Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 12.01.2023, RV/6100199/2022

Höhe des Erlöses aus einem Zwangsversteigerungsverfahren

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin***Ri*** in der Beschwerdesache der ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des ***FA*** vom betreffend Körperschaftsteuer 2015 zu Steuernummer ***BF1StNr1*** in der mündlichen Verhandlung am zu Recht erkannt:

  1. Der Beschwerde wird im Umfang der Beschwerdevorentscheidung vom Folge gegeben. Der angefochtene Bescheid wird abgeändert. Die Körperschaftsteuer 2015 wird mit EUR 39.519,- für ein Einkommen von EUR 186.693,95 festgesetzt.

  2. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Das Finanzamt erließ nach Durchführung einer Außenprüfung im Betrieb der Beschwerdeführerin am den Körperschaftsteuerbescheid 2015 und setzte die Körperschaftsteuer für 2015 für ein Einkommen von EUR 282.693,95 mit EUR 63.519,- fest. In der Begründung verwies das Finanzamt auf die Feststellungen der abgabenbehördlichen Prüfung. Im Bericht vom über das Ergebnis der Außenprüfung finden sich folgende Ausführungen: "Die [Beschwerdeführerin] wurde 2009 gegründet. … Firmengegenstand ist die Entwicklung von Immobilienprojekten. Mit Kaufvertrag vom wurden die Liegenschaften L_1 sowie L_2 gekauft und ins Umlaufvermögen aufgenommen. Der vereinbarte Gesamtkaufpreis betrug EUR 480.000,- zuzüglich EUR 96.000,- Umsatzsteuer… Im Zuge der Umsatzsteuerveranlagung 2009 wurde die bezahlte Umsatzsteuer in Höhe von EUR 96.000,- als Vorsteuer in Abzug gebracht.

Am wurden diese Liegenschaften … im Wege einer gerichtlichen Zwangsversteigerung der Firma X KG … um das Meistbot in Höhe von EUR 1.050.000,- zur Gänze zugeschlagen. Es wurde keine Umsatzsteuer in Rechnung gestellt. Betreibende Partei in der Exekutionssache war die Firma Y GmbH nun Y S.A. …, die die ursprüngliche Finanzierung der Grundstücke übernommen hatte.

In der Jahreserklärung 2015 ist die Liegenschaft mit dem Buchwert in Höhe der ursprünglichen Anschaffungskosten (EUR 480.000,-) ausgebucht worden. Es wurde kein Veräußerungsgewinn ermittelt. Begründet wurde dies von der Geschäftsführerin … mit der gänzlichen Fremdfinanzierung der Liegenschaften. … In ihrem Schreiben vom hat die Geschäftsführerin … darauf hingewiesen, dass das Meistbot nicht stimme und eine niedrigere Summe bezahlt worden sei. Sie verwies auf eine ihr nicht vorliegende Vereinbarung der Firma Y Finance GmbH … und den Ersteigerern der Liegenschaften. Darauf wurde [die Geschäftsführerin] … schriftlich aufgefordert, diese Unterlage … vorzulegen. Dieser Aufforderung wurde nicht nachgekommen. Durch das Ausscheiden der beiden Grundstücke werden stille Reserven aufgedeckt. Diese ermitteln sich aus dem Versteigerungserlös (2015) abzüglich der ursprünglichen Anschaffungskosten (2009: EUR 480.000,-) und den in den Jahren 2010 und 2011 aktivierten Provisionszahlungen in Höhe von je EUR 50.000,- wie folgt: …Anschaffungskosten gesamt: EUR 580.000,-; Versteigerungserlös 2015: EUR 1.050.000,-; Kz 704 Gewinnzurechnung: EUR 470.000,-…".

Die Beschwerdeführerin beantragte mit Eingabe vom die Verlängerung der Beschwerdefrist bis zum . In ihrer Beschwerde vom brachte sie vor: "…Die angegebenen Beträge in diesem Bescheid sind nicht richtig. Die Ersteigerer zahlten eine weitaus niedrigere Summe, nämlich EUR 535.000,-, da ein Teil des Meistbots gemäß Vereinbarung wieder an die Ersteigerer zurückbezahlt wurde…". Vorgelegt wurde die Kopie einer Vereinbarung zwischen der Y Finance GmbH und der X KG sowie ein Schreiben der Y Finance GmbH an die X KG.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom gab das Finanzamt der Beschwerde teilweise Folge und setzte die Körperschaftsteuer 2015 mit EUR 39.519,- für ein Einkommen von EUR 186.693,95 fest. Begründend führte das Finanzamt aus: "Da bei der Zwangsversteigerung keine Umsatzsteuer in Rechnung gestellt wurde, nahm das Finanzamt mit Umsatzsteuerbescheid 2015 vom eine Vorsteuerberichtigung gem. § 12 Abs. 11 UStG in Höhe von EUR 96.000,- vor. … Da diese Vorsteuerberichtigung zu einer Erhöhung der Betriebsausgaben (§ 6 Z 12 EStG)… führt, … wird dieser Vorgang nunmehr … aufgrund des Prinzips der Rechtsrichtigkeit nachgeholt. … Diese Vereinbarung betrifft daher die Y sowie die X, etwaige Rückzahlungen von der [Beschwerdeführerin] an die X als Ersteigerer sind … nicht vereinbart…".

Die Beschwerdeführerin beantragte am die Vorlage ihrer Beschwerde an das Bundesfinanzgericht und ergänzte ihr Vorbringen dahin, dass für das Grundstück der Preis von EUR 535.000,- bezahlt worden sei. Der angeblich erzielte Gewinn bei der [Beschwerdeführerin] sei in Höhe des Rückflussbetrages zu korrigieren, es könne nicht sein, dass die [Beschwerdeführerin] den Gewinn der Ersteigerer bezahlen müsse.

Das Finanzamt legte die Beschwerde am dem Bundesfinanzgericht vor und brachte weiter vor, dass kein Rückfluss von Teilen des Versteigerungserlöses an die Beschwerdeführerin stattgefunden habe. Jedoch sei die vorgenommene Vorsteuerkorrektur bei der Ermittlung des Veräußerungsgewinnes zu berücksichtigen.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhalt

Die Beschwerdeführerin ist eine im Jahr 2009 gegründete und im Firmenbuch zu FN eingetragene Gesellschaft mit beschränkter Haftung. Ihr Geschäftszweig lautet "Entwicklung von Immobilienprojekten". Sie erwarb mit Kaufvertrag vom die Liegenschaften L_1 und L_2. Der vereinbarte Kaufpreis betrug EUR 480.000,-, wobei ein Teilbetrag von EUR 390.000,- zuzüglich Umsatzsteuer auf die Liegenschaft L_1 und ein Teilbetrag von EUR 90.000,- zuzüglich Umsatzsteuer auf die Liegenschaft L_2 entfiel. Die Beschwerdeführerin machte im Rahmen der Veranlagung zur Umsatzsteuer 2009 die bezahlte Umsatzsteuer in Höhe von EUR 96.000,- als Vorsteuer geltend. In den Jahren 2010 und 2011 hat die Beschwerdeführerin insgesamt EUR 100.000,- an Provisionszahlungen im Zusammenhang mit dem Erwerb der Liegenschaften aufgewendet. Diese Zahlungen wurden als Anschaffungs(-neben-)kosten der Liegenschaften aktiviert.

Am wurden beide Liegenschaften im Wege einer gerichtlichen Zwangsversteigerung der X KG um das Meistbot von EUR 1.050.000,- rechtskräftig zur Gänze zugeschlagen. Die Beschwerdeführerin als verpflichtete Partei hatte dem Exekutionsgericht nicht mitgeteilt, dass auf die Steuerbefreiung gemäß § 6 Abs. 1 Z 9 lit a UStG 1998 verzichtet wird.

Diese Umstände ergeben sich aus dem Inhalt der vorgelegten Verwaltungsakten sowie aus dem Grund- bzw. Firmenbuch und sind zwischen den Parteien unstrittig.

Es ist nicht erwiesen, dass die X KG mit der Y Finance GmbH eine Vereinbarung über eine entgeltliche Forderungsabtretung und ein bestimmtes Vorgehen in einem von der Y Finance GmbH betriebenen Zwangsversteigerungsverfahren hinsichtlich der Liegenschaften L_1 und L_2 abgeschlossen hätte. Die Beschwerdeführerin hat die Kopie einer von der Y Finance GmbH am firmenmäßig gefertigten Vereinbarung sowie die Kopie eines auf die Vereinbarung bezugnehmenden, ebenfalls mit datierten Begleitschreibens vorgelegt. Aus diesen Dokumenten ist nicht ersichtlich, dass eine derartige Vereinbarung tatsächlich geschlossen worden wäre.

Rechtliche Beurteilung

Zu Spruchpunkt I. (Abänderung)

Gemäß § 7 Abs. 1 KStG 1988 ist Bemessungsgrundlage für die Körperschaftsteuer das Einkommen, welches der unbeschränkt Steuerpflichtige innerhalb eines Kalenderjahres bezogen hat. Bei Steuerpflichtigen, die - wie die Beschwerdeführerin - aufgrund ihrer Rechtsform nach unternehmensrechtlichen Vorschriften zur Rechnungslegung verpflichtet sind, sind alle Einkünfte den Einkünften aus Gewerbebetrieb zuzurechnen (Abs. 3 leg. cit.).

Die Beschwerdeführerin hat im Streitjahr 2015 die gegenständlichen Liegenschaften im Wege eines Zwangsversteigerungsverfahrens veräußert. Sie bringt zur behaupteten Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides ausschließlich vor, dass der Erlös aus der Veräußerung nicht EUR 1.050.000,- (die Höhe des Meistbotes im Zwangsversteigerungsverfahren), sondern bloß EUR 535.000,- betragen habe.

Einkünfte sind demjenigen zuzurechnen, der den Einkunftstatbestand erfüllt (). Die Zwangsversteigerung einer Liegenschaft führt zu deren Veräußerung (). Nach ständiger Rechtsprechung () kommt es mit Rechtskraft des Meistbotverteilungsbeschlusses zum Zufluss der im Zwangsversteigerungsverfahren erzielten Erlöse. Im gegenständlichen Fall wurde bei der Zwangsversteigerung der Liegenschaften ein Erlös in Höhe des Meistbotes erzielt, welcher der Beschwerdeführerin in abgabenrechtlicher Betrachtung zugeflossen ist.

Falls tatsächlich zwischen dem Meistbietenden im Zwangsversteigerungsverfahren und einem Dritten eine Vereinbarung über einen Ersatz geleisteter Zahlungen getroffen worden wäre, hätte dieser Umstand keinen Einfluss auf den Zufluss des Meistbotes an die Beschwerdeführerin (so auch zu im Zuge eines Scheidungsverfahrens vereinbarten Ausgleichszahlungen nach Zufluss von aus einer Zwangsversteigerung erzielten Einkünften bzw. zur Meistbotverteilung an die Gläubiger). Der in der Beschwerde erhobene Einwand, die Erwerberin habe weniger als das Meistbot für die Grundstücke aufwenden müssen, geht daher ins Leere. Gemäß § 201 Abs. 1 Exekutionsordnung ist das Meistbot binnen zwei Monaten ab Rechtskraft der Zuschlagserteilung bei Gericht zu erlegen. Die Beschwerdeführerin hat nicht einmal behauptet, dass die Erwerberin dies unterlassen hätte.

Im Fall einer Vorsteuerberichtigung gemäß § 12 Abs. 11 UStG 1994 sind Mehrbeträge als Betriebseinnahmen und Minderbeträge als Betriebsausgaben zu behandeln (§ 6 Z 12 EStG 1988). Die aufgrund der steuerfreien Veräußerung der Liegenschaften vorgenommene Vorsteuerberichtigung in Höhe von EUR 96.000,- (dazu ) war dem Vorbringen des Finanzamtes folgend als Betriebsausgabe im Jahr 2015 zu berücksichtigen.

Der erklärte Gewinn des Jahres 2015 erhöht sich somit um den Betrag von EUR 374.000,-. Dieser Betrag errechnet sich aus dem Versteigerungserlös in Höhe des Meistbotes von EUR 1.050.000,- abzüglich der Anschaffungskosten 2009 von EUR 480.000,-; der in den Jahren 2010 und 2011 bezahlten Provisionen von EUR 100.000,- und der anlässlich der Veräußerung im Jahr 2015 vorzunehmenden Vorsteuerberichtigung in Höhe von EUR 96.000,-.

Die Bemessungsgrundlagen und die Körperschaftsteuer errechnen sich wie folgt:


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Einkünfte aus Gewerbebetrieb
403.496,96
Verlustabzug
-216.803,01
Einkommen
186.693,95
Körperschaftsteuer 25 %
46.673,49
anrechenbare Mindestkörperschaftsteuer
-7.154,50
0,01
festgesetzte Körperschaftsteuer
39.519,00

Zu Spruchpunkt II. (Revisionszulässigkeit)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Die Würdigung des festgestellten Sachverhaltes ergibt sich unmittelbar aus dem Gesetz, eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung war nicht zu lösen.

Innsbruck, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2023:RV.6100199.2022

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at