Bescheidbeschwerde – Einzel – Beschluss, BFG vom 14.12.2022, RV/7103377/2022

Zurückweisung eines verspäteten Vorlageantrages

Entscheidungstext

BESCHLUSS

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Mag. Anna Mechtler-Höger in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, betreffend Beschwerden gegen die Bescheide des Finanzamtes Österreich vom und vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2019 und 2020, Steuernummer ***BF1StNr1***, beschlossen:

I. Der Vorlageantrag wird gemäß § 260 Abs. 1 lit. b BAO iVm § 264 Abs. 4 lit. e BAO als nicht fristgerecht eingebracht zurückgewiesen.

II. Gegen diesen Beschluss ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Begründung

Zu Spruchpunkt I. (Zurückweisung):

Verfahrensgang:

Mit Bescheid vom wurde die Einkommensteuerveranlagung 2019 und mit Bescheid vom jene des Jahres 2020 durchgeführt. Beide Bescheide wurden dem Beschwerdeführer im Wege von FinanzOnline zugestellt.

In den fristgerecht dagegen erhobenen Beschwerden führte der Beschwerdeführer aus, die Voraussetzungen für eine Pflichtveranlagung gemäß § 41 Abs. 1 lägen nicht vor. Es handle sich um eine Antragsveranlagung gemäß § 41 Abs. 2. Er ziehe den Antrag auf Veranlagung zurück und beantrage die ersatzlose Aufhebung der angefochtenen Einkommensteuerbescheide 2019 und 2020.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde der Einkommensteuerbescheid 2019 abgeändert und in der Begründung ausgeführt:

"Der Antrag kann nicht zurückgezogen werden, weil Sie verpflichtet sind eine Arbeitnehmerveranlagung durchzuführen.

Der Grund: Sie haben zeitweise gleichzeitig Bezüge von zwei Arbeitgebern erhalten (§ 41 Abs. 1 Z 2 EStG 1988)."

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid 2020 mit gleicher Begründung abgewiesen.

Beide Beschwerdevorentscheidungen wurden dem Beschwerdeführer im Wege von FinanzOnline zugestellt.

Mit Schreiben vom beantragte der Beschwerdeführer die Vorlage seiner Beschwerden zur Entscheidung durch das Bundesfinanzgericht.

Mit Vorlagebericht vom wurden die Beschwerden dem Bundesfinanzgericht vorgelegt und in der Stellungnahme auf die Verspätung der Vorlageanträge hingewiesen.

Mit Beschluss vom , zugestellt am , wurde dem Beschwerdeführer die Verspätung des Vorlageantrages vorgehalten. Eine Stellungnahme wurde vom Beschwerdeführer nicht abgegeben.

Zu beurteilender Sachverhalt:

Der zu beurteilende Sachverhalt ergibt sich aus dem oben wiedergegebenen Verwaltungsgeschehen und wird vom Beschwerdeführer nicht bestritten.

Rechtliche Würdigung:

Gemäß § 264 Abs. 1 BAO kann gegen eine Beschwerdevorentscheidung innerhalb eines Monats ab Bekanntgabe (§ 97 BAO) der Antrag auf Entscheidung über die Bescheidbeschwerde durch das Verwaltungsgericht gestellt werden (Vorlageantrag). Der Vorlageantrag hat die Bezeichnung der Beschwerdevorentscheidung zu enthalten.

Gemäß § 264 Abs. 4 lit. e BAO ist für Vorlageanträge § 260 Abs. 1 BAO (Unzulässigkeit, nicht fristgerechte Einbringung), sinngemäß anzuwenden.

Gemäß § 260 Abs. 1 lit. b BAO ist die Bescheidbeschwerde mit Beschluss zurückzuweisen, wenn sie nicht fristgerecht eingebracht wurde.

Gemäß § 264 Abs. 5 BAO obliegt die Zurückweisung nicht zulässiger oder nicht fristgerecht eingebrachter Vorlageanträge dem Verwaltungsgericht.

Gemäß § 97 Abs. 1 BAO werden Erledigungen dadurch wirksam, dass sie demjenigen bekanntgegeben werden, für den sie ihrem Inhalt nach bestimmt sind. Die Bekanntgabe erfolgt bei schriftlichen Erledigungen abgesehen von hier nicht interessierenden Ausnahmen durch Zustellung.

Gemäß § 97 Abs. 3 BAO kann an Stelle der Zustellung der schriftlichen Ausfertigung einer behördlichen Erledigung deren Inhalt auch telegraphisch oder fernschriftlich mitgeteilt werden. Darüber hinaus kann durch Verordnung des Bundesministers für Finanzen die Mitteilung des Inhalts von Erledigungen auch im Wege automationsunterstützter Datenübertragung oder in jeder anderen technisch möglichen Weise vorgesehen werden, wobei zugelassen werden kann, dass sich die Behörde einer bestimmten geeigneten öffentlich-rechtlichen oder privatrechtlichen Übermittlungsstelle bedienen darf. In der Verordnung sind technische oder organisatorische Maßnahmen festzulegen, die gewährleisten, dass die Mitteilung in einer dem Stand der Technik entsprechenden sicheren und nachprüfbaren Weise erfolgt und den Erfordernissen des Datenschutzes genügt. Der Empfänger trägt die Verantwortung für die Datensicherheit des mitgeteilten Inhalts der Erledigung. § 96 Abs. 2 BAO gilt sinngemäß.

Gemäß § 98 Abs. 1 BAO sind soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, Zustellungen nach dem Zustellgesetz, BGBl. Nr. 200/1982, vorzunehmen; das gilt nicht für den 3. Abschnitt des ZustG (Elektronische Zustellung).

Gemäß § 98 Abs. 2 BAO gelten elektronisch zugestellte Dokumente als zugestellt, sobald sie in den elektronischen Verfügungsbereich des Empfängers gelangt sind. Im Zweifel hat die Behörde die Tatsache und den Zeitpunkt des Einlangens von Amts wegen festzustellen. Die Zustellung gilt als nicht bewirkt, wenn sich ergibt, dass der Empfänger wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, doch wird die Zustellung mit dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag wirksam.

Die FinanzOline-Verordnung (FOnV ) 2006 ist eine Verordnung im Sinne des § 97 Abs. 3 zweiter Satz BAO (vgl. Ritz/Koran, BAO7, § 97, Rz 10).

Nach § 1 Abs. 2 FOnV 2006 ist die automationsunterstützte Datenübertragung zulässig für Funktionen, die dem jeweiligen Teilnehmer in FinanzOnline zur Verfügung stehen.

Dokumente iSd § 98 Abs. 2 erster Satz BAO sind jene nach § 2 Z 2 ZustG, somit insbesondere behördliche schriftliche Erledigungen (vgl. Ritz/Koran, BAO7, § 97, Rz 11).

Der Zeitpunkt, an dem die Daten in den elektronischen Verfügungsbereich des Empfängers gelangt sind, ist bei FinanzOnline der Zeitpunkt der Einbringung der Daten in die Databox, zu der der Empfänger Zugang hat (vgl. -F/13; ; ; , RV/5100404/2016; , RV/5100209/2016; , RV/7104423/2014; , RV/7104134/2017; , RV/5101130/2017).

Auf das tatsächliche Einsehen der Databox durch den FinanzOnline-Teilnehmer (z.B. Öffnen, Lesen, oder Ausdrucken eines Bescheides) kommt es nicht an (vgl. ; , RV/0002-F/13; ; ; ; ).

Irrelevant ist das Datum der Information über die in die Databox erfolgte Zustellung (vgl. ). Der Zeitpunkt der Einbringung der Daten in die Databox ist auch dann der Zustellzeitpunkt, wenn die in § 5b Abs. 2 FOnV 2006 vorgesehene Information an der vom Teilnehmer angegebenen elektronischen Adresse unterblieben ist. Diese Information hat lediglich Service-Charakter (vgl. Ritz/Koran, BAO7, § 98 Rz 3 ff).

Die FinanzOnline-Databox ist ein elektronischer Postkasten. Die "Schlüssel" zu diesem elektronischen Postkasten sind die Zugangscodes, die beim FinanzOnline-Login einzugeben sind. Werden daher Bescheide in der FinanzOnline-Databox bereitgestellt, muss der Anwender zumindest ab diesem Tag nicht gesperrte Zugangscodes haben, damit Bescheide am Tag, ab dem sie in der FinanzOnline-Databox bereitgestellt sind, auch rechtsgültig zugestellt sind (vgl. ).

§ 98 Abs. 2 letzter Satz BAO gilt nicht bei Aufgabe der Abgabestelle (vgl. ; sowie Ritz/Koran, BAO7, § 98 Rz 4a f).

Da die Beschwerdevorentscheidung betreffend Einkommensteuer 2019 bereits am und jene betreffend Einkommensteuer 2020 bereits am in die Databox des Beschwerdeführers eingebracht wurden und dieser damit ab diesem Zeitpunkt nachweislich Zugang zu diesen Schriftstücken hatte, sind diese auch an diesen Tagen in seinen elektronischen Verfügungsbereich gelangt. Dementsprechend erfolgte die rechtswirksame Zustellung der Beschwerdevorentscheidungen am bzw. am . Die einmonatige Rechtsmittelfrist endete daher betreffend Einkommensteuer 2019 am bzw. hinsichtlich Einkommensteuer 2020 am .

Dass ein Fristverlängerungsansuchen zur Einbringung des Vorlageantrages gestellt worden wäre, ist weder der Aktenlage zu entnehmen noch wird derartiges vom Beschwerdeführer behauptet. Der am eingebrachte Vorlageantrag wurde somit nicht innerhalb offener Rechtsmittelfrist gestellt und war daher als nicht rechtzeitig eingebracht zurückzuweisen.

Dem Beschwerdeführer war sowohl im Vorlagebericht als auch mit Beschluss vom der Umstand der nicht fristgerechten Einbringung des Vorlageantrages mitgeteilt worden. Er hatte somit ausreichend Gelegenheit, dazu Stellung zu nehmen und die zum Beweis der Rechtzeitigkeit des Vorlageantrages dienenden Unterlagen vorzulegen.

Zu Spruchpunkt II. (Zulässigkeit einer Revision):

Gegen einen Beschluss des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil der Beschluss von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Da die Beurteilung der Rechtswirksamkeit der Erlassung der Beschwerdevorentscheidungen und der davon abhängigen Rechtzeitigkeit der Einbringung des Vorlageantrages in Sinne der zitierten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes vorgenommen wurde, war die Unzulässigkeit der ordentlichen Revision auszusprechen.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Wien, am

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 5b Abs. 2 FOnV 2006, FinanzOnline-Verordnung 2006, BGBl. II Nr. 97/2006
§ 260 Abs. 1 lit. b BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 264 Abs. 4 lit. e BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 41 Abs. 1 Z 2 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 97 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 98 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
FOnV, FinanzOnline-Verordnung, BGBl. II Nr. 71/1998
§ 1 Abs. 2 FOnV 2006, FinanzOnline-Verordnung 2006, BGBl. II Nr. 97/2006
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2022:RV.7103377.2022

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at