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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 07.12.2022, RV/4100528/2016

Nichtanerkennung einer Beteiligung als stiller Gesellschaft durch einen Dienstnehmer

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht erkennt durch die Richterin Mag. Melanie Maier in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Dr. Michael Pirker, Völkendorfer Straße 43, 9500 Villach, über die Beschwerde vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Klagenfurt (nunmehr Finanzamt Österreich) vom , Steuernummer ***BF1StNr1***, betreffend

  1. Haftung des Arbeitgebers für die Einbehaltung und Abfuhr der vom Arbeitslohn zu entrichtenden Lohnsteuer gemäß § 82 EStG 1988 für die Jahre 2012 bis 2014

  2. Festsetzung des Dienstgeberbeitrages zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen (DB) für die Jahre 2012 bis 2014

  3. Festsetzung des Zuschlages zum Dienstgeberbeitrag (DZ) für die Jahre 2012 bis 2014

zu Recht:

I. Die angefochtenen Bescheide werden gemäß § 279 BAO abgeändert.

Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgaben sind dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Streit zwischen den Verfahrensparteien besteht darüber, ob hinsichtlich des beim Beschwerdeführer (in der Folge: Bf.) beschäftigten Dienstnehmers ***1*** neben dem Dienstverhältnis eine Beteiligung als stiller Gesellschafter vorliegt.

Im Zuge einer beim Bf. im Jahr 2016 durchgeführten gemeinsamen Prüfung lohnabhängiger Abgaben (in der Folge: GPLA) für die Jahre 2012 bis 2014 wurde die stille Gesellschaft nicht anerkannt und die als Gewinnanteile erfolgten Auszahlungen als Arbeitslohn qualifiziert. Die belangte Behörde schloss sich den Feststellungen an und setzte mit den angefochtenen Bescheiden Nachforderungen an Lohnsteuer, Dienstgeberbeitrag und Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag für die Jahre 2012 bis 2014 in Höhe von insgesamt 1.347,52 Euro fest.

In der fristgerecht erhobenen Beschwerde brachte der Bf. zusammengefasst vor, der Gesellschaftsvertrag zwischen seinem Mitarbeiter und ihm bestünde bereits seit 1991 und sei über die Jahre in regelmäßigen Abständen geprüft und nicht beanstandet worden. Sollte die Finanzbehörde nunmehr eine andere Rechtsmeinung vertreten, und den Vertrag nicht mehr als solchen anerkennen, könne das nur für folgende Jahre gelten.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies die belangte Behörde die Beschwerde unter Hinweis auf die Begründung im GPLA-Bericht ab. Zum Grundsatz von Treu und Glauben verwies die belangte Behörde auf die einschlägige Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes.

Mit Schreiben vom begehrte der Bf. die Vorlage seiner Beschwerde an das Bundesfinanzgericht.

Die belangte Behörde legte die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht mit Vorlagebericht vom zur Entscheidung vor. Neben den Haftungsbescheiden Lohnsteuer 2012 - 2014, der Beschwerde, der Beschwerdevorentscheidung und dem Vorlageantrag wurden das Gedächtnisprotokoll über die Errichtung einer atypischen stillen Gesellschaft vom Mai 1991, die Saldenlisten und Gewinnaufteilung für die Jahre 2012 - 2014, der Vorhalt des GPLA-Prüfers samt Vorhaltsbeantwortung durch den Bf. vom und die Niederschrift mit ***1*** vom übermittelt.

Die angefochtenen Bescheide über die Festsetzung des Dienstgeberbeitrages und über die Festsetzung des Zuschlages zum Dienstgeberbeitrag wurden von der belangten Behörde am nachgereicht. Der GPLA-Bericht wurde dem Bundesfinanzgericht am übermittelt.

Aufgrund Pensionierung des bisher zuständigen Richters wurde die gegenständliche Beschwerdesache vom Geschäftsverteilungsausschuss der Gerichtsabteilung 5014 zur Erledigung zugeteilt. Am fand ein Erörterungstermin in Anwesenheit des Bf., seines steuerlichen Vertreters und seines ehemaligen steuerlichen Vertreters statt. Die Niederschrift wurde der krankheitsbedingt ferngebliebenen Amtsvertreterin durch das Bundesfinanzgericht übermittelt. Sowohl der Bf. als auch die Amtsvertreterin haben im weiteren Verfahren vor dem Bundesfinanzgericht schriftlich ergänzende Vorbringen erstattet, welchen den Parteien jeweils zur Kenntnis gebracht wurden.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhalt

Das Bundesfinanzgericht stellt auf Basis des oben geschilderten Verwaltungsgeschehens, der aktenkundigen Unterlagen, des ergänzenden Vorbringens beider Parteien und nach Einsichtnahme in die elektronischen Veranlagungsakte des Bf. und des ***1*** folgenden entscheidungswesentlichen Sachverhalt fest:

Beim Betrieb des Bf. handelte es sich ursprünglich um eine Gastwirtschaft, die zu einem Hotel mit öffentlich zugänglichem Restaurant ausgebaut wurde. Zuerst stand der Restaurantbetrieb im Vordergrund, ab dem Jahr 2000 wurde der Hotelbetrieb erweitert. Es werden Umsätze in den Bereichen Restaurant, Beherbergung und Trafik erzielt.

***1*** ist seit als Koch im Betrieb des Bf. mit einem normalen Arbeitsausmaß von 48 Stunden pro Woche beschäftigt. Vorwiegend in den Monaten Juli und August werden Überstunden geleistet. Sein Aufgabenbereich umfasst die Küche samt Einkauf, Lagerhaltung und Erstellung von Menüplänen. Das Küchenpersonal untersteht seiner Kontrolle und es werden von ihm auch die Dienstpläne der Küchenmitarbeiter erstellt, wobei die Einstellung und Kündigung des Küchenpersonals dem Bf. obliegen. Die Entlohnung erfolgte laut Kollektivvertrag.

Zusätzlich zum bestehenden Dienstverhältnis wurde zwischen dem Bf. und ***1*** eine stille Gesellschaft mit Stichtag gegründet. Die Initiative zur Errichtung der stillen Gesellschaft ging vom Bf. aus, um seinen Koch zusätzlich zu motivieren und an das Unternehmen zu binden. Zudem hatte es mehrfach Beanstandungen durch das Arbeitsinspektorat hinsichtlich der im Juli und August geleisteten Überstunden gegeben. An der Geschäftsführung war der Koch in keiner Weise beteiligt, sondern - wie seit seinem Eintritt in den Betrieb im Jahr 1985 - ausschließlich in der Küche beschäftigt. Durch die Vereinbarung wurde keine Änderung seines bisherigen Aufgabenbereiches oder seiner Arbeitszeiten bewirkt. Vereinbart wurde, dass der Koch eine Bareinlage von 50.000 Schilling sowie seine Arbeitskraft einbringt. Dafür war er zu 30 % an dem um die Einnahmen und Ausgaben der gewerblichen Vermietung und Trafikantentätigkeit bereinigten handelsrechtlichen Gewinn, somit ausschließlich am Ergebnis des Restaurant- bzw. Küchenbetriebes, beteiligt. Ebenso war er an den Verlusten beteiligt, dies jedoch nur bis zur Höhe seiner Einlage.

Die Gewinnanteile wurden vom Bf. anhand vorläufiger Saldenlisten ermittelt und nach Abzug einer Kapitalertragsteuer von 25% jeweils im Juni des Folgejahres an ***1*** ausbezahlt. Bis zum Jahr 2006 wurde die Kapitalertragsteuer vom Bf. abgeführt.

Die für den Beschwerdefall relevanten Gewinnanteile betrugen nach Abzug der KESt:

Gewinnanteil für das Jahr 2011 5.418,42 Euro (Zufluss 2012)
Gewinnanteil für das Jahr 2012 5.108,10 Euro (Zufluss 2013)
Gewinnanteil für das Jahr 2013 4.952,94 Euro (Zufluss 2014)
Gewinnanteil für das Jahr 2014 6.616,23 Euro (Zufluss 2015)

***1*** hat in den Einkommensteuererklärungen für die Jahre 2012 bis 2014 die Gewinnanteile der Jahre 2011 bis 2013 als Einkünfte aus Kapitalvermögen erklärt. Die Kapitalertragsteuer wurde ihm angerechnet, obwohl sie nicht abgeführt wurde. Erst während des laufenden Prüfungsverfahrens hat der Bf. Kapitalertragsteuer in Höhe von insgesamt 5.559,09 angemeldet und entrichtet.

Im Rahmen der verfahrensgegenständlichen GPLA-Prüfung wurden die für die Jahre 2012 bis 2014 ausbezahlten Gewinnanteile als Lohnbestandteile der Bemessungsgrundlage hinzugerechnet. Mit den angefochtenen Bescheiden wurden folgende Nachforderungen festgesetzt:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
2012
2013
2014
Hinzurechnung Gewinnanteile
5.108,10
4.952,94
6.616,23
Nachforderung Lohnsteuer (abzüglich KESt)
Nachforderung Dienstgeberbeitrag
Nachforderung Zuschlag zum DB
161,93
229,86
20,94
157,01
222,88
20,31
209,52
297,73
27,13

Festgestellt wird, dass die belangte Behörde auf die sich ergebenden Lohnsteuernach-forderungen die während des laufenden Prüfungsverfahrens entrichtete Kapitalertragsteuer angerechnet hat. Vor Abzug der Kapitalertragsteuer ergaben sich somit folgende Lohnsteuernachforderungen:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
2012
2013
2014
Nachforderung Lohnsteuer (abzüglich KESt)
angerechnete KESt
Nachforderung Lohnsteuer vor Abzug KESt
161,93
1.702,70
1.864,63
157,01
1.650,98
1.807,99
209,52
2.205,41
2.414,93

Aufgrund des Zuflussprinzips sind die jeweils im Juni des Folgejahres für die Jahre 2011 bis 2013 ausbezahlten Gewinnanteile als Bemessungsgrundlage für die angefochtenen Bescheide heranzuziehen und nicht die Gewinnanteile der Jahre 2012 bis 2014.

Beweiswürdigung

Zu diesen Sachverhaltsfeststellungen gelangt das Bundesfinanzgericht aufgrund folgender Beweiswürdigung:

Die Feststellungen zum Unternehmensgegenstand und zur historischen Entwicklung des Betriebes gründen auf die Angaben des Bf. im Rahmen des Erörterungstermins am .

Die Feststellungen zum Dienstverhältnis des ***1*** und zu dessen Aufgabenbereich im Betrieb basieren auf der Befragung als Auskunftsperson im Zuge der GPLA-Prüfung, welche in der Niederschrift vom festgehalten ist. Ein Dienstvertrag in schriftlicher Form liegt nicht vor. Dass die Entlohnung laut Kollektivvertrag erfolgte, wurde vom GPLA-Prüfer in seinem Bericht vom festgestellt.

Die Feststellungen zur Errichtung und zum Inhalt der Beteiligung als stiller Gesellschafter beruhen auf den Angaben des Bf. und des ***1*** sowie dem von beiden unterfertigten Gedächtnisprotokoll vom Mai 1991. Ein schriftlicher Gesellschaftsvertrag wurde nicht erstellt. Laut Protokoll wurde zwar eine atypisch stille Gesellschaft errichtet, tatsächlich sollte jedoch eine echte stille Gesellschaft gegründet werden. Der Abgabenbehörde wurde der "Fragebogen anlässlich der Gründung einer stillen Gesellschaft vom " übermittelt. Die Frage nach der Rechtsform des Unternehmens ist darin mit "Einzelunternehmen mit unechten stillem Gesellsch." beantwortet. Der Bf. gab auch selbst im Vorlageantrag an, dass von einer echten stillen Gesellschaft auszugehen sei, somit beim Gesellschafter Einkünfte aus Kapitalvermögen vorliegen würden. Folglich wurden auch Kapitalertragsteuer-Anmeldungen erstattet. Dass die Beteiligung als stiller Gesellschafter einerseits zur Motivation und Bindung des Kochs an den Betrieb dienen sollte und andererseits immer wieder Beanstandungen durch das Arbeitsinspektorat vorlagen, wurde sowohl vom Bf. während der GPLA-Prüfung (Vorhaltsbeantwortung vom ) und im Verfahren vor dem Bundesfinanzgericht als auch von ***1*** in seiner Befragung als Auskunftsperson bestätigt. Beide gaben übereinstimmend an, dass kein Einfluss auf die Geschäftsführung bestand.

Wie die Gewinnermittlung auf Grundlage der vorläufigen Saldenlisten erfolgte, hat der Bf. beim Erörterungstermin erläutert. Dass die Kapitalertragsteuer nur bis zum Jahr 2006 abgeführt wurde, ist aus dem Abgabenkonto des Bf. ersichtlich. Der steuerliche Vertreter hat dem Bundesfinanzgericht am die Kapitalertragsteuer-Anmeldungen für die Jahre 2000, 2002 und 2004 bis 2008 vorgelegt. Aus welchem Grund jedoch ab dem Jahr 2007 keine Kapitalertragsteuer-Anmeldungen durch den Bf. mehr erfolgten, konnte im verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht aufgeklärt werden.

Die Gewinnanteile für die Jahre 2011 bis 2014 ergeben sich aus dem Verrechnungskonto, welches dem Bundesfinanzgericht vom steuerlichen Vertreter des Bf. am übermittelt wurde.

Die Feststellungen zu den Einkommensteuererklärungen des ***1*** und zur Abfuhr der Kapitalertragsteuer während des Prüfungsverfahrens gründen auf die Einsichtnahme in die elektronischen Veranlagungsakte durch die Richterin.

Wie die Bemessungsgrundlagen von der belangten Behörde ermittelt und welche Kapitalertragsteuer-Beträge auf die Lohnsteuer-Nachforderung angerechnet wurden, ergibt sich aus dem GPLA-Bericht und der Beantwortung des Vorhaltes des Bundesfinanzgerichtes durch die Amtsvertreterin mit Schreiben vom . Im Vergleich zu den schlussendlich festgesetzten Lohnsteuernachforderungen sind aufgrund von Rundungsdifferenzen leicht abweichende Beträge ausgewiesen.

Dass im gegenständlichen Beschwerdefall die Gewinnanteile für die Jahre 2011 bis 2013 heranzuziehen sind, wurde den Parteien vom Bundesfinanzgericht am vorgehalten. In den Vorhaltsbeantwortungen wurde diese Feststellung sowohl vom Bf. als auch der Amtsvertreterin außer Streit gestellt.

Rechtliche Beurteilung

Zu Spruchpunkt I. (Abänderung)

Rechtslage
Gewinnanteile aus der Beteiligung an einem Unternehmen als stiller Gesellschafter fallen gemäß § 27 Abs. 1 Z 4 EStG 1988 unter die Einkünfte aus Kapitalvermögen.

Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (Arbeitslohn) sind gemäß § 25 Abs. 1 Z 1 lit a EStG 1988 Bezüge und Vorteile aus einem bestehenden oder früheren Dienstverhältnis.

Ein Dienstverhältnis liegt gemäß § 47 Abs. 2 EStG 1988 vor, wenn der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber seine Arbeitskraft schuldet. Dies, ist der Fall, wenn die tätige Person in der Betätigung ihres geschäftlichen Willens unter der Leitung des Arbeitgebers steht oder im geschäftlichen Organismus des Arbeitgebers dessen Weisungen zu folgen verpflichtet ist.

Den Dienstgeberbeitrag haben gemäß § 41 Abs. 1 Familienlastenausgleichsgesetz (FLAG) alle Dienstgeber zu leisten, die im Bundesgebiet Dienstnehmer beschäftigen. Dienstnehmer sind Personen, die in einem Dienstverhältnis im Sinne des § 47 Abs. 2 EStG 1988 stehen, freie Dienstnehmer im Sinne des § 4 Abs. 4 ASVG, sowie an Kapitalgesellschaften beteiligte Personen im Sinne § 22 Z 2 EStG 1988 und (§ 41 Abs. 2 FLAG).

Gemäß § 41 Abs. 3 FLAG ist der Beitrag des Dienstgebers von der Summe der Arbeitslöhne zu berechnen. Arbeitslöhne sind Bezüge gemäß § 25 Abs. 1 Z 1 lit. a und b EStG 1988 sowie Gehälter und sonstige Vergütungen jeder Art im Sinne des § 22 Z 2 EStG 1988 und an freie Dienstnehmer im Sinne des § 4 Abs. 4 ASVG.

Der Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag, der von der in § 41 FLAG festgelegten Bemessungsgrundlage zu erheben ist, wird durch § 122 Abs. 7 und 8 Wirtschaftskammergesetz 1998 normiert.

Rechtliche Würdigung
Zur hier entscheidungswesentlichen Rechtsfrage, ob die nach Ansicht des Bf. zwischen ihm und seinem Dienstnehmer vereinbarte stille Gesellschaft anzuerkennen war, ist auf die einschlägige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen. Die Einlage des stillen Gesellschafters besteht in der Regel in Geld. Ausnahmsweise besteht sie nicht in einer Vermögenseinlage, sondern in einer verwertbaren Arbeitsleistung ( mwN). In diesem Fall handelt es sich um einen sogenannten Arbeitsgesellschafter. Bei der Unterscheidung zwischen Arbeitsgesellschafter und Dienstnehmer besteht das wesentliche Kriterium darin, dass der Dienstnehmer den Zwecken des Dienstgebers, also fremden Zwecken, zu dienen hat, während der Gesellschafter den gemeinsamen Zwecken, also auch seinen eigenen Zwecken dient (vgl. Kirchmayr in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn EStG21 § 27 Tz 126 f. unter Verweis auf Literatur und Rechtsprechung):

Für einen stillen Arbeitsgesellschafter spricht:
- Verlustbeteiligung und hohe Gewinnbeteiligung
- wesentlicher Einfluss auf die organisatorische und kommerzielle Gestaltung des Unternehmens
- relativ niedriger Lohn bei mehr als ausgleichender Gewinnbeteiligung;
- hohe Gewinnbeteiligung, auch wenn darauf kein Rechtsanspruch besteht, aber tatsächlich durch Jahre hindurch ausbezahlt wird

Für ein Dienstverhältnis spricht:
- wenn die gesamte Entlohnung wirtschaftlich als Äquivalent für erbrachte Arbeitsleistungen des Arbeitnehmers angesehen werden kann
- nicht wesentliche Umsatz- oder Gewinnbeteiligung
- konstante Gewinnbeteiligung, die nicht vom Einlagenstand abhängt.

Für die rechtliche Wertung eines Rechtsverhältnisses kommt es nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht auf die von den Parteien gewählte Form oder Bezeichnung, sondern allein auf den Inhalt des Rechtsverhältnisses, also auf den wahren wirtschaftlichen Sachverhalt an. Rechtsverhältnisse, die Elemente mehrerer verschiedener Vertragstypen enthalten, sind nach den Merkmalen desjenigen Vertragstypus zu beurteilen, der darin überwiegt ().

Ein Vorteil wird dann für ein Dienstverhältnis gewährt, wenn er durch das individuelle Dienstverhältnis des Arbeitnehmers veranlasst ist. Das ist der Fall, wenn der Vorteil gewährt wird, weil der Zurechnungsempfänger Arbeitnehmer dieses Arbeitgebers ist, der Vorteil also mit Rücksicht auf das Dienstverhältnis eingeräumt wird. Auch zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer können neben dem Dienstverhältnis gesonderte Rechtsbeziehungen bestehen. Sie sind dann steuerlich grundsätzlich getrennt zu beurteilen. Arbeitslohn liegt nicht vor, wenn eine Zuwendung wegen sonstiger, nicht auf dem Dienstverhältnis beruhender Beziehungen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer beruhen. Voraussetzung für die gesonderte Beurteilung einer solchen Rechtsbeziehung ist, dass zu gleichen Bedingungen, unabhängig davon, ob ein Dienstverhältnis besteht, auch mit Dritten ein derartiges Vertragsverhältnis zu Stande kommt ( mwN.).

Auch ein Dienstnehmer kann neben seinem Dienstverhältnis am Unternehmen des Dienstgebers als stiller Gesellschafter beteiligt sein. Ist der Arbeitsgesellschafter zugleich Dienstnehmer, dann setzt dies zwei voneinander abgrenzbare Tätigkeiten voraus (Kirchmayr in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn EStG21 § 27 Tz 116).

Nach Ansicht des Bundesfinanzgerichtes wurden im vorliegenden Beschwerdefall die Kriterien für die Anerkennung einer echten stillen Gesellschaft nicht erfüllt. Aus dem abgeführten Beweisverfahren hat sich ergeben, dass das Dienstverhältnis mit ***1*** seit dem Jahr 1985 bestand. Er war als Chefkoch im Betrieb des Bf. mit einem Arbeitsausmaß von 48 Stunden pro Woche beschäftigt und leistete vor allem in den Sommermonaten erhebliche Überstunden, die immer wieder zu Beanstandungen durch das Arbeitsinspektorat führten. Dieser Umstand sowie die Bindung an das Unternehmen waren ausschlaggebend für den Abschluss der Vereinbarung über die Beteiligung als stiller Gesellschafter im Jahr 1991.

Vereinbart war neben einer geringen Geldeinlage die Einbringung der Arbeitskraft. Eine zum bestehenden Dienstverhältnis abgrenzbare Tätigkeit liegt durch diese Vereinbarung nicht vor. Es haben sich weder der Aufgabenbereich noch die Arbeitszeiten des Chefkochs geändert. Er hatte auch keinerlei Einfluss auf die Auswahl des Küchenpersonals geschweige denn auf die Geschäftsführung des Unternehmens. Mit einem fremden Dritten wäre ein derartiges Vertragsverhältnis nicht zustande gekommen, zumal eben die Bindung des Chefkochs an das Unternehmen bezweckt war. Bei den strittigen Vergütungen handelt es sich daher um Lohnbestandteile. Da sie jeweils im Juni des Folgejahres zugeflossen sind, waren die für die Jahre 2011 bis 2013 ausbezahlten Vergütungen für die Erhöhung der Bemessungsgrundlage der Beschwerdejahre heranzuziehen.

Ein Verstoß gegen Treu und Glauben - wie der Bf. in seiner Beschwerde monierte - liegt nicht vor. Nach der ständigen Rechtsprechung des VwGH schützt der Grundsatz von Treu und Glauben nicht ganz allgemein das Vertrauen des Abgabepflichtigen auf die Rechtsbeständigkeit einer unrichtigen abgabenrechtlichen Beurteilung für die Vergangenheit; die Behörde ist verpflichtet, von einer als gesetzwidrig erkannten Verwaltungsübung abzugehen. Vielmehr müssen besondere Umstände - die hier nicht gegeben sind - vorliegen, die ein Abgehen von der bisherigen Rechtsauffassung durch die Finanzverwaltung unbillig erscheinen lassen, wie dies zB der Fall sein kann, wenn ein Abgabepflichtiger von der Abgabenbehörde ausdrücklich zu einer bestimmten Vorgangsweise aufgefordert wird und sich nachträglich die Unrichtigkeit dieser Vorgangsweise herausstellt (; vgl. Ritz/Koran, BAO7 § 114 Tz. 9ff mwN.).

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Beilage: Berechnungsblatt L, DB, DZ für die Jahre 2012 bis 2014

Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Mit dem vorliegenden Erkenntnis weicht das Bundesfinanzgericht nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab. Entscheidungswesentlich war die in freier Beweiswürdigung vorgenommene Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes.

Klagenfurt am Wörthersee, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
FLAG
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2022:RV.4100528.2016

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at