Steuerpflicht eines Mitarbeiters auf einem Kreuzfahrtschiff mit Wohnsitz im Inland
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch ***SenV***, ***Ri***, der Richterin Dr. Ri1 sowie die fachkundigen Laienrichter ***SenLR1*** und ***SenLR2*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr*** vertreten durch Vertreter, über die Beschwerde vom gegen die Bescheide des ***FA*** vom betreffend Einkommensteuer 2013, Einkommensteuer 2014, Einkommensteuer 2015, Einkommensteuer 2016, Einkommensteuer 2017 und Einkommensteuervorauszahlungen 2019 Steuernummer ***BF1StNr1*** nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am in Anwesenheit der Schriftführerin ***Sf*** zu Recht erkannt:
Die Beschwerden werden gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
Die angefochtenen Bescheide werden abgeändert.
Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgaben für die Jahre 2013 bis 2017 sind den als Beilage angeschlossenen Berechnungsblättern zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.
Die Einkommensteuervorauszahlung für das Jahr 2019 und die Folgejahre wird in Höhe von 21.354 € festgesetzt.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Verfahrensgang
Der Beschwerdeführer ist österreichischer Staatsbürger und war in den Streitjahren jeweils auf dem Kreuzfahrtschiff "***1***" nichtselbständig als Restaurantleiter tätig (jeweils 4 bis 5 Monate durchgehend Dienst und anschließend 1 bis 2 Monate Urlaub). Das Dienstverhältnis wurde mit der ***2***. mit Sitz auf den Bahamas abgeschlossen. Eigentümer des Schiffs und Veranstalter der Kreuzfahrten war ***3***, eine im Jahr 1988 gegründete Reederei mit Sitz in den USA. Das Schiff fuhr unter der Flagge der Bahamas und war während der Kreuzfahrten auf unterschiedlichen Weltmeeren unterwegs.
Nach den Angaben des Beschwerdeführers sei das Schiff immer mit nahezu derselben Stammmannschaft unterwegs gewesen und sei ihm während der Kreuzfahrt jeweils die selbe Kabine zur Nutzung zur Verfügung gestanden. Er habe auf dem Schiff seine Freundschaften und Beziehungen sowie seine sozialen Kontakte gepflegt. Insoweit sei sein ausschließlicher Lebensmittelpunkt auf dem Schiff gelegen gewesen. Die Urlaubszeiten habe er mit Fernreisen, bei Freunden im Ausland und mit Besuchen seiner Mutter und seiner Geschwister mit ihren Familien in ***6*** verbracht.
In ***6*** war der Beschwerdeführer im Streitzeitraum Eigentümer zweier Wohnungen, wovon eine dauervermietet war (mittlerweile wieder verkauft) und die andere von ihm während seiner Aufenthalte in ***6*** bewohnt wurde (laut einer der Abgabenbehörde vorgelegten Aufstellung hielt er sich im Streitzeitraum an 66 (2013), 64 (2014), 63 (2015), 59 (2016) und 62 (2017) Tagen in Österreich auf). Nach den Angaben des Beschwerdeführers stand ihm diese Wohnung jederzeit zur Nutzung zur Verfügung, sei aber auch seinen zahlreichen Verwandten zur Nutzung überlassen worden. Die Frage des Bundesfinanzgerichtes sowohl in einem Vorhalt als auch im Rahmen der mündlichen Verhandlung, von wem seine Wohnung während seiner Abwesenheiten, wann benutzt worden sei, verblieb jedoch mit dem Hinweis darauf, dass er kein Wissen darüber habe, wer seiner Verwandten, wann seine Wohnung erlaubterweise während seiner Abwesenheit benutzt habe, unbeantwortet. Diese Wohnungen sollten nach den Angaben des Beschwerdeführers nach Ende seines Dienstverhältnisses im Ausland seine Altersvorsorge sein.
Nach einem Vorhalteverfahren erlies die Abgabenbehörde die angefochtenen Einkommensteuerbescheide für die Jahre 2013 bis 2017 und besteuerte neben den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung, auch die für die Tätigkeit auf dem Schiff bezogenen Vergütungen als Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Zusätzlich wurde die Einkommensteuervorauszahlung für das Jahr 2019 aufgrund der Veranlagung 2017 erstmals festgesetzt.
Die unbeschränkte Steuerpflicht des Beschwerdeführers in Österreich insbesondere auch in Bezug auf seine nichtselbständigen Einkünfte wurde in der gesonderten Bescheidbegründung im Wesentlichen darauf gestützt, dass der Beschwerdeführer im Inland über einen Wohnsitz verfügt habe, die Zweitwohnsitzverordnung, deren Anwendung im Schreiben der steuerlichen Vertretung vom beantragt worden sei, nicht anwendbar sei, da in deren § 1 als Anwendungsvoraussetzung geregelt sei, dass sich der Mittelpunkt der Lebensinteressen des Beschwerdeführers im "Ausland" befinde, was nicht der Fall gewesen sei und weiters gemäß Art. 15 Abs 3 des Doppelbesteuerungsabkommen mit den USA Vergütungen, die eine in einem Vertragsstaat ansässige Person für unselbständige Arbeit als Mitglied der regulären Besatzung eines Seeschiffes oder Luftfahrzeuges beziehe, das im internationalen Verkehr betrieben werde, nur in diesem Vertragsstaat besteuert werden dürften.
Die gegen die streitgegenständlichen Bescheide eingebrachte Beschwerde wurde mit ausführlicher Beschwerdevorentscheidung als unbegründet abgewiesen. Dagegen richtet sich der fristgerecht eingebrachte Vorlageantrag, in welchem eine mündliche Verhandlung vor dem Senat beantragt wurde.
Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
1)Unbeschränkte Steuerpflicht (Vorliegen eines Wohnsitzes) in Österreich:
Im Beschwerdefall ist vorweg zu prüfen, ob der Beschwerdeführer in Österreich im Sinne des § 1 Abs. 2 EStG 1988 unbeschränkt steuerpflichtig ist.
Die Frage, ob eine Person in Österreich unbeschränkt steuerpflichtig ist, richtet sich nämlich nicht nach den Bestimmungen in den Doppelbesteuerungsabkommen, sondern ausschließlich nach den inländischen steuerrechtlichen Vorschriften (). Doppelbesteuerungsabkommen entfalten bloß eine Schrankenwirkung insofern, als sie eine sich aus dem innerstaatlichen Steuerrecht ergebende Steuerpflicht begrenzen. Ob Steuerpflicht besteht, ist also zunächst stets nach innerstaatlichem Steuerrecht zu beurteilen. Ergibt sich aus dem innerstaatlichen Steuerrecht eine Steuerpflicht, ist in einem zweiten Schritt zu beurteilen, ob das Besteuerungsrecht durch ein DBA eingeschränkt wird ( sowie vom , 2005/15/0127, mwN).
Gemäß § 1 Abs. 2 EStG 1988 sind jene natürlichen Personen unbeschränkt steuerpflichtig, die im Inland einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben. Die unbeschränkte Steuerpflicht erstreckt sich auf alle in- und ausländischen Einkünfte.
Beschränkt steuerpflichtig sind jene natürlichen Personen, die im Inland weder einen Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben. Die beschränkte Steuerpflicht erstreckt sich nur auf die im § 98 aufgezählten Einkünfte.
Einen Wohnsitz im Sinne der Abgabenvorschriften nach § 26 Abs. 1 BAO hat jemand dort, wo er eine Wohnung innehat unter Umständen, die darauf schließen lassen, dass er die Wohnung beibehalten und benutzen wird.
Steuerrechtlich ist das Bestehen eines Wohnsitzes stets an die objektive Voraussetzung der Innehabung einer Wohnung geknüpft. Innehaben bedeutet, über eine Wohnung tatsächlich oder rechtlich verfügen zu können, sie also jederzeit für den eigenen Wohnbedarf benützen zu können. Entscheidender Bedeutung ist dabei der tatsächlichen Verfügungsmacht zuzumessen und sind jeweils die tatsächlichen Verhältnisse maßgebend ().
Um einen Wohnsitz im Sinne der Abgabenvorschriften zu begründen, bedarf es daher der Verfügungsgewalt über bestimmte Räumlichkeiten, die darüberhinaus nach der Verkehrsauffassung zum Wohnen geeignet sein müssen und sohin ohne jede wesentliche Änderung jederzeit zum Wohnen benützt werden können und ihrem Inhaber nach Größe und Ausstattung ein den persönlichen Verhältnissen entsprechendes Heim bieten (; , 2005/15/0127; , 2007/15/0292).
Dieses "Innehaben" im Sinne der gesetzlichen Bestimmung muss unter Umständen erfolgen, die darauf schließen lassen, dass der Steuerpflichtige die Wohnung beibehalten und benutzen wird. Dabei erfordert der für die Anwendung der Abgabenvorschriften maßgebliche Wohnsitzbegriff nicht die ununterbrochene tatsächliche Benützung der Wohnung (). Die Wohnung muss aber, wenn auch nicht ununterbrochen, so doch immer wieder tatsächlich genutzt werden.
In der gegen diese Bescheide eingebrachten Beschwerde wurde vom steuerlichen Vertreter ausgeführt, dass der Beschwerdeführer in Österreich keine die unbeschränkte Steuerpflicht begründende Wohnung innehabe, weil es an der Verfügungsmöglichkeit aber auch an der regelmäßigen Nutzung der Wohnung fehle.
Unter Berücksichtigung der unbestrittenen Tatsache, dass der Beschwerdeführer im Streitzeitraum über eine Eigentumswohnung in Österreich verfügt hat und diese von ihm auch während seiner Aufenthalte in Österreich genutzt wurde (der Beschwerdeführer hielt sich gemäß einer der Abgabenbehörde vorgelegten Aufstellung im Streitzeitraum an 66 (2013), 64 (2014), 63 (2015), 59 (2016) und 62 (2017) Tagen in Österreich auf), besteht an einem Wohnsitz des Beschwerdeführers ebendort kein Zweifel.
Zu den Ausführungen des Beschwerdeführers im Schreiben vom , wonach die Wohnung während seiner Abwesenheiten seinen vielen Verwandten bei Bedarf kostenlos zur Verfügung gestanden habe und er diese Wohnung benutzt habe, wenn sie gerade nicht von einem Verwandten belegt gewesen sei, wurde der Beschwerdeführer über Vorhalt des Bundesfinanzgerichtes aufgefordert, mitzuteilen, von welchen seiner Verwandten (namentlich) diese Wohnung wann jeweils benutzt worden sei. Dieser Vorhalt verblieb mit dem Hinweis darauf, dass der Beschwerdeführer kein Wissen darüber habe, wer seiner Verwandten, wann seine Wohnung erlaubterweise während seiner Abwesenheit benutzt habe, unbeantwortet. Damit wurde aber keinerlei Nachweis erbracht, dass die Nutzungsmöglichkeit in Bezug auf die Wohnung in irgend einer Weise eingeschränkt gewesen wäre.
Ergänzend wird darauf hingewiesen, dass der Beschwerdeführer in dieser Wohnung seit mit Hauptwohnsitz gemeldet ist, er in den Streitjahren in Österreich unter dieser Wohnadresse Kirchenbeitrag entrichtet hat, auch auf dem Anstellungsvertrag mit ***2*** "***6***" als "Home address" angeführt ist und der Beschwerdeführer im Inland unter dieser Wohnadresse über ein Bankkonto sowie einen Handyvertrag verfügt hat und eine private Unfallversicherung abgeschlossen hat.
Vor diesem Hintergrund und der sich daraus ergebenden unbeschränkten Steuerpflicht des Beschwerdeführers in Österreich ist es nicht als rechtswidrig zu erkennen, dass die belangte Behörde grundsätzlich einen österreichischen Besteuerungsanspruch als gegeben angenommen hat. Diesem an sich uneingeschränkten Besteuerungsanspruch könnten nun allenfalls durch die Zweitwohnsitzverordnung oder durch ein Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung Grenzen gezogen sein.
2)Anwendbarkeit der Zweitwohnsitzverordnung:
Strittig ist auch, ob im vorliegenden Fall die Verordnung des Bundesministers für Finanzen betreffend inländische Zweitwohnsitze (iF kurz Zweitwohnsitzverordnung) anzuwenden ist. Dazu wurde von der steuerlichen Vertretung vorgebracht, dass selbst wenn man eine die unbeschränkte Steuerpflicht begründende Wohnung unterstelle, sämtliche Voraussetzungen für die Befreiung von der unbeschränkten Steuerpflicht gemäß den Bestimmungen der Zweitwohnsitzverordnung erfüllt würden, da sich der Mittelpunkt der Lebensinteressen des Beschwerdeführers auf dem Schiff befinden und damit im Ausland liegen würde.
Gemäß § 1 Abs. 1 der Verordnung des Bundesministers für Finanzen betreffend inländische Zweitwohnsitze begründet bei Abgabepflichtigen, deren Mittelpunkt der Lebensinteressen sich länger als fünf Kalenderjahre im Ausland befindet, eine inländische Wohnung nur in jenen Jahren einen Wohnsitz im Sinne des § 1 des Einkommensteuergesetzes 1988, in denen diese Wohnung allein oder gemeinsam mit anderen inländischen Wohnungen an mehr als 70 Tagen benutzt wird.
Als Anwendungsvoraussetzung für die Zweitwohnsitzverordnung ist somit in deren § 1 normiert, dass sich der Mittelpunkt der Lebensinteressen im "Ausland" befinden muss.
Die Zweitwohnsitzverordnung hat den Zweck, dass bei Bestehen von mehreren Wohnsitzen in unterschiedlichen Staaten, die untergeordnete Benutzung der inländischen Wohnung keine unbeschränkte Einkommensteuerpflicht mehr auslösen soll.
Da der Beschwerdeführer in keinem anderen Land bzw. Staat über einen weiteren Wohnsitz verfügt hat, kann die Zweitwohnsitzverordnung schon aus diesem Grund nicht zur Anwendung gelangen.
Ergänzend sei aber darauf hingewiesen, dass der "Mittelpunkt der Lebensinteressen" ein Begriff der österreichischen Doppelbesteuerungsabkommen ist, der in der Anwendungspraxis dieser Abkommen bereits einen klaren Begriffsinhalt bekommen hat. Entscheidend ist nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes das Gesamtbild der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse, wobei das Überwiegen der Beziehungen zum einen oder anderen Staat den Ausschlag gibt (Loukota in SWI Heft-Nr 2/2004, 053). Da auch kein Überwiegen der Beziehungen des Beschwerdeführers zu einem anderen Staat feststellbar ist, kann auch der Mittelpunkt der Lebensinteressen des Beschwerdeführers nicht in einem anderen Land bzw. Staat gelegen sein. Daran vermag auch der Umstand nichts zu ändern, dass der Beschwerdeführer seine sozialen Kontakte und Beziehungen vorwiegend auf dem Kreuzfahrtschiff unterhalten hat.
3) Besteuerungsrecht der USA (DBA-USA)
Für die steuerliche Behandlung der Einkünfte des Bordpersonals von Seeschiffen und Luftfahrzeugen im internationalen Verkehr enthalten die Doppelbesteuerungsabkommen häufig gesonderte Bestimmungen, die sich idR an Art 15 Abs 3 OECD-MA orientieren.
Gem. Art 15 Abs. 3 des OECD Musterabkommens können ungeachtet der vorstehenden Bestimmung dieses Artikels Vergütungen für unselbständige Arbeit, die an Bord eines Seeschiffes ausgeübt wird, das im internationalen Verkehr betrieben wird, in dem Vertragsstaat besteuert werden, in dem sich der Ort der tatsächlichen Geschäftsleitung des Unternehmens befindet.
Nach dieser Bestimmung im Musterabkommen könnte im Streitfall allenfalls das Doppelbesteuerungsabkommen mit den USA von Relevanz sein, da der Sitz des Kreuzfahrtunternehmens im Streitzeitraum in den USA gelegen war.
Hiebei handelt es sich um eine lex specialis und begründet ein Besteuerungsrecht des Staates in dem sich die Geschäftsleitung des betreibenden Unternehmens, das zugleich der (wirtschaftliche) Arbeitgeber ist, befindet.
Anders als im OECD-Musterabkommen dürfen aber gem. Art 15 Abs 3 DBA-USA Vergütungen, die eine in einem Vertragsstaat ansässige Person für unselbständige Arbeit als Mitglied der regulären Besatzung eines Seeschiffes oder Luftfahrzeuges bezieht, das im internationalen Verkehr betrieben wird, nur in diesem Vertragsstaat besteuert werden.
Artikel 15 Abs 3 DBA USA überlässt sohin - anders als Artikel 15 Abs 3 OECD-MA - dem Ansässigkeitsstaat des Arbeitnehmers das Besteuerungsrecht für diese Vergütungen.
Da der Beschwerdeführer im Streitzeitraum nur in Österreich über einen Wohnsitz verfügt hat und damit auch ansässig war, verbleibt auch nach dem DBA-USA das Besteuerungsrecht an den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit bei Österreich.
4) Besteuerungsrecht der Bahamas:
Als weiterer Anknüpfungspunkt für ein allfälliges Besteuerungsrecht eines anderen Staates ist in diesem Zusammenhang sachverhaltsbezogen die Feststellung zu treffen, dass das Kreuzfahrtschiff unter der Flagge der Bahamas gefahren ist und zudem der Arbeitgeber des Beschwerdeführers seinen Sitz auf den Bahamas hatte.
Bei den Bahamas handelt es sich um einen Inselstaat im Atlantik mit dem Österreich kein Doppelbesteuerungsabkommen abgeschlossen hat, zumal auf den Bahamas keine Einkommensteuer erhoben wird.
§ 1 Abs. 1 der Verordnung des Bundesministers für Finanzen betreffend die Vermeidung von Doppelbesteuerungen lautet wie folgt:
"§ 1 (1) Bei Ermittlung des Einkommens im Sinne von § 2 des Einkommensteuergesetzes 1988 sowie § 7 Abs. 2 und 3 des Körperschaftsteuergesetzes 1988 sind bei unbeschränkt Steuerpflichtigen zur Vermeidung einer internationalen Doppelbesteuerung folgende positive ausländische Einkünfte von der Besteuerung auszunehmen, wenn sie aus Staaten stammen, mit denen Österreich kein darauf anwendbares Doppelbesteuerungsabkommen abgeschlossen hat und wenn sie im ausländischen Staat einer der österreichischen Einkommensteuer oder Körperschaftsteuer vergleichbaren Besteuerung unterliegen, deren Durchschnittsteuerbelastung mehr als 15% beträgt:
a) Einkünfte aus im Ausland belegenem unbeweglichem Vermögen;
b) Einkünfte aus Gewerbebetrieb sowie Einkünfte aus selbständiger Arbeit, die aus einer Im Ausland gelegenen Betriebsstätte stammen;
c) Einkünfte, die aus einer im Ausland unternommenen Bauausführung oder Montage stammen;
d) Einkünfte aus einer im Ausland ausgeübten Vortrags- oder Unterrichtstätigkeit;
e) Einkünfte aus einer im Ausland erfolgten Mitwirkung an einer Unterhaltungsdarbietung;
f) Einkünfte aus einer im Ausland ausgeübten nichtselbständigen Arbeit.
Die Durchschnittsteuerbelastung ist in sinngemäßer Anwendung jener Grundsätze zu ermitteln, die für die Berechnung der in der Verordnung BGBl. Nr. 57/1995 genannten Durchschnittsteuerbelastung festgelegt sind."
Da auf den Bahamas keine Einkommensteuer erhoben wird, kann diese Verordnung nach deren § 1 schon aus diesem Grund nicht zur Anwendung gelangen und damit durch diese Österreich das Besteuerungsrecht an den vom Beschwerdeführer erzielten Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit auch nicht entzogen werden.
5) Berücksichtigung von Werbungskosten:
Die Abgabenbehörde hat in den angefochtenen Bescheiden jeweils Werbungskosten in Höhe von 3.672 € als Ausgaben für Familienheimfahrten berücksichtigt, ohne das vom Abgabepflichtigen ein diesbezüglicher Antrag gestellt wurde. In der umfangreichen und ausführlichen Bescheidbegründung wurde dazu ausgeführt, dass keine Werbungskosten beantragt worden seien, Kosten für Familienheimfahrten jedoch amtswegig in Höhe von 3.672 € berücksichtigt würden.
Sohin wurden von der Abgabenbehörde Kosten für Familienheimfahrten im zulässigen Höchstausmaß des § 21 Abs. 1 Z 1 lit e EStG 1988 ohne Antragstellung und ohne Nachweisführung durch den Abgabepflichtigen berücksichtigt.
Dazu wirft der steuerliche Vertreter der Abgabenbehörde in der Beschwerde vor, dass diese bei der Ermittlung der unselbständigen Einkünfte keine "angemessenen Werbungskosten erhoben oder berücksichtigt" habe. In der ausführlichen Beschwerdevorentscheidung wurde dem entgegengehalten, dass im Zuge des Vorhalteverfahrens keine Werbungskosten beantragt worden seien und darüberhinaus Werbungskosten zumindest glaubhaft zu machen seien, was nicht geschehen sei, der Beschwerdeführer aber die Möglichkeit habe, in einem Rechtsmittelverfahren vor dem Bundesfinanzgericht, höhere Werbungskosten nachzuweisen.
Zu den diesbezüglichen Ausführungen in der Beschwerdevorentscheidung wurde vom steuerlichen Vertreter im Vorlageantrag wiederum in keiner Weise Stellung bezogen.
Daher wurde dem Beschwerdeführer vom Bundesfinanzgericht unter Hinweis auf die Ausführungen in der Beschwerdevorentscheidung u.a. vorgehalten, dass es Aufgabe des Abgabepflichtigen bzw. dessen steuerlichen Vertretung sei, Werbungskosten geltend zu machen und zumindest glaubhaft zu machen und diese von der Abgabenbehörde nicht von Amts wegen zu ermitteln seien. Weiters erging im Vorhalt des Bundesfinanzgericht diesbezüglich die Aufforderung, dass Beschwerdevorbringen in diesem Punkt zu konkretisieren und allfällige Werbungskosten zu benennen und der Höhe nach belegmäßig nachzuweisen sowie mitzuteilen, in welcher Höhe Kosten für "Familienheimfahrten" angefallen sind und diese allenfalls nachzuweisen.
Nach mehrmaliger Fristverlängerung wurde dieser Vorhalt von der steuerlichen Vertretung dahingehend beantwortet, dass bezüglich der Werbungskosten bisher noch keine konkreten Erhebungen angestellt worden seien und dies nachgeholt werde, wenn es nicht doch noch gelingen sollte, dass Gericht von der Richtigkeit des Rechtsstandpunktes - wenn möglich im Rahmen eines Erörterungstermines - zu überzeugen.
In weiterer Folge wurden die Parteien vom Bundesfinanzgericht zur mündlichen Verhandlung vor dem Senat geladen und der steuerliche Vertreter aufgefordert, allfällige Werbungskosten (auch die Aufwendungen für Familienheimfahrten) schriftlich bis eine Woche vor der mündlichen Verhandlung nachzuweisen.
Dazu wurde in einem Schreiben des steuerlichen Vertreters vom ausgeführt, dass er irritiert sei, weil er überzeugt gewesen sei, diese Frage im Falle der Stattgabe der Beschwerde gar nicht bzw. widrigenfalls erst im Nachgang einer inhaltlichen Entscheidung oder Lösung zur Frage des grundsätzlichen Bestehens und des etwaigen Umfanges eines österreichischen Besteuerungsrechts behandeln zu können. Selbstverständlich komme er aber der Aufforderung hiermit so gut als möglich nach, ohne damit die Rechtsposition der Abgabenbehörde in irgendeiner Weise anzuerkennen. Insoweit werde man aufgrund der gegebenen Umstände die Besteuerungsgrundlagen und damit auch die Werbungskosten im Fall einer rechtskräftig festgestellten (ganzjährigen!) Ansässigkeit in Österreich wohl nur im Wege einer möglichst sachgerechten Schätzung ermitteln können. Dabei dürfe eine Besteuerung niemals nachteiliger ausfallen, als wäre der Abgabepflichtige in Österreich in einem gewöhnlichen Dienstverhältnis beschäftigt. Es gehe sohin insbesondere um die - bereits im Beschwerdeverfahren grundsätzlich geltend gemachte - Berücksichtigung der Sechstelregelung und der potentiellen Sozialversicherungsbeiträge, weshalb die "Bezüge" in der Höhe wie sie von der Finanzverwaltung geschätzt worden seien, im Rahmen von pro forma Lohnabrechnungen abgebildet würden (siehe Anlagen Lohnkonten und Lohnzettel 2013-2017). In diesen vom steuerlichen Vertreter angefertigten Lohnzettel und Lohnkonten wurden von den Bezügen Sozialversicherungsbeiträge in Abzug gebracht, ohne dass vom Beschwerdeführer tatsächlich solche entrichtet worden sind.
Vorweg ist darauf hinzuweisen, dass grundsätzlich nur Aufwendungen als Werbungskosten berücksichtigt werden können, die tatsächlich auch angefallen sind. Eine Berücksichtigung von fiktiven ("potentiellen") Werbungskosten ist nicht möglich.
Da der Beschwerdeführer nach eigenen Angaben in der mündlichen Verhandlung keine Sozialversicherungsbeiträge entrichtet hat, können solche auch nicht steuermindernd "im Schätzungswege" berücksichtigt werden.
Weiters hat der steuerliche Vertreter die "Berücksichtigung der Sechstelregelung" beantragt und dazu in den von ihm für die Streitjahre erstellten Jahreslohnzetteln jeweils von den von der Abgabenbehörde in den angefochtenen Bescheiden zum Ansatz gebrachten Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, die vom Arbeitgeber des Beschwerdeführers in zwölf Monatsbezügen zur Auszahlung gebracht wurden, durch 14 dividiert und in weiterer Folge mit zwei multipliziert und diese Beträge als Bezüge gem. § 67 Abs. 1 und 2 in Abzug gebracht.
Auch diesbezüglich ist wiederum darauf hinzuweisen, dass der Besteuerung nicht fiktive Sachverhalte zugrunde gelegt werden können. Unbestritten wurden vom Arbeitgeber des Beschwerdeführers die Einkünfte an den Beschwerdeführer monatlich in gleicher Höhe zur Auszahlung gebracht. Sonderzahlungen wurden dabei in den dem Bundesfinanzgericht vorliegenden monatlichen Gehaltsabrechnungen des Arbeitgebers nicht ausgewiesen.
Insoweit besteht auch kein Anspruch auf anteilige begünstigte Besteuerung der Bezüge gem § 67 Abs. 1 und 2 EStG 1988.
Auch wurden vom Beschwerdeführer trotz Aufforderung durch das Bundesfinanzgericht keinerlei Nachweise bezüglich der von der Abgabenbehörde von Amts wegen berücksichtigten Kosten für Familienheimfahrten erbracht, weshalb auch solche schon aus diesem Grund nicht als Werbungskosten berücksichtigt werden können, zumal der Beschwerdeführer in der mündlichen Verhandlung angegeben hat, dass ihm vom Dienstgeber jeweils die Flugkosten von der jeweiligen Hafenstadt von und nach Salzburg (dem dem inländischen Wohnsitz nächstgelegen Flughafen) ersetzt worden seien.
6) Einkommensteuervorauszahlung 2019
Gemäß 45 Abs 1 EStG 1988 hat der Steuerpflichtige auf die Einkommensteuer nach dem allgemeinen Steuertarif und nach einem besonderen Steuersatz gemäß § 27a Vorauszahlungen zu entrichten. Vorauszahlungen sind auf volle Euro abzurunden. Für Lohnsteuerpflichtige sind Vorauszahlungen nur in den Fällen des § 41 Abs 1 Z 1 und 2 festzusetzen. Die Vorauszahlung für ein Kalenderjahr wird wie folgt berechnet:
- Einkommensteuerschuld für das letztveranlagte Kalenderjahr abzüglich der Beträge im Sinne des § 46 Abs 1 Z 2 und Z 3.
- Der so ermittelte Betrag wird, wenn die Vorauszahlung erstmals für das dem Veranlagungszeitraum folgende Kalenderjahr wirkt, um 4 %, wenn sie erstmals für ein späteres Kalenderjahr wirkt, um weitere 5 % für jedes weitere Jahr erhöht.
Gemäß § 41 Abs 1 Z 1 EStG 1988 ist der Steuerpflichtige zu veranlagen, wenn im Einkommen lohnsteuerpflichtige Einkünfte enthalten sind und er andere Einkünfte bezogen hat, deren Gesamtbetrag 730 Euro übersteigt.
Die Einkommensteuerschuld für das letztveranlagte Kalenderjahr 2017 in Höhe von 19.591 € ist gemäß § 45 Abs 1 Teilstrich 2 EStG 1988 um 9% für das Kalenderjahr 2019, ds 1.763,19 € zu erhöhen. Da die Vorauszahlungen gemäß § 45 Abs 1 leg cit auf volle Euro abzurunden sind, sind die Vorauszahlungen an Einkommensteuer für 2019 und Folgejahre in Höhe von 21.354 € festzusetzen.
Zulässigkeit der Revision:
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Da im Streitfall über keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung abzusprechen war, war die Revision nicht zuzulassen.
Innsbruck, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 1 Abs. 1 Inländische Zweitwohnsitze, BGBl. II Nr. 528/2003 § 1 Abs. 2 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 Art. 15 Abs. 3 DBA USA (E), Doppelbesteuerungsabkommen Vereinigte Staaten von Amerika (Einkommensteuer - Steuerumgehung), BGBl. III Nr. 6/1998 § 1 Abs. 1 Vermeidung von Doppelbesteuerung, BGBl. II Nr. 474/2002 § 2 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 21 Abs. 1 Z 1 lit. e EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 67 Abs. 1 und 2 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 41 Abs. 1 Z 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 45 Abs. 1 Teilstrich 2 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 26 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2022:RV.3100590.2019 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at