dessen Dienstnehmerinnen und Bezieherinnen einer Leistung nach dem AIVG oder KBGG im Einzelfall bei Dienstnehmerinnen nach § 4 Abs. 2 auf Grund eines fachärztlichen, arbeitsinspektionsärztlichen oder amtsärztlichen, bei Dienstnehmerinnen nach § 4 Abs. 4 auf Grund eines fachärztlichen oder amtsärztlichen Zeugnisses nachgewiesen wird, dass das Leben oder die Gesundheit von Mutter oder Kind bei Fortdauer der Beschäftigung oder Aufnahme einer Beschäftigung gefährdet wäre. Dienstnehmerinnen nach § 4 Abs. 2 und 4 haben weiters für den Zeitraum eines Beschäftigungsverbotes für werdende Mütter nach § 13a Abs. 5 Tabakgesetz Anspruch auf Wochengeld.

(2) Die Achtwochenfrist vor der voraussichtlichen Entbindung gemäß Abs. 1 wird auf Grund eines ärztlichen Zeugnisses berechnet. Erfolgt die Entbindung zu einem anderen als dem vom Arzt angenommenen Zeitpunkt, so verkürzt oder verlängert sich die im Abs. 1 vorgesehene Frist vor der Entbindung entsprechend. Die Frist nach der Entbindung verlängert sich jedoch in jedem Falle bis zu dem Zeitpunkt, in dem das Beschäftigungsverbot nach den Vorschriften des Mutterschutzrechtes endet.

(3) Das Wochengeld gebührt in der Höhe des auf den Kalendertag entfallenden Teiles des durchschnittlichen in den letzten 13 Wochen (bei Versicherten, deren Arbeitsverdienst nach Kalendermonaten bemessen oder abgerechnet wird, in den letzten drei Kalendermonaten) vor dem Eintritt des Versicherungsfalles der Mutterschaft gebührenden Arbeitsverdienstes, vermindert um die gesetzlichen Abzüge; die auf diesen Zeitraum entfallenden Sonderzahlungen sind nach Maßgabe des Abs. 4 zu berücksichtigen. Für Dienstnehmerinnen nach § 4 Abs. 4 ist das tägliche Nettoeinkommen unter Zugrundelegung des im ersten Satz genannten Arbeitsverdienstes nach § 21 Abs. 3 zweiter Satz AlVG zu berechnen. Wurde von Versicherten, deren Arbeitsverdienst nach Kalendermonaten bemessen oder abgerechnet wird, lediglich im Kalendermonat des Eintrittes des Versicherungsfalles der Mutterschaft ein Arbeitsverdienst erzielt, so gilt dieser für die Ermittlung des durchschnittlichen in den letzten drei Kalendermonaten gebührenden Arbeitsverdienstes als im letzten vollen Kalendermonat vor dem Eintritt des Versicherungsfalles erzielt. Fallen in den für die Ermittlung des durchschnittlichen Arbeitsverdienstes maßgebenden Zeitraum auch Zeiten des Bezuges einer Leistung nach dem KBGG oder nach dem Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977, so gilt für diese Zeiten als Arbeitsverdienst jenes Wochengeld, das auf Grund des Abs. 3a Z 2 in Verbindung mit Abs. 5 Z 3 oder auf Grund des Arbeitslosenversicherungsgesetzes 1977 beim Eintritt des Versicherungsfalles der Mutterschaft während des Leistungsbezuges gebührt hätte. Bei Versicherten, deren Lehrverhältnis während des genannten Zeitraumes geendet hat, ist, wenn es für die Versicherte günstiger ist, für die Ermittlung der Höhe des Wochengeldes der Arbeitsverdienst im letzten Beitragszeitraum, vermindert um die gesetzlichen Abzüge, heranzuziehen. Fallen in den für die Ermittlung des durchschnittlichen Arbeitsverdienstes maßgebenden Zeitraum

a) Zeiten der im § 11 Abs. 3 bezeichneten Art,

b) Zeiten, während derer die Versicherte infolge Krankheit, eines mutterschutzrechtlichen Beschäftigungsverbotes oder Kurzarbeit nicht das volle Entgelt bezogen hat,

c) Zeiten, während deren die Versicherte nach den §§ 14a, 14b, 14c, oder 14d AVRAG oder einer gleichartigen Regelung zum Zwecke der Sterbebegleitung eines (einer) nahen Verwandten, der Begleitung eines schwersterkrankten Kindes oder der Pflege eines/einer nahen Angehörigen (Pflegekarenz) nicht das volle oder kein Arbeitsentgelt bezogen hat oder

d) Zeiten, in denen Wiedereingliederungsgeld bezogen wurde,

so bleiben diese Zeiten bei der Ermittlung des durchschnittlichen Arbeitsverdienstes außer Betracht. Liegen in dem maßgebenden Zeitraum nur Zeiten der in lit. a, b, c oder d bezeichneten Art vor, so verlängert sich der maßgebende Zeitraum um diese Zeiten; diese Zeiten bleiben bei der Berechnung des durchschnittlichen Arbeitsverdienstes außer Betracht. In den Fällen des § 122 Abs. 3 erster Satz sind, wenn dies für die Versicherte günstiger ist, für die Ermittlung der Höhe des Wochengeldes nicht die letzten 13 Wochen bzw. drei Kalendermonate vor dem Eintritt des Versicherungsfalles der Mutterschaft heranzuziehen, sondern die letzten 13 Wochen bzw. drei Kalendermonate vor dem Ende der Pflichtversicherung oder vor dem Ende des Dienstverhältnisses.

(3a) Abweichend von Abs. 3 gebührt das Wochengeld

1. den nach § 19a Abs. 6 als Pflichtversicherte geltenden Selbstversicherten in der Höhe von 6,83 € (Anm. 1) täglich;

2. den Bezieherinnen von Kinderbetreuungsgeld in der Höhe des gebührenden, täglichen Kinderbetreuungsgeldes; § 122 Abs. 3 ist nicht anzuwenden, soweit es sich um Geldleistungen (Wochengeld) handelt.

(Anm.: Z 3 aufgehoben durch BGBl. I Nr. 53/2016)

An die Stelle des in der Z 1 genannten Betrages tritt ab 1. Jänner eines jeden Jahres der unter Bedachtnahme auf § 108 Abs. 6 mit dem jeweiligen Anpassungsfaktor (§ 108f) vervielfachte Betrag.

(4) Die auf die letzten 13 Wochen bzw. auf die letzten drei Kalendermonate entfallenden Sonderzahlungen sind bei der Bemessung des Wochengeldes in der Weise zu berücksichtigen, daß der nach Abs. 3 ermittelte Netto-Arbeitsverdienst um einen durch die Satzung des Versicherungsträgers allgemein festzusetzenden Hundertsatz erhöht wird; der Hundertsatz kann einheitlich oder gesondert für bestimmte Gruppen von Versicherten unter Bedachtnahme auf den Durchschnittswert der Sonderzahlungen festgesetzt werden.

(5) Vom Anspruch auf Wochengeld sind ausgeschlossen:

1. Pflichtversicherte, die nach § 138 Abs. 2 lit. a bis e und h vom Anspruch auf Krankengeld ausgeschlossen sind,

2. Selbstversicherte (§ 16),

3. Teilversicherte nach § 8 Abs. 1 Z 1 lit. f außer jene, die aufgrund der dem Kinderbetreuungsgeld-Bezug zugrundeliegenden Entbindung Anspruch auf Wochengeld hatten oder deren Kinderbetreuungsgeld-Bezug eine Inpflegenahme oder Adoption zu Grunde liegt und denen Wochengeld gebührt hätte, wenn an Stelle der Inpflegenahme oder Adoption eine Entbindung stattgefunden hätte."

Gemäß § 102 Abs. 5 erster Satz Gewerbliches Sozialversicherungsgesetz (GSVG) gebühren Betriebshilfe bzw. Wochengeld (§ 102a GSVG) weiblichen Personen, die auf Grund einer Erwerbstätigkeit nach diesem Bundesgesetz in der Krankenversicherung pflichtversichert sind.

Gemäß § 102a Abs. 1 GSVG gebührt den Anspruchsberechtigten nach § 102 Abs. 5 GSVG für die Dauer der letzten acht Wochen vor der Entbindung, für den Entbindungstag selbst und für die ersten acht Wochen nach der Entbindung Betriebshilfe oder Wochengeld nach Maßgabe der Abs. 2 und 3 leg.cit.; weiblichen Versicherten nach Frühgeburten, Mehrlingsgeburten und Kaiserschnittentbindungen gebührt diese Leistung nach der Entbindung durch zwölf Wochen. Die Achtwochenfrist vor der voraussichtlichen Entbindung ist auf Grund eines ärztlichen Zeugnisses zu berechnen. Erfolgt die Entbindung zu einem anderen als dem vom Arzt angenommenen Zeitpunkt, so verkürzt oder verlängert sich die Frist vor der Entbindung entsprechend. Die Frist nach der Entbindung verlängert sich jedoch in jedem Fall bis zu dem Zeitpunkt, in dem unter der Annahme der Geltung der Vorschriften des Mutterschutzrechtes ein Beschäftigungsverbot enden würde. Über die Frist von acht Wochen vor der Entbindung hinaus gebührt die Leistung, solange bei Fortdauer der Tätigkeit Leben oder Gesundheit von Mutter oder Kind gefährdet wäre und dies durch ein fach- oder amtsärztliches Zeugnis nachgewiesen wird.

Wird die Leistung nach § 102a Abs. 1 GSVG nicht im Wege der Beistellung einer Arbeitskraft durch den Versicherungsträger erbracht, so gebührt anstelle dieser Leistung ein tägliches Wochengeld, solange während des im § 102a Abs. 1 GSVG genannten Zeitraumes eine geeignete betriebsfremde, soweit eine solche nicht zur Verfügung steht, eine nicht betriebsfremde Hilfe ständig zur Entlastung der Wöchnerin eingesetzt worden ist.

Gemäß § 102a Abs. 5 GSVG betrug das tägliche Wochengeld nach § 102a Abs. 3 GSVG im Jahr 2019 55,04 Euro.

Gemäß § 97 Abs. 8 Bauern-Sozialversicherungsgesetz (BSVG) gebührt Betriebshilfe oder Wochengeld (§ 98 BSVG) weiblichen Personen, die auf Grund einer Erwerbstätigkeit nach diesem Bundesgesetz in der Krankenversicherung pflichtversichert sind.

Gemäß § 98 Abs. 1 BSVG gebührt den Anspruchsberechtigten nach § 97 Abs. 8 BSVG für die Dauer der letzten acht Wochen vor der Entbindung, für den Entbindungstag selbst und für die ersten acht Wochen nach der Entbindung Betriebshilfe oder Wochengeld nach Maßgabe der Abs. 2 und 3 leg. cit.; weiblichen Versicherten nach Frühgeburten, Mehrlingsgeburten und Kaiserschnittentbindungen gebührt diese Leistung nach der Entbindung durch zwölf Wochen. Die Achtwochenfrist vor der voraussichtlichen Entbindung ist auf Grund eines ärztlichen Zeugnisses zu berechnen. Erfolgt die Entbindung zu einem anderen als dem vom Arzt angenommenen Zeitpunkt, so verkürzt oder verlängert sich die Frist vor der Entbindung entsprechend. Die Frist nach der Entbindung verlängert sich jedoch in jedem Fall bis zu dem Zeitpunkt, in dem unter der Annahme der Geltung der Vorschriften des Mutterschutzrechtes ein Beschäftigungsverbot enden würde. Über die Frist von acht Wochen vor der Entbindung hinaus gebührt die Leistung, solange bei Fortdauer der Tätigkeit Leben oder Gesundheit von Mutter oder Kind gefährdet wäre und dies durch ein fach- oder amtsärztliches Zeugnis nachgewiesen wird.

Wird die Leistung nach § 98 Abs. 1 BSVG nicht im Wege der Beistellung einer Arbeitskraft durch den Versicherungsträger erbracht, so gebührt gemäß § 98 Abs. 3 BSVG anstelle dieser Leistung ein tägliches Wochengeld, solange während des im Abs. 1 leg. cit. genannten Zeitraumes eine geeignete betriebsfremde, soweit eine solche nicht zur Verfügung steht, eine nicht betriebsfremde Hilfe ständig zur Entlastung der Wöchnerin eingesetzt worden ist.

Gemäß § 98 Abs. 5 BSVG betrug das tägliche Wochengeld nach § 98 Abs. 3 BSVG im Jahr 2019 56,03 Euro.

Gemäß § 96 Abs. 3 Ärztegesetz (ÄrzteG) 1998 sind aus den Mitteln des Wohlfahrtsfonds den Kammerangehörigen nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen Versorgungs- und Unterstützungsleistungen zu gewähren.

Gemäß § 97 Abs. 1 Z 1 ÄrzteG sind aus den Mitteln des Wohlfahrtsfonds Leistungen an anspruchsberechtigte Kammerangehörige für den Fall des Alters, der vorübergehenden oder dauernden Berufsunfähigkeit, zu gewähren.

Gemäß § 98. 1 ÄrzteG sind aus den Mitteln des Wohlfahrtsfonds im einzelnen folgende Versorgungsleistungen zu gewähren:

  1. Altersversorgung,

  2. Invaliditätsversorgung,

  3. Kinderunterstützung,

  4. Hinterbliebenenversorgung:

  5. Witwen- und Witwerversorgung,

  6. Waisenversorgung sowie

  7. die Versorgung des hinterbliebenen eingetragenen Partners.

Gemäß § 105 ÄrzteG sind aus dem Wohlfahrtsfonds neben den im § 98 Abs. 1 ÄrzteG angeführten Versorgungsleistungen Krankenunterstützung und sonstige Unterstützungsleistungen zu gewähren.

§ 106 ÄrzteG normiert:

"(1) Kammerangehörigen, die durch Krankheit oder Unfall unfähig sind, den ärztlichen oder zahnärztlichen Beruf auszuüben, wird eine Krankenunterstützung, die sich nach der Dauer der Krankheit richtet, gewährt.

(2) Die Höhe der Krankenunterstützung und die Anspruchsvoraussetzungen sind in der Satzung festzusetzen.

(3) Die Krankenunterstützung wird für die in der Satzung festgesetzte Dauer, höchstens jedoch für einen Zeitraum von 52 Wochen, berechnet.

(4) Die Ärztekammern können zur Versorgung der Kammerangehörigen und deren Angehörigen für den Fall der Krankheit Vereinbarungen mit privaten Versicherungsunternehmen abschließen.

Gruppenkrankenversicherungen, die die Voraussetzungen des § 5 des Gewerblichen Sozialversicherungsgesetzes (GSVG), BGBl. Nr. 560/1978, erfüllen, sind zulässig.

(5) Bei weiblichen Kammerangehörigen, die den ärztlichen oder zahnärztlichen Beruf nicht in einem Anstellungsverhältnis ausüben (§ 45 Abs. 2 und § 47 Abs. 1), ist die Zeit des Beschäftigungsverbotes gemäß den §§ 3 und 5 des Mutterschutzgesetzes bis zur Höchstdauer von 20 Wochen einer Berufsunfähigkeit im Sinne des Abs. 1 gleichzuhalten.

(6) Bei Erkrankung des Ehegatten oder des eingetragenen Partners oder eines Kindes, die mit einer Behandlung in einer Krankenanstalt verbunden ist, erhält der Kammerangehörige, sofern dies in der Satzung vorgesehen wird, einen Kostenbeitrag bis zur Höhe der Krankenunterstützung.

(7) In der Satzung kann der volle oder teilweise Ersatz der mit einer Erkrankung verbundenen Kosten, und zwar der notwendigen ärztlichen oder zahnärztlichen Behandlung und Geburtshilfe, der Heilmittel und Heilbehelfe, des Krankenhaustransportes sowie eines Kuraufenthaltes vorgesehen werden."

Gemäß § 40 Abs. 1 erster Satz der Statuten des Wohlfahrtsfonds (WFF) der Ärztekammer Niederösterreich wird beitragspflichtigen WFF-Mitgliedern, die durch Krankheit oder Unfall unfähig sind, den ärztlichen oder zahnärztlichen Beruf auszuüben, eine Krankenunterstützung gewährt.

Gemäß § 42 Abs. 1 der Statuten des WFF der Ärztekammer Niederösterreich ist bei weiblichen WWF-Mitgliedern die Zeit des Beschäftigungsverbotes gemäß den §§ 3 und 5 Mutterschutzgesetz 1979 bis zur Höchstdauer von 16 Wocheneiner Berufsunfähigkeit im Sinne des § 40 der Statuten des WFF der Ärztekammer Niederösterreich gleichzuhalten.

Gemäß § 42 Abs. 3 der Statuten des WFF der Ärztekammer Niederösterreich kann die Dauer der Krankenunterstützung für die Zeit des Beschäftigungsverbotes gemäß § 3 Abs. 3 Mutterschutzgesetz 1979 überschritten werden, sofern eine amtsärztliche Bestätigung über das Bestehen der Gefahr für Leib und Leben oder Gesundheit von Mutter oder Kind vorliegt.

Gemäß § 44 Abs. 1 der Statuten des Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer Niederösterreich wird die Krankenunterstützung auf Grund der Gesamtzahl der unterstützungsfähigen Krankheitstage oder der Krankenhausverpflegstage berechnet.

Gemäß § 44 Abs. 2 der Statuten des Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer Niederösterreich beträgt der Tagsatz für die Berechnung der Krankenunterstützung 34,88 Euro brutto.

Der OGH führte in seinem Urteil vom , 10 Ob S 34/07 h, zum Ruhen des Anspruches auf Kinderbetreuungsgeld nach § 6 Kinderbetreuungsgeldgesetz (KBBG) bei Bezug des der Krankenunterstützung des WFF der Ärztekammer Niederösterreich vergleichbaren Krankengeldes des WFF der oberösterreichischen Ärztekammer in Übereinstimmung mit den Aussagen des Berufungsgerichtes aus, dass es sich bei dem von der Klägerin aus dem Fonds der Wohlfahrtskasse der oberösterreichischen Ärztekammer bezogenen "Krankengeld" um eine dem Anspruch auf Wochengeld gemäß § 162 ASVG gleichartige Leistung handle, welche ebenfalls den auf Grund des Beschäftigungsverbotes während der Schutzfrist entstehenden Einkommensentfall ausgleichen solle. Die Klägerin habe nach den entsprechenden Bestimmungen der Satzung einen Anspruch auf Gewährung dieser Leistung der Wohlfahrtskasse. Da diese Satzungsbestimmungen auf der Verordnungsermächtigung des § 107 ÄrzteG beruhen, stelle das der Klägerin gewährte "Krankengeld" auch bei einer formellen Betrachtungsweise eine mit dem Anspruch auf Wochengeld vergleichbare Leistung "nach einer österreichischen Rechtsvorschrift" im Sinne des § 6 Abs 1 Z 1 KBGG dar.

Wie der Verfassungsgerichtshof im Erkenntnis vom , G 198/98, ausgesprochen hat, ist - ungeachtet des einkommensteuerrechtlichen Grundsatzes, Einkommensersatz wie Erwerbseinkommen zu besteuern - die Ausnahme der Steuerpflicht für das Wochengeld (§ 3 Abs. 1 Z 4 lit. a EStG 1988) im Hinblick darauf gerechtfertigt, dass es sich nach dem Nettoarbeitsverdienst bemisst (§ 162 Abs. 3 ASVG: "vermindert um die gesetzlichen Abzüge"). Lohnfortzahlungen durch den Arbeitgeber, wie etwa im Bereich des öffentlichen Dienstes, sind nach dem EStG auch für den Zeitraum der Beschäftigungsverbote wegen einer Schwangerschaft nicht steuerbefreit (vgl. ).

Die Bestimmungen der Statuten des WFF der Ärztekammer Niederösterreich stimmen mit den oben zitierten Bestimmungen des ASVG, GSVG und des BSVG dem Grunde nach uneingeschränkt und der Höhe nach mit den zitierten Bestimmungen des GSVG und des BSVG im Wesentlichen überein. In beiden Gesetzen werden wie in den Statuten des WFF der Ärztekammer Niederösterreich fixe Tagsätze festgesetzt, die lediglich im GSVG und im BSVG jene der Statuten des WWF der Ärztekammer Niederösterreich übersteigen.

Dazu hat die steuerliche Vertreterin der Beschwerdeführerin mit dem von ihr angeführten Vergleich zwischen den Erwerbseinkommen 2018 und der Krankenunterstützung im Jahr 2019 auch nachgewiesen, dass die Ersatzleistung keinesfalls überhöht ist und lediglich einen Ersatz des Nettoverdienstes darstellt. Damit ist das sogenannte Krankengeld des WFF der Ärztekammer Niederösterreich durchaus auch der Höhe nach den nach § 162 ASVG gewährten Leistungen vergleichbar.

Soweit die belangte Behörde davon ausgeht, die vom WFF der Ärztekammer Niederösterreich für den Zeitraum des Beschäftigungsverbotes gewährte Krankenunterstützung könne nicht steuerfrei im Sinne des § 3 Abs. 1 Z 4 lit. a EStG 1988 sein, weil die Beschwerdeführerin bereits von der ÖGK ein steuerfreies Wochengeld erhalten habe, ist darauf hinzuweisen, dass die Beschwerdeführerin die Anspruchsvoraussetzungen sowohl für das Wochengeld nach § 162 ASVG als auch nach den Statuten des WFF der Ärztekammer Niederösterreich erfüllte. § 3 Abs. 1 Z 4 lit. a EStG 1988 ist nicht zu entnehmen, dass das Wochengeld und die dem Grunde und der Höhe nach gleichartigen Zuwendungen aus Versorgungs- und Unterstützungseinrichtungen der Kammern der selbständig Erwerbstätigen in einem Konkurrenzverhältnis stünden und daher nur eine von mehreren für den gleichen Zeitraum aufgrund unterschiedlicher Ansprüche gewährte Unterstützung steuerfrei sein könne.

Dem Einwand der belangten Behörde, bei der Krankenunterstützung des WFF der Ärztekammer Niederösterreich handle es sich um einen "Brutto"-Ersatz, bei dem die Einkommensteuer noch nicht herausgerechnet worden sei, ist entgegenzuhalten, dass die Statuten des WFF der Ärztekammer Niederösterreich zwar einen Tagsatz in Höhe von 34,88 Euro brutto festlegen, in Anbetracht seiner Höhe im Vergleich mit den im GSVG und BSVG und in den Statuten anderer Ärztekammern netto festgelegten Beträgen aber wohl kaum davon ausgegangen werden kann, dass damit die noch in Abzug zu bringende Einkommensteuer gemeint ist. Andernfalls müsste man davon ausgehen, dass das Erwerbseinkommen niederösterreichischer Ärztinnen weit unter dem aller anderen Berufsgruppen und insbesondere von Ärztinnen in anderen Bundesländern liegt.

Der Umstand, dass fixe Tagsätze vorgesehen sind, ist insofern nicht wesentlich, weil auch das GSVG und das BSVG fixe Tagessätze unabhängig vom konkreten Verdienst der Anspruchsberechtigten vorsehen.

Da den Statuten des WFF der Ärztekammer Niederösterreich kein gleichheitswidriger Inhalt unterstellt werden kann, ist daher davon auszugehen, dass auch die für die Zeiten des Beschäftigungsverbotes vorgesehen Krankenunterstützung als eine dem Grunde und der Höhe nach dem Wochengeld gleichartige Zuwendung steuerfrei im Sinne des § 3 Abs. 1 Z 4 lit. a EStG 1988 zu behandeln ist.

Die von der Ärztekammer Niederösterreich erhaltene Krankenunterstützung ist daher nur in der von der Beschwerdeführerin in ihrem Schriftsatz vom angeführten Höhe als steuerpflichtiger Bezug zu berücksichtigen.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Da es zu der Rechtsfrage, ob es sich bei der im Fall des Beschäftigungsverbotes gemäß den §§ 3 und 5 Mutterschutzgesetz vom WFF der Ärztekammer Niederösterreich gewährten Krankenunterstützung um einen gemäß § 3 Abs. 1 Z 4 lit. a EStG 1988 dem Wochengeld vergleichbaren Bezug handelt, eine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes noch fehlt, war die Zulässigkeit der ordentlichen Revision auszusprechen.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2022:RV.7102676.2022

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at