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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 23.01.2023, RV/1100096/2021

Steuerfreiheit von Trinkgeldern (Tronc-Anteile)?

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK


Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Dr. W in der Beschwerdesache des Bf., E-Straße-xy, Gde X, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes X (nunmehr: Finanzamt Österreich), S-Straße-yy, Gde X, vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) für das Jahr 2019 zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) unzulässig.

Entscheidungsgründe

Der Beschwerdeführer (in der Folge kurz: Bf.) war im Streitjahr ua. Grenzgänger nach Z und bezog aus seiner unselbständigen Beschäftigung bei der XY (Z) AG (GDe Y, G-Straße-yy) ganzjährig Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit.

Nach elektronischem Einlangen seiner Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung 2019 sowie seines Lohnausweises für das Jahr 2019 und nach einem entsprechenden Vorhalteverfahren [vgl. das Ergänzungsersuchen des Finanzamtes vom sowie die diesbezügliche Vorhaltsbeantwortung des Bf. vom , wonach er angab, dass sie (der Bf. und seine Partnerin) ihren Wohnsitz in der ***1*** in Gde X hätten. Zur Arbeit würden sie mit dem Auto fahren. Sie würden sohin in X wohnen und zum Arbeitsplatz fahren. Leider hätten sie für 2019 keine Tankbelege mehr. Sie würden diese nunmehr aber für 2020 sammeln. Die Fahrten nach Hause seien zum Besuch ihrer Familien erfolgt. An der Arbeitsstelle hätten sie keine Schlafmöglichkeit. Daher könne auch keine Bestätigung vom Arbeitgeber vorgelegt werden, dass dort geschlafen werden könne. Sie hätten vom Arbeitgeber keine Vergütung der Fahrtkosten erhalten. Sie wüssten nicht, wie lange das Engagement hier an dieser Arbeitsstelle dauere, weshalb in ihren Heimatländern noch Wohnsitze bestünden. Meine Partnerin habe den gleichen Wohnsitz hier. Bei den Werbungskosten handle es sich um einen Deutschkurs, welchen sie belegt hätten, um hier besser leben zu können. Sie hätten dafür - weder von der Firma noch vom Land oder vom AMS - keinerlei Kostenersatz erhalten. Sie seien als Surveillance inspectors engagiert und prüften hiermit sowohl Gäste als auch Personal hinsichtlich der Einhaltung der Spielregeln im Casino] wurde der Bf. mit Bescheid vom unter Berücksichtigung seines vorgelegten Lohnausweises zur Einkommensteuer für das Jahr 2019 veranlagt; dabei ließ das Finanzamt die ua. als Werbungskosten geltend gemachten Kosten für Arbeitsmittel (780,00 €), Weiterbildungskosten (iHv 550,00 €) sowie Kosten für Familienheimfahrten (918,00 €) mangels belegmäßigem Nachweis unberücksichtigt; trotz Aufforderung hätte das Finanzamt nicht alle Unterlagen erhalten.

In der dagegen erhobenen Beschwerde (elektronisch eingelangt am ) beantragte der Bf. unter nochmaliger Vorlage seines Lohnzettels für 2019 sowie einer Lohnabrechnung für September 2019 - neben der Pendlerpauschale (samt Pendlereuro) - allein noch die Berücksichtigung von Kosten für Arbeitsmittel iHv 189,00 € als Werbungskosten und ersuchte um nochmalige Prüfung des Bescheides 2019; begründend brachte er Nachstehendes (wörtlich) vor:

"Ohne Sonderzahlungen (2 x pro Jahr) ca. EUR 31.169 im Jahr. Werbungskosten haben Sie nur knapp über den Beträgen für AHV und Berufliche Vorsorge notiert, aber ich musste auch Krankenversicherung bezahlen in Österreich. Mit meiner Berechnung erhalte ich ca. 4.370 Nachzahlung nach Abzug der Quellensteuer in Lichtenstein."

Nach einem weiteren Vorhalteverfahren (vgl. das diesbezügliche Ergänzungsersuchen des Finanzamtes vom , welches in weiterer Folge unbeantwortet blieb) wies die Abgabenbehörde die gegenständliche Beschwerde mit Einkommensteuerbescheid 2019 (Beschwerdevorentscheidung gem. § 262 BAO) vom als unbegründet ab; begründend führte das Finanzamt aus, dass der Bf. das Ergänzungsersuchen vom nicht beantwortet bzw. die gewünschten Unterlagen nicht nachgereicht habe. Betreffend "Sonderzahlungen" wies die Abgabenbehörde darauf hin, dass eine begünstigte Besteuerung gemäß § 67 EStG 1988 nur im Falle einer zusätzlichen Zahlung (insbesondere bei einmaligen Bezügen, wie zB 13. und 14. Monatslohn) neben dem laufenden Arbeitslohn in Betracht komme; da die Lohnzahlungen "Trinkgelder" zusammen mit dem Monatslohn bzw. laufend zum Monatslohn ausbezahlt worden seien, seien diese demzufolge mit dem laufenden Tarif zu besteuern.

Mit Anbringen (FinanzOnline) vom beantragte der Bf. die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorzulegen. Im diesbezüglichen Vorlageantrag ersuchte er um Akzeptanz der Familienheimfahrten, zumal der Wohnsitz in der Nähe des Arbeitsortes infolge Aufnahme der Arbeitstätigkeit hier gewählt worden sei, und um Ausschluss der Trinkgelder von der Besteuerung unter Befolgung des Gleichheitsgrundsatzes. Trinkgelder seien, wie in anderen Fällen auch, nicht der Besteuerung zu unterwerfen und reduziere sich daher das steuerbare Einkommen.

Mit Vorlagebericht vom legte das Finanzamt - wie dem Bf. mitgeteilt wurde - die in Rede stehende Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor. Dabei gab die Abgabenbehörde neben einer Sachverhaltsdarstellung noch folgende Stellungnahme ab:

""Zum neuerlichen Vorbringen im Vorlageantrag im Hinblick auf die Geltendmachung von Kosten für Familienheimfahrten wird darauf verwiesen, dass ein Nachweis, dass die Voraussetzung für die steuerliche Berücksichtigung dieser Aufwendungen erfüllt sind, schon im bisherigen Verfahren nicht erbracht wurde.
Gemäß Art. 32 der
Z-ischen Geldspielgesetzes vom (https://www.gesetze.z/konso/pdf/2010235000?version=5) sind unmittelbare Trinkgelder nur an Mitarbeiter im persönlichen Dienstleistungsbereich (zB Garderobe, Restaurant) zulässig; im Übrigen werden die Trinkgelder in einer Gemeinschaftskasse (Tronc) gesammelt und im Nachhinein durch den Arbeitgeber verteilt. Dies betrifft nach Ansicht des Finanzamtes auch den Beschwerdeführer, welcher als Überwachungsinspektor tätig war.""

Das Bundesfinanzgericht (BFG) hat über die Beschwerde erwogen:


Wie im Verfahrensgang dargestellt, hat das Finanzamt mit dem angefochtenem Einkommensteuerbescheid 2019 vom den als Werbungskosten geltend gemachten Kosten für Arbeitsmittel, Weiterbildung und Familienheimfahrten mangels entsprechendem Nachweis die Anerkennung versagt.

Das Finanzgericht schließt sich der diesbezüglichen Einschätzung bzw. Vorgehensweise der Abgabenbehörde an und verweist in diesem Zusammenhang auf die entsprechenden unbestritten gebliebenen Ausführungen des Finanzamtes im angefochtenem Einkommensteuerbescheid 2019 vom sowie in der Beschwerdevorentscheidung vom .

Zur Nichtberücksichtigung der als Werbungskosten geltend gemachten Kosten ist vollständigkeitshalber noch Folgendes zu sagen:
Der/die Abgabepflichtige, der/die Aufwendungen bzw. Ausgaben als Werbungskosten berücksichtigt wissen will, hat das Vorliegen dieser Aufwendungen grundsätzlich entsprechend nachzuweisen. Es ist Sache des- bzw. derjenigen, der/die eine abgabenrechtliche Begünstigung in Anspruch nehmen will, selbst einwandfrei und unter Ausschluss jeden Zweifels das Vorliegen all jener Umstände darzulegen, auf die die abgabenrechtliche Begünstigung gestützt werden kann.

Der/die Abgabepflichtige hat dem Finanzamt gemäß § 138 Abs. 1 BAO über Verlangen die geltend gemachten Werbungskosten in Erfüllung seiner Offenlegungspflicht (§ 119 BAO) nach Art und Umfang nachzuweisen oder, wenn dies nicht zumutbar ist, wenigstens glaubhaft zu machen (vgl. Zorn/Stanek bzw. Renner in: Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG20/18, § 16 Tz 55, mwN).

Im konkreten Fall wurde der Bf. von Seiten des Finanzamtes im Rahmen eines Vorhalteverfahrens ersucht, die als Werbungskosten geltend gemachten Abzugsposten sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach durch Vorlage entsprechender Belege nachzuweisen. Nachdem es der Bf. trotz entsprechendem Verlangen unterlassen hat, einwandfrei das Vorliegen jener Umstände darzulegen, auf die die abgabenrechtliche Begünstigung gestützt werden kann, und er die als Werbungskosten geltend gemachten Ausgaben bzw. Aufwendungen weder entsprechend nachgewiesen (ein Beweis wäre nach Ansicht des erkennenden Richters durchaus zumutbar gewesen) noch hinreichend glaubhaft gemacht hat, kann sich der Bf. sohin mit der Vorgehensweise der Abgabenbehörde nicht als beschwert erachten.

Streit besteht noch darüber, ob die vom Bf. bezogenen Trinkgelder bzw. erhaltenen Anteile aus dem Tronc (Trinkgeldbehälter) - wie von Seiten der Abgabenbehörde vertreten wird - der vollen Besteuerung zu unterziehen oder - wie vom Bf. begehrt wird - gemäß § 3 Abs. 1 Z 16a EStG 1988 steuerfrei zu stellen sind. Dazu ist Folgendes zu sagen:

Gemäß § 3 Abs. 1 Z 16a EStG 1988 sind ortsübliche Trinkgelder, die anlässlich einer Arbeitsleistung dem Arbeitnehmer von dritter Seite freiwillig und ohne dass ein Rechtsanspruch auf sie besteht, zusätzlich zu dem Betrag gegeben werden, der für diese Arbeitsleistung zu zahlen ist, von der Einkommensteuer befreit. Dies gilt nicht, wenn auf Grund gesetzlicher Bestimmungen Arbeitnehmern die direkte Annahme von Trinkgeldern untersagt ist.

Für die Steuerfreiheit von Trinkgeldern müssen sohin folgende Voraussetzungen erfüllt sein:

  1. Ortsüblichkeit der Zuwendung,

  2. Zuwendung an den Arbeitnehmer anlässlich einer Arbeitsleistung von dritter Seite (sohin nicht vom Arbeitgeber in der festgelegten Höhe bestimmt; dieser kann aber begünstigt weitergeben),

  3. Freiwilligkeit der Zuwendung (dh. kein Rechtsanspruch) sowie

  4. Zulässigkeit der Annahme der Zuwendung (kein gesetzliches oder kollektivvertragliches Verbot der Annahme).

Nach Art. 32 Abs. 1 des Z-ischen Geldspielgesetzes (GSG), LGBl. Nr. 235/2010, "sind Trinkgelder, die für einen von der Spielbank festgelegten Kreis der Angestellten bestimmt sind, in die speziell dafür vorgesehenen Behälter (Tronc) einzulegen und mit gesonderter Abrechnung zu erfassen und zu belegen. Sie sind nicht Bestandteil des Bruttospielertrages. Die Spielbank legt die Verteilung des Tronc in einem Reglement fest."
Gemäß Abs. 2 leg. cit. "dürfen individuelle Trinkgelder und Zuwendungen anderer Art ausschließlich die Mitarbeiter im persönlichen Dienstleistungsbereich annehmen, insbesondere das Restaurant- oder Garderobenpersonal."

Diese gesetzliche Bestimmung verbietet damit allen mit dem Spielbetrieb befassten Mitarbeitern der Spielbank - im Dienste eines sicheren, korrekten und transparenten Spielbetriebs - die Annahme individueller Trinkgelder und beschränkt solche auf das Restaurant- oder Garderobenpersonal (vgl. in diesem Zusammenhang auf die Erläuterungen zu Art. 32 GSG im Bericht und Antrag der Regierung an den Landtag des TZ ua. betreffend die Schaffung eines Geldspielgesetzes unter https://bua.regierung.z/BuA/default.aspx?nr=3&year=2010&erweitert=true).

Der Verfassungsgerichtshof (VfGH) hat mit Erkenntnis vom , G 19/08 (Gesetzprüfungsverfahren aus Anlass einer Beschwerde eines Croupiers), die in § 3 Abs. 1 Z 16a EStG 1988 geregelte Steuerfreiheit von bestimmten Trinkgeldern bestätigt.
Nach dem Höchstgericht sind Charakteristika des Trinkgeldes die Abhängigkeit vom freigebigen Kundenverhalten, der unmittelbare Zusammenhang mit dem persönlichen Einsatz des Dienstnehmers und ein fehlender Rechtsanspruch aus dem Dienstverhältnis.
Entsprechend den Feststellungen des Verfassungsgerichtshofes gilt die Steuerfreiheit nicht für Croupiers, da diesen die eigenständige Annahme von Trinkgeldern verboten ist, damit zwangsläufig bei der Entgegennahme und Verteilung der Trinkgelder eine Einschaltung des Arbeitgebers im Rahmen des Tronc-Systems verbunden ist und das Trinkgeld dadurch zwangsläufig stärker den Charakter eines (der Steuerpflicht unterliegenden) Lohnbestandteiles im traditionellen Sinn hat (siehe dazu auch ; ; ; ; Mayr/Hayden in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG18, § 3 Tz 197; Jakom/Laudacher EStG, 2021, § 3 Tzen 83 ff).

Nachdem nun das Höchstgericht auch die Verfassungsmäßigkeit der Besteuerung jener Leistungsentgelte, deren direkte Annahme den Bediensteten verboten ist und die daher vom Arbeitgeber verteilt werden, bestätigt hat und im konkreten Fall zweifelsfrei davon auszugehen war, dass der Bf. als "Surveillance inspectors" (Spielinspektor; entsprechend seinen Angaben hatte er sowohl Gäste als auch Personal hinsichtlich der Einhaltung der Spielregeln im Casino zu prüfen) mit dem Spielbetrieb der dienstgebenden Spielbank verbunden, ihm damit ex lege (Art. 32 Abs. 2 Li GSG) die Annahme individueller Trinkgelder verboten war (damit verbunden war die zwangsläufige Einschaltung der Arbeitgeberin bei der Entgegennahme und Verteilung der Trinkgelder im Rahmen des Tronc-Systems), sohin schon die in § 3 Abs. 1 Z 16a zweiter Satz EStG 1988 normierte Voraussetzung (kein Verbot der direkten Trinkgeldannahme auf Grund gesetzlicher Bestimmungen) nicht erfüllt war, war das Schicksal dieses strittigen Beschwerdebegehrens schon entschieden. Der oben dargestellten höchstgerichtlichen Rechtsprechung folgend hat der vom Bf. bezogene Tronc-Anteil stärker den Charakter eines (der Steuerpflicht unterliegenden) Lohnbestandteiles im traditionellen Sinn und handelt es sich damit gegenständlich nicht um ein ortsübliches Trinkgeld iSd § 3 Abs. 1 Z 16a EStG 1988.

Es erübrigen sich damit weitere Sachverhaltsfeststellungen wie auch weitere rechtliche Erläuterungen im Hinblick auf die Prüfung der übrigen oben aufgelisteten Voraussetzungen für die Steuerfreiheit von Trinkgeldern, da diese an der Entscheidung nichts mehr zu ändern vermögen.

Vollständigkeitshalber sei jedoch darauf hingewiesen, dass im Beschwerdefall wohl auch das Kriterium der "Zuwendung an den Arbeitnehmer anlässlich einer Arbeitsleistung von dritter Seite" nicht gegeben war. Bei den strittigen vom Bf. bezogenen Trinkgeldern bzw. erhaltenen Anteilen aus dem Tronc handelt es sich wohl um (allgemeine) Zuwendungen, welche nicht gezielt dem Bf. und seiner Arbeitsleistung gelten. Sollten die Zuwendung direkt an den Bf. erfolgt sein, so war es ihm nicht erlaubt, diese zu behalten, sondern war er verpflichtet, diese Beträge/diese Jetons in den Tronc zu geben. Er erhielt aus dem Tronc jedoch nicht die erhaltenen und von ihm eingeworfenen Beträge/Jetons, sondern wohl einen vorweg von der Arbeitgeberin (der Spielbank) im entsprechenden Reglement in der Höhe festgelegten bestimmten Anteil (vgl. Art. 32 Abs. 1 Li GSG; siehe dazu auch ). Hatte der Bf. einen vertraglichen Anspruch auf das Trinkgeld bzw. einen entsprechenden Anteil aus dem Tronc, war im Übrigen auch das für die Steuerfreiheit vorausgesetzte Merkmal der Freiwilligkeit nicht vorliegend. Trinkgelder sind nämlich Zahlungen, auf welche kein Rechtsanspruch besteht. Durch die Garantie des Arbeitgebers ist die Abhängigkeit vom freigebigen Verhalten der Kunden und der unmittelbare Zusammenhang mit dem persönlichen Einsatz des Dienstnehmers gegenüber den Kunden nicht gegeben (vgl. dazu auch ; ; ; ).
Auch aus der betragsmäßigen Gegenüberstellung von Monatslohn und Trinkgelder ergibt sich im Beschwerdefall mit hinreichender Deutlichkeit (die Trinkgelder betragen in etwa ein Drittel des mtl. Bruttolohnes; vgl. die vorgelegte Lohnabrechnung für September 2019), dass diesen wohl nicht mehr der Charakter eines ortsüblichen Trinkgeldes im Sinne des § 3 Abs. 1 Z 16a EStG 1988 zukommt.

Im Hinblick auf den Verweis des Bf. auf den Gleichheitssatz erlaubt sich das Finanzgericht darauf hinzuweisen, dass der Verfassungsgerichtshof mit oben zitiertem Erkenntnis - wie bereits oben ausgeführt - die Verfassungsmäßigkeit sowohl der Steuerfreiheit ortsüblicher Trinkgelder als auch der Besteuerung jener Leistungsentgelte, deren direkte Annahme den Bediensteten verboten ist und die daher vom Arbeitgeber verteilt werden, sohin § 3 Abs. 1 Z 16a Satz 1 und Satz 2 EStG 1988 bestätigt, hat. Im Übrigen darf gemäß Art. 18 Abs. 1 B-VG die gesamte staatliche Verwaltung nur auf Grund der Gesetze ausgeübt werden. Das Legalitätsprinzip umfasst entgegen seinem Wortlaut auch die Gerichtsbarkeit; die Bindung der Gerichte an die Gesetze war nämlich zum Zeitpunkt der Ausarbeitung der Bundesverfassung bereits eine solche Selbstverständlichkeit, dass sie gar nicht gesondert erwähnt wurde. Die Abgabenbehörde wie auch das Finanzgericht haben daher - gebunden an dieses in Art. 18 Abs. 1 B-VG verankerte Legalitätsprinzip - die oben angeführten, klaren Bestimmungen des Einkommensteuergesetzes, die im Übrigen keinerlei Spielraum eröffnen, so lange anzuwenden, als diese dem Rechtsbestand angehören.

Zulässigkeit der Revision:

Gemäß Artikel 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichts die ordentliche Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes uneinheitlich beantwortet wird.

Im gegenständlichen Beschwerdefall lagen keine Rechtsfragen vor, denen grundsätzliche Bedeutung zukam. Die im Beschwerdefall zu lösenden Rechtsfragen beschränkten sich einerseits auf Rechtsfragen, welche bereits in der bisherigen VfGH- bzw. VwGH-Rechtsprechung beantwortet wurden und solche, welche im Gesetz eindeutig gelöst sind. Im Übrigen hing der Beschwerdefall von der Lösung von nicht über den Einzelfall hinausgehenden Sachverhaltsfragen ab. Eine (ordentliche) Revision ist damit nicht zulässig.

Gesamthaft war sohin - gerade auch im Sinne einer gleichmäßigen Besteuerung aller Steuerpflichtigen - spruchgemäß zu entscheiden.

Feldkirch, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2023:RV.1100096.2021

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at