Bescheidbeschwerde – Einzel – Beschluss, BFG vom 09.12.2022, RV/7103545/2022

verspätete Einbringung eines Vorlageantrages über FinanzOnline

Entscheidungstext

Beschluss

Das Bundesfinanzgericht fasst durch die Richterin Mag. Heidemarie Winkler über die Beschwerde der ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vom gegen den Rückforderungsbescheid des Finanzamtes Österreich vom , von Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträgen für den Zeitraum Mai 2021 bis Juli 2022, folgenden Beschluss:

Der Vorlageantrag wird gemäß § 264 Abs. 4 lit. e BAO iVm § 260 Abs. 1 lit. b BAO als nicht fristgerecht eingebracht zurückgewiesen.

Gegen diesen Beschluss ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Begründung

Das Finanzamt forderte von der Beschwerdeführerin (in Folge kurz Bf.) mit Bescheid vom die für den Zeitraum Mai 2021 bis Juli 2022 bezogenen Familienbeihilfen- und Kinderabsetzbeträge zurück.

Dagegen brachte die Bf. am fristgerecht Beschwerde ein.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom , elektronisch zugestellt am über die Databox von FinanzOnline, wurde die Beschwerde vom Finanzamt als unbegründet abgewiesen.

Am stellte die Bf. über Finanzonline und gleichzeitig in Papierform einen Antrag auf Entscheidung über die Beschwerde durch das Bundesfinanzgericht (BFG).

Mit Vorlagebericht vom legte das Finanzamt die Beschwerde dem BFG vor und verwies dabei auf die verspätete Einbringung des Vorlageantrages durch die Bf.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Sachverhalt:

Die Bf. ist FinanzOnline Teilnehmerin.

Die bekämpfte Beschwerdevorentscheidung vom wurde der Bf. am elektronisch und amtssigniert in die Databox ihres FinanzOnline Kontos zugestellt.

Die einmonatige Frist zur Einbringungen eines Vorlageantrages begann daher am zu laufen und endete mit .

Die Bf. stellte am über Finanzonline einen Vorlageantrag an das Bundesfinanzgericht. Mit gleichem Tag langte beim Finanzamt ein Antrag in Papierform ein.

Beweiswürdigung

Die getroffenen Sachverhaltsfeststellungen ergeben sich aus dem vorgelegten Verwaltungsakt. Vor diesem Hintergrund nahm das Bundesfinanzgericht den obig festgestellten Sachverhalt gemäß § 167 Abs. 2 BAO als erwiesen an.

Rechtsgrundlagen:

Gemäß § 264 Abs. 1 BAO kann gegen eine Beschwerdevorentscheidung innerhalb eines Monats ab Bekanntgabe (§ 97) der Antrag auf Entscheidung über die Bescheidbeschwerde durch das Verwaltungsgericht gestellt werden (Vorlageantrag).

Gemäß § 264 Abs. 4 lit. e BAO ist § 260 Abs. 1 BAO sinngemäß anzuwenden.

Gemäß § 260 Abs. 1 lit. b BAO ist eine Bescheidbeschwerde mit Beschwerdevorentscheidung (§ 262) oder mit Beschluss (§ 278) zurückzuweisen, wenn sie nicht fristgerecht eingebracht wurde.

Die Zurückweisung nicht fristgerecht eingebrachter Vorlageanträge obliegt gemäß § 264 Abs. 5 BAO dem Verwaltungsgericht.

Gemäß § 108 Abs. 2 BAO enden nach Wochen, Monaten oder Jahren bestimmte Fristen mit dem Ablauf desjenigen Tages der letzten Woche oder des letzten Monates, der durch seine Benennung oder Zahl dem für den Beginn der Frist maßgebenden Tag entspricht. Fehlt dieser Tag in dem letzten Monat, so endet die Frist mit Ablauf des letzten Tages dieses Monates. Beginn und Lauf einer Frist werden durch Samstage, Sonntage oder Feiertage nicht behindert. Fällt das Ende einer Frist auf einen Samstag, Sonntag oder gesetzlichen Feiertag, Karfreitag oder 24. Dezember, so ist der nächste Tag, der nicht einer der vorgenannten Tage ist, als letzter Tag der Frist anzusehen (Abs. 3).

Erledigungen werden gemäß § 97 Abs. 1 BAO dadurch wirksam, dass sie demjenigen bekanntgegeben werden, für den sie ihrem Inhalt nach bestimmt sind. Die Bekanntgabe erfolgt gemäß § 97 Abs. 1 lit. a BAO bei schriftlichen Erledigungen, wenn nicht in besonderen Vorschriften die öffentliche Bekanntmachung oder die Auflegung von Listen vorgesehen ist, durch Zustellung.

§ 97 Abs. 3 BAO normiert:

An Stelle der Zustellung der schriftlichen Ausfertigung einer behördlichen Erledigung kann deren Inhalt auch telegraphisch oder fernschriftlich mitgeteilt werden. Darüber hinaus kann durch Verordnung des Bundesministers für Finanzen die Mitteilung des Inhalts von Erledigungen auch im Wege automationsunterstützter Datenübertragung oder in jeder anderen technisch möglichen Weise vorgesehen werden, wobei zugelassen werden kann, dass sich die Behörde einer bestimmten geeigneten öffentlich-rechtlichen oder privatrechtlichen Übermittlungsstelle bedienen darf.

Die FinanzOnline-Verordnung 2006, BGBl. II Nr. 97/2006, ist eine Verordnung iSd § 97 Abs. 3 zweiter Satz BAO.

§ 1 Abs 1 FinanzOnline-Verordnung 2006 regelt automationsunterstützte Datenübertragungen in Bezug auf Anbringen (§ 86a BAO), Erledigungen (§ 97 Abs 3 BAO), Akteneinsicht (§ 90a BAO) und Entrichtung (§ 211 Abs 5 BAO), soweit nicht eigene Vorschriften bestehen.

Nach § 5b Abs. 1 FinanzOnline-Verordnung 2006 haben die Abgabenbehörden nach Maßgabe ihrer technischen Möglichkeiten Zustellungen an Empfänger, die Teilnehmer von FinanzOnline sind, elektronisch vorzunehmen.

Die FinanzOnline-Verordnung 2006 bestimmt außerdem in § 5b Abs. 2 FinanzOnline-Verordnung 2006, dass jeder Teilnehmer in FinanzOnline eine elektronische Adresse angeben kann, an welche er über eine elektronische Zustellung zu informieren ist. Die Wirksamkeit der Zustellung der Erledigung selbst wird durch die Nichtangabe, durch die Angabe einer nicht dem Teilnehmer zuzurechnenden oder durch die Angabe einer unrichtigen oder ungültigen elektronischen Adresse nicht gehindert.

Gemäß § 98 Abs. 2 BAO gelten elektronisch zugestellte Dokumente als zugestellt, sobald sie in den elektronischen Verfügungsbereich des Empfängers gelangt sind.

Rechtliche Beurteilung:

"FinanzOnline" ist ein Verfahren für den elektronischen Rechtsverkehr zwischen Parteien (§ 78 BAO) und bestimmten gewillkürten Parteienvertretern (§ 83 BAO) einerseits und Abgabenbehörden (§ 49 BAO) andererseits. Es ermöglicht automationsunterstützte Datenübertragungen in Bezug auf Anbringen (§ 86a BAO), Erledigungen (§ 97 Abs 3 BAO) und Akteneinsicht (§ 90a BAO) (vgl. Fischerlehner in Fischerlehner/Brennsteiner, Abgabenverfahren I3 § 1 FOnV 2006 (Stand , rdb.at).

Die Erläuterungen zu § 98 Abs 2 BAO enthalten den Satz, dass der Zeitpunkt, in dem die Daten "in den elektronischen Verfügungsbereich des Empfängers gelangt" seien, "bei FinanzOnline der Zeitpunkt der Einbringung der Daten in die Databox" sei (ErläutRV 270 BlgNR 23. GP 13, vgl. auch Ellinger/Iro/Kramer/Sutter/Urtz, BAO3 , § 98 Anm 8, , vgl. auch , ).

Die Databox ist eine solche, zu der der Empfänger Zugang hat (vgl. ). Auf das tatsächliche Einsehen der Databox durch den FinanzOnline Teilnehmer durch Öffnen, Lesen oder Ausdrucken eines Bescheides kommt es nicht an (vgl. neuerlich Fischerlehner in Fischerlehner/Brennsteiner, Abgabenverfahren I3 § 1 FOnV 2006 (Stand , rdb.at), vgl. weiters , ).

Mit Verordnung BGBl II 2020/122 vom wurden Bestimmungen zur elektronischen Akteneinsicht und zur elektronischen Zustellung erlassen. Daraus auszugsweise:

c) Wer an der elektronischen Form der Zustellung über FinanzOnline teilnimmt, muss in FinanzOnline eine E-Mail-Adresse angeben, wenn er über die elektronische Zustellung informiert werden möchte. Eine Nichtangabe oder eine unrichtige oder ungültige E-Mailadresse hindert nicht die Wirksamkeit der Zustellung.

Für den Teilnehmer an FinanzOnline besteht die Möglichkeit, die elektronische Zustellung in die Databox abzuwählen und Bescheide durch Zustellung durch die Post zu erhalten. Durch Aktivierung des Optionsschalters kann die Verständigung mittels E-Mail im Fall einer behördlichen Zustellung in die Nachrichten beantragt werden. Eine E-Mail-Verständigung erfolgt jedoch nur, wenn auch eine Email-Adresse in den Grunddaten gespeichert ist.

Im vorliegenden Fall wurde die Beschwerdevorentscheidung vom der Bf. am in ihre Databox des FinanzOnline Kontos zugestellt.

Im Vorlagebericht hat das Finanzamt darauf hingewiesen, dass der Vorlageantrag verspätet ist. Dieser Feststellung wurde von der Bf. nicht widersprochen. Dem Vorlagebericht kommt Vorhaltscharakter zu (vgl. zB ; ua.).

Wie sich aus den vorstehenden Ausführungen ergibt, ist der Zeitpunkt, an dem die Daten in den elektronischen Verfügungsbereich des Empfängers gelangt sind, bei FinanzOnline der Zeitpunkt der Einbringung der Daten in die Databox. Mit diesem Tag beginnt auch die Beschwerdefrist zu laufen. Die einmonatige Beschwerdefrist zur Einbringung des Vorlageantrages begann daher mit der Zustellung in die Databox am zu laufen und endete am . Der gegenständliche Vorlageantrag wurde von der Bf. erst am über FinanzOnline und im Postweg eingebracht und war somit verspätet.

Wird ein Rechtsmittel wegen verspäteter Einbringung zurückgewiesen, so ist Beweisthema im Rechtsmittelverfahren gegen den Zurückweisungsbescheid ausschließlich die Versäumung der Beschwerdefrist. Auf das materielle Beschwerdevorbringen kann daher nicht eingegangen werden (vgl. Ellinger/Sutter/Urtz, BAO3 § 260, E 64 mit Verweis auf ). Im Falle der verspäteten Einbringung ist es dem Bundesfinanzgericht folglich verwehrt, eine Sachentscheidung zu treffen. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zum Nachsichtsansuchen der Bf. wird informationshalber mitgeteilt, dass darüber das Finanzamt zu entscheiden hat.

Zur Zulässigkeit einer Revision

Gegen einen Beschluss des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Da sich die Rechtsfolge der Zurückweisung der Beschwerde unmittelbar aus den zitierten gesetzlichen Bestimmungen und der FinanzOnline Verordnung 2006 ergab, lag keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vor. Eine (ordentliche) Revision war daher als unzulässig zu erklären.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 264 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 264 Abs. 4 lit. e BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 260 Abs. 1 lit. b BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 108 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 264 Abs. 5 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 245 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 97 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 97 Abs. 3 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
FOnV 2006, FinanzOnline-Verordnung 2006, BGBl. II Nr. 97/2006
§ 5b Abs. 1 FOnV 2006, FinanzOnline-Verordnung 2006, BGBl. II Nr. 97/2006
§ 98 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 1 FOnV 2006, FinanzOnline-Verordnung 2006, BGBl. II Nr. 97/2006
§ 5b Abs. 2 FOnV 2006, FinanzOnline-Verordnung 2006, BGBl. II Nr. 97/2006
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2022:RV.7103545.2022

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at