zurück zu Linde Digital
TEL.: +43 1 246 30-801  |  E-MAIL: support@lindeverlag.at
Suchen Hilfe
Bescheidbeschwerde – Senat – Erkenntnis, BFG vom 15.12.2022, RV/7102339/2022

begünstigte lohnsteuerliche Behandlung und Befreiung vom Dienstgeberbeitrag bei freiwilligen Abfertigungen im Rahmen eines Dienstgeberwechsels innerhalb eines Konzerns

Beachte

Revision (Amtsrevision) beim VwGH anhängig zur Zahl Ra 2023/13/0014.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Senatsvorsitzende Dr. Anna Radschek, die Richterin Mag. Julia Carola Cermak-Kapl MA sowie die fachkundigen Laienrichter ***LR 1*** und ***LR 2*** in der Beschwerdesache ***Bf***, ***Bf-Adr***, über die Beschwerde vom gegen die Bescheide des damaligen Finanzamtes Wien1/23 vom betreffend Haftung für Lohnsteuer 2011 und 2012 sowie Dienstgeberbeitrag 2010 bis 2012, Steuernummer ***BF-StNr***, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am in Anwesenheit der Schriftführerin ***SF*** zu Recht erkannt:

I. A. Der Beschwerde gegen die Bescheide betreffend Haftung für Lohnsteuer 2011 und 2012 wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben. Die angefochtenen Bescheide werden - ersatzlos - aufgehoben.

  • B. Die Beschwerde gegen den Bescheid betreffend Dienstgeberbeitrag 2010 wird als unbegründet abgewiesen.

  • C. Der Beschwerde gegen die Bescheide betreffend Dienstgeberbeitrag 2011 und 2012 wird im Umfang der Anfechtung stattgegeben. Die angefochtenen Bescheide werden abgeändert.

  • Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgaben betragen:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
  • Jahr
  • Bemessungsgrundlage
  • Dienstgeberbeitrag
  • 2011
  • ***1*** Euro
  • ***3*** Euro
  • 2012
  • ***2*** Euro
  • ***4*** Euro

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Verfahrensgegenständlich ist die Anerkennung der begünstigten Besteuerung gemäß § 67 Abs 6 EStG 1988 von freiwilligen Abfertigungszahlungen bei einem Arbeitgeberwechsel innerhalb eines Konzerns.

a) Betriebsprüfung

Bei der Beschwerdeführerin fand eine am abgeschlossene Betriebsprüfung betreffend Lohnabgaben (Lohnsteuer-, Sozialversicherungs- und Kommunalsteuerprüfung) für die Jahre 2010 bis 2012 statt. Im Zuge dieser Prüfung wurden ua die begünstigte Besteuerung gemäß § 67 Abs 6 EStG 1988 der freiwilligen Abfertigungen von drei Dienstnehmern im Jahr 2011 sowie von zwei Dienstnehmern im Jahr 2012 nicht anerkannt und die Nachversteuerung auf Ebene der Lohnsteuer, Kommunalsteuer und Dienstgeberbeiträge vorgenommen. Die Beendigung der Dienstverhältnisse dieser Mitarbeiter, die bei ***Bf*** angestellt waren und anlässlich ihrer Bestellung zur Partnerin bzw zum Partner neue Dienstverträge mit ***A GmbH*** bzw ***B GmbH*** abgeschlossen haben, nicht anerkannt. Die begünstigte Besteuerung der aus diesem Anlass bezahlten freiwilligen Abfertigungen wurde berichtigt, da aus Sicht der Abgabenbehörde freiwillige Abfertigungen nicht isoliert von gesetzlichen Abfertigungen betrachtet werden könnten. Andernfalls handle es sich um eine unzulässige steuerliche Doppelbegünstigung.

Weiters wurden auch für Abfertigungen an drei weitere Dienstnehmer, an die nicht gemäß § 67 Abs 6 EStG 1988 begünstigte Abfertigungen nach dem System "Abfertigung neu" ausbezahlt wurden, Dienstgeberbeiträge nachverrechnet und vorgeschrieben.

Mit Haftungsbescheiden vom wurden der Beschwerdeführerin folgende Nachforderungsbeträge vorgeschrieben:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Jahr
2010
2011
2012
Gesamt
LSt
-
23.273,92
13.625,52
36.899,44
DB-Nachforderung
18.669,63
24.783,55
22.249,71
65.702,89
Summe
18.669,63
48.057,47
35.875,23
102.602,33

b) Beschwerde

Gegen die in Folge der Betriebsprüfung erlassenen Bescheide wurde fristgerecht am Beschwerde eingebracht. In dieser wurde vorgebracht, dass sämtliche Mitarbeiter der ***Unternehmensgruppe*** bei der Gesellschaft ***Bf*** angestellt seien. Diese stelle die komplette Infrastruktur für die Bearbeitung der Klientenstöcke der Konzerngesellschaften zur Verfügung. Ausgenommen seien die Dienstverhältnisse der Geschäftsführer, diese würden aus berufsrechtlichen Gründen und zur Vermeidung mehrfacher Verbandsverantwortlichkeiten und gesellschaftsübergreifender Haftungsrisiken bei den jeweiligen operativen Konzerngesellschaften angestellt.

Im Prüfungszeitraum seien fünf Mitarbeiter zur neuen Geschäftsführern bestellt worden, wobei deren Dienstverhältnisse zur Gesellschaft ordnungsgemäß beendet worden seien (Abmeldung bei der Gebietskrankenkasse, Vereinbarung über die Auflösung des Dienstverhältnisses). Gemäß § 46 Abs 3 Z 2 BMSVG würden die Abfertigungsregeln nach dem Angestelltengesetz weiter gelten, wenn nach dem Arbeitnehmer innerhalb eines Konzerns in ein neues Arbeitsverhältnis wechselten.

Die aus Anlass der Beendigung des Dienstverhältnisses bezahlte Abfertigung erfülle zweifelsfrei sämtliche Voraussetzungen des § 67 Abs 6 EStG.

Des Weiteren bestehe eine Haftung des Arbeitgebers gemäß § 82 EStG nur insoweit, als die Lohnsteuer nach Maßgabe der Verhältnisse, wie sie dem Arbeitgeber beim Steuerabzug erkennbar gewesen seien, unrichtig berechnet worden sei. Habe daher der Arbeitgeber die Lohnsteuer auf Basis der gesetzlichen Bestimmungen richtig berechnet, führe eine nachträgliche Berichtigung nicht zur Annahme einer unrichtigen Einbehaltung und Abfuhr der Lohnsteuer. Die Interpretationen des Finanzamtes zur Begründung einer völlig überraschenden und strittigen Rechtsansicht seien dem Arbeitgeber nachweislich völlig unbekannt gewesen und würden weder in Richtlinien, Verwaltungspraxis, Lohnsteuerprotokollen noch in der Fachliteratur behandelt. Auch seien diese aus dem Gesetzeswortlaut in keiner Weise ableitbar.

Der Arbeitgeber habe daher die vom Dienstnehmer geschuldete Lohnsteuer richtig berechnet und richtig einbehalten und könne schon aus diesem Grund nicht in Anspruch genommen werden.

Betreffend die Festsetzung von Dienstgeberbeiträgen wurde ausgeführt, dass die anlässlich der Beendigung der der "Abfertigung alt" unterliegenden Dienstverhältnisse ausbezahlten freiwilligen Abfertigungen gemäß § 67 Abs 6 EStG zu besteuern seien und daher gemäß § 41 Abs 4 lit b FLAG nicht zur Beitragsgrundlage für den Dienstgeberbeitrag gehörten.

Die Beschwerdeführerin stellte den Antrag auf sofortige Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht (Unterlassung einer Beschwerdevorentscheidung), Durchführung einer mündlichen Verhandlung und Entscheidung durch den Senat.

Am bracht die Beschwerdeführerin eine Ergänzung zur Beschwerde vom ein und erweiterte ihr Beschwerdebegehren dahingehend, dass aufgrund des Erkenntnis des , die Befreiung des § 41 Abs 4 lit b FLAG auch für freiwillige Abfertigungen anwendbar sei, die nicht gemäß § 67 Abs 6 EStG begünstigt seien. Daher seien auch die freiwilligen Abfertigungen von drei weiteren Mitarbeitern im Jahr 2010, die im System "Abfertigung neu" gewesen seien, vom Dienstgeberbeitrag befreit.

Die Beschwerdeführerin beantragte die folgenden Änderungen:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Jahr
2010
2011
2012
Gesamt
LSt (BP)
-
23.273,92
13.625,52
36.899,44
Beschwerde
-
-23.273,92
-13.625,52
-36.899,44
Summe
-
0,00
0,00
0,00
Jahr
2010
2011
2012
Gesamt
DB (BP)
18.669,63
24.783,55
22.249,71
65.702,89
Beschwerde
0,00
-5.007,38
-2.466,45
-7.473,83
Summe
18.669,63
19.776,17
19.783,26
58.229,06

Die Übrigen im Rahmen der Betriebsprüfung getroffene Feststellungen und Änderungen wurden nicht angefochten.

c) Beschwerdevorentscheidung

Das Finanzamt erließ am eine abweisende Beschwerdevorentscheidung und begründete dies dahingehend, dass sich der VwGH in seinem das Rechtsmittelverfahren der Beschwerdeführerin aus der Vorprüfung für die Jahre 2007 bis 2009 betreffenden Erkenntnis vom , Ro 2017/13/0006, unter Hinweis auf das Neuerungsverbot nicht mit der Frage beschäftigt habe, ob eine anlässlich eines Konzernwechsels ausgezahlte freiwillige Abfertigung gemäß § 67 Abs 6 1. Satz EStG 1988 versteuert werden kann, wenn eine Vertragsübernahme mit allen Rechten und Pflichten zwischen dem bisherigen Arbeitgeber, dem neuen Arbeitgeber und dem Arbeitnehmer (Drei-Parteien-Vereinbarung) vereinbart werde und damit ein durchgehendes einheitliches Dienstverhältnis vorliege. Hinsichtlich des konkret zu beurteilenden Sachverhaltes bestünden eindeutige (einzelvertragliche) Vereinbarungen, wonach es zum Eintritt des jeweils neuen Konzernarbeitgebers in die Rechte und Pflichten der bisher zu einer anderen Konzerngesellschaft bestehenden Dienstverhältnisse komme.

Da in der Vereinbarung über die einvernehmliche Auflösung des Dienstverhältnisses zum bisherigen Konzernarbeitgeber ausdrücklich vereinbart werde, dass das bisher bestehende Dienstverhältnis mit allen Rechten und Pflichten vom neuen Konzernarbeitgeber übernommen werde, führe die Arbeitsvertragsübernahme nicht zur Beendigung der bisher bestehenden Dienstverhältnisse. Bei einer Arbeitsvertragsübernahme werde weder das bestehende Arbeitsverhältnis beendet noch ein neues begründet; das Arbeitsverhältnis bleibe als solches in seinem Bestand vielmehr unberührt. Dies gelte auch dann, wenn gleichzeitig der Arbeitsvertragsinhalt verändert werde. Mangels Beendigung gebühre aufgrund des bloßen Parteiwechsels keine Abfertigung. Da es tatbestandsmäßig an einer Beendigung der Dienstverhältnisse mangle, fehle es an einer rechtlichen Grundlage, die anlässlich des Wechsels ausgezahlte freiwillige Abfertigung gemäß § 67 Abs 6 EStG zu versteuern.

Hinsichtlich der Beschwerde gegen die Festsetzung des Dienstgeberbeitrages betreffend das Jahr 2010 sei festzuhalten, dass sich aus dem Beschwerdebegehren bzw. -vorbringen keine Abweichung zur Festsetzung aus den Prüfungsfeststellungen ergebe.

d) Vorlageantrag

Mit Datum vom brachte die Beschwerdeführerin fristgerecht einen Vorlageantrag ein. In diesem wurde ausgeführt, dass grundsätzlich die ursprüngliche Rechtsfrage bereits im Rahmen des Rechtsmittelverfahrens betreffend die vorangegangene Außenprüfung zu Gunsten der Beschwerdeführer entschieden worden sei (). Das Vorbringen der Abgabenbehörde, die gegenständlichen Dienstverhältnisse seien "nach dem wahren wirtschaftlichen Gehalt" nie beendet worden und es liege eine "Dreiparteieneinigung" vor, seien vom VwGH aufgrund des Neuerungsverbotes zurückgewiesen worden und werde von der Abgabenbehörde im gegenständlichen Verfahren neuerlich vorgebracht.

Die Argumentation der Abgabenbehörde, es sei zu keiner Beendigung der Dienstverhältnisse gekommen, sei aktenwidrig. Die Dienstverhältnisse seien weder hinsichtlich des Inhalts der Arbeitsverträge noch bezüglich der Art der Tätigkeit nach "wirtschaftlicher Betrachtungsweise" miteinander vergleichbar. Dem Vorlageantrag wurde eine Aufstellung der Unterschiede zwischen den Mitarbeiter- und Partnerverträgen beigelegt und vorgebracht, dass sich die Dienstverhältnisse gravierend in der Art der zu erbringenden Tätigkeit unterscheiden würden. Ebenso wurde der alte und neue Dienstvertrag von ***A*** beigelegt.

Die Bestimmung, wonach das bisherige Dienstverhältnis mit sämtlichen Rechten und Pflichten übernommen werde, ziele einzig und allein auf die Ansprüche ab, die dem Grunde und der Höhe nach vom historischen Eintrittsdatum abhängen würden. Damit solle sichergestellt werden, dass diese Ansprüche unter Anrechnung der Vordienstzeiten erhalten blieben. Eine vergleichbare Vereinbarung sei auch üblich, wenn Dienstgeber außerhalb des Konzerns wechseln würden. Aus der Bestimmung eine Drei-Parteien-Vereinbarung abzuleiten sei denkunmöglich, zumal im Übrigen der neue Arbeitgeber niemals Vertragspartei der Auflösungsvereinbarungen, die diese Bestimmungen enthielten, gewesen sei.

Überdies habe es triftige wirtschaftliche Gründe für die Ändeurng des Arbeitgebers gegeben, da sämtliche Geschäftsführer in der ***Unternehmensgruppe*** nicht in der Personalgesellschaft (***Bf***), sondern in den Fachgesellschaften (***A GmbH***, ***B GmbH*** etc) angestellt würden. Diese Vorgehensweise habe vor allem außersteuerliche Gründe. So solle der Geschäftsbetrieb von ***Bf*** aus haftungsrechtlicher Sicht geschützt werden. Überdies sei zum Zeitpunkt der Begründung der neuen Dienstverhältnisse auch § 35 Abs 2 ASVG noch nicht in Geltung gewesen, der nach derzeitiger Rechtslage das Entstehen eines sozialversicherungsrechtlichen Dienstverhältnisses bloß aufgrund von Geschäftsführerbestellungen im Konzern verhindere. Diesbezügliche Bedenken habe der VwGH in seinem Erkenntnis vom , Ro 2014/08/0046, bestätigt.

e) Vorlageerinnerung, Vorlagebericht und Gegenäußerung

Am brachte die Beschwerdeführerin eine Vorlageerinnerung gemäß § 264 Abs 6 BAO beim Bundesfinanzgericht ein, da bis zu diesem Zeitpunkt keine Vorlage der Beschwerde erfolgt ist. Daraufhin forderte das Bundesfinanzgericht die belangte Behörde mit Beschluss zur Vorlage der beschwerdegegenständlichen Akten und einer Stellungnahme auf.

Im Vorlagebericht führte das Finanzamt aus, dass sich auch aus den mit den neuen Konzernarbeitgebern abgeschlossenen Vereinbarungen betreffend die Änderung der bisherigen Dienstverhältnisse ergebe, dass es zur rechtsgeschäftlichen Vertragsübernahme der bisherigen Dienstverhältnisse durch den neuen Konzernarbeitgeber gekommen sei und das Dienstverhältnis ohne Beendigung beim neuen Konzernarbeitgeber fortgeführt bzw in weiterer Folge vom neuen Konzernarbeitgeber abgeändert worden sei.

Entgegen dem Vorbringen im Vorlageantrag seien die anlässlich des Konzernwechsels abgeschlossenen Vereinbarungen auch nicht mit einer Vereinbarung betreffend die Anrechnung von Vordienstzeiten vergleichbar. Aus den Vereinbarungen gehe ausdrücklich hervor, dass die Dienstverhältnisse mit sämtlichen Rechten und Pflichten in ihrer Gesamtheit von den neuen Konzernarbeitgebern übernommen worden seien. Ebenso sei anlässlich des Konzernwechsels keine formale Beendigung der Dienstverhältnisse zum vormaligen Konzernarbeitgeber erfolgt, da insbesondere nicht alle aus der Beendigung resultierenden Ansprüche abgerechnet bzw. ausgezahlt worden seien. Die rechtsgeschäftliche Vertragsübernahme bewirke aus Sicht des Finanzamtes, dass rechtlich ein durchgehendes, einheitliches Dienstverhältnis vorliege, weshalb auch die Begünstigung des § 67 Abs. 6 EStG 1988 sowie die Befreiung gemäß § 41 Abs. 4 lit. b FLAG 1967 (mangels Beendigung des Dienstverhältnisses) im Hinblick auf die anlässlich des Konzernwechsels (vom vormaligen Arbeitgeber) ausgezahlte freiwillige Abfertigung nicht anwendbar gewesen sei.

Der Ergänzung der Beschwerde mit Schreiben vom könne hinsichtlich der geltend gemachten Befreiung vom Dienstgeberbeitrag gemäß § 41 Abs. 4 lit. b FLAG für freiwillige Abfertigungszahlungen, die an Arbeitnehmer (konkret ***X***, ***Y*** und ***Z***), die bereits dem System "Abfertigung neu" unterlagen, geleistet wurden, aufgrund der VwGH-Judikatur () stattgegeben werden. Diese sei versehentlich in der Beschwerdevorentscheidung nicht berücksichtigt worden.

Am erstattete die Beschwerdeführerin eine Replik zum Vorlagebericht und führte aus, dass die vom Finanzamt getroffene Sachverhaltsannahme einer Drei-Parteien-Vereinbarung unrichtig und aktenwidrig sei. Ein Bezug auf das neue Dienstverhältnis ergebe sich aus § 3 des neuen Dienstvertrages, wonach lediglich für jene Ansprüche, die sich dem Grunde und der Höhe nach nach der Dauer des Dienstverhältnisses richten, der historische Eintrittstag als fiktiver Eintrittstag in das neue Dienstverhältnis herangezogen werde. Es bestünden keinerlei Zweifel, dass das bisherige Dienstverhältnis aufgrund einer Vereinbarung von zwei Parteien aufgelöst und dass ein neues Dienstverhältnis aufgrund einer anderen Vereinbarung zwischen - wiederum zwei - anderen Parteien begründet worden sei. Weder aus dem Wortlaut der Verträge noch aus der wirtschaftlichen Substanz der Tätigkeit sei erkennbar, dass eine nahtlose Fortsetzung des bisherigen Arbeitsverhältnisses, geschweige denn eine Drei-Parteien-Vereinbarung vorliegen würde.

Vorgelegt wurden aufgrund des Ersuchens des Bundesfinanzgerichtes auch die alten und neuen Dienstverträge betreffend die anderen vier neuen Geschäftsführer(innen).

f) Mündliche Verhandlung

In der antragsgemäß durchgeführten mündlichen Verhandlung am verwies der Vertreter der Beschwerdeführerin im Wesentlichen auf die Stellungnahme im Vorlageantrag und führte bekräftigend aus, dass von der belangten Behörde die wirtschaftliche Substanz der Beendigung des Dienstverhältnisses und des Beginnes eines neuen Dienstverhältnisses nicht zutreffend gewürdigt worden sei.

Die Vertreterin des Finanzamtes verwies ebenfalls im Wesentlichen auf das bisherige Vorbringen und stellte dezidiert fest, dass die belangte Behörde auf Grund des Punktes 4 der Vereinbarung über eine einvernehmliche Auflösung des Dienstverhältnisses davon ausgehe, dass es zu keiner Beendigung des Dienstverhältnisses gekommen sei, sondern dieses nur von einer Konzerngesellschaft mit Vornahme von diversen Änderungen übernommen worden sei. Es seien auch die dienstrechtlichen Abrechnungen (insbesondere Urlaubsentschädigung) nicht durchgeführt worden. Die Vertragsverhältnisse seien übernommen und erst in der Folge vom Übernehmer geändert worden.

Der Vertreter der Beschwerdeführerin hielt ergänzend fest, dass sich durch die Beendigung des ursprünglichen Dienstverhältnisses und den Eintritt in das neue Dienstverhältnis, in dem man auch Partner, Geschäftsführer und Verantwortlicher sei, eine wesentliche Änderung sowohl in arbeitszeitlicher, als auch monetärer Hinsicht ergebe.

Es wurde des Weiteren darauf hingewiesen, dass auch die An- und Abmeldung der einzelnen Dienstnehmer durchgeführt worden sei, und die Abmeldung per und neuerliche Anmeldung am bei der Sozialversicherung von ***A*** zum Nachweis vorgelegt.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Die Beschwerdeführerin ist eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung innerhalb eines Konzernverbundes, welche im Bereich der Beratung tätig ist.

Mit Datum vom haben ***B***, ***C*** und ***D*** und mit ***A*** und ***E***, das Dienstverhältnis mit der Beschwerdeführerin einvernehmlich beendet. Diese Personen wurden dann in den konzernmäßig mit der Beschwerdeführerin verbundenen Gesellschaften entsprechend ihrem Tätigkeitsfeld per bzw. angestellt.

Bei den Gesellschaften (***A GmbH*** und ***B GmbH***) handelt es sich, wie aus den Firmenbuchauszügen ersichtlich, um 100%ige Töchter der ***Bf***.

Die neuen Anstellungsverhältnisse wurden bei jenen Gesellschaften aufgenommen, wo sie zu Geschäftsführern bestellt wurden und wo sie tatsächlich eigenverantwortlich tätig waren und sind. Die Tätigkeiten als Mitarbeiter einerseits und als Geschäftsführer andererseits sind weder von den Rahmenbedingungen (Arbeitszeitregelung, Gehalt) noch vom wahren wirtschaftlichen Gehalt her vergleichbar.

Es wurde im Zuge des Dienstgeberwechsels jeweils eine Ab- und Anmeldung bei der Sozialversicherung vorgenommen.

Des Weiteren wurde zwischen den Dienstnehmern und der Beschwerdeführerin jeweils eine Vereinbarung über die einvernehmliche Auflösung des Dienstverhältnisses getroffen und in der Folge ein neuer Dienstvertrag mit der jeweiligen Konzerngesellschaft abgeschlossen. Beide vertraglichen Vereinbarungen wurden nur zwischen jeweils zwei Parteien geschlossen und entfalten Bindungswirkung auch nur für dieselben zwei Parteien.

Im Zuge des vorgenommenen Dienstgeberwechsels wurde einzelvertraglich vereinbart, dass die gesetzlichen Abfertigungsansprüche gemäß § 23 Abs 1 AngG vom neuen Konzerndienstgeber übernommen werden würden. Die Dienstnehmer sind alle vor dem in den Dienst der Beschwerdeführerin getreten und unterliegen daher dem System "Abfertigung alt". Eine freiwillige Abfertigung in Höhe von drei Monatsgehältern wurde ausbezahlt.

Urlaubsansprüche - soweit nicht konsumiert - wurden nicht ausbezahlt, sondern in das neue Dienstverhältnis übernommen.

Weiters wurden Dienstverträge mit drei weiteren Dienstnehmern (***X***, ***Y*** und ***Z***) im Jahr 2011 beendet und anlässlich der Beendigung freiwillige Abfertigungen ausbezahlt. Diese Dienstnehmer sind alle nach dem in den Dienst der Beschwerdeführerin getreten und unterliegen daher dem System "Abfertigung neu".

2. Beweiswürdigung

Der vom Bundesfinanzgericht den Feststellungen zugrunde gelegte Sachverhalt ergibt sich im Wesentlichen aus den vorliegenden Verwaltungsakten und den Vorbingen der Parteien in den Schriftsätzen und in der mündlichen Verhandlung.

Die Gesellschafts- und Beteiligungsverhältnisse sind den vorliegenden Firmenbuchauszügen zu entnehmen.

Der Umstand, dass bei den Dienstgeberwechseln innerhalb des Konzerns die Dienstverhältnisse tatsächlich beendet und nicht nur abgeändert wurden, weshalb auch keine Drei-Parteien-Vereinbarung vorliegt, ergibt sich in erster Linie aufgrund der nachweislich vorgenommenen Ab- und Anmeldung bei der Sozialversicherung durch unterschiedliche Dienstgeber.

Dass die Tätigkeiten im alten und neuen Dienstverhältnis nicht miteinander vergleichbar sind, wurde von den Vertretern der Beschwerdeführerin ebenso wie die vorliegenden außersteuerlichen Gründe nachvollziehbar im Vorlageantrag und in der mündlichen Verhandlung dargelegt.

Die Übernahme der gesetzlichen Abfertigungsansprüche durch den neuen Dienstnehmer ergibt sich aus Punkt 2 der Vereinbarung über die einvernehmliche Auflösung sowie § 3 des neuen Dienstvertrages.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Stattgabe)

Der Sachverhalt sowie die zu lösenden Rechtsfragen gleichen im Wesentlichen dem betreffend die Vorprüfung durchgeführten Verfahren, in welchem vom VwGH (, Ro 2017/13/0006) die Amtsrevision abgewiesen wurde. Neu im gegenständlichen Verfahren ist nunmehr das Vorbringen des Finanzamtes, dass die Dienstverhältnisse nur geändert und nie beendet wurden. Das Argument wurde vom VwGH mit Hinweis auf das Neuerungsverbot nicht behandelt.

a) lohnsteuerliche Behandlung der freiwilligen Abfertigungen

Gemäß § 67 Abs 6 EStG 1988 idF BGBl I 22/2012, welche auf die gegenständliche Beschwerde anzuwenden ist, sind Sonstige Bezüge, die bei oder nach Beendigung des Dienstverhältnisses anfallen (wie zum Beispiel freiwillige Abfertigungen und Abfindungen, ausgenommen von BV-Kassen ausbezahlte Abfertigungen), mit dem Steuersatz von 6% zu versteuern, soweit sie insgesamt ein Viertel der laufenden Bezüge der letzten zwölf Monate nicht übersteigen; Abs. 2 ist nicht anzuwenden. Über das Ausmaß des ersten Satzes hinaus sind freiwillige Abfertigungen bei einer nachgewiesenen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Dienstzeit von
bis zur Höhe von
3 Jahren
2/12 der laufenden Bezüge der letzten 12 Monate
5 Jahren
3/12 der laufenden Bezüge der letzten 12 Monate
10 Jahren
4/12 der laufenden Bezüge der letzten 12 Monate
15 Jahren
6/12 der laufenden Bezüge der letzten 12 Monate
20 Jahren
9/12 der laufenden Bezüge der letzten 12 Monate
25 Jahren
12/12 der laufenden Bezüge der letzten 12 Monate

mit dem Steuersatz von 6% zu versteuern; § 67 Abs. 2 EStG 1988 ist nicht anzuwenden. Während dieser Dienstzeit bereits erhaltene Abfertigungen im Sinne des § 67 Abs. 3 EStG 1988 oder gemäß den Bestimmungen dieses Absatzes sowie bestehende Ansprüche auf Abfertigungen im Sinne des § 67 Abs. 3 EStG 1988 kürzen das steuerlich begünstigte Ausmaß. Den Nachweis über die zu berücksichtigende Dienstzeit sowie darüber, ob und in welcher Höhe Abfertigungen im Sinne des Abs. 3 oder dieses Absatzes bereits früher ausgezahlt worden sind, hat der Arbeitnehmer zu erbringen; bis zu welchem Zeitpunkt zurück die Dienstverhältnisse nachgewiesen werden, bleibt dem Arbeitnehmer überlassen. Der Nachweis ist vom Arbeitgeber zum Lohnkonto (§ 76 EStG 1988) zu nehmen. Soweit die Grenzen des ersten und zweiten Satzes überschritten werden, sind solche sonstigen Bezüge wie ein laufender Bezug im Zeitpunkt des Zufließens nach dem Lohnsteuertarif des jeweiligen Kalendermonats der Besteuerung zu unterziehen. Die vorstehenden Bestimmungen zu freiwilligen Abfertigungen gelten nur für jene Zeiträume, für die keine Anwartschaften gegenüber einer BV-Kasse bestehen.

Sonstige Bezüge iSd § 67 Abs 6 EStG 1988, die bei oder nach Beendigung des Dienstverhältnisses anfallen, sind solche, die mit der Auflösung des Dienstverhältnisses in ursächlichem Zusammenhang stehen und aus diesem Grund gezahlt werden. Hierbei muss es sich um mit der Auflösung des Dienstverhältnisses im ursächlichen Zusammenhang stehende Bezüge handeln, die aus diesem Grund anfallen und für die Auflösung typisch sind (). Der Zusammenhang ist allerdings nicht zeitlich zu sehen; wenn Vorschüsse noch während des aufrechten Dienstverhältnis (im letzten Lohnzahlungszeitraum) flüssiggemacht wurden, hindert dies allein nicht deren begünstigte Besteuerung (). Auf den Zeitpunkt der Zahlung kommt es daher nicht an.

Die Begünstigungen des § 67 Abs 6 EStG 1988 gelten nur für jene Zeiträume, für die keine Anwartschaften gegenüber einer Betrieblichen Vorsorgekasse bestehen (§ 67 Abs 6 Z 7 EStG 1988).

Ausgenommen sind daher von Betrieblichen Vorsorgekassen ausbezahlte Abfertigungen. Freiwillige Abfertigungen und Abfindungen sind auch dann begünstigt, wenn sie neben laufenden Bezügen wie etwa einer Pension zufließen. Für die Abgrenzung zwischen § 67 Abs 6 EStG 1988 und § 67 Abs 8 lit b EStG 1988 (Kündigungsentschädigungen) ist wesentlich, ob die Zahlung - nach ihrem wahren wirtschaftlichen Gehalt - mit der Absicht ausverhandelt bzw angeboten worden ist, eine friktionsfreie vorzeitige Auflösung des Dienstverhältnisses erst herbeizuführen. Von ausschlaggebender Bedeutung sind die Hintergründe der Vertragsauflösung und die Motive, die zur Zahlung führen. Von einer "freiwilligen Abfertigung" kann nicht gesprochen werden, wenn eine Zahlung geleistet wird, um den Dienstnehmer zur vorzeitigen Auflösung eines Dienstvertrages zu bewegen. Derartige Zahlungen fallen unter § 67 Abs 8 EStG 2988 (vgl. ; , Ra 2017/15/0073).

Mit dem letzten Satz des § 67 Abs. 6 EStG 1988, der mit der Einführung des Betrieblichen Mitarbeitervorsorgegesetzes (BMVG, nunmehr BMSVG), BGBl. I Nr. 100/2002, angefügt wurde, soll bewirkt werden, dass bei Dienstverhältnissen, auf deren volle Dauer das mit dem BMVG eingeführte Abfertigungssystem angewendet wird ("neue Dienstverhältnisse"), der bisherige Inhalt des § 67 Abs. 6 EStG 1988 gänzlich unanwendbar ist. Für Arbeitsverhältnisse, die nach dem beginnen und dem BMVG unterliegen, kommt § 67 Abs. 6 EStG 1988 nicht zur Anwendung. Es können daher auch keine Vordienstzeiten berücksichtigt werden ( mit Hinweis auf ).

§ 46 Abs. 3 Z 2 BMSVG sieht jedoch vor, dass die alten Abfertigungsregelungen u. a. dann weiter Geltung besitzen, wenn Arbeitnehmer innerhalb eines Konzerns iSd §§ 15 AktG oder 115 GmbHG "in ein neues Arbeitsverhältnis wechseln", es sei denn, es läge eine Vereinbarung gemäß § 47 Abs. 1 BMSVG vor.

Gemäß § 47 Abs 1 BMSVG kann für zum bestehende Arbeitsverhältnisse ab in einer schriftlichen Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer ab einem zu vereinbarenden Stichtag für die weitere Dauer des Arbeitsverhältnisses die Geltung des BMSVG anstelle der alten Abfertigungsregelungen festgelegt werden (Übertragung der Altabfertigungsanwartschaften). Eine solche Vereinbarung liegt im gegenständlichen Fall nicht vor.

Gemäß § 82 EStG 1988 haftet der Arbeitgeber dem Bund für die Einbehaltung und Abfuhr der vom Arbeitslohn einzubehaltenden Lohnsteuer. § 82 EStG 1988 knüpft an die Vorschriften zur Einbehaltung und Abfuhr der Lohnsteuer an und soll sicherstellen, dass der Lohnsteuerabzug korrekt vorgenommen wird. Zur Geltendmachung der Haftung mittels Haftungsbescheid kommt es nur dann, wenn die Selbstberechnung und Abfuhr der Lohnsteuer durch den Arbeitgeber nicht korrekt vorgenommen wird. Der Arbeitgeber und Arbeitnehmer sind Gesamtschuldner der Lohnsteuer. Wurde der Arbeitgeber zur Haftung herangezogen kann er vom Arbeitnehmer als Steuerschuldner den Ersatz der bezahlten Schuld nach § 1358 ABGB fordern (Regressanspruch).

Die Geltendmachung der Haftung gemäß § 82 EStG 1988 setzt kein Verschulden des Arbeitgebers an der Lohnsteuerfehlberechnung voraus (), liegt aber im Ermessen der Abgabenbehörde ().

Nach § 82 EStG 1988 zweiter Satz steht der Umstand, dass die Voraussetzungen des § 83 Abs. 2 Z 1 und 4 oder Abs. 3 EStG 1988 vorliegen, einer Inanspruchnahme des Arbeitgebers nicht entgegen. § 83 Abs. 2 Z 1 und 4 EStG 1988 verweisen weiter auf § 41 Abs. 1 und Abs. 2 EStG 1988, die die Veranlagung des Arbeitnehmers von Amts wegen und auf Antrag des Arbeitnehmers regeln. Vereinfacht bedeutet daher § 82 zweiter Satz EStG 1988 , dass eine Veranlagung des Arbeitnehmers einer Inanspruchnahme des Arbeitgebers nicht entgegensteht, der Arbeitgeber also auch dann für die Lohnsteuer haftet, wenn der Arbeitnehmer veranlagt wird (Kirchmayr/Schaunig in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG Kommentar22, § 82 Tz 1).

In seinem Erkenntnis betreffend die Vorprüfung der Jahre 2007 bis 2009 bei der Beschwerdeführerin hat der Verwaltungsgerichtshof bereits zur vorliegenden Rechtsfrage bei gleichgelagertem Sachverhalt entschieden und unter anderem festgehalten: "Was das Argument anlangt, es dürfe bei wiederholtem Wechsel im Konzern nicht zur mehrfachen Inanspruchnahme der ,Viertelregelung' kommen, so ist dem entgegenzuhalten, dass dies dem Gesetz nicht zu entnehmen ist. In diese Richtung gehende Einschränkungen sieht § 67 Abs 6 EStG 1988 nur im Zusammenhang mit der ,Zwölftelregelung' vor" (vgl. jetzt § 67 Abs 6 Z 3 EStG 1988; ).

Nach der höchstgerichtlichen Rechtsprechung wird daher bei einem Wechsel innerhalb des Konzerns ein neues Arbeitsverhältnis begonnen ().

Von der Abgabenbehörde wurde jedoch vorgebracht, dass sich der VwGH nicht mit dem Fall beschäftigt habe, dass eine Dreiparteieneinigung vorliege. Tatsächlich hat der VwGH in dem oa Erkenntnis ausgesprochen, dass soweit die Amtsrevision die Beendigung der Dienstverhältnisse nun zur Gänze in Abrede stelle, indem sie geltend mache, die vorgelegten Verträge entsprächen nicht dem "wahren wirtschaftlichen Gehalt" des Geschehens, es liege eine "Dreiparteieneinigung" vor und eine Beendigung der Dienstverhältnisse sei nicht "gewollt" gewesen, stehe dem das Neuerungsverbot im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof entgegen. Die Begründung neuer Arbeitsverhältnisse im Sinn des § 46 Abs. 3 Z 2 BMSVG und damit - mangels behaupteter Anhaltspunkte für Karenzierungen - auch die grundsätzliche Beendigung der bisherigen sei im Verfahren vor dem Bundesfinanzgericht nicht strittig gewesen, weshalb auf die dazu jetzt in den Vordergrund gerückten Einzelheiten und das Gegenvorbringen in der Revisionsbeantwortung, betreffend etwa die Abwicklung der Urlaubsansprüche, nicht einzugehen sei.

Dieses Vorbringen, dass aufgrund einer getroffenen Drei-Parteien-Vereinbarung nur eine Änderung des Dienstverhältnisses, nicht aber eine Beendigung und Neubeginn bestehe, wurde im gegenständlichen Verfahren neuerlich vorgebracht.

Dem ist entgegen zu halten, dass nachweislich An- und Abmeldungen bei der zuständigen Sozialversicherung für die betreffenden Dienstnehmer erfolgt sind. Die Ab- und Anmeldung ist dabei jeweils durch eine andere Gesellschaft - nämlich jene zu der das konkrete Dienstverhältnis bestand - erfolgt.

Weiters wurde sowohl die Vereinbarung über die einvernehmliche Auflösung des Dienstverhältnisses als auch von jeweils zwei Parteien unterschrieben und bindet daher nur diese beiden (Dienstnehmer und ***Bf*** bzw ***A GmbH*** oder ***B GmbH***). Nur diese beiden Parteien werden in den Vereinbarungen bezeichnet und können diese daher nur Wirkung für diese beiden Parteien entfalten.

Eine reine Änderung der Dienstverträge - wie von der Abgabenbehörde angenommen - liegt nicht vor. Ungeachtet der Formulierung in Punkt 4 der Auflösungsvereinbarung, welcher dahingehend lautet, dass das bisherige Dienstverhältnis mit sämtlichen Rechten und Pflichten von der ***A GmbH*** bzw der ***B GmbH*** übernommen wird, kann darin keine Verpflichtung für diese erblickt werden, zumal sie nicht Vertragsparteien sind.

Die Regelung für die neue Arbeitgeberin, die ***A GmbH*** bzw ***B GmbH*** findet sich in § 3 des neuen Dienstvertrages: "Für alle Ansprüche, die nach Gesetz oder Kollektivvertrag von der Dauer des Dienstverhältnisses abhängen, gilt der … (ursprüngliche Dienstbeginn) als Eintrittstag. Die Vordienstzeiten ab diesem fiktiven Eintrittszeitpunkt werden somit angerechnet."

Ergänzend ist auch anzuführen, dass die Tätigkeiten im alten und neuen Dienstverhältnis auch bei Beleuchtung des wahren wirtschaftlichen Gehalts nicht miteinander vergleichbar sind. Mit einer Anstellung als Geschäftsführer sind naturgemäß auch andere Aufgaben verbunden als mit der Tätigkeit als "reiner Mitarbeiter". Es bestehen auch nach Abgleich der alten und neuen Dienstverträge wesentliche Unterschiede in Bezug auf ua Gehalt, Weisungsgebundenheit, Arbeitszeiten (für Geschäftsführer gelten die Bestimmungen des Arbeitszeitgesetzes nicht) und Konkurrenzverbot.

Auch gilt es für das Gericht als erwiesen, dass für die gewählte Gestaltung außersteuerliche Gründe vorliegen. Diese sind insbesondere in der Vermeidung von Haftungen für die Beschwerdeführerin und in der Mitarbeiterbindung, die durch die Weitergeltung des Anspruchs auf Erhalt einer gesetzlichen Abfertigung nach dem System Abfertigung alt erzielt wird, ersichtlich.

Im Übrigen hält auch der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom , Ro 2017/13/0006, fest, die Vertragspartner seien nicht zugleich von der Beendigung des Arbeitsverhältnisses (für die freiwillige Abfertigung) und von seiner Fortdauer mit bloßem Arbeitgeberwechsel (für die gesetzliche Abfertigung) ausgegangen. Sie hätten bei Beendigung des alten und Begründung des neuen Arbeitsverhältnisses lediglich Vereinbarungen über die "Mitnahme" der gesetzlichen Abfertigung getroffen, die dem Beginn eines neuen Arbeitsverhältnisses nach der zumindest vorrangig für solche Fälle geschaffenen Bestimmung des § 46 Abs. 3 Z 2 BMSVG, die sonst nicht erforderlich wäre, nicht entgegenstünden. Sollte die "Mitnahme" der gesetzlichen Abfertigung trotz des Vorliegens eines "neuen Arbeitsverhältnisses" der Annahme einer "Beendigung" des bisherigen im Sinne des § 67 Abs. 6 EStG 1988 entgegenstehen, so bedürfte dies einer Anordnung des Gesetzgebers, wonach das "neue" Arbeitsverhältnis auch in dieser Hinsicht wie ein fortdauerndes zu behandeln sei.

Außerdem würde auch die Bestimmung des § 46 Abs. 3 Z 2 BMSVG, die explizit einen Übergang der Abfertigung alt auf einen neuen Dienstgeber innerhalb eines Konzerns vorsieht, jeglichen Gehaltes entbehren, wenn solch ein Fall keine Beendigung, sondern lediglich eine Abänderung des Dienstvertrages bewirken würde.

Im vorliegenden Fall kann keine Drei-Parteien-Vereinbarung erkannt werden und sind daher die Voraussetzungen für die Anwendbarkeit der begünstigten Besteuerung nach § 67 Abs 6 EStG 1988 als gegeben anzusehen.

Die Nachversteuerung der freiwilligen Abfertigungen an die betroffenen fünf Dienstnehmer entbehrt daher einer rechtlichen Grundlage. Somit erweist sich die von der Beschwerdeführerin als Haftungspflichtige bekanntgegebene Selbstberechnung der Lohnsteuer für diese Dienstnehmer als richtig. Die gemäß § 202 iVm § 201 BAO erlassenen Haftungsbescheide für die Jahre 2011 und 2012 sind daher mangels unrichtiger Selbstberechnung ersatzlos aufzuheben.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

b) Dienstgeberbeiträge

Nach § 41 Abs. 4 lit. b FLAG gehören die im § 67 Abs. 3 und 6 des Einkommensteuergesetzes 1988 genannten Bezüge nicht zur Beitragsgrundlage des Dienstgeberbeitrages.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom , 2012/15/0122, entschieden, dass die in der Bestimmung des § 67 Abs. 6 EStG 1988 genannten Bezüge, auf welche § 41 Abs. 4 lit. b FLAG 1967 verweist, in dieser Vorschrift als sonstige Bezüge bezeichnet werden, die bei oder nach Beendigung des Dienstverhältnisses anfallen (wie zum Beispiel freiwillige Abfertigungen und Abfindungen). Liegt eine freiwillige Abfertigung vor, ist der Bezug - entsprechend den im Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , 2001/14/0034, hinsichtlich Kommunalsteuer angestellten Erwägungen - von der Bemessungsgrundlage zum Dienstgeberbeitrag (samt Zuschlag) ausgenommen, unabhängig davon, ob eine einkommensteuerlich begünstigte Besteuerung stattfinden kann. An der Eigenschaft des Bezugs als freiwillige Abfertigung ändert es nichts, wenn die Lohnsteuerbegünstigung des § 67 Abs. 6 EStG 1988 nicht wirksam wird. Eine Einschränkung auf die in § 67 Abs. 6 EStG 1988 genannten Bezüge - nur soweit sie steuerbegünstigt sind - enthält § 41 Abs. 4 lit. b FLAG 1967 nicht.

Im oa Erkenntnis vom , Ro 2017/13/006, hat der VwGH nochmals bekräftigt, dass § 41 Abs 4 lit b FLAG 1967, wonach ua die im § 67 Abs. 6 EStG 1988 "genannten Bezüge" nicht zur Beitragsgrundlage für den Dienstgeberbeitrag gehören, nicht voraussetzt, dass es zu der in § 67 Abs 6 EStG 1988 nur mit Einschränkungen vorgesehenen begünstigten Besteuerung kommt (vgl. auch ). Bezüge im Sinne des § 67 Abs 6 EStG 1988 sind nach dem ersten Satz dieser Bestimmung - sowohl in der für den Streitzeitraum noch maßgeblichen als auch in der aktuellen Fassung - aber nur sonstige Bezüge, die "bei oder nach Beendigung des Dienstverhältnisses anfallen".

Daraus folgt, dass nicht nur die in Zusammenhang mit den Dienstgeberwechseln der fünf Mitarbeiter in den Jahren 2011 und 2012 ausbezahlten freiwilligen Abfertigungen vom Dienstgeberbeitrag befreit sind, sondern auch jene, an die drei im Jahr 2011 ausgeschiedenen Mitarbeiter, da die Anwendbarkeit der steuerlichen Begünstigung des § 67 Abs 6 EStG 1988 keine Voraussetzung für die Befreiung vom Dienstgeberbeitrag darstellt.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden und die vorgeschriebenen Dienstgeberbeiträge für 2011 und 2012 auf die Beträge gemäß dem Beschwerdebegehren zu reduzieren.

Im Hinblick darauf, dass die Beschwerdeführerin für 2010 die Bemessungsgrundlage des Dienstgeberbeitrages und die festgesetzte Abgabe als zutreffend anerkannt hat, war die Beschwerde insoweit als unbegründet abzuweisen.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im vorliegenden Fall liegt keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vor. Das Erkenntnis beruht auf der höchstgerichtlichen Rechtsprechung (insbesondere ).

Die gegenständlich offene Frage des Vorliegens einer Drei-Parteien-Vereinbarung war im Rahmen der Beweiswürdigung zu klären.

Die Revision war daher nicht zuzulassen.

Wien, am

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie
Steuer
FLAG
betroffene Normen
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2022:RV.7102339.2022

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at