TEL.: +43 1 246 30-801  |  E-MAIL: support@lindeverlag.at
Suchen Hilfe
Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 22.12.2022, RV/3100577/2022

Schädlicher Studienwechsel: Berechnung der sogen. "Wartezeit" iSd § 17 Abs. 3 StudFG

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin***Ri*** in der Beschwerdesache
***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Dr. Josef Michael Danler, Wilhelm-Greil-Straße 9, 6020 Innsbruck, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom , Ordnungsbegriff Nr1, betreffend Rückforderung von Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag für den Zeitraum März 2020 bis September 2021 nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach
Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang:

1. Im Zuge der Überprüfung des Familienbeihilfenanspruches der Frau ***Bf1*** (= Beschwerdeführerin, Bf) für den Sohn A, geb. 01/1996, hat diese im November 2021 ua. an Unterlagen vorgelegt:
a) eine Gehaltsabrechnung, wonach der Sohn im Jahr 2021 ein Einkommen von brutto
€ 4.600 bezieht;
b) ein Studienblatt der Universität XY, woraus hervorgeht, dass der Sohn nach
einem Semester Physikstudium ab dem Sommersemester (SS) 2017 bis inklusive
Wintersemester (WS) 2020/2021 das Bachelorstudium Wirtschaftsrecht (Kz 033 500)
inskribiert hat und seit SS 2020 zum Bachelorstudium Wirtschaftswissenschaften-
Management and Economics (Kz 033 571) zur Fortsetzung aufrecht gemeldet ist;
c) eine Studienerfolgsbestätigung, demnach aus dem Vorstudium Wirtschaftsrecht gesamt
60 ECTS-Punkte auf das Bachelorstudium Wirtschaftswissenschaften mit Bescheid
angerechnet wurden und im aktuellen Studium von SS 2020 bis SS 2021 eine Vielzahl
an Prüfungen abgelegt und dabei 70 ECTS-Punkte erzielt wurden.

2. Laut im Akt erliegender Datenabfrage des Finanzamtes hat der Sohn A in der Zeit von bis den Präsenz-/Zivil- oder Ausbildungsdienst geleistet.
Das Bachelorstudium Wirtschaftsrecht wurde ab SS 2017 bis einschl. WS 2019/20 bzw. als Hauptstudium betrieben.

3. Das Finanzamt hat daraufhin mit Bescheid vom , Ordnungsbegriff Nr1, von der Bf zu Unrecht bezogene Beträge an Familienbeihilfe (FB) und Kinderabsetzbetrag (KG) für den Sohn A für den Zeitraum März 2020 bis September 2021 in Höhe von insgesamt € 4.606,50 zurückgefordert.
Unter Verweis auf die bezughabenden Bestimmungen nach § 26 Abs. 1 und § 2 Abs. 1 lit b Familienlastenausgleichsgesetz 1967 (FLAG), BGBl 1967/376 idgF., in Verbindung mit § 17 Studienförderungsgesetz 1992 (StudFG) führt das Finanzamt in seiner Begründung aus:
Bei einem Studienwechsel nach dem 3. Semester stehe die FB nur zu, wenn die absolvierten Semester aus dem Vorstudium zur Gänze angerechnet würden. Beim Sohn sei der zweite Studienwechsel nach sechs Semestern erfolgt, sodass eine Wartezeit in diesem Umfang bestehe, wobei sich die Wartezeit aufgrund der Anrechnung von 60 ECTS (= zwei Semester) auf letztlich vier Semester (= SS 2020 bis inklusive WS 2021/22) verkürze. Die bereits ausbezahlte FB + KG seien daher zurückzufordern. Ab dem SS 2022 bestehe im Hinblick auf das Alter des Sohnes kein FB-Anspruch mehr.

4. In der dagegen rechtzeitig erhobenen Beschwerde wird die ersatzlose Bescheidaufhebung beantragt und im Wesentlichen vorgebracht:

Es treffe zwar zu, dass der 2. Studienwechsel nach dem 6. Studiensemester verspätet erfolgt sei. Allerdings bemesse sich die Wartezeit gem. § 17 Abs. 3 StudFG nicht nach der gesamten absolvierten Studiendauer vor dem Studienwechsel, sondern es seien - im Hinblick auf die Intention des Gesetzgebers (1122 XXV GP, Erläuterungen S. 3) - die drei "Toleranzsemester", binnen welcher gem. § 17 Abs. 1 Z 2 StudFG ein Studienwechsel frei von Auswirkungen auf den Beihilfenanspruch bleibe, nicht in die Wartezeit einzurechnen. Relevant seien erst die nach diesen Toleranzsemestern gemeldeten Studiensemester bis zum Studienwechsel. Unter Berücksichtigung der Toleranzsemester betrage daher hier die Wartezeit anstelle von 6 Semestern lediglich 3 Semester. Unter Bedachtnahme auf die anerkannten Prüfungen von 60 ECTS (= 2 Semester) verbleibe sohin eine wirksame Wartezeit von nur einem (1) Semester. Der Rückforderungsanspruch bestehe daher nicht in dem begehrten Ausmaß.
Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor dem Bundesfinanzgericht (BFG) wurde beantragt.

5. Die (erstmals rechtmäßig an den ausgewiesenen, zustellungsbevollmächtigten Rechtsvertreter zugestellte) abweisende Beschwerdevorentscheidung (BVE) vom wurde nach Darlegung der bezughabenden gesetzlichen Bestimmungen wie folgt begründet:

"… Ihr Sohn A war im Bachelorstudium Wirtschaftsrecht von Sommersemester 2017 bis Wintersemester 2019/20 inskribiert. Nach dem sechsten fortgesetzt gemeldeten Semester (auch Toleranzsemester) erfolgte im Sommersemester 2020 ein Studienwechsel auf das Bachelorstudium Wirtschaftsrecht (Anm.: zutreffend wäre "Wirtschaftswissenschaften-Management and Economics"). Laut Studienerfolgsnachweis wurden aus dem Vorstudium 60 ECTS angerechnet, das entspricht einer Verkürzung der Wartefrist auf 4 Semester, bis einschließlich Wintersemester 2021/22.
Da Ihr Sohn jedoch 01/2021 das 25. Lebensjahr erreichte, besteht kein weiterer Anspruch auf Familienbeihilfe ab 10/2021. …".

6. Im Vorlageantrag vom wird das gesamte bisherige Beschwerdevorbringen wiederholt.

7. In der auf Antrag der Bf am beim Bundesfinanzgericht (BFG) durchgeführten mündlichen Verhandlung wurde seitens der Bf das bisherige Vorbringen wiederholt und insbesondere auch auf die genannten "Erläuterungen" zu § 17 Abs. 1 Z 2 bzw. Z 3 StudFG verwiesen.
Das Finanzamt hat entgegnet wie bisher.
Die Anträge der Parteien wurden jeweils aufrecht gehalten.

II. Sachverhalt:

Der im Jänner 1996 geborene Sohn der Bf, A, hat im Jänner 2014 die Volljährigkeit erreicht und im Jänner 2020 das 24. Lebensjahr bzw. im Jänner 2021 das 25. Lebensjahr vollendet.
Er hat nach Ablegung der Reifeprüfung (vermutlich im Jahr 2014, was im Akt nicht ersichtlich ist) ab Jänner 2015 bis Ende September 2015 den Präsenz-/Zivil- oder Ausbildungsdienst (lt. Angaben des Rechtsvertreters in der mdl. Verhandlung: den Zivildienst) geleistet (siehe Datenabfrage des Finanzamtes) und am (WS 2016/2017) zunächst ein Physikstudium begonnen, Dauer 1 Semester.
Von SS 2017 bis inklusive WS 2019/2020 hat er als Hauptstudium das Bachelorstudium "Wirtschaftsrecht", Kz 033 500, betrieben.
Der zweite Studienwechsel hat im SS 2020, dh. nach sechs Semestern im Studium Wirtschaftsrecht, zum Bachelorstudium "Wirtschaftswissenschaften-Management and Economics", Kz 033 571, als nunmehriges Hauptstudium stattgefunden.
Aus dem Vorstudium Wirtschaftsrecht wurden insgesamt 60 ECTS-Punkte auf das neue Studium bescheidmäßig angerechnet.
Im aktuellen Studium hat der Sohn im Zeitraum SS 2020 bis SS 2021 bei abgelegten Prüfungen weitere gesamt 70 ECTS erzielt (siehe Studienblatt und Studienerfolgsbestätigung).

III. Beweiswürdigung:

Obiger Sachverhalt ergibt sich aus dem eingangs dargestellten Akteninhalt, insbesondere aus den beigebrachten Unterlagen und der vom Finanzamt durchgeführten Erhebungen, und ist insoweit völlig unbestritten.

IV. Rechtslage:

A) Gesetzliche Bestimmungen:

Gemäß § 2 Abs. 1 Familienlastenausgleichsgesetz (FLAG), BGBl 376/1967 idgF., haben Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, Anspruch auf Familienbeihilfe
….
lit b)
für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist. Bei volljährigen Kindern, die eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992, BGBl. Nr. 305, genannte Einrichtung besuchen, ist eine Berufsausbildung nur dann anzunehmen, wenn sie die vorgesehene Studienzeit pro Studienabschnitt um nicht mehr als ein Semester oder die vorgesehene Ausbildungszeit um nicht mehr als ein Ausbildungsjahr überschreiten. Wird ein Studienabschnitt in der vorgesehenen Studienzeit absolviert, kann einem weiteren Studienabschnitt ein Semester zugerechnet werden. Die Studienzeit wird durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis (zB Krankheit) oder nachgewiesenes Auslandsstudium verlängert. Dabei bewirkt eine Studienbehinderung von jeweils drei Monaten eine Verlängerung der Studienzeit um ein Semester. Zeiten als Studentenvertreterin oder Studentenvertreter nach dem Hochschülerschaftsgesetz 1998, BGBl. I Nr. 22/1999, sind unter Berücksichtigung der Funktion und der zeitlichen Inanspruchnahme bis zum Höchstausmaß von vier Semestern nicht in die zur Erlangung der Familienbeihilfe vorgesehene höchstzulässige Studienzeit einzurechnen. Gleiches gilt für die Vorsitzenden und die Sprecher der Heimvertretungen nach dem Studentenheimgesetz, BGBl. Nr. 291/1986. Der Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie hat durch Verordnung die näheren Voraussetzungen für diese Nichteinrechnung festzulegen. Zeiten des Mutterschutzes sowie die Pflege und Erziehung eines eigenen Kindes bis zur Vollendung des zweiten Lebensjahres hemmen den Ablauf der Studienzeit.
Bei einem Studienwechsel gelten die in § 17 Studienförderungsgesetz 1992, BGBl. Nr. 305, angeführten Regelungen auch für den Anspruch auf Familienbeihilfe. Die Aufnahme als ordentlicher Hörer gilt als Anspruchsvoraussetzung für das erste Studienjahr. Anspruch ab dem zweiten Studienjahr besteht nur dann, wenn für ein vorhergehendes Studienjahr die Ablegung einer Teilprüfung der ersten Diplomprüfung oder des ersten Rigorosums oder von Prüfungen aus Pflicht- und Wahlfächern des betriebenen Studiums im Gesamtumfang von acht Semesterwochenstunden oder im Ausmaß von 16 ECTS-Punkten nachgewiesen wird. ….

….
lit g) für volljährige Kinder, die in dem Monat, in dem sie das 24. Lebensjahr vollenden, den Präsenz- oder Ausbildungsdienst oder Zivildienst leisten oder davor geleistet haben, bis längstens zur Vollendung des 25. Lebensjahres, sofern sie nach Ableistung des Präsenz- oder Ausbildungdienstes oder Zivildienstes für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist; für Kinder, die eine in § 3 des Studienförderungs-gesetzes 1992 genannte Einrichtung besuchen, jedoch nur im Rahmen der in § 2 Abs. 1 lit b vorgesehenen Studiendauer. ….

Nach § 10 Abs. 2 FLAG 1967 wird die Familienbeihilfe vom Beginn des Monats gewährt, in dem die Voraussetzungen für den Anspruch erfüllt werden. Der Anspruch auf Familienbeihilfe erlischt mit Ablauf des Monats, in dem eine Anspruchsvoraussetzung wegfällt oder ein Ausschließungsgrund hinzukommt.

§ 26 Abs. 1 FLAG 1967 lautet:
Wer Familienbeihilfe zu Unrecht bezogen hat, hat die entsprechenden Beträge zurückzuzahlen.

Gemäß § 33 Abs. 3 EStG 1988 steht Steuerpflichtigen, denen auf Grund des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 Familienbeihilfe gewährt wird, im Wege der gemeinsamen Auszahlung mit der Familienbeihilfe ein Kinderabsetzbetrag zu. Wurden Kinderabsetzbeträge zu Unrecht bezogen, ist § 26 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 anzuwenden.

In § 17 Studienförderungsgesetz (StudFG), BGBl 305/1992 idgF, wird zum "Studienwechsel" bestimmt:

(1) Ein günstiger Studienerfolg liegt nicht vor, wenn der Studierende
1. das Studium öfter als zweimal gewechselt hat oder
2. das Studium nach dem jeweils dritten inskribierten Semester (nach dem zweiten Ausbildungsjahr) gewechselt hat oder
3. nach einem Studienwechsel aus dem vorhergehenden Studium keinen günstigen Studienerfolg nachgewiesen hat, bis zum Nachweis eines günstigen Studienerfolges aus dem neuen Studium.
(2) Nicht als Studienwechsel im Sinne des Abs. 1 gelten:
1. Studienwechsel, bei welchen die gesamte Studienzeit des vor dem Studienwechsel betriebenen Studiums für die Anspruchsdauer des nach dem Studienwechsel betriebenen Studiums berücksichtigt wird, weil auf Grund der besuchten Lehrveranstaltungen und absolvierten Prüfungen Gleichwertigkeit nach Inhalt und Umfang der Anforderungen gegeben ist,
2. Studienwechsel, die durch ein unabwendbares Ereignis ohne Verschulden des Studierenden zwingend herbeigeführt wurden,
3. Studienwechsel, die unmittelbar nach Absolvierung der Reifeprüfung einer höheren Schule erfolgen, wenn für das während des Besuchs der höheren Schule betriebene Studium keine Studienbeihilfe bezogen wurde,
4. die Aufnahme eines Masterstudiums gemäß § 15 Abs. 3,
5. die Aufnahme eines Doktoratsstudiums gemäß § 15 Abs. 4.
(3) Ein Studienwechsel im Sinne des Abs. 1 Z 2 ist nicht mehr zu beachten, wenn die Studierenden danach so viele Semester zurückgelegt haben, wie sie in dem gemäß Abs. 1 Z 2 zu spät gewechselten Studium verbracht haben. Anerkannte Prüfungen aus dem verspätet gewechselten Vorstudium verkürzen diese Wartezeiten; dabei ist auf ganze Semester aufzurunden.

In den Erläuterungen, Besonderer Teil, zur Änderung des StudFG 1992 mit BGBl. I Nr. 54/2016 (1122 der Beilagen XXV. GP - Regierungsvorlage) wird ausgeführt:

- zu § 17 Abs. 2 StudFG:
" … Nach der derzeitigen Formulierung des Abs. 2 Z 1 ist für die Anwendbarkeit des
Abs. 2 Z 1 bei Vorliegen mehrerer Studienwechsel die Anrechnung der Zeiten sämtlicher
Vorstudien erforderlich, was weder dem Zweck der Regelung entspricht noch praktisch
erfüllbar ist. Die vorgeschlagene Änderung sieht daher vor, dass es für die Anwend-
barkeit des Abs. 2 Z 1 genügt, wenn die Studienzeit des vor dem Wechsel betriebenen
Studiums zur Gänze für das nach dem Studienwechsel betriebene Studium berück-
sichtigt wird. …"

- zu § 17 Abs. 3 StudFG:
" … Inhaltlich soll die Änderung des Abs. 4 (nunmehr Abs. 3) insofern eine Verbesserung
für Studierende bringen, als nur die Studienzeiten eines verspätet - also nach dem
dritten Semester - gewechselten Studiums für die sogenannte Wartezeit bis zur
Wiedererlangung des Beihilfenanspruches berücksichtigt werden. Studienzeiten aus
allfälligen Vorstudien, die nicht zu spät gewechselt wurden, verlängern daher die
Wartezeit nicht. Dies entspricht der Intention der Regelung, dass nur verspätete Studien-
wechsel zu negativen Konsequenzen für den Beihilfenanspruch führen sollen."

§ 54 Abs. 2 Universitätsgesetz (UG) 2002 idgF. lautet auszugsweise:
" … Der Umfang der Studien mit Ausnahme der Doktoratsstudien ist im Sinne des Europäischen Systems zur Anrechnung von Studienleistungen (European Credit Transfer System - ECTS … ) in ECTS-Anrechnungspunkten anzugeben. Mit diesen Anrechnungs-punkten ist der relative Anteil des mit den einzelnen Studienleistungen verbundenen Arbeitspensums zu bestimmen, wobei das Arbeitspensum eines Jahres 1500 Echtstunden zu betragen hat und diesem Arbeitspensum 60 Anrechnungspunkte zugeteilt werden."

B) Rechtsprechung:

a) Rückzahlung zu Unrecht bezogener Familienleistungen:

Aus § 26 Abs. 1 FLAG 1967 und § 33 Abs. 3 EStG 1988 ergibt sich eine objektive Rückzahlungspflicht desjenigen, der Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag zu Unrecht bezogen hat. Es kommt nur auf die objektive Rechtswidrigkeit des Bezugs der Familienleistungen an (vgl. ; ), also auf das Fehlen der Anspruchsvoraussetzungen für den Leistungsbezug (vgl. ; ).

Subjektive Momente, wie Verschulden an der (ursprünglichen oder weiteren) Auszahlung der Familienleistungen (etwa durch unrichtige Angaben im Antrag gemäß § 10 FLAG 1967 oder Verstoß gegen die Meldepflicht gemäß § 25 FLAG 1967), Gutgläubigkeit des Empfangs der Familienbeihilfe und des Kinderabsetzbetrags oder die Verwendung der Familienbeihilfe und des Kinderabsetzbetrags, sind nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes für die Verpflichtung zur Rückerstattung unrechtmäßiger Beihilfenbezüge unerheblich. Gleiches gilt für den gutgläubigen Verbrauch der Beträge. Entscheidend ist lediglich, ob der Empfänger die Beträge zu Unrecht erhalten hat (vgl. ; ).

b) Anspruch nach § 2 Abs. 1 lit g:

Wurde der Präsenz-, Ausbildungs- oder Zivildienst vor dem 24. Lebensjahr geleistet, muss sich das Kind bei Vollendung des 24. Lebensjahres in Berufsausbildung befinden.
Auch wenn das Studium erst mit - oder vor - dem 24. Lebensjahr begonnen wird und zuvor der Präsenzdienst bereits abgeleistet worden ist, liegt ein Verlängerungstatbestand vor (; siehe zu vor in: Lenneis/Wanke, FLAG-Kommentar, 2. Aufl., Rz 30 zu § 2).

c) Studienwechsel:

Jeder der in § 17 Abs. 1 Z 1-3 StudFG genannten Tatbestände stellt je ein selbständiges Ausschlussmerkmal dar ().

Wenn feststeht, dass ein Studienwechsel vorliegt, ist § 17 StudFG anzuwenden. Der Begriff Studienwechsel bedeutet den Betrieb einer anderen Studienrichtung als jener, die in den vorangegangenen Semestern betrieben wurde. Wenn ein Studierender/eine Studierende das begonnene und bisher betriebene, aber noch nicht abgeschlossene Studium nicht mehr fortsetzt und an dessen Stelle ein anderes in den Geltungsbereich des StudFG fallendes Studium beginnt, liegt jedenfalls ein Studienwechsel vor (vgl. ; ).

Ein Studienwechsel liegt auch vor, wenn der/die Studierende ein von ihm/ihr bisher betriebenes Studium nicht mehr ernsthaft und zielstrebig betreibt, sondern neben diesem Studium oder im Anschluss an dieses Studium ein anderes Studium beginnt, das er/sie ernsthaft und zielstrebig betreibt (vgl. ).

Mit einem Wechsel zu einer anderen Studienrichtung liegt ein Studienwechsel vor; dabei ist es unerheblich, ob das Erststudium auch nach dem Studienwechsel noch weiter betrieben oder sofort abgebrochen wurde ().

V. Erwägungen:

Dass im Gegenstandsfall ein "schädlicher" bzw. verspäteter Studienwechsel nach dem 6. Semester im Studium "Wirtschaftsrecht" zum neuen Studium "Wirtschaftswissen-schaften - Management and Economics", erkenntlich auch an der jeweiligen Studienkennzahl, unzweifelhaft vorliegt, wird seitens der Bf im Verfahren gar nicht bestritten und steht damit außer Streit.

In Streit gezogen ist allein die Bemessung der sogen. "Wartezeit" bis zum (allfälligen) Wiederaufleben des Anspruches auf Familienbeihilfe.

Nach § 2 Abs. 1 lit b FLAG ist bei Vorliegen eines "schädlichen" Studienwechsels zufolge des dortigen Verweises jedenfalls § 17 StudFG anzuwenden. Nach der eindeutigen und klaren Regelung des § 17 Abs. 3 StudFG ruht diesfalls die Auszahlung der Familienbeihilfe nach dem Studienwechsel grundsätzlich im Ausmaß der bislang absolvierten gesamten Studiendauer in dem zuvor iSd § 17 Abs. 1 Z 2 StudFG verspätet gewechselten Studium.

Zugleich ist nach § 17 Abs. 3 StudFG die Wartezeit im Falle der teilweisen Berücksichtigung von Vorstudienzeiten um die Anzahl der angerechneten Vorstudiensemester zu verkürzen. Für die Beurteilung, ob und in welchem Umfang Vorstudienzeiten aufgrund der besuchten Lehrveranstaltungen und absolvierten Prüfungen für die Anspruchsdauer des neuen Studiums zu berücksichtigen sind, ist - sofern der Studienerfolg in ECTS-Punkten bemessen wird - die Anzahl der anerkannten ECTS-Punkte aus den Vorstudien maßgeblich. Nach § 54 Abs. 2 Universitätsgesetz 2002 idgF. lässt sich das Arbeitspensum eines Studienjahres mit 60 ECTS-Punkten bemessen; dies gilt in gleicher Weise für alle Bildungseinrichtungen und für alle Studien. Bei Anerkennung von Vorstudienleistungen im Ausmaß von 1 bis 30 ECTS-Punkten ist daher immer 1 Semester, bei Anerkennung von 31 bis 60 ECTS-Punkten sind immer zwei Semester usw. in die Anspruchsdauer des neuen Studiums einzurechnen (vgl. in Lenneis/Wanke, aaO, Rz 101 zu § 2).

Entgegen der Ansicht der Bf, es handle sich bei den in § 17 Abs. 1 Z 2 StudFG um - so von ihr bezeichnete - "Toleranzsemester", die also nicht in diese sogen. "Wartezeit" einzubeziehen bzw. von dieser abzuziehen seien, sind daher bis zur Wiedergewährung der Familienbeihilfe grundsätzlich alle Semester aus dem vorhergehenden Studium heranzuziehen ("so viele Semester, wie in dem gemäß Abs. 1 Z 2 zu spät gewechselten Studium verbracht ..." wurden).

Die in § 17 Abs. 1 Z 2 StudFG festgelegten 3 Semester definieren lediglich den Zeitraum, bis zu dem der Studienwechsel nicht als verspätet "toleriert" wird. Erfolgt jedoch der Studienwechsel nach den 3 Semestern, so ist die gesamte Studiendauer des verspätet gewechselten Studiums für die Bemessung der "Wartezeit" maßgebend, dagegen nicht - wie die Bf vermeint - bloß die nach den 3 Semestern zusätzlich im verspätet gewechselten Studium noch gemeldeten Semester bis zum Wechsel (hier: 3 Semester).
Folgte man der Ansicht der Bf, so würde etwa bei einem Wechsel nach genau 3 Semestern dieser an sich "schädliche" Studienwechsel ohne jede Konsequenz bleiben.

Wenn seitens der Bf zudem auf die Erläuterungen zur Änderung des StudFG 1992 mit BGBl. I Nr. 54/2016 (1122 der Beilagen XXV. GP - Regierungsvorlage) verwiesen wird, woraus sich die Nichteinbeziehung der 3 Semester in die "Wartezeit" ergebe, ist dem zu entgegnen, dass die Intention des Gesetzgebers bei Änderung des § 17 Abs. 3 StudFG (wie oben unter Pkt. IV.A näher dargelegt) vielmehr auf eine Verbesserung für Studierende in Zhg. mit der Bemessung der Wartezeit bei mehreren Studienwechseln gerichtet war. Konkret erfolgte eine legistische Änderung dahin, dass nunmehr, im Gegensatz zur vormals bis geltenden Regelung, nur mehr die Studienzeiten eines verspätet gewechselten Studiums (und nicht mehr aller vorhergehenden Studien) für die sogen. Wartezeit zu berücksichtigen sind. Abschließend heißt es dazu in den "Erläuterungen": Dies entspricht der Intention der Regelung, dass nur verspätete Studienwechsel zu negativen Konsequenzen für den Beihilfenanspruch führen sollen.

Anmerkung: Selbst wenn man der Ansicht der Bf folgen wollte, so wäre genaugenommen lediglich von zwei (nicht von drei) vom Gesetzgeber "tolerierten" Semestern gem. § 17 Abs. 1 Z 2 StudFG auszugehen, da nach drei Semestern bereits ein schädlicher Studienwechsel vorliegt und daher tatsächlich nur zwei Semester als nicht schädlich toleriert würden.

VI. Ergebnis:

Die "Wartezeit" bis zur (allfälligen) Wiedererlangung des FB-Anspruches nach dem verspäteten Studienwechsel (nach 6 Semestern) bemisst sich grundsätzlich in dem Ausmaß der bislang absolvierten gesamten Studiendauer in dem verspätet gewechselten Vorstudium. Die Wartezeit beträgt daher gegenständlich 6 Semester bzw. nach Abzug der angerechneten 60 ECTS = 2 Semester aus dem Vorstudium letztlich zutreffend 4 Semester.

In Anbetracht obiger Sach- und Rechtslage konnte daher der Beschwerde kein Erfolg beschieden sein und war spruchgemäß zu entscheiden.

Unzulässigkeit einer Revision:

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die Lösung der Frage, ob und ab wann bei einem Studienwechsel die Familienbeihilfe zu gewähren bzw. aufgrund der "Wartezeit" iSd § 17 Abs. 3 StudFG allenfalls rückzuerstatten ist, ergibt sich bereits anhand der bezughabenden Gesetzesbestimmungen. Die zu bestimmende Dauer der "Wartezeit" ist in § 17 Abs. 3 StudFG eindeutig gesetzlich geregelt. Insofern liegt keine Rechtsfrage von "grundsätzlicher Bedeutung" vor und ist eine Revision daher nicht zulässig.

Innsbruck, am

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at