Kosten iZm einem Scheidungsverfahren als außergewöhnliche Belastung
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter ***R*** in der Beschwerdesache ***Bf***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Einkommensteuer 2016 zur Steuernummer ***Bf-StNr*** zu Recht erkannt:
I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Verfahrensgang
A. Einkommensteuerbescheid 2016, Beschwerde
Am wurde seitens des belangten Finanzamtes der Einkommensteuerbescheid 2016 erlassen.
Gegen diesen Bescheid wurde am Beschwerde erhoben. Im Rahmen dieser Beschwerde wurde - unter anderem - die Anerkennung von außergewöhnlichen Belastungen in Höhe von EUR 16.306,82 begehrt. Dieser Betrag betrifft zur Gänze Kosten im Zusammenhang mit einem Scheidungsverfahren des Beschwerdeführers, siehe die nachfolgende Aufstellung:
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Buchungsdatum | Zahlungsempfänger | Betrag in EUR |
Bezirksgericht | 82,12 | |
Rechtsanwalt Beschwerdeführer | 9.224.70 | |
Detektiv | 5.500,00 | |
Rechtsanwalt ehem. Ehegattin | 500,00 | |
Rechtsanwalt ehem. Ehegattin | 500,00 | |
Rechtsanwalt ehem. Ehegattin | 500,00 |
Als Beilage zur Beschwerde wurde - unter anderem - das Scheidungsurteil des Bezirksgerichtes übermittelt. Aus diesem Urteil geht hervor, dass die Ehe gemäß § 49 EheG unter Ausspruch des überwiegenden Verschuldens zu Lasten der Ehefrau zu scheiden war und dass die Kosten des Rechtsstreits - gemäß einer entsprechenden Vereinbarung der Parteien - gegeneinander aufgehoben wurden.
B. Beschwerdevorentscheidung, Vorlageantrag
Im Rahmen der am ergangenen Beschwerdevorentscheidung wurden die Kosten für das Scheidungsverfahren nicht als außergewöhnliche Belastungen anerkannt. Begründend wurde wie folgt ausgeführt:
Eine sog. außergewöhnliche Belastung gemäß § 34 EstG 1988 erwächst dem Steuerpflichtigen zwangsläufig, wenn er sich ihr aus tatsächlichen, rechtlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann. Daraus ergibt sich, dass freiwillig getätigte Aufwendungen ebenso wenig Berücksichtigung finden können wie Aufwendungen, die auf Tatsachen zurückzuführen sind, die vom Steuerpflichtigen vorsätzlich herbeigeführt wurden oder sonst die Folge eines Verhaltens sind, zu dem sich der Steuerpflichtige aus freien Stücken entschlossen hat. Es ist davon auszugehen, dass Prozesskosten im Allgemeinen nicht zwangsläufig sind (), da jede Prozessführung mit dem Risiko verbunden ist, die Kosten ganz oder teilweise selbst tragen zu müssen (). Die Inanspruchnahme eines anwaltlichen Beistandes bedeutet nicht, dass die dafür angefallenen Kosten als außergewöhnlich einzustufen sind, geschweige denn als zwangsläufig im Sinne des § 34 EstG, auch wenn sich die Ex-Gattin schon vorher rechtsfreundlich vertreten ließ. Auch die Kosten für den engagierten Privatdetektiv sind unter diesem Gesichtspunkt zu sehen und somit nicht abzugsfähig.
Zudem wurde ausgeführt, dass für den Beschwerdeführer im Zusammenhang mit außergewöhnlichen Belastungen ein Selbstbehalt von EUR 11.177,10 zu beachten sei.
Gegen diese Entscheidung wurde am ein Vorlageantrag eingebracht. Begründend wurde im Wesentlichen vorgebracht, dass die Voraussetzungen des § 34 EStG 1988 im Falle des Beschwerdeführers kumulativ erfüllt seien und somit die Berücksichtigung der außergewöhnlichen Belastungen in Höhe von EUR 16.306,82 beantragt werde.
C. Verfahren vor dem BFG
Mit Vorhalt vom wurde dem Beschwerdeführer das Erkenntnis des zur Stellungnahme übermittelt. Der Beschwerdeführer wurde ersucht, zu den Ausführungen des VwGH (siehe gleich im Anschluss) Stellung zu nehmen:
Selbst wenn eine aufgezwungene Prozessführung vorliegt, sind damit verbundene Anwaltskosten grundsätzlich nicht zwangsläufig, wenn im geführten Verfahren keine absolute Anwaltspflicht besteht (vgl. , mwN). Eine Zwangsläufigkeit kann allerdings gegeben sein, wenn im konkreten Fall das Einschreiten eines Rechtsanwaltes trotz fehlender Anwaltspflicht aus besonderen Gründen unbedingt erforderlich ist (vgl. ; , Ro 2018/13/0002).
Im vorliegenden Fall ist das Bundesfinanzgericht - auf Grundlage der vorgelegten Unterlagen (insbesondere der Gerichtsakten) - davon ausgegangen, dem Mitbeteiligten sei die Prozessführung aufgrund der eingebrachten Scheidungsklage seiner Ehegattin aufgezwungen worden. Die dadurch entstandenen Anwaltskosten seien ihm somit zwangsläufig erwachsen. Wie das Finanzamt zutreffend aufzeigt, besteht allerdings in Scheidungsstreitigkeiten keine absolute Anwaltspflicht (§ 27 Abs. 2 ZPO iVm. § 49 Abs. 2 Z 2a JN vgl. auch § 29 Abs. 1 ZPO). Das Bundesfinanzgericht hätte daher die Zwangsläufigkeit der Anwaltskosten - trotz Annahme einer aufgezwungenen Prozessführung - nur bei Vorliegen besonderer Gründe, die das Einschreiten eines Rechtsanwaltes erforderlich machen, bejahen dürfen.
Im Rahmen der Stellungnahme vom wurde seitens des Beschwerdeführers wie folgt vorgebracht:
1) Die geschiedene Exfrau hat die für mich überraschende Scheidungsklage gleich durch einen Anwalt einbringen lassen. Einer einvernehmlichen Auflösung der Ehe war die Klägerin zu keinem Zeitpunkt zugänglich.
Aufgrund ihrer ehewidrigen außerehelichen Beziehung versuchte sie mit allen Mitteln ihre Position im Scheidungsverfahren zu verbessern. Nur durch die professionelle anwaltliche Vertretung konnte ich in diesem aufgezwungenen und strittigen Verfahren obsiegen.
2) Der gegnerische Anwalt erwirkte gleich zu Prozessbeginn eine Einstweilige Verfügung zur Sperre von Wertpapieren, die als Sicherheit für einen Immobilienkredit dienten sowie auch für weitere Konten. Für mich als […] ging mit der Kontensperre auch ein Reputationsschaden einher.
Die Bekämpfung und Aufhebung dieser Verfügung durch meine Anwältin endete mit einem gerichtlichen Vergleich im Verlauf des Verfahrens.
3) Auch begehrte der gegnerische Anwalt einen Prozesskostenvorschuss, den ich bezahlen sollte obwohl die Klägerin selbst erwerbstätig war. Meine Anwältin verteidigte mich gegen diese unberechtigte Forderung der KIägerin.
4) Unter Verletzung meiner Persönlichkeitsrechte fertigte die Klägerin auf Anraten ihres Anwaltes heimlich unter Ausspähung meines Passwortes Fotos vom Bildschirm meines Mobiltelefones an um ,,Material" zu finden, dass mich belasten würde. Schlussendlich ergebnislos, wie der Schuldspruch als Ergebnis meiner rechtsanwaltlichen Vertretung zeigt.
5) Diese Bemühungen der Klägerin gipfelten im Versuch mich zu verleumden indem sie zur Polizeiging um mich der versuchten Vergewaltigung zu beschuldigen. Die Behauptungen waren freierfunden, aber hätten mich sowohl finanziell als persönlich zerstören können. Wie diePolizeifeststellte, waren ihre Angaben ua. auch deshalb unglaubwürdig, weil eine behaupteteAlkoholisierung meinerseits beim durchgeführten Alkoholtest nicht nachgewiesen werdenkonnte und der behördlich gemessene Wert 0,00 ‰ betrug. Siehe dazu insbesondere den 3. und4. Absatz der Tatdarstellung:
,,….lnsgesamt hat es den Anschein, als habe [die Ehegattin] versucht, sich für dieScheidung in eine günstigere Position zu bringen......"
Eine zuvor ausgesprochene Wegweisung gegen mich wurde ebenfalls unverzüglichzurückgenommen.Das weitere Strafverfahren wegen Vergewaltigung endete ergebnislos.
Die im Zuge des Scheidungsverfahrens erfolgte Urkundenvorlage an das Gericht durch meineAnwältin finden Sie anbei.
Aus all diesen Punkten ist unstrittig, dass in diesem Scheidungsverfahren das Einschreiteneines Rechtsanwaltes für mich absolut unerlässlich war. Die Klägerin hat zu keinem Zeitpunkteine einvernehmliche Lösung der Ehe angestrebt, sondern war gleich zu Beginn anwaltlichvertreten und hat ohne Rücksicht auf meine persönliche Existenz und die der Kinder versucht imScheidungsverfahren eine günstigere Position zu erlangen.
Mit Vorhalt vom wurde dem belangten Finanzamt der obige Vorhalt an den Beschwerdeführer sowie dessen Antwort zur Kenntnisnahme bzw. allfälligen Stellungnahme weitergeleitet.
In der Stellungnahme des belangten Finanzamtes wurde - im Wesentlichen - darauf hingewiesen, dass gemäß dem vorliegenden Scheidungsurteil die Prozesskosten "aufgrund einer Vereinbarung der Parteien gegenseitig aufgehoben worden seien, obwohl die obsiegende Partei (=Beschwerdeführer) Anspruch auf Kostenersatz gegenüber der unterlegenen Partei gehabt hätte." Die Prozesskosten seien somit - aufgrund des Verzichts auf Kostenersatz - schon aus diesem Grund nicht zwangsläufig erwachsen, selbst wenn das Einschreiten eines Rechtsanwaltes trotz fehlender Anwaltspflicht aufgrund besonderer Gründe geboten gewesen sein sollte.
Im Rahmen des Erörterungstermins vom wurden im Wesentlichen die folgenden Punkte besprochen:
Der Beschwerdeführer hat den Sachverhalt erneut dargestellt. Daraus ergaben sich - sofern nicht im Anschluss gesondert dargestellt - keine Abweichungen von den bisherigen schriftlichen Eingaben.
Zum Kostenausspruch laut Scheidungsurteil wurde vom Beschwerdeführer vorgebracht, dass sich dies - nach seiner Wahrnehmung - nicht so zugetragen habe wie das Scheidungsurteil vermuten lasse. Vielmehr sei ihm vom zuständigen Richter die Kostenentscheidung mehr oder minder diktiert worden. Dies - ebenfalls nach Wahrnehmung des Beschwerdeführers - wohl vor dem Hintergrund, dass die klagende/widerbeklagte Partei Verfahrenshilfe bezogen habe. Kostennoten oder ähnliches seien nicht ausgetauscht worden.
Der Beschwerdeführer habe die Aufhebung der Prozesskosten aus Angst davor akzeptiert, dass die Kostenentscheidung des Richters andernfalls zu seinen Ungunsten ausfallen hätte können.
Seitens des belangten Finanzamtes wurde ausgeführt, dass aus der Kostenentscheidung die Tatsache, dass die klagende/widerbeklagte Partei Verfahrenshilfe bezogen und die Kostenaufhebung aus diesem Grund erfolgt sei, nicht hervorgehe.
Schließlich wurde vereinbart, dass der Beschwerdeführer den Nachweis über den Bezug von Verfahrenshilfe der klagenden/widerbeklagten Partei nachreicht. Zusätzlich wurde seitens des erkennenden Richters zugesagt, dass dieser den für das Scheidungsverfahren zuständig gewesenen Richter kontaktiert, um weitere Details zur Kostenentscheidung zu erhalten.
Am wurde durch den erkennenden Richter Kontakt mit dem Richter des Scheidungsverfahrens aufgenommen. Dieser hat sowohl das Protokoll der Scheidungsverhandlung vom übermittelt (siehe auszugweise untenstehend) wie auch telefonisch ausgeführt, dass im Rahmen des Verfahrens keine Kostenanträge der Parteien gestellt wurden.
Auszug aus dem Protokoll:
Nicht ohne Initiative der beiden Parteien kommt es in der weiteren Folge für einen Zeitraum von sage und schreibe zwei Dreiviertelstunden Vergleichsgespräche, die nach knapp drei Stunden zu einem gewissen Ergebnis führen und zwar wie folgt:
Die Klägerin bzw. Widerbeklagte gesteht zu, überwiegend schuld am Scheitern der Ehe zu sein, dem gegenüber verzichtet der Ehemann auf die Feststellung des Alleinverschuldens. Die Parteien erklären übereinstimmend, dass die Ehe unheilbar zerrüttet ist, es gibt ja auch Klage und Widerklage, und akzeptieren die skizzierte Verschuldensaufteilung.
Diskutiert werden die Kosten des Scheidungsverfahrens und wird jeweils auf Kostenersatz gegenüber der je anderen Partei verzichtet, dieser Ersatzverzicht betrifft auch Detektivkosten, die der Ehemann aufgewandt hat, um das Eheleben der Ehefrau zu erforschen.
Darüber hinaus kommen die Parteien, dies ausdrücklich vorbehaltlich der Ergebnisse eines möglichen späteren Aufteilungsverfahrens, zu folgender gerichtlicher Vereinbarung:
[…]
Das Protokoll des Scheidungsverfahrens wurde mit Vorhalt vom sowohl an den Beschwerdeführer wie auch das belangte Finanzamt zur Kenntnis- und Stellungnahme übermittelt.
Am wurde durch den Beschwerdeführer der Nachweis übermittelt, dass die klagende/widerbeklagte Partei im Rahmen des Scheidungsverfahrens Verfahrenshilfe bezogen hat. Dieser Nachweis wurde dem Finanzamt am zur Kenntnisnahme übermittelt.
In den jeweiligen Stellungnahmen bleiben sowohl der Beschwerdeführer wie auch das belangte Finanzamt - im Wesentlichen - bei ihrem bisherigen Vorbringen.
Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
Sachverhalt
Der Beschwerdeführer begehrt die Anerkennung eines Betrages von EUR 16.306,82 als außergewöhnliche Belastung. Dieser Betrag besteht zur Gänze aus Prozesskosten/Detektivkosten, die im Zusammenhang mit dem im Dezember 2016 abgeschlossenen Scheidungsverfahren angefallen sind (siehe oben, Punkt "I. A."). Sowohl der Beschwerdeführer wie auch die klagende/widerbeklagte Partei waren anwaltlich vertreten, wobei die anwaltliche Vertretung der klagenden/widerbeklagten Partei im Wege der Verfahrenshilfe gewährt wurde.
Die Ehe des Beschwerdeführers wurde im Dezember 2016 gemäß § 49 EheG rechtskräftig geschieden, wobei das überwiegende Verschulden zu Lasten der klagenden/widerbeklagten Partei (d.h. der ehemaligen Ehegattin) ausgesprochen wurde. Die Kosten des Rechtsstreits wurden - auf Basis einer entsprechenden Vereinbarung der Streitparteien - gegeneinander aufgehoben. Dieser Ersatzverzicht betrifft explizit auch die beim Beschwerdeführer angefallenen Detektivkosten. Kostenanträge wurden von den Parteien im Scheidungsverfahren nicht gestellt.
Beweiswürdigung
Gemäß § 167 Abs. 1 BAO bedürfen Tatsachen, die bei der Abgabenbehörde offenkundig sind, und solche, für deren Vorhandensein das Gesetz eine Vermutung aufstellt, keines Beweises.
Gemäß § 167 Abs. 2 BAO hat die Abgabenbehörde im Übrigen unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Abgabenverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht.
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes genügt es, von mehreren Möglichkeiten jene als erwiesen anzunehmen, die gegenüber allen anderen Möglichkeiten eine überragende Wahrscheinlichkeit oder gar die Gewissheit für sich hat und alle anderen Möglichkeiten absolut oder mit Wahrscheinlichkeit ausschließt oder zumindest weniger wahrscheinlich erscheinen lässt. Die Abgabenbehörde muss dieser Rechtsprechung zufolge den Bestand einer Tatsache nicht im "naturwissenschaftlich-mathematisch exakten Sinn" nachweisen (vgl. etwa ; Ritz/Koran, BAO7, § 167, Rz 8 mwN).
Die Höhe sowie die Zusammensetzung der begehrten außergewöhnlichen Belastungen ergibt sich aus dem Vorbringen des Beschwerdeführers.
Die Tatsache, dass beide Parteien des Scheidungsverfahrens anwaltlich vertreten wurden, ergibt sich ebenfalls aus dem Vorbringen des Beschwerdeführers bzw. aus den übermittelten Dokumenten (Scheidungsurteil des ***Bezirksgericht***). Die Tatsache, dass der klagenden/widerbeklagten Partei im Scheidungsverfahren Verfahrenshilfe durch Beigebung eines Rechtsanwalts gewährt wurde, ergibt sich aus dem vorgelegten Beschluss des ***Bezirksgericht*** vom (Verweis auf den Beschluss vom ).
Der Verschuldensausspruch, die Rechtsgrundlage für die Scheidung sowie der Kostenausspruch ergeben sich aus dem Scheidungsurteil sowie dem Protokoll zur Verhandlung vom . Die Tatsache, dass seitens der Parteien keine Kostenanträge gestellt wurden, wurde dem erkennenden Richter durch den für das Scheidungsverfahren des Beschwerdeführers zuständig gewesenen Richter mitgeteilt bzw. wurde dies auch vom Beschwerdeführer im Rahmen des Erörterungstermins so dargestellt.
Hinsichtlich der Kostenentscheidung wurde vom Beschwerdeführer wiederholt vorgebracht, dass diese vom für das Scheidungsverfahren zuständig gewesenen Richter mehr oder minder diktiert wurde. Es sei dem Beschwerdeführer relativ unverblümt mitgeteilt worden, dass - aufgrund der Tatsache, dass sein Einkommen deutlich über jenem der klagenden/widerbeklagten Partei liege - ein Kostenersatz nicht in Frage käme. Von einer "Vereinbarung", wie dies aus dem Scheidungsurteil, oder einer "Diskussion", wie dies aus dem Verhandlungsprotokoll hervorgehe, könne folglich keine Rede sein.
Darauf ist zunächst zu antworten, dass die Unterstellung, der für das Scheidungsverfahren zuständig gewesene Richter habe den Beschwerdeführer in seinen prozessualen Rechten beschnitten, auf massive Zweifel des erkennenden Richters stößt. Dass sich dies am Ende eines umfangreichen und persönlich enorm belastenden Scheidungsverfahrens für den Beschwerdeführer subjektiv so angefühlt haben mag, wird überhaupt nicht in Abrede gestellt. Eine solche Vorgehensweise des für das Scheidungsverfahren zuständig gewesenen Richters ergibt sich allerdings weder aus dem Protokoll noch aus dem Scheidungsurteil. Es wäre zudem auch völlig unverständlich, weshalb dieser Richter in einer solchen Art und Weise in das Verfahren eingreifen sollte. Es geht aus dem - im damaligen Verfahren soweit ersichtlich nicht bestrittenen - Verhandlungsprotokoll vom klar hervor, dass die Kosten des Verfahrens diskutiert wurden, und zwar nicht nur die Kosten des Verfahrens selbst, sondern auch die Detektivkosten des Beschwerdeführers. Wie umfangreich diese Diskussion war und ob es letzten Endes angesichts der - im gegenständlichen Verfahren nicht weiter erörterten - finanziellen Situation der klagenden/widerbeklagten Partei, der im Scheidungsverfahren Verfahrenshilfe gewährt wurde, eine schlicht pragmatische Entscheidung der Parteien war, kann an dieser Stelle nicht geklärt werden.
Nach sorgfältiger Abwägung steht für den erkennenden Richter als Folge der freien Beweiswürdigung jedoch fest, dass es eine Parteieneinigung über die gegenseitige Aufhebung der Prozesskosten gegeben hat. Es besteht für den erkennenden Richter kein vernünftiger Grund, an der Richtigkeit des Verhandlungsprotokolls vom - und entsprechend an den entsprechenden Passagen im Scheidungsurteil - zu zweifeln, in dem explizit angeführt ist, dass die Kosten diskutiert wurden, dass diese Kosten auch die Detektivkosten umfassen und dass die Parteien jeweils auf Kostenersatz verzichten.
Rechtliche Beurteilung
Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)
A. Rechtliche Grundlagen
§ 45a ZPO in der für das streitgegenständliche Jahr maßgeblichen Fassung lautet (auszugsweise):
(1) Wird auf Scheidung oder Aufhebung der Ehe erkannt oder die Ehe für nichtig erklärt, ohne daß der unterlegene Teil hieran schuldig ist, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben. Hat eine Partei von den im § 43 Abs. 1 letzter Satz angeführten Barauslagen mehr als die Hälfte bestritten, so hat ihr der andere Ehegatte den Mehrbetrag zu ersetzen.
[…]
§ 34 EStG 1988 in der für das streitgegenständliche Jahr maßgeblichen Fassung lautet (auszugsweise):
(1) Bei der Ermittlung des Einkommens (§ 2 Abs. 2) eines unbeschränkt Steuerpflichtigen sind nach Abzug der Sonderausgaben (§ 18) außergewöhnliche Belastungen abzuziehen. Die Belastung muß folgende Voraussetzungen erfüllen:
1. Sie muß außergewöhnlich sein (Abs. 2).
2. Sie muß zwangsläufig erwachsen (Abs. 3).
3. Sie muß die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wesentlich beeinträchtigen (Abs. 4).
Die Belastung darf weder Betriebsausgaben, Werbungskosten noch Sonderausgaben sein.
(2) Die Belastung ist außergewöhnlich, soweit sie höher ist als jene, die der Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse erwächst.
(3) Die Belastung erwächst dem Steuerpflichtigen zwangsläufig, wenn er sich ihr aus tatsächlichen, rechtlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann.
[…]
B. Erwägungen
Schon das Fehlen einer einzigen der in § 34 EStG 1988 normierten Voraussetzungen schließt die Anerkennung der geltend gemachten Aufwendungen als außergewöhnliche Belastung aus und die Abgabenbehörde muss nicht prüfen, ob auch die anderen Voraussetzungen zutreffen oder nicht ().
Die Zwangsläufigkeit eines Aufwandes ist stets nach den Umständen des Einzelfalles zu prüfen. Schon aus der Wortfolge "wenn er (der Steuerpflichtige) sich ihr … nicht entziehen kann" ergibt sich mit aller Deutlichkeit, dass freiwillig getätigte Aufwendungen nach § 34 Abs. 3 EStG 1988 ebenso wenig Berücksichtigung finden können wie Aufwendungen, die auf Tatsachen zurückzuführen sind, die vom Steuerpflichtigen vorsätzlich herbeigeführt wurden, oder die sonst die Folge eines Verhaltens sind, zu dem sich der Steuerpflichtige aus freien Stücken entschlossen hat ().
Es entspricht der vom Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung vertretenen Auffassung, dass Prozesskosten im Allgemeinen nicht zwangsläufig im Sinne des § 34 EStG 1988 erwachsen; eine allgemeine Regel lässt sich allerdings bei aufgezwungener Prozessführung nicht aufstellen. Selbst wenn eine aufgezwungene Prozessführung vorliegt, sind damit verbundene Anwaltskosten grundsätzlich nicht zwangsläufig, wenn im geführten Verfahren keine absolute Anwaltspflicht besteht (vgl. , mwN). Eine Zwangsläufigkeit kann allerdings gegeben sein, wenn im konkreten Fall das Einschreiten eines Rechtsanwaltes trotz fehlender Anwaltspflicht aus besonderen Gründen unbedingt erforderlich ist ().
Der Umstand, dass vor Gericht keine Kosten verzeichnet wurden, deutet darauf hin, dass es hinsichtlich dieser Kosten zu einer einvernehmlichen Regelung gekommen ist, bei der der Beschwerdeführer auf Kostenersatzansprüche gegenüber seiner geschiedenen Ehegattin verzichtet hat. Gegenteiliges, etwa fehlende Einbringlichkeit der Kosten bei der geschiedenen Ehegattin, hat der Beschwerdeführer nicht vorgebracht. Bei dieser Sachlage kann nicht davon ausgegangen werden, dass dem Beschwerdeführer die Prozesskosten einschließlich der Detektivkosten zwangsläufig erwachsen sind (idS ).
Entsprechend dem festgestellten Sachverhalt wurde gegen den Beschwerdeführer von seiner ehemaligen Ehegattin Scheidungsklage erhoben. Dieser begegnete er mit einer Widerklage. Die Ehe wurde nach Abschluss des Scheidungsverfahrens gemäß § 49 EheG geschieden und es wurde das überwiegende Verschulden der klagenden/widerbeklagten Partei ausgesprochen.
Nach § 45a Abs. 1 ZPO hat der unterlegene, an der Eheauflösung schuldige, Beklagte die Verfahrenskosten zu tragen. Eine Kostenersatzpflicht des Klägers kommt bei der Verschuldensscheidung nur dann in Betracht, wenn der Beklagte Widerklage erhoben hat und gemäß § 60 Abs. 2 EheG das überwiegende Verschulden des Klägers ausgesprochen wurde (M. Bydlinski in Fasching/Konecny³ II/1 § 45a ZPO, Rz 3).
Obwohl somit gemäß den Regelungen der ZPO ein (zumindest teilweiser) Kostenersatz möglich gewesen wäre (die Ehe wurde unter Ausspruch des überwiegenden Verschuldens der klagenden/widerbeklagten Partei geschieden), wurden die Kosten des Verfahrens - gemäß dem vorliegenden Verhandlungsprotokoll bzw. Scheidungsurteil - gegeneinander aufgehoben. Diese Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Vereinbarung der Streitparteien.
Damit steht aber unter Berücksichtigung der obig angeführten Rechtsprechung des VwGH bereits fest, dass die Kosten auf Ebene des Beschwerdeführers gerade nicht "zwangsläufig" iSd § 34 Abs. 3 EStG 1988 entstanden sind. Gemäß dem festgestellten Sachverhalt haben beide Streitparteien jeweils auf Kostenersatz gegenüber der anderen Partei verzichtet, wobei von diesem Verzicht auch explizit die Detektivkosten des Beschwerdeführers umfasst sind. Davon, dass sich der Steuerpflichtige dieser Belastung "aus tatsächlichen, rechtlichen oder sittlichen Gründen" nicht entziehen konnte, kann somit keine Rede sein. Dies ergibt sich aus der obig zitierten Rechtsprechung des VwGH (), wonach schon der Umstand, dass "vor Gericht keine Kosten verzeichnet wurden" zum Wegfall der Zwangsläufigkeit der Aufwendungen führt. Umso mehr muss dies auch für den vorliegenden Fall gelten, in dem gemäß dem festgestellten Sachverhalt ein gegenseitiger Kostenverzicht zwischen den Parteien vereinbart wurde.
Auch die bloße Tatsache, dass die klagende/widerbeklagte Partei im Scheidungsverfahren Verfahrenshilfe bezogen hat, vermag daran nichts zu ändern. Vielmehr hat auch im Falle der Verfahrenshilfe nach §§ 63 ff ZPO die unterliegende Partei die Verpflichtung zur Übernahme der notwendigen Prozesskosten. Somit trafen letzlich die vom Beschwerdeführer als außergewöhnliche Belastung geltend gemachten Prozesskosten rechtlich betrachtet nicht ihn, sondern die im Gerichtsverfahren klagende/widerbeklagte und unterliegende Partei (). Dass die Prozesskosten auf Ebene der klagenden/widerbeklagten Partei tatsächlich nicht einbringlich gewesen und ihm somit aus diesem Grund die Prozesskosten zwangsläufig entstanden wären, hat der Beschwerdeführer nicht vorgebracht.
Aufgrund der Tatsache, dass die dem Beschwerdeführer im Zusammenhang mit dem Scheidungsverfahren erwachsenen Kosten (inkl. der vorgelagerten Kosten für den Detektiv) schon aus den obigen Erwägungen nicht zwangsläufig iSd § 34 EStG 1988 erwachsen sind, war das Vorliegen "besonderer Gründe" im Sinne der jüngsten Rechtsprechung des VwGH () nicht mehr zu prüfen.
Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.
Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Die sich im gegenständlichen Fall ergebenden Rechtsfragen wurden entsprechend der zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes gelöst. Im Übrigen hing der Beschwerdefall von der Lösung von nicht über den Einzelfall hinausgehenden Sachverhaltsfragen ab. Die Revision war somit nicht zuzulassen.
Linz, am
Zusatzinformationen
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 34 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 34 Abs. 3 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2023:RV.7101930.2022 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at